Pubblicato: 28.09.2020
Montag, 28.09.20
Es ist schon sehr lange her, seitdem ich mich das letzte Mal gemeldet habe. Seit unserem Trip nach Galway ist viel passiert und ich werde euch mal wieder ein kleines Update geben. So langsam ist der Alltag hier eingetroffen und Marco und ich pendeln zwischen Schule, der Arbeit im boardinghouse und dem Ausfüllen unserer Freizeit.
Ich möchte euch zu erst etwas über meinen neuen Schulalltag erzählen. Vielleicht ist vielen noch nicht klar, was ich hier überhaupt den ganzen Tag mache. Keine Sorge, ich lasse nicht nur meine kleinen Füßchen baumeln und starre den ganzen Tag an die Wand. Ich habe tatsächlich ein wenig zu tun, das meine Tage füllt und mich hier nicht in Langeweile ersticken lässt.
Ich stehe jeden Morgen ungefähr um zwanzig vor acht auf. Im Vergleich zu meinem Schüler Leben ist das ziemlich spät, aber so langsam merke ich, dass ich älter werde. Ich bin jeden Morgen ziemlich verschlafen und manchmal muss ich am Vormittag noch ein kleines Schläfchen machen. Um 8:15 Uhr habe ich dann meinen ersten oral slot. Für diese Arbeit bin ich nämlich eigentlich hier. Die oberen zwei Deutschstufen haben mit Marco und mir 15 Minuten pro Woche, in der sie für ihre mündliche Abschlussprüfung üben. Es ist eine gute Möglichkeit für sie, weswegen es schade ist, dass manche einfach nicht kommen oder sich abmelden. Ich habe insgesamt 16 Schüler, die ich über die Woche verteilt sehe und sie sind zur Hälfte in der 11. und 12. Klasse.
Die Deutschprüfung besteht aus drei Teilen. Zuerst müssen die Schüler 5 Minuten allgemeine Fragen beantworten. Sie müssen ein wenig über sich selbst und ihre Familie reden. Ihre Hobbys, was sie letztes Wochenende gemacht haben und was sie studieren möchten. Es ist ein wenig wie ein Lebenslauf, den man runterrattern muss und die Schüler können die Fragen und Antworten einfach auswendig lernen.
Danach stellen die Schüler ein Projekt vor, welches sie zuvor vorbereitet haben. Es muss deutschlandbezogen sein und etwas mit der Kultur zu tun haben. Meistens entscheiden sich die Schüler für eine deutsche Marke wie zum Beispiel "Haribo" oder "Adidas" oder eine Stadt oder einem Event. Beliebt sind "das Oktoberfest" oder die Stadt "München". Die Schüler gestalten ein Plakat und stellen ihr Projekt in 5 Minuten vor. Die Prüfer stellen danach auch Fragen, wie sie die Informationen gefunden haben und warum sie sich dieses Thema ausgesucht haben.
Der letzte Teil der Prüfung ist dann ein Rollenspiel, in dem die Schüler ein wenig freier sprechen müssen. Entweder geht der Hund verloren oder jemand möchte sich typisch Deutsch beschweren. Das alles werden Marco und ich mit den Abschlussschülern üben, damit sie eine gute Note erzielen. Die meisten sind auch wirklich gut in Deutsch, doch manche sind eine einzelne Katastrophe, bei denen ich nicht viel Hoffnung sehe.
An den meisten Tagen habe ich vier oral slots. Zwei habe ich vor der Schule und zwei danach. Normalerweise würden die oral slots während der Schulzeit in den Pausen stattfinden, allerdings geht das wegen Corona momentan nicht. Die Pausen sind aufgeteilt und verkürzt, weswegen wir es ein wenig verschieben mussten. Mittags gehen Marco und ich meistens in die Kantine und essen etwas. Mit dem Schulunterricht haben wir nicht so viel zu tun. Wir gehen zu manchen Stunden und gucken beim Unterricht zu. Das ist sehr interessant und wir haben mit Emily, der Deutschlehrerin, auch schon besprochen, dass wir irgendwann mal ein paar Unterrichtsstunden übernehmen können.
Zusätzlich erstellen Marco und ich einmal pro Woche die "Kulturecke" und das "Wochenwort". Wir können uns ein Thema aussuchen und machen dazu ein kleines Infoblatt. Die Schüler lernen zusätzlich etwas zur deutschen Kultur und müssen dazu eine kleine Aufgabe machen. So lernen die Schüler beispielsweise die deutsche Fußball Nationalmannschaft oder Michael Wendler kennen. Ein Muss, für jeden, der Deutschland näher kommen möchte, haha. Es gibt jede Woche einen Gewinner, der ein wenig Schokolade gewinnt.
