goinguntendrunter_2.1 Balkanedition
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Albanien, das Nordkorea Europas, das Land der Bunker, der Mercedes Benz, der Gastfreundschaft, des German Dreams, der rumsitzenden Männer und eine Oase für junge Eltern. Das sind erstmal ganz schön viele Attribute für ein Land, aber sie spiegeln in etwa unsere Erlebnisse der letzten vier Wochen wieder.
Ja, wir haben viele Schleifen gedreht.

Eigentlich hatten wir nicht geplant so lange zu bleiben, aber wir drehten dann doch einige Schleifen im Land, welches so anders ist als die Länder bisher. Das fing schon beim Grenzübertritt an. Während die Montenegriener bei der Einreise noch kritisch unsere Pässe und Fahrzeugpapiere mehrere Minuten prüften, wollte der albanische Grenzbeamte lediglich die Anzahl der Passagiere wissen und verzichte auf die Kontrolle sämtlicher Papiere. Das war schon mal sehr entspannt. Der erste Kulturschock nach dem für den Westeuropäer doch noch sehr geordneten Montenegriener war der Schwall an Bettlern, der jeden, der die Grenze passierte, laut anschrie und belagerte.

Nach der Grenze kommt nach wenigen Kilometern Shkodër. Eine der größten Städte Albaniens und ein religiöses wie kulturelles Zentrum des Landes. Wir fuhren einfach drauf los und das Gewirr an Fußgängern, Fahrradfahrern, Eselskarren, Mopeds und Mercedes, die wild die Fahrbahn kreuzen, trieb Terence erstmal den Schweiß auf die Stirn, aber recht schnell bemerkten wir die Ordnung in diesem Chaos und passten uns einfach an. Der G fällt zum Glück eh im Verkehr auf.

Shkodër selbst besitzt eigentlich keine besonderen Sehenswürdigkeiten, es hat eine nette Innenstadt, viele Cafés, wenige Restaurants und gute preiswerte Barbiere, wie Terence zu berichten weiß. Aber vielen dient Shkodër auch als Startpunkt für Touren in die Albanischen Alpen, so auch uns. Unser Pistenkuh-Offroadguide versprach uns viel Spaß und Abenteuer auf der Tour durch das berühmte Theth-Tal. Also tankten wir voll und los ging es. Okay, auch an den Tankstellen merkten wir Albanien tickt anders. Kartenzahlung hat ungefähr eine Tankstelle unter hundert und bei unserem 90-Liter-Tank und mehr als zwei Euro Benzinpreis mussten wir immer einiges an Bargeld dabei haben oder lange nach einer Tankstelle suchen. Bei einem Durchschnittseinkommen von 520€ könnte der Benzinpreis aber auch die Erklärung sein, warum die Tankstellen zu meist kaum besucht waren. Was uns beim ersten Gang durch die Stadt direkt auffiel, war die Menge an Läden, die mit deutschen Produkten Werbung machen. Da gab es Moda Gjermane oder Läden wie German Computers. Beides Dinge, für die wir Deutschen bekannterweise weltweit berühmt sind.

Die Innenstadt von Shkodër. Eigentlich ganz nett.
Viele Fahnen schmücken das Straßenbild und Denkmäler gibt's an jeder Ecke.
Positiv fiel uns direkt auf, viele Cafés in Albanien besitzen einen eigenen Spielplatz. Perfekt für Kaffee und austoben. Familienfreundlich +1
Der Blick auf die Stromleitungen zeigt, dass wir stetig südlicher kommen.
Auch das Angebot an Tieren war erstmal gewöhnungsbedürftig.
Eine erste Überraschung war der Rossmann in der Fußgängerzone. Endlich wieder vernünftige Windeln (🥴), nachdem Montenegro leider keine deutsche Drogeriekette hatte. Familienfreundlich +1

Also ging es in die Berge, leider, also zumindest aus Sicht eines Offroadreisenden, aber natürlich zur Freude der Einheimischen, war die erste Hälfte der Theth-Runde bis ins Theth-Tal mittlerweile aspahltiert und gesichert. Das Theth-Tal selbst liegt auf 850 m, wird von 2500 m hohen Bergen eingerahmt und ist eine Erfolgsgeschichte der deutschen GIZ, die gezielt den sanften Wandertourismus durch finanzielle Unterstützung des Bau von familiengeführten Unterkünften förderte.

