Weşandin: 10.09.2019
05.09.2019
Um 1:30 Uhr aufstehen und es morgens zu nennen ist ein bisschen euphemistisch aber naja. Wir hatten geschlafen und wurden durch einen Wecker wach, also irgendwie war es auch wirklich morgens^^
Erstaunlich fit (vielleicht wegen der Aufregung), machten wir uns fertig, da uns um 2:00 Uhr Gunnar erwartete, um uns nach Köln zum Flughafen zu bringen. Noch ein Abschlussfoto mit Rucksack auf dem Rücken in Jonas Zimmer, ging es dann auch los.
Eigentlich dachte ich, dass ich recht fit bin aber während der Fahrt musste ich doch schon einige Male gähnen und war froh, dass Gunnar als Fahrer wirklich wach wirkte :D
Am Flughafen angekommen, sahen wir direkt einige Leute, die offensichtlich die Nacht dort verbracht hatten und es entwickelte sich eine gewisse Vorfreude, dass Jonas und ich wohl demnächst auch ab und zu mal zu dieser Gruppe gehören würden. Während eine Nacht am Flughafen für viele vielleicht nicht besonders einladend klingt, finden wir die Idee irgendwie cool, sich ein Schlafplätzchen zu suchen, Kopf auf den Rucksack, Schlafsack als Decke und dann ein paar Stündchen schlafen. Wie es dann ist, wenn man es tatsächlich durchzieht und nicht nur davon als „Abenteuer“ träumt, werden wir selbstverständlich berichten :D
Der Flug war für 5:45 Uhr geplant und mit ein bisschen Verspätung ging es dann auch mit Sun Express gen Gaziantep in der Tükei, unserem ersten Stop auf der Weltreise. Ich habe kurz vorm Abflug Jonas damit genervt, dass wir uns etwas Cooles einfallen lassen sollen, dass wir bei Ankunft in jedem neuen Land machen – eine Pose, eine Geste o.ä. aber vielleicht war es der Uhrzeit geschuldet aber eine Idee, die uns beiden gefiel, gab es erst einmal nicht.
Unser Flugzeug war super modern aber es war auch komplett voll und recht laut und eng. Jonas hat die ganze Zeit versucht zu schlafen, was auf dem Mittelsitz nicht ganz einfach ist, und ich habe nachdem ich das Schlafen/Dösen aufgegeben hatte, die Blogeinträge für die vorherigen Tage geschrieben :) Jonas hat sich trotz der nicht besonders geringen Lautstärke (kleine Kinder mögen es nicht, 4 Stunden ruhig zu sitzen^^) dann ebenfalls motiviert, seine beiden Blogenträge fertig zu schreiben. Yay!
Mittags kamen wir bei sommerlichen 37°C im Schatten am Flughafen Gaziantep an. Das Flugzeug war komplett voll und wir waren die einzigen Deutschen, die keine Deutsch-Türken waren. Bei der Passkontrolle wurde ich dann erst einmal skeptisch beäugt. Spreche ich Englisch? Was will ich in Gaziantep? Ich erklärte, dass wir in Nizip einen Bekannten besuchen und dann westwärts nach Istanbul reisen. „Es ist sehr weit bis nach Istanbul“ entgegnete der Beamte zweifelnd. Er blätterte noch eine Weile durch meinen nackten Reisepass und fragte dann, was ich beruflich mache. Auch das erklärte ich ihm freundlich. Nicht ganz überzeugt, holte er noch einen Kollegen dazu und nach kurzer Rücksprache bekam ich meinen ersten Stempel
Nachdem wir unser Gepäck beisammen hatten (Törki und Kalle haben ihren ersten Flug unbeschadet überstanden), suchten wir unseren Mietwagenanbieter. Da wir bei Europcar gebucht haben, erwarteten wir die üblichen Schalter im Ankunftsgebäude aber als wir durch die Tür traten, hatten wir den Flughafen verlassen und kamen auch nicht wieder rein – ein Anfängerfehler :D
Wir irrten ein paar Minuten schwer bepackt durch die Mittagshitze und fanden schließlich einen freundlichen Polizisten und einen Taxifahrer, den wir bereits abgewimmelt hatten, zeigten den Voucher und sie deuteten auf einen unbeschilderten Ausgang. Diesen Ausgang wollten wir wieder als Eingang nutzen, wurden aber dann direkt von einem Sicherheitsbeamten gestoppt, der uns irgendetwas auf Türkisch erklären wollte.
