La daabacay: 23.11.2018
Zunächst muss ich zwei Anmerkungen zu meinem letzten Eintrag vorausschicken: Uber ist legal. Ich habe die Tage einen Zeitungsartikel gelesen, indem von Protesten von Taxifahrern die Rede war, weil Uber ihnen die Arbeit wegnimmt. Was sich verschlimmert hat, seit die Firma in diesem Jahr lizensiert wurde. Des Weiteren habe ich davon berichtet, dass der zunächst vorgeschlagene Preis der ist, den man am Ende zahlt. Diesbezüglich muss ich mich ebenfalls korrigieren, da der Preis je nach Verkehr ggf. angepasst wird. So ist es schon vorgekommen, dass mir für eine Strecke von ca. 20 Minuten zunächst 2,30 JD veranschlagt wurden, es aber am Ende fast 5 waren, weil man wegen des hohen Verkehrsaufkommens über 40 Minuten gebraucht hat.
Eigentlich wollte ich in diesem Beitrag endlich einmal auf meinen Plan, zu unterrichten, zu sprechen kommen, aber ich muss dem etwas vorausschicken: Ich habe diesen Blog ins Leben gerufen, um nicht jede Geschichte hundert Mal zu erzählen. Aber mittlerweile habe ich gemerkt, dass manche Geschichten in einem Blog einfach fehl am Platz sind. Dabei geht es mir nicht darum, eine Welt in Rosarot zu präsentieren, sondern vielmehr darum, die Privatsphäre der Menschen, mit denen ich zu tun habe, zu schützen. Ich werde auf jeden Fall noch davon berichten, wie es an der Schule läuft, aber dazu muss ich mir erst klar werden, wie.
Zur Entschädigung kann ich weitere Pläne darlegen: Neben einem Eintrag über das Leben bzw. Arbeiten an der Schule möchte ich unbedingt noch etwas über die Katzen hier in Amman schreiben, was ich voraussichtlich mit Berichten über eine Veranstaltung namens Shams Table verknüpfen werde; des Weiteren wird es wohl einen ganzen Eintrag zum Thema Essen geben; außerdem steht auf meiner Agenda, darüber zu berichten, was ich als anders empfinde, wobei mit „anders“ weder „schlecht“ noch „nicht normal“ gemeint ist; nicht zuletzt soll es auch einen Eintrag über die Sehenswürdigkeiten geben, die ich besichtigt habe und besichtigen werde, wobei ich diese ebenfalls kategorisieren möchte (z.B. zum Thema „Antike“). Auch mein Plan zu lesen, ist nicht verworfen. Ich habe noch mindestens zwei Bücher, auf die ich mich beziehen möchte: Dasjenige, weswegen ich irgendwie hier bin bzw. hierhin gekommen bin, und ein Weiteres, das ich in meiner Zeit hier geschenkt bekommen habe.
Ich möchte es also insgesamt mehr thematisch geschlossen halten, als chronologisch vorzugehen. Pläne über Pläne; man wird sehen, in wiefern ich ihnen gerecht werde.
Nun also zum Thema dieses Eintrags. Innerhalb Deutschlands und auch Europas wird zunehmend mehr Wert auf den Schutz des Individuums im Zusammenhang mit persönlichen Daten gelegt. Die Politik versucht einerseits, große Konzerne vom Datensammeln abzuhalten, aber andererseits soll durch das Sammeln von Daten, z.B. mithilfe von Überwachungskameras, versucht werden, das Individuum zu schützen. Das führt auch dazu, dass der Einzelne die Preisgabe seiner Daten versucht zu kontrollieren. Zumindest kenne ich es aus meinem Freundes-, Bekannten- und Familienkreis so. Ich erlebe das hier in Jordanien anders. Schon bei der Wohnungssuche hat meistens die erste Antwort auf meine E-Mail mit der Anfrage, ob die Wohnung für den von mir gewünschten Zeitraum frei sei, schon die Frage nach meinem Facebook-Account oder meiner Handynummer enthalten. Ich erlebe es, dass man ohne Bedenken wildfremden Menschen Handynummern weitergibt. Da ich mir hier eine jordanische Sim-Karte zugelegt habe, habe ich keine Probleme damit, diese Nummer weiterzugeben. Ich hätte deutlich mehr Bedenken mit meiner deutschen Nummer. Mit einer Wegwerfnummer, die ich voraussichtlich für drei Monate nutzen werde, gehe ich irgendwie anders um. Aber wenn man darauf vertraut, in der Masse unterzugehen, gibt einem das wiederum einen Schutz durch Anonymität. Wenn ich die einzige wäre, die unbedarft meine Telefonnummer preisgibt, wäre es bedenklich. Da aber jeder hier bedenkenlos seine Nummer jedem gibt, hat jeder zahlreiche unbekannte Nummern und der Einzelne geht in einer anonymen Masse unter.