Der Weg ins Theth-Tal, die Passstraße, wurde leider mittlerweile vor kurzem asphaltiert, aber die Leitplanken zeigen, dass es auch mehr als nötig war. Entweder sie waren streckenweise geklaut oder komplett verbeult, intakte Abschitte gab es selten.
Mit jedem Kilometer wurde das Bergpanorama spektakulärer.
Zwischen drin gab es immer wieder schöne Aussichtspunkte an denen der G immer mal wieder für Aufmerksamkeit sorgte. Hier ein ganz besonders interessierter Pole, der ungefragt fast unter dem Wagen lag...
aber die Sicht war gut.
Abwärts vom Pass aus kam langsam das Theth-Tal in Sicht. Die Einwohner hier sind jeden Winter mehrere Monate von der Außenwelt abgeschnitten.
Diese Abgeschiedenheit führte dazu, dass sich hier eine ganz eigene Kultur mit eigenem Gesetz entwickelte, dem sogenannten Kanun. Blutrache war damals Gang und Gäbe und so gab es spezielle Blutrachetürme, in die sich von Blutrache bedrohte Männer flüchten konnten. Hier ist ein Exemplar zu sehen. Im übrigen schreibt der Kanun auch bedingungslose Gastfreundschaft vor, die unter anderem dazu führte, dass im Zweiten Weltkrieg zahlreiche Juden bei Albanern Schutz fanden und Albanien das einzige von den Nazis besetzte Land war, in dem nach dem Krieg mehr Juden lebten als zuvor.
Das Bergpanorama des Tals.
Hier hörte dann die asphaltierte Straße auf und der Offroadspaß begann.
Entlang des Theth-Flusses ging es wieder aus den Bergen raus.
Hier das albanische Eiserne Tor.
Bestes Wasser für eine Erfrischung.
Die uns umgebenden Berge.
Auf der Runde trafen wir auch Christian und Veronika mit ihrem Landcruiser wieder. Sie hatten bereits Philip und Rahel aus der Schweiz ebenfalls mit Landcruiser getroffen. So ging es erstmal zu dritt weiter bis wir den perfekten Platz für unser Nachlager fanden. Dort trafen wir noch auf Lars und Desiree mit ihrem Allrad Califonia. So waren wir die nächsten Tage erstmal zu viert unterwegs.
Am nächsten Tag ging es weiter durch die Berge.
Trotz der Abgeschiedenheit gab es immer wieder kleine Gehöfte und Siedlungen. Meist sahen wir sie nur am Berghang und fragten uns ob überhaupt Straßen zu den Häusern führen. Die Menschen hier haben zwar meistens bestes 4G Internet, aber der nächste Einkaufsladen ist eine Tagesreise über eine Schlaglochpiste entfernt.
Auch Am zweiten Tag fanden wir einen mega Übernachtungsplatz und verabschiedeten uns von den anderen. Mit Karl und unserer begrenzten Fahrzeit konnten wir nicht ganz mit den anderen mithalten.
Am nächsten Tag wurde das Tal beständig schmaler
Aber da der G schmal ist kommen wir überall durch.
Am Ende wartete noch die schöne alte osmanische Brücke Ura e Mesit für eine kleine Rast auf uns.

Das war unsere erste Schleife in Albanien, die wieder in Shkodër endete. Als Terence überfälligerweise beim Barber war und Juliane sich ein Eis gönnte treffen wir zufällig wieder auf die Theth-Offroad-Crew und tauschten uns über weitere Ziele aus. Unser nächstes Ziel, genauso wie das von Phillip und Rahel, war die Fähre über den Koman-Stausee. Und weil die Fähre von Norden kommenden nicht so voll sein soll verbanden wir die Tour mit einer weiteren Runde aus dem Pistenkuhbuch. Diesmal ging es durch eine karge, wenig bewachsene Hügellandschaft. Zum Teil durch vertrocknetes Flussbett und über alte verrostete Brücken. Als wir nach einer solchen Rostbrücke ein kleines Picknick einlegen wollten, wurden wir lautstark von einem alten Opa empfangen. Er gestikulierte wild und sprach in einem für uns aggressiven Ton und wir dachten erst er will uns von unserem schattigen Platz vertreiben. Zum Glück gibt es ein Wort, dass es in jeder Sprache gibt. Kaffee! Tja, der gute Mann lud uns sehr nachdrücklich zu sich und seiner Frau auf einen Kaffee ein und das nahmen wir natürlich dankend an. Wir folgten ihm und saßen wenig später in seiner grünen Oase unter einem Weinpavillion und es gab lecker türkischen Kaffee, natürlich selbstgebrannten Raki, frische Gurken und Eier für Karl und noch ein wenig Gebäck. Zum Glück war Karl als Eisbrecher dabei, denn die Kommunikation gestaltete sich sehr schwierig, da die beiden weder Englisch noch Russisch verstanden und für google translate kein Netz vorhanden war.