Ich zeigte ihm den Voucher und er holte den Europcar-Mitarbeiter, der ebenfalls nur Türkisch sprach aber mittels Handy einen englischsprachigen Kollegen zuschalten konnte. Jonas und sein Papa mussten ihr Gepäck und mich draußen lassen und folgten dem Europcar-Mitarbeiter dann zum Schalter. Ich durfte nicht mit in den klimatisierten Raum und schwitzte schon einmal schön weiter und ließ mich von den Einheimischen verwundert beäugen… :D
Nach zwanzig Minuten oder so kamen Jonas und sein Papa mit dem Vermieter zurück und er zeigte uns einen weißen Citroen. Das Auto war soweit in Ordnung, allerdings stellten wir überrascht fest, dass das Benzin leer war und die Reservelampe bereits blinkte :O Kein Problem, erfuhren wir und ließen uns darauf ein. Wir hatten ja keine andere Wahl^^ Unser erster Stopp war also eine Tankstelle, bei der Jonas Papa mit 50 Euro Diesel volltankte. Dann ging es los ins ca. 50km entfernte Nizip, in dem Mehmet und seine Frau wohnen.
Die Fahrt dahin war relativ unspektakulär. Aufgrund der Hitze gibt es viel braun und grau und wenig Vegetation, mit Ausnahme einiger Olivenbäume. Die Landstraße und Autobahn, auf der wir fuhren, war erstaunlich gut ausgebaut und in weit besserem Zustand als manche Straßen in Deutschland, obwohl (oder weil) hier weniger Menschen wohnen und diese sich auch nicht alle ein Auto leisten können. Jonas Papa erklärte, dass die Straßen vor allem von LKW genutzt werden, die z.B. Öl aus dem Iran bringen. Die Straßen waren auch recht leer, aber die typischen Überholmanöver bei durchgezogener Linie oder das Nebeneinanderfahren trotz nur einer Spur waren keine große Überraschung. Dies haben südliche Länder wohl gemein :)
Da wir (noch) kein Internet und auch keine manuelle Karte hatten, fuhren wir wahllos ins Stadtzentrum von Nizip, in der Hoffnung, dass sich Jonas Papa, der Mehmet bereits vor 20 Jahren hier besucht hat, sich an den Weg erinnert :D
Das funktionierte natürlich prima :p Wir hielten dann mitten auf einer kleinen Einkaufsstraße an und Jonas Papa stieg aus, um nach der Straße zu fragen, von der wir nur Name und Hausnummer kannten. Spannend! Leider konnten die in dem Laden nicht helfen aber während er da war, versuchte ein anderes Auto, hinter uns einzuparken und wir mussten den Wagen vorsetzen, damit er in die Lücke passt. Dabei kamen wir dann ins Gespräch. Jonas und ich erklärten, dass wir noch kein Internet haben und ich tippte die Adresse auf mein Handy ein, um es den beiden zu präsentieren. Die beiden waren so ca. in Jonas und meinem Alter, Syrer (von denen es hier in Nizip einige gibt, da es so nah an der syrischen Grenze liegt). Ungefragt, googelte einer der beiden Syrer unsere Straße und bot an, uns dahin zu führen. Super nett! So eine Gastfreundschaft findet man oft nicht in Deutschland…
Nachdem wir die richtige Straße gefunden hatten, suchten wir noch nach der Hausnummer. Ich zeigte einer Verkäuferin die Hausnummer und sie erklärte mir auf Türkisch, wo wir hin müssen. Leider verstehe ich absolut kein Türkisch aber immerhin hatte sie in eine konkrete Richtung gezeigt :D Dann fanden wir schließlich endlich das Apartment von Mehmet und wurden super lieb begrüßt. Es gab erst einmal einen Softdrink und anschließend „Mate“ (oder so ähnlich) zum Essen. Das war eine Art Suppe aus Teigtaschen, Fleisch und Gemüse, welche man mit ein paar Klecksen Joghurt und ein wenig Kräuterdressing verfeinerte, um sie dann mit Brot zu essen. Es war wirklich sehr sehr lecker :) Anschließend gab es Tee und natürlich wurde gleich besprochen, was wir denn zu Abend essen wollten. Verhungern werden wir hier nicht :D
Nach dem Tee war Chillen angesagt und jetzt ist 17:30 Uhr und wir sind gespannt, was uns heute noch so erwartet.
