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When shit hits the fan

Publié: 06.01.2017

Während ich diesen Text schreibe, sitze ich alleine am Strand von St. Kilda - nur ich, mein Notebook, das Wellenrauschen und hier und da ein paar Surfer. 

Ich bin wieder zurück in Melbourne nach einer Woche Auszeit vom Stadtleben. Es klingt schon fast wieder zu krank, sozusagen Urlaub vom Urlaub zu machen. Aber Melbourne gemeinsam mit dieser niemals enden wollenden Jobsuche hat mir den Hals zugeschnürt. Zu viele Ampeln, Menschen, Autos. Zu viel Hektik, Materialismus und Anonymität. Nein, das ist ganz bestimmt nicht das Wahre.

Doch bald werde ich Melbourne verlassen und meinen Fuß auf die kleine Insel Philipp Island setzen. Auch wenn ich die letzten Tage voller Trubel, Entertainment, schöner Menschen und Boutiquen ausnutze und kaum eine Stunde zuhause ruhig sitzen kann, reicht es dann doch auch wieder und so sitze ich hier: Stadt, Musik, Menschen hinter meinem Rücken doch vor meinen Augen Strand, Meer und die tiefstehende Sonne mit dem Finger auf dem Auslöser meiner Canon, bereit jeden Moment abzudrücken.

Meine Entscheidung fiel heute morgen als mir nach einer ätzender Joggingrunde voller Großstadtslalom ein kleiner Gegenstand auf meinem Nachttisch aka Campingchair ins Auge fiel: Eine Muschel vom Wreck Beach.

Ich sitz mich auf den Boden unserer Wohnung in Melbourne und halte sie mir ans Ohr, schließe die Augen und für einen Moment fühle ich dieses Gefühl von Aufatmen in mir aufsteigen, dieses Great Ocean Road Gefühl. 

Ich packe meine Sachen und nehme die nächste Tram zum Strand, nur mein Notizbuch und meine Kamera im Gepäck.

Seit fast 2 Monaten bin ich nun schon auf Reisen und doch war dieser Trip wiedereinmal eine dieser Besser-gehts-nicht Erfahrungen, obwohl man sich doch so abgrundtief sicher war - besser gehts einfach nicht mehr (Wie soll das denn weiter gehen?)

Part 1 unserer Reise war ein Schnelldurchlauf eines Großteils der Great Ocean Road. Auch wenn ich die Strecke bereits einmal erleben durfte, kam wieder und wieder dieses Gefühl auf. Dieses Gefühl von Aufatmen, frei sein, glücklich sein und das "nur" wegen ein paar Kurven entlang der Küste. Verrückt!

Trotzdem bin ich unheimlich froh, einer dieser Menschen sein zu dürfen, die noch dieses Geschenk in die Wiege gelegt bekommen haben, bescheiden zu sein, dankbar zu sein, sich den Atem rauben zu lassen. All diese Menschen, die die schönsten Orte besuchen, aber doch nie richtig dort waren.

Kaum zu glauben dass es noch Menschen wie mich gibt, die sich auf den Boden sitzen und tatsächlich nur die Aussicht genießen und nicht nur weil sie eine beschissene Kamera im Genick haben, um ein Foto zu bekommen, das beinahe authentisch genug ist um zu glauben, sie würden dort tatsächlich länger als 30 Sekunden rumsitzen. Bullshit!

Und auch an der Great Ocean Road saß ich also wieder einmal im Wagen, starrte beim Fenster hinaus und ließ mich überwältigen, während ich von meinen Kollegen nur ab und an ein "not bad" hörte (sorry guys).

Dieses mal war ich mit Sam, meinem liebgewonnenen Weltenbummler und zwei Mädels aus Frankreich unterwegs, welche ich zuvor noch nie kennen gelernt habe. Die Unterschiede zwischen uns vieren hätten wohl nicht viel größer sein können und trotzdem fanden wir alle in dieser Woche zusammen in einem genialen Trip in Richtung Outback.

Wenn ich diese Woche in einem Wort zusammenfassen müsste, dann war sie vor allem eins: minimalistisch. Minimalistisch was unseren Lebensstandard und ganz besonders die Vegetation (Bäumchen und so) angeht. Doch noch nie hatte das Wort minimalistisch so eine herausragende Bedeutung für mich!

Abgesehen von unserer Freude, wenn wir an einer Raststätte einen Wassertank vorfanden, wurden die kleinsten Dinge zu etwas ganz Besonderem. Toastbrot morgens, Toastbrot mittags und Toastbrot abends. Naja. Aber bedenkt man die Avocado oder den Dosenthunfisch dabei: Geniaaal. Im Endeffekt hatten wir schließlich einfach nur Hunger und die Lösung dazu war Toastbrot. Problem gelöst! 

Wir verbrachten also einen Großteil unserer Zeit "on the road", aber im besten Sinne. Dank Sam's Vertrauen durfte ich ab Tag 2 ebenfalls ans Steuer. Aufgrund Australien's Highways fiel mir die Eingewöhnung in den Linksverkehr doch relativ einfach. Wenn man in 3 Stunden genau 2 Kreuzungen vorfindet, naja, da hält sich die Überforderung in Grenzen. 

