La daabacay: 18.04.2017
Eingemummelt in Pulli und Fleecejacke, steh ich auf dem Feld und genieße den Anblick des Sonnenaufgangs. Ich spüre wie die kalte Nachtluft an meinem schläfrigen Körper vorbeistreift, atme ein und rieche den Qualm des Feuers.
Es ist nicht irgendein Sonnenaufgang. Es ist einer von der ganz besonderen Sorte. Langsam macht die Dunkelheit der Nacht, dem Sonnenlicht Platz und South Australia wird in rosarotes Licht getunkt. Die Nebelschwaden, die das Feld verhüllen, schwinden allmählich.
Leise, wie Schneeflocken, rieselt die Asche herab. Die Osterfeuer lodern. Ich stehe am Anfang meiner Weinrebe, mit Gartenschere in der Hand, die letzten Momente der Stille in mich aufsaugend.
Es riecht nach Herbst. Ich atme tief ein und kaum schließe ich die Augen, bin ich Zuhause im Garten und sehe Papa am Feuerkorb stehen, neben ihm gehacktes Holz; Mama mit ihrer Tasse Tee in der Hand auf der Bank sitzen. Sie hat einen Apfelkuchen gebacken, süß und sämig.
Kaum verliere ich mich in dem Gedanken einen Bissen vom Apfelkuchen zu nehmen, höre ich die ratternden Treckermotoren immer näher kommen. Es ist Zeit mit der Arbeit zu beginnen.
Seit einem Monat pflücke ich nun schon Trauben. Weintrauben, rot und weiß, Trauben die zu Chardonnay, Shiraz oder Merlot verarbeitet werden, oder ganz schlicht und weg Rosinen.
Meine Zeit hier in Renmark und Paringa war nicht immer einfach. Angefangen hat alles damit, dass wir nach dem Trip auf der Great Ocean Road zu viert in das Working Hostel 'Renmark Backpackers' einzogen. Die ersten zwei Wochen lief alles optimal. Nach und Nach ist uns jedoch bewusst geworden mit was für abscheulichen Mitteln der Besitzer versucht, Gäste die ihm nicht 'in den Kram passen' und zu argumentativ sind, rauszuschmeißen. Der Besitzer hat mir an dem besagten Tag eine SMS geschrieben, in der er uns vorwarf Bettwäsche gestohlen zu haben. Als wir nach Feierabend zurück zum Hostel kamen, hat er eine Großsäuberung in seinem Haus veranstaltet. Er wollte uns pathetischer Weise loswerden. Innerhalb weniger Minuten kam er auf einen von uns zu und hat das Thema mit der Bettwäsche erneut aufgegriffen, somit ein Streitgespräch entfacht. Der Tag endete damit, dass wir unsere Sachen packen mussten, aber auch packen wollten und von drei Polizeiwagen vom Gelände eskortiert wurden. Man warf uns vor Hosteleigentum gestohlen und sich illegal auf dem Grundstück befunden zuhaben. Der Besitzer rief nach unserem Auszug eine Versammlung ein und verkündete, dass wir zur Sicherheit aller 'polizeilich entfernt' wurden, wie uns später von einer Bekannten mitgeteilt wurde.
Auf dem Paringa Caravanpark eine neue Homebase gefunden und coole Leute kennengelernt, hieß es dann erneut auf Jobsuche zugehen. Und gefunden. Heute sollte der letzte Tag sein.
Die vergangenen zehn Monaten habe ich im Dauersommer verbracht. Es ist das erste mal nach diesen Monaten, dass ich wieder einen Jahreszeitenumschwung miterlebe. Und ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie sehr ich dieses Gefühl liebe.
Noch vor drei Wochen war hier der Sommer, bei fast 40 Grad am Tag und 20 Grad in der Nacht. Kaum ist die Buschfeuersaison vorbei und die Uhr auf Winterzeit umgestellt, wird es 15 Grad kälter.
Ich denke darüber nach was der Rest der Bande wohl Zuhause so treibt. Ostersonntag und noch schlafen sie. Bald wird man wach, bereitet ein genüssliches Osterfrühstück vor, nimmt Oma und Opa und Verwandte in Empfang. Wie gern würde ich alle wiedersehen, einfach von meinem Erlebten erzählen und zuhören, welche Geschichten die anderen zu berichten haben. Wie gern würde ich jetzt auch so ein ausgiebiges Osterfrühstück vor mir haben. Wie gern wäre ich einfach dabei.
Und doch möchte Ich hier nicht weg. Vor allem South Australia hat es mir angetan. Es hat etwas einzigartig Schönes, morgens zur Arbeit zufahren und im Strahl der aufgehenden Sonne Kängurus über die Weinplantage hüpfen zu sehen, die einen beim Pflücken besuchen und die ein oder andere Traube stibitzen. Wenn man nach der Arbeit dann noch von einer Emufamilie ein Stück nach Hause begleitet wird, kann einem nur das Herz aufgehen. Die Landschaften, so trocken, und doch so grün, so verschieden. Die rote Erde, die frische Luft am Morgen, die Sonnenaufgänge und die Monduntergänge.
Ich bin wie versunken in der Schönheit des Südens und pflücke weiter Trauben. Mein letzter Tag neigt sich dem Ende zu und die große Reise geht bald in die nächste Runde.