Stockholm - Nordkap
Stockholm - Nordkap
vakantio.de/klaus

Sechsundzwanzigster Tag

Veröffentlicht: 08.07.2017

Honningsvåg - Nordkap

30km

11,9kmh Schnitt (!)

Wetter: siehe gestern, Dauerregen

Gegenwind, aber heute waren eher die Höhenmeter anstrengend.

Ein etwas komischer Tag. Faul, sehr anstrengend, extrem faul.

Wie gestern schon geplant, haben wir uns heute gar keinen Stress gemacht. Erst mal ausschlafen (halb acht war bei mir Maximum), ganz gemütlich frühstücken (mit Trinkjoghurt und Tee auch sehr luxuriös (Danke Daniel)) und dann meine Rückfahrt planen. Es wurde viel komplizierter als gedacht. Erst wollte ich bis Tromsø Fähre fahren, dann bis Bodø Bus, dann bis Oslo Zug, dann bis Deutschland Fähre und dann wieder Zug. Klingt kompliziert? Ist es auch. Nachdem ich verschiedene Bus- und Fähroptionen bis Bodø abgewägt habe bin ich auf oben beschriebene Kombination gekommen. Bei der Hurtigruten von Honningsvåg nach Tromsø geh ich einfach davon aus dass ich nicht vorbuchen muss, da die Fahrt nur 20 Stunden dauert und ich keine Kabine brauche. Leider bin ich um 00:00 in Tromsø und komm mit dem Bus erst ab 10:00 weiter. Dann bin ich auf ein Problem gestoßen das ich gar nicht erwartet hätte. Rad im Zug mitzunehmen wäre noch gegangen, aber es gab keinen freien Sitzplatz von Bodø nach Trondheim und da der Zug nur 2 mal am Tag fährt musste ich wieder alles umplanen. Nach etwas Recherche sind Daniel und ich drauf gekommen dass es am praktischsten und sogar günstigsten ist, wenn ich von Tromsø nach Oslo fliege und von dort die Odyssee weiter mache.

Diese Planung und gleich auch die Flugbuchung haben einen großen Teil des Vormittags gebraucht. Das Wetter war und blieb dauerhaft regnerisch, aber von der warmen Wohnküche ließ sich das hervorragend ignorieren. Um 12 mussten wir dann doch unsere Hütte räumen und erst spielten wir (va ich) noch mit dem Gedanken einfach noch in der Wohnküche sitzen zu bleiben, aber die letzten km mussten wir sowieso irgendwann heute machen, und so wie das Wetter aussah stand keine spontane Wetterbesserung bevor. Also einpacken und los. Und was sind schon 30km? Manchmal bin ich vor 13:00 schon fast doppelt so viel gefahren. Aber sehr schnell wurde uns klar, dass wir uns die letzten km bis zum Kapp noch mal hart erarbeiten mussten. Auf der relativ kurzen Strecke waren 800 Höhenmeter zu bewältigen und das bei Dauerregen, lauschigen 4-5 Grad Celsius, durchgefrorenen Fingern und Füßen und auch noch Gegenwind. Wir waren so heilfroh nach fast 2 1/2 Stunden angekommen zu sein und uns in dem riesen Gebäude (Souvenirshop, Museum, Restaurant...) abtropfen und aufwärmen konnten. Klar gabs auch die obligatorischen Fotos am Nordkapglobus, aber lange hielt es uns nicht draußen, viel zu ekliges Wetter. Und so vergammelten wir Stunden um Stunden erst auf einer Bank, dann im Restaurant (teures, schlechtes Essen) wo wir unseren Nachbarn lauschten. Wir hatten sehr Mitleid mit den Großeltern eines neunmalklugen 8-10 jährigen Jungen. Aber in unserer Verfassung: erschöpft, relaxed, leicht euphorisch weil wir es geschafft hatten, hätten wir uns vmtl über jeden amüsiert.

