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Der Kampfhund

Veröffentlicht: 01.02.2020

Mit Neukölln verbanden wir von rund 20 Jahren ein Bild: Gepiercte Jogginghosenträger, die sich von furchterregenden Hunden durch vermüllte Straßen zerren lassen. Jogginghosen und vermüllte Straßen gibt es immer noch reichlich, nur die sogenannten Kampfhunde sieht man kaum noch.

Sie leben weitgehend im Verborgenen, zum Beispiel weit draußen in Falkenberg im größten Tierheim Europas. Jeder sechste Hund dort ist ein sogenannter Listenhund. "Normale" Hunde warten im Durchschnitt 148 Tage auf eine Vermittlung. Staffordshire-Terrrier, Pitbull und Co warten 500 Tage, viele sind schon seit Jahren dort, ohne Hoffnung auf Vermittlung.

In unserer Nachbarwohnung wohnt auch ein Kampfhund. Es ist ein elf Jahre alter brauner Staffordshire Bullterrier. Zwei Jahre hörten wir ihn nur, wenn er mit seiner kleinen Terrrier Mitbewohnerin um die Wette bellte. Wir hörten ihn, wenn er allein in der Wohnung vor sich hin heulte. Ansonsten sahen wir zu, dass wir im Treppenhaus möglichst schnell an ihm vorbei kamen.

Irgendwann um Weihnachten haben wir uns eine Herz gefasst und gehen seitdem mit ihm in der Regel zweimal am Tag spazieren, bzw. lassen uns von ihm durch die Anlagen am Teltowkanal zerren.

Dabei merkten wir schnell, dass sein Image eines Rabauken immer noch allgemein geteilt wird. Die Reaktionen gehen von vorsichtiger Annäherung bis schierer Panik. Dabei ist unser Schützling ein extrem ängstliches anlehnungsbedürftiges Wesen. Bloss nützen die von der Halterin angebrachten Schriftzüge "Kampfschmuser" und "Der tut nix" garnichts, wenn das Kraftpaket an der Leine zerrt, laut und scheinbar agressiv bellt und sich auf andere Hunde stürzt. Dass er dabei mit dem Schwanz wedelt geht als Signal vollständig unter und der Pflichtmaulkorb verschlimmert den Eindruck nur. Er sgnalisiert: Dieser Hund ist gefährlich, auch wenn er tatsächlich nur spielen will und wegen des Maulkorbs garnicht beißen kann.

So schnell fertig werden. Nebenan wird schon das Geschirr angelegt. Wir müssen los.

Antworten (2)

Bir
Sehr schön geschrieben. Wir kennen auch so ein Exemplar, das seinem Ruf überhaupt nicht gerecht wird. „Hero“ ist noch verschmuster als unser Australien Shepherd Mädchen - und das will was heißen.

Jürgen
Wufff!