Veröffentlicht: 31.08.2017
Nikolasee - Havelhöhenweg - Grunewaldturm - Teufelssee -Teufelsberg
Nach dem Mauerbau gab es bei uns im Westen ständig Aufrufe, Kinder in den Sommerferien aus dem belagerten Berlin rauszuholen. Viele von uns stelllten uns bleiche, unterernährte Wesen vor, die in ihren dritten Hinterhöfen nur von Juli bis August zwischen 12 und 13 Uhr Sonne mitbekamen. Spielen konnten die höchstens auf Trümmerbergen oder an verkehrsreichen Straßen. Nichts als Beton und schlechte Luft.
Naja. Gab es bestimmt, aber nicht nur. Das sehen wir an unserer zweiten Wanderung auf altem West-Berliner Gebiet. Es ist jedenfalls groß und grün genug, dass wir uns gründlich verirren und jede Menge frische Luft zu uns nehmen.
Los geht es am S-Bahnhof Nikolasee mit einem der schönen alten Kachel-Ausstattungen, die man überall in Berlin noch findet. Erste Station nach Überquerung der Avus ist das legendäre Strandbad Wannssee. Davon, dass man dort jeden Sonnentag mindesten eine Stunde in der Schlange steht, hat Conny Froboess nichts gesungen. Die Parkplätze und die Straßenränder sind überfüllt, obwohl man von überall her günstig mit Bus und Bahn anreisen kann. Die Wanderwege hingegen sind manchmal schwer zu finden. Unserer Einstiegstreppe müssen wir uns freischlagen. Mangels Machete verbrennen wir uns an den Nesseln Arme und Beine.
Wir werden mit einem wunderschönen Höhenweg entschädigt, der überall Blicke auf Seenlandschaften, Moore und jede Menge Reichtum freigibt. Nach Umwege erreichen wir bei Kilometer 8 den Grunewaldturm mit einem gut sortierten Biergarten und einem wunderschönen Ausblick.
Beim Weitergehn fällt wieder mal auf, dass der Wanderführer eher irritiert. Die dort aufgeführte blaue Markierung wird neuerdings etwas übertrieben. Ein Waldlehrpfad wird noch nicht erwähnt und wir irren durch die Gegend. Unterwegs gibt es auch noch der Vollständigkeit halber eine Moorlandschaft.
Wir wollen weiter zum Teufelsberg, den wir erst finden, nachdem wir fast vorbei gegangen sind. Wir laufen über verschüttete Wege, die an einem doppelten Hochsicherheitszaun enden. Passanten, die wir fragen, kennen sich nicht aus, weil sie grade mal vom Parkplatz ein paar Schritte gehen. Endlich entdecken wir eine Holztreppe, die wir dann nach einigem müdigkeitsbedingtem Zögern mit letzter Kraft erklimmen.
Und? Traraa! Wir sind oben und haben einen atemberaubenden Blick auf die Stadt und auf die alte Abhöranlage. Ziel erreicht. Mit uns und nach uns kommen immer mehr junge Leute mit Decken, Klappstühlen, Getränken und Fressalien die Treppe hoch. Ein Standgrill wird mühsam geschleppt. Die Abendstimmung ist schön, hier kann man es bestimmt aushalten. Wir noch einmal her, aber jetzt treibt uns der Hunger heim und wir sind müde nach 12 planmäßigen, 16 tatsächlichen und 20 gefühlten Kilometern.