Leider müssen wir gleich wieder raus und auf der kahlen, wind und regen-gepeitschten Hochebene unsere Zelte aufbauen. Am liebsten würde ich hier im Restaurant einfach auf der Bank pennen. Wird Zeit, dass ich zurück in die Zivilisation komme und langsam wieder Zivilisationsstandards annehme.

Später am Abend haben wir noch das Gebäude erkundet und wenn man vom Erdgeschoss absieht, dass den riesen Tourishop und das gemütliche aber schlechte Restaurant beherbergt ist es ein spannender und gelungener Bau. Er verfügt über 2 1/2 Untergeschosse. Im ersten befindet sich ein Museum über die Rolle der Region im 2. Weltkrieg. Hier haben sich trotz der Abgelegenheit ein paar entscheidende Schlachten abgespielt. Im Langfjord und einem anderen Nebenfjord des Altafjord, durch die ich beide geradelt bin lagen die Tirpiz und die Scharnhorst und haben versucht die Versorgung der Russen durch die Alliierten zu verhindern - bis sie im Altafjord versenkt wurden (zumindest die Scharnhorst).

Ein Stockwerk tiefer war ein kleines Vogelmuseum und das Nordkapkino wo eine mit Musik untermalte Impressionsdoku über das Nordkap lief. Ich war sehr begeistert von den schönen Aufnahmen, die auf drei Leinwänden gleichzeitig liefen und einen tollen 3D Effekt ergeben haben. Bis die mittlere Leinwand einfror und permanent ein Gatter im Wind zeigte und der Film rechts und links weiter lief. Aber der Film ist kostenlos und wir sitzen morgen sicher noch ein bis zwei mal drin.

Vom Kino ging ein Gang schräg nach unten, der von großen Dioramen gesäumt war, die historische Ereignisse am Kap zeigten (erster Tourist, König von Norwegen durchschneidet irgendein Band...).

Vom Gang gingen zwei kleine Räume ab. Einer war etwas unerwartet eingerichtet. Es war ein kleines thailändisches Museum. Anfang des 20 Jahrhunderts hat der König von Siam das Nordkap besucht und zu seinen Ehren wurde ein Minimuseum/Gedenkraum für ihn eingerichtet.

Schräg gegenüber gab es eine modern gestaltete Kapelle, die mir außerordentlich gut gefiel. Kaum Schmuck oder Verziehrungen, der rohe Fels war noch an drei Seiten zu sehen. In kleinen Fellsnieschen standen flackernde Teelichter, die Decke war mit blau leuchtenden Kacheln bedeckt, aus denen beleuchtete Plexiglasstangen ragten (erzeugte den Eindruck von Nordlicht). Dazu ertönte sehr ruhige Jazzmusik.

Der Gang endete in der "Höhle des Lichts", die eigentlich fast komplett dunkel war. Auf unterschiedlichen Sitzgelegenheiten konnte man sich niederlassen und das Kap als Sound- und Lichtinstallation erleben. Fand ich total gut, einen fast meditativen Eindruck von der Region im Laufe der vier Jahreszeiten zu bekommen. (Nordlicht, Rentiergetrappel, Vogelgezwitscher, knackendes Eis, Regen(!), Sturm...). Leider kam wohl kurz vorher ein Hurtigruten Schiff an und immer wieder drängten Gruppen durch den Meditationsraum, unterhielten sich laut und machten es schwer sich auf die Farben und va Klänge zu konzentrieren. Wir blieben "3 Jahre" in dem Raum, aber so richtig genießen konnten wir es nicht. Fazit: tolle Idee, sehr gut umgesetzt, leider für das falsche Publikum für das 6 Minuten eine deutlich zu lange Aufmerksamkeitsspanne ist.

Wieder oben angekommen hatte es mal kurz aufgehört zu regnen und wir verließen das schützende Gebäude und bauten in 200m auf völlig freier Fläche unsere Zelte auf. Schnell Abendessen, eine Folge Simpsons gucken und so gegen 1:00 einschlafen.

Antworten