Im Nachhinein ist das Autofahren in Australien's Outback sogar die schönste Erinnerung. Ich habe den Moment vor Augen, als ich bei Sonnenuntergang am Steuer sitze. Vor mir der Highway, der sich bis zum Horizont in einer Linie erstreckt und dort mit dem Himmel zu tanzen scheint. Links von mir die goldene Sonne, die den Himmel grell orange färbt und recht von mir ein paar riesige Rocks, die in der Ferne von der Sonne lila, fast pink beleuchtet werden.

Unser Radio spielt Countrymusik vom Feinsten: Zac Brown singt "Keep your heart above your head and your eyes wide open, so this world can't find a way to leave you cold and know you're not the only ship out on the ocean. Save your strength for things that you can change, forgive the one you can't. You gotta let it go." und meine Augen füllen sich mit Tränen. 

In diesem Moment wurde mir bewusst, dass ich jetzt gerade meinen Traum lebe. Meinen Lebenstraum, für den ich hart gearbeitet habe und der mir Nächte den Schlaf geraubt hat. Der Moment ist gekommen und verdammt, er ist noch so viel schöner als ich ihn mir jemals erträumt habe. 

Unser Weg führt über die Great Ocean Road, durch Bäche und Nationalparks schließlich in ein Dorf (insofern man es als Dorf bezeichnen kann) namens Credock. Das besagte Dorf bestand aus einem Roadhotel, 2 Gebäude die an altertümliche Kapellen erinnerten und ein paar Häuschen, die man an einer Hand abzählen konnte.

Unser Dinner fand wie immer im Dunklen in unseren Campingchairs statt, nur dieses mal in Gesellschaft von den berühmten Huntsman Spinnen und einem Tausendfüßler von 20 cm Länge. Welcome to the outback!

Als leidenschaftlicher Spinnengegner mit Hang zum Nervenzusammenbruch sobald sich eine in meiner Nähe befindet, natürlich der beste Spot gegen meine Phobie anzugehen haha. Als Trost blieb mir dann immer noch der Blick nach oben. Über uns befindet sich ein wunderschöner Sternenhimmel der so übertrieben ist, dass es mir schwerfällt, mein Glück zu fassen.

Der nächste Morgen treibt mich schon früh aus den Federn und ich schnappe mir meine Kamera um den Sonnenaufgang einzufangen. Das Aufstehen hat sich wieder einmal gelohnt, nur ein Motiv fehlt mir vor dem flachen Horizont australiens Outback also schwinge ich mich kurzerhand selbst ins Bild und halte diesen Moment für mich alleine fest. 

Nach dem Frühstück und einer Dusche (trotz in Gesellschaft einer Huntsman - was für ein Luxus) bedarf unsere Weiterreise allerdings einiger Überlegungen und so finden wir uns wenig später mit einigen alt eingesessenen Aussies auf der Hausbank wieder, die sich um unsere Landkarte reissen. Trotz dem Durcheinandergeplapper fünf alter Männer, von denen jeder Einzelne seine Abenteuergeschichten loswerden muss, kommt am Ende doch klar dabei heraus: Wir müssen unseren Trip ins Outback verkürzen. Das Wetter schwankt, Empfang habe ich seit Tagen nicht mehr und auch die Wasservorräte von 5 Litern pro Person pro Tag sind nicht wirklich am Start. (Natürlich kommt auch keine Tankstelle mehr, an der man sich Wasser besorgen könnte) 

Unsere Kollegen machen uns klar, dass wir bei einsetzendem Regen durch den schnell ansteigenden Wasserpegel abgeschnitten werden würden, was angesichts der 40 Grad im Outback dann doch zu ordentlich Problemen führen könnte. 

Wir lassen schließlich etwas ernüchtert die Vernunft siegen und machen uns auf auf einen kürzeren Trip auf halbwegs befestigten Straßen zu dem Salt Lake Hart.

Die Weiten sind beeindruckend und der Horizont scheint mit dem Himmel zu verschmelzen. Schließlich machen wir uns wieder auf den Weg in Richtung Melbourne. Die Bäume, Autos, Häuser werden wieder mehr und in mir steigt ganz leise Melancholie auf, wieder in die Großstadt zurück zu müssen. Wieder fahren wir durch die Wolkenkratzer hindurch, stehen im Stau, warten an roten Ampeln.

Wenn mir in dieser Zeit eines bewusst wurde, dann dass ich möglichst wenig Zeit in den Städten Australiens verbringen möchte. 

Ja ich ziehe den Campingchair und das Toastbrot definitiv der Couch und sogar dem geilen Food Melbourne's vor und ja ich nehme es überaus gerne in Kauf, auf jeglichen Luxus zu verzichten denn eins habe ich in dieser Woche gelernt und zwar "Life begins at the end of your comfort zone" und dafür bist du leider viiieel zu gemütlich, Melbourne!





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