Stockholm - Nordkap
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vakantio.de/klaus

Dritter Tag

Veröffentlicht: 13.06.2017

Söderfors - Axmar Bruk 

110km

16,2 Schnitt

Bis mittag starker Gegenwind und heftiger Regen, ab Mittag Sonne und sehr starker Gegenwind 

Warum müssen Wetterberichte immer so präzise sein? Und warum lerne ich eigentlich nichts? Der Tag fing um halb sechs mit tiefhängenden grauen Wolken an. Leise, ohne Matthias zu wecken, machte ich mich an meine morgendlichen Aufgaben: Waschen, Packen, Verstauen. Da ich abends ein rechtes Chaos hinterlassen hatte dauerte es bis ich alles in den Taschen hatte. Ich gab mir heute auch viel Mühe und deckte die letzte Lage in jeder Tasche mit einer Plastiktüte ab. Ich befürchtete Schlimmstes und die Wolken schienen mir recht zu geben. Inzwischen war Matthias wach, aber er wirkte etwas distanziert (vielleicht war er noch müde). Ich nahm ein schnelles Frühstück zu mir (erstes Ziel sollte Gävle sein und das war 30-40km entfernt) und dann ging es los. Ich war noch nicht wirklich aus Söderfors draußen, da fing es an zu regnen (windig war es schon gewesen). Da es zusätzlich noch sehr kühl war (13 Grad) fuhr ich mit drei Lagen. T-Shirt, Fleece Jacke und Regenjacke. Kurze Zeit später folgte die Regenhose. Nur auf die Gamaschen verzichtete ich (war barfuß in den Sandalen). Nach Gävle führte nur eine breite Landstraße und es war eine arge Quälerei. Der Wind war so stark, dass ich nur mit 15kmh vorwärts kam. Der Regen hatte zugenommen und durch den Gegenwind fühlte er sich noch kräftiger an. Weil ich mich ziemlich anstrengen musste, kam ich in dem Regenzeug schnell ins schwitzen. Um nicht komplett im eigenen Saft zu schwimmen, öffnete ich vorne die Regen- und fleece Jacke ein wenig. So wurde ich nach einigen km hinten von innen und vorne vom Regen nass. Gesehen hab ich auch nicht viel. Es war grau und manchmal hingen die Wolken so niedrig, dass ich in den Nebel kam. Zusätzlich war meine Brille immer vollgetropft. Die Brillenträger unter euch kennen das sicher. Ich hoffte nur, dass mich die Lkw Fahrer immer rechtzeitig erkannten (gut, dass meine Satteltaschen orange und meine Regenjacke hellblau ist). Trotz aller Widrigkeiten war meine Stimmung gut. Zuerst sang ich ein wenig, dann ging mir die Puste aus. Später kapselte ich mich ab und hörte podcasts. Nach 2 1/2 Stunden erreichte ich Gävle und steuerte gleich einen Supermarkt an. Wichtigster Punkt: Unterhosen (jetzt hatte ich nicht mal mehr eine trockene). Sie hatten ein Modell, aber was soll's. Über den Luxus des Auswählens bin ich längst hinweg. Draußen auf dem Parkplatz wollte ich die neuen Klamotten bei strömendem Regen schnell in meine Satteltasche stopfen. Dabei fiel mir eine runter und natürlich in einen Rest Hundescheisse (mit Unterhosen hab ich kein Händchen)

Nächster Punk: Ersatzventil besorgen. Wenn ich schon zwei Ersatschläuche mit schleppe, dann sollen sie auch funktionieren. Obwohl Gävle eine recht große Stadt war, fand ich keinen Laden. In einem Sportgeschäft am Stadtrand würde ich wieder in Zentrum geschickt. Der Laden stellte sich als Möbel- Küchenzubehör-und alles-mögliche-Laden heraus. Trotzdem fand ich auf Anhieb die passenden Ventile.

Der weg aus der Stadt war mühsam (wie aus jeder größeren Stadt wenn man mit dem Rad unterwegs ist). Ich entschied mich spontan die Halbinsel nördlich von Gävle auszufahren anstatt direkt auf der stark befahrenen Landstraße weiter zu fahren. Das bedeutete einen Umweg von sicher 20km. Der Wetterbericht Tags zuvor war sehr präzise. "Am späten Vormittag nimmt der Regen ab und der Wind zu". Und genauso kam es. Als ich das nördliche Ende der Halbinsel erreichte erschien sogar ein blauer Streifen am Horizont. Ich freute mich, dass meine Sachen langsam trockneten und fluchte, weil der immer stärker werdenden Wind genau aus Norden kam. Mittlerweile war ich wieder auf der Landstraße und machte erst bei Hagalund an einem größeren See Rast. Das Wetter hatte sich vollständig geändert. Der Wind hatte sich fast auf Sturmstärke gesteigert (ich schätze 6, in böhen 7), aber der Himmel war strahlend blau. 

Ich glaub während meiner rast am See war der Wind am stärksten. Nicht nur dass ich gegen den Wind ankämpfen musste, war anstrengend auch der ständige Lärm machte mir etwas zu schaffen. Neben dem Rauschen der Bäume (eigentlich ein angenehmes Geräusch) pfiff mir r der Wind ununterbrochen in den Ohren. Nach einigen Stunden wünschte ich mir nur noch Ruhe. Solang es durch Wälder ging wurde der Wind von den Bäumen abgebremst. Auf Lichtungen fühlte ich mich wie Jagdwild (der Wind war der Jäger). Ich versuchte ohne Gegenwindböhe die Lichtung zu queren, sah aber schon an den sich biegenden Ästen, dass mich gleich der nächste Windstoß überfiel und mich massiv abbremste. Dann dauerte es ein bisschen bis ich das schwere Rad wieder beschleunigte nur um wieder überfallen zu werden. Es war eine anstrengende Art vorwärts zu kommen. Und doch schaffte ich bis halb fünf mehr km als Tags zuvor mit viel Rückenwind. Zu zweit macht man halt viel mehr Pausen. 

Jetzt liegt der Morgen mit seinem schlechten Wetter Lichtjahre zurück.  Ich hab einen wunderschönen lagerplatz (ok, das Zelt steht auf einem Parkplatz) auf einer Halbinsel in der Ostsee, auf halber Strecke zwischen Gävle und Söderhamn (Axmar Bruk). Ich sitze auf einem verwitterten Bootsanleger und es ist so warm dass ich mir zwei Sonnen  (bei der 2. Handelt es sich um die Spiegelung im Wasser) auf die bleiche Brust scheinen lassen kann. Der Wind hat fast aufgehört und ich werde jetzt noch ein Weilchen die Sonne, die friedliche Stimmung, das gezwitscher, einfach den herrlichen abend genießen.

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