Das sind die Aufgaben im Schulbereich. Im boardinghouse sieht es ein wenig anders aus. Die Arbeit fängt entweder um 8 oder 9 Uhr Abends an. Man passt auf die Kinder auf und um 9 Uhr werden nochmal alle Kinder in die Kantine gescheucht, damit sie noch einen kleinen Snack bekommen. Das Abendessen ist hier nämlich bereits um halb 6 und wegen Corona sind die Schülerküchen im boardinghouse geschlossen. Das Supper sind nervige 20 Minuten, in denen alles ein wenig drunter und drüber geht. Alle wollen noch etwas zu essen, es ist hektisch und ich bin froh, wenn alle wieder um halb 10 in ihren Zimmern sind.
Ab kurz nach 10 fängt man dann an die Handys der Kinder abzuziehen. Nur die zwei ältesten Stufen dürfen im Mädchen Boarding ihre Handys behalten. Anders als bei den Jungs dauert es hier nicht so lange alle Handys einzusammeln und ruhig zu kriegen. Die Schichten hier dauern ungefähr bis 11 oder spätestens halb 12. Danach kann man ins Bett gehen. Morgens ist man dann dafür verantwortlich, die Mädchen aufzuwecken und zum Frühstück zu scheuchen. Alle sind immer am trödeln und man muss alles gefühlt tausend mal sagen, aber es ist nicht so nervenaufreibend wie bei Marco. Im Jungen boarding ist der normale Ton das Anschreien und alle gehen die Decke hoch (ich vermute Testosteron).
Zwischen der Arbeit in der Schule und der duty im boardinghouse haben wir viel Freizeit, um die Gegend zu erkunden und am Wochenende wegzufahren. Der erste Trip ging nach Galway und das nächste Wochenende wird wieder irgendeine Stadt erkundet, obwohl wir noch nicht wissen welche es werden wird.
In Sligo kann man auch perfekt abends noch spazieren gehen und den Kopf ein wenig frei zu bekommen. Außerdem sind wir am Wochenende immer unterwegs. Entweder fahren wir zum Strand oder gehen spazieren. Letzten Sonntag waren wir in Rosses Point, ein Strand, an dem man auch schwimmen darf. Und wir waren auch tatsächlich im Atlantik. Es war wirklich arschkalt und wir haben es auch nicht lange ausgehalten, aber es war eine tolle Erfahrung und nun kann ich mich auf andere Sachen konzentrieren, die auf meiner Bucketlist stehen.
Neben den planmäßigen Abläufen in der Schule, gibt es auch manchmal besondere Trips, auf denen wir mitgehen dürfen. Letzten Mittwoch war ich auf meinem ersten Schultrip mit der TY Stufe. Das ist die 10. Klasse und es ist eine Art Übergangsjahr. Die Schüler haben nicht viel zu tun und verbringen das Jahr eher damit auf Ausflüge zu gehen und noch einmal zu entspannen, bevor die Oberstufe beginnt.
Wir sind mit dem Bus zum Fuße des Knocknarea gefahren und dann hochgeklettert. Marco und ich waren bereits auf diesem Berg, doch es war ein schöner Ausflug. Das Wetter war toll und nach dem Auf- und Abstieg sind wir nach Strandhill gegangen und haben Pizza gegessen. Meistens gehen die Trips ein wenig länger und weiter weg, doch wegen Corona wird es dieses Jahr ein wenig lokaler gehalten. Nach vier einhalb Stunden war der Trip auch schon wieder zu Ende, doch es war sehr interessant sich mit den anderen Lehrern zu unterhalten und auszutauschen. Wegen Corona ist das Lehrerzimmer nicht so voll und spaßig wie sonst und deswegen bin ich froh, dass Marco und ich so auch die Möglichkeit haben Kontakte knüpfen zu können und uns mit den anderen Lehrern austauschen zu können.
Dieses Wochenende waren Marco und ich dann bei gutem Wetter in einem naheliegenden Wald ein wenig spazieren. Man muss zwar von der Schule erst eine Stunde lang zum Hazelwood laufen, doch der Weg hat sich auf jeden Fall gewöhnt. Es gibt einen kleinen Rundgang und man geht am Wasser her. Der Wald sieht sehr urig und verwachsen aus, so dass man sich wie ein Charakter in einem Fantasyroman fühlt oder wie in einer Fernsehserie.
So, das ist momentan mein Alltag und das nächste Mal werde ich mich wieder melden, wenn Marco und ich unser langes Wochenende in irgendeiner anderen Stadt verbracht haben. Ich hoffe, ihr könnt euch bis dahin gedulden.
Das war es von mir. Euch noch einen schönen Montag und eine tolle Woche.
Gruß und Kuss.