Zum Glück hielten die Holzbohlen die drei Tonnen vom G Stand.
Bei dem netten alten Paar. Leider wissen wir nicht mal ihre Namen. Nur "Pes Pinosas" hat der Mann immer wieder wiederholt. Das heißt wohl soviel wie "fünf Minuten" erfuhren wir später. Gastfreundlich +1

Mit ganz vielen wahrscheinlich guten Wünschen setzten wir unsere Reise fort und kamen in Rreshen im wirklich albanischen Hinterland raus. Hier mussten wir mal wieder unsere Essensvoräte füllen und es zeigte sich schnell, dass ist in Albanien gar nicht so leicht. Der Lebensmittelhandel läuft vorallem über kleine Privatläden und Obst- und Gemüsestände. Größere Ketten gibt es nur in dem großen Ortschaften und auch die sind nicht mit unseren Märkten zu vergleichen. Mit unter war die Auswahl vergleichbar mit Kuba. Es gibt, was da ist und frisch vom Feld kommt. In Rreshen fanden wir zwar einen Laden an einem halbwegs zentralen Platz, aber wir merkten schnell, das wir auch gerade das Thema im Ort sind. Von allen Richtungen wurden wir genaustens beobachtet. Das könnte auch daran liegen, das Frauen hier tagsüber kaum in Erscheinung treten und erst abends aus ihren Wohnungen kommen, während die Männer anscheinend den Tag beim Kaffee und Raki in der Kneipe verbringen.

Gut, alle Vorräte wieder voll, weiter ging es zum Ort eines düsteren Kapitels der albanischen Geschichte. Albanien war vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis 1990 eine sozialistische Diktatur unter Enver Hoxha nach dem Vorbild Stalins. Das Land war strengstens abgeschottet und eines der ärmsten in Europa. Systemkritiker wurden bis in die neunziger Jahre zum Teil gefoltert und in KZ-artige Arbeitslager unter schlechtesten Lebensbedingungen gesteckt. Ein solches Lager besuchten wir auf unserem nächsten Track. Hier ging es durch felsige, rote, vom Bergbau gezeichnete Landschaft. Eigentlich eine ziemlich unwirtliche Gegend, aber irgendwie auch interessant zu sehen.

Auf der einzigen wirklichen Autobahn Albaniens ging es Richtung Kosovo wieder weiter in die Berge zum Beginn des Offroadtrack nach Gurth Spaç.
Der Track folgte dem Fluss durch das Bergbaugebiet und es ging immer weiter das Tal hinauf.
Bis wir auf das alte Lager Gurth Spaç trafen.
Das Lagergebäude war zur Indoktrination mit Enver Hoxha Zitaten übersät.
Aber auch sonst gab der Track immer wieder schöne Aussichten frei, wie hier an unserem Übernachtungsplatz.
Entlang des Weges trafen wir ein weiteres Mal ungeplant auf Veronika und Christian. Andere Offroader waren hier meist nicht unterwegs.
Der Track endete in Fushë Arrëz, einem Kaff, das vor einigen Jahren künstlich hier errichtet wurde. Wir waren die einzigen Fremden weit und breit und Juliane eine der wenigen Frauen weit und breit. Dafür wurden wir zum Kaffee standesgemäß in Nationalfarben empfangen.
Abends wird die "Innenstadt" zur Flaniermeile und es werden sogar Polizisten abgestellt, die die Poller bewachen.

Abends trafen wir uns wieder mit Philip und Rahel auf einem verabredeten Stellplatz, weil wir am nächsten Tag gemeinsam auf den Komanstausee wollten. Der Stellplatz entpuppte sich schnell als Schotterplatz neben der Landstraße, aber ein wenig abseits sahen wir ein altes, verlassenenes Haus mit großer Wiese, die uns geradezu einlud dort zu übernachten. Also stellten wir uns dort auf und bereits nach wenigen Minuten besuchte uns eine alte Frau mit ihrem Enkel und ästeweise frischen Kirschen und hieß uns willkommen. Es stellt sich heraus, dass das alte Haus die Schule des Dorfes ist und noch in Benutzung. Wir durften trotzdem bleiben.

Windgeschützt hinter dem Schulgebäude.

Dann ging es entlang des Drin und dem Fierzë-Stausee extrem kurvenreich aber mit grandioser Natur zum Koman-Stausee.

Entlang der Drin und des Fierzë-