Diese Nummer wird aber wohl auch von der Regierung genutzt, so erhält man (nicht nur ich, ich weiß dies auch von anderen) von der Nummer „911“, was hier die offizielle Notrufnummer ist, SMS. In den SMS, die ich bislang erhalten habe, ging es darum, sich vor den Regenschauern, die in den vergangenen Wochen einige Todesopfer gefordert haben, in Sicherheit zu nehmen. Dies scheinen mir keine Nachrichten von meinem Telefonprovider zu sein.
Zugegebenermaßen gebe ich auch meinen Facebook-Account relativ unbedacht preis, aber dies tue ich vor dem Hintergrund, dass Facebook vermutlich sowieso viel zu viel von mir weiß und wenn ich die Wahl habe, bevorzuge ich es trotz allem, mich mit den Menschen über Facebook zu verknüpfen anstatt ihnen meine Handynummer zu geben.
Was hat dies nun
mit Verfassen eines Blogeintrags zu tun? So gerne ich Einblicke in
mein Leben hier gebe, so wichtig ist mir die Privatsphäre meiner
Mitmenschen. Und sobald es Überschneidungen zwischen meinem Leben
und dem meiner Mitmenschen gibt, werde ich vorsichtig.
Selbstverständlich erzähle ich Freunden oder meiner Familie von den
politischen Ansichten der Menschen, denen ich begegne, von
Situationen, die mich mit dem Kopf schütteln lassen, oder auch von
der Arbeit an der Schule. Aber ich scheue mich dies hier offen
zugänglich zu machen.
Dementsprechend widerfahren mir hier viele Situationen, von denen ich gerne berichten würde, aber ich habe für mich noch keinen Weg gefunden, sie in einem so öffentlichen Forum zu präsentieren, ohne mitunter Menschen bloßzustellen, die mir hier nahestehen.
An dieser Stelle kann ich das auch mit Gelesenem verknüpfen. Ronan Farrow hat in dem bereits erwähnten Buch eine meinem Umgang entgegengesetzte Vorgehensweise, indem er in seinem Buch tiefe Einblicke in die Diplomatenwelt gibt. In Abläufe, aber auch zum Teil in die Köpfe der Menschen. Zugegebenermaßen bin ich jemand, der sehr nah am Wassser gebaut hat, – so habe ich bei Büchern schon so sehr Rotz und Wasser heulen müssen (man kann es nicht anders sagen), dass ich aufgrund des Wasserschleiers vor meinen Augen kaum weiterlesen konnte – aber Farrow hat es vermocht, mir bei der Darstellung des Todes von Botschafter Richard Holbrooke, den er vorher als ziemlichen Hardliner charakterisiert hat, fast die Tränen in die Augen zu treiben. Ihm gelingt es, Personen die man aus den Medien oder vielleicht mittlerweile sogar Geschichtsbüchern kennt, als Menschen darzustellen. Den Mut, Personen meines unmittelbaren Umfelds so ungeschminkt darzustellen, habe ich nicht. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich aus der Darlegung keinen Profit schlage. So müssen die Leser dieses Blogs leider auf viele Geschichten verzichten – auf WhatsApp, Skype oder Facebook bin ich gerne bereit, weitere Einblicke zu geben.
Dennoch wird es auch hier in Zukunft weniger ernste und für die Allgemeinheit vermutlich interessantere Einträge geben.