Mein erster Eindruck von Anatolien war so lala aber seitdem wir hier in Nizip sind, ist es echt klasse :) :)
UPDATE vom Folgetag:
Wir waren dann noch kurz in Nizip „spazieren“, wie Mehmet es gerne nennt, haben eine SIM Karte gekauft, weil man ja connected sein möchte :p und waren kurz bei einer Moschee. Dort wurde wir auch direkt angesprochen und uns wurde freundlich erklärt, wo die Kathedrale ist, frei nach dem Motto „eure Kirche ist dort drüben“ :D War ganz witzig :)
Zum Abendessen gab es dann gefüllte Auberginen. Das bedeutete aber etwas anderes, als ich erwartet hatte :D
Es gab eine riesige Metallschale, in der gebackene Auberginen, Hackfleisch, Tomaten und grüne (durchaus scharfe^^) Paprika. Dazu gab es weiches Fladenbrot, Salz und Zwiebeln. Mehmet erklärte uns dann stolz, wie man das Ganze isst:
Man breitet das Brot aus und als erstes wird die Aubergine darauf verteilt. Dazu kann man das Fleisch der Aubergine nutzen und die Schale an die Seite legen. Als nächstes folgt das Hackfleisch, das etwa die Größe von kleinen Frikadellen hatte. Dieses nimmt man mit der Gabel und zerdrück es, um es ebenfalls zu verteilen. Danach kommen die Tomaten und die Paprika. Als letztes streut man Zwiebeln und Salz über das Ganze und rollt es dann ähnlich wie einen Wrap auf. Es war eine messy Angelegenheit aber super lecker. Wir haben alles vollgekleckert, was sehr zum Amusement unserer Gastgeber beigetragen hat :D Mehmet meinte immer, Hände waschen kann man später^^
Zu Trinken gab es dazu Ayran (zum Glück hatte ich Laktasetabletten dabei^^) und nach dem Hauptgang gab es noch einen riesigen Teller Weintrauben und einen Teller Feigen aus dem eigenen Garten. Es war das erste Mal, dass ich Feigen gegessen habe und ich war total begeistert! Sie sind echt lecker :)
Nach dem Abendessen gab es natürlich noch einmal Chai Tee und dann holten Jonas, sein Papa und Mehmet unseren Mietwagen, der noch mitten in der Stadt parkte, um ihn für die Nacht aus Sicherheitsgründen in eine Tiefgarage zu stellen. Währenddessen saß ich hier mit Fatma (Mehmets Frau) und habe Fernsehen geschaut. Es war eine Serie mit Bollywood Schauspielern mit einer echt wirren Handlung, Monologen und etwas übertriebenen Musikeinlagen, was echt interessant war. Nach der ersten halben Stunde wurde ich ein bisschen nervös, dass die Männer noch nicht zurück waren, denn es war auf der Straße komplett ruhig… Wie sich herausstellte waren sie noch „aus“ auf einem Platz an der Moschee und ich war froh, als sie zurück waren, einfach weil ich nicht wusste, wieso es so lange dauert, dieses Auto umzuparken :D