Veröffentlicht: 18.08.2019
Liebe Geschwister, Familie und Freunde,
ein Lebenszeichen aus Astrachan, am Wolgadelta. Hier sind wir am letzten Samstag, dem 10.8., nach einem kurzen Aufenthalt in Atyrau und noch einmal im Nachtzug, dritte Klasse, angekommen.
Da wir hier schon mal waren, fanden wir uns schnell zurecht und sind diesmal am anderen Ende der Stadt in einem kleinen Hostel gelandet. Die Besitzerin hat lange in Deutschland gelebt und so gibt es mal keine Sprachprobleme. Die anderen Gäste sind Russen, die meisten arbeiten hier unter der Woche und fahren am Wochenende nach Hause.
Astrachan begeisterte uns wieder sehr, und diesmal machten wir viele Touren durch die Stadt, entdeckten neue Plätze, verweilten in Cafés und fuhren die Kanäle und die Wolgapromenaden auf und ab.
Zweimal trafen wir uns mit Mary, sie hatten wir im Mai kennengelernt und es war ein schönes Wiedersehen. Sie spricht gut Englisch und half uns, eine gute Tour ins Delta zu buchen.
Zwei Tage waren wir voll beschäftigt mit unserer Rückreise Moskau – Berlin – Mannheim. Wie immer hatte ich so meine romantische Vorstellung von einem Zug, mit Liegewagen zu zweit, nettem Restaurant und Erholung pur. Doch ist dies nicht möglich, denn unsere Fahrräder mit dem Gepäck können nicht transportiert werden.
Nun ist umdenken angesagt, und wir werden mit einer Art Flixbus reisen. Von Moskau nach Riga und von dort nach Berlin und dann Mannheim. Wir haben mit dem Bus die Reise begonnen, und so werden wir sie wohl auch beenden. Ganz glücklich sind wir deswegen nicht, aber Riga soll wunderschön sein, und das ist ein kleiner Trost.
Zwei Höhepunkte in Astrachan waren zum einen ein Museumsbesuch im Hlebnikov Memorial Museum. Ein wunderschönes altes Holzhaus, das im letzten Jahrhundert von einem Kaufmann erbaut wurde, der ein kleines künstlerisches Museum daraus machte, das man heute besichtigen kann. Das besondere des gemütlichen Museums ist, dass man hat alles in einer halben Stunde gesehen hat, nicht nur das Haus, sondern vor allem die Museums Angestellten. Mit einer Liebe verwalten sie dieses Kleinod, wir wurden von zwei Personen – ohne ein Wort englisch – stolz durch die Räume geführt. Diese zwei machten das Museum ganz liebenswert, und wir verließen ganz glücklich diesen harmonischen Ort mit seinen Mitarbeitern.
Der zweite Höhepunkt war unser Ausflug ins Wolgadelta. Morgens ging es erst mit dem Bus eine Stunde raus aus der Stadt, dann mit einem Boot ins Delta. An einer Basisstation gab es eine kurze Pause, und mit einem noch kleineren Boot ging es durch kleine Kanäle zu Lotusblütenfeldern. Der Himmel war strahlend blau, es ging zur Abwechslung mal kein Wind, und wir genossen die ruhige Fahrt durch die Natur. Wir bekamen einige Seeadler, Kraniche und springende Fische zu sehen, bis wir zu den riesigen Lostusfeldern kamen. Wo wir hinschauten Lotusblumen, Knospen und riesige Blätter. Wir aßen die Lotuskerne, die wie Erbsen schmeckten, sowie die Samen, die ein wenig nach Kokosnuss schmeckten. Leider gab es kaum Vögel oder andere Pflanzen. Dennoch hat uns dieser Ausflug gut gefallen, da wir die Ruhe und die Natur sehr genossen.
Zurück an der Basisstation gab es ein Mittagessen, leckere Fischsuppe und Fischfrikadellen, und dann Entspannen am Pool oder auf der Terrasse.
Heute, Freitag den 16.8., ist packen, Fahrrad reparieren und säubern angesagt. Da ich aus Deutschland Medizin erwarte, müssen wir warten bis sie kommt. Wenn sie heute ankommt geht es morgen, hoffentlich mit Rückenwind, die Wolga rauf, wo wir schätzungsweise 8 Tage bis Wolgograd brauchen. Von da aus werden wir uns wieder melden.
Ja, das dachten wir! Doch die Medizin aus Deutschland kam nicht, und so mussten wir unseren Aufenthalt in Astrachan verlängern.
Wir mussten erstmal unser Zimmer im Hostel aufgeben und sollten zum Ersatz ins Mehrbettzimmer umziehen. Dies ging Stephan gegen den Strich. Am Donnerstag haben wir durch Mary Anna kennengelernt. Sie wohnt mit ihrem Mann in einem Apartment direkt im Zentrum, und sie luden uns spontan ein, bei ihnen zu übernachten.
Mit Anna und Sergej spazierten wir am Samstagabend an der Wolgapromenade entlang, wo die Hölle los war: öffentliche Tanzveranstaltung mit mindestens 40 – 50 Paaren, die Salsa tanzten. Wir waren ganz begeistert und hätten mitgetanzt, wenn wir hätten tanzen können. Weiter gab es viel Musik, in Restaurants und Bars fanden Tanzveranstaltungen statt, und Kinder fuhren mit kleinen Elektroautos und –rollern auf und ab.
Anna arbeitet beim städtischen Puppentheater und wir konnten ein Stück mit ihr am Sonntag sehen. Es wurde – Einäuglein, Zweiäuglein und Dreiäuglein – gespielt, natürlich auf russisch und in einer etwas anderen Version. Doch hat es uns sehr, sehr gut gefallen. Heute Abend laden wir die Zwei zu einem Fischessen ein als ein kleines Dankeschön für ihre sehr herzliche Gastfreundschaft.
Nun hoffen wir, dass am Montag das Päckchen mit Medizin ankommt und wir weiterfahren können.
Euch alles Liebe und Gute und wir hoffen euch alle am 27.10. zum Bruch zu sehen.
Die Radler
Corrina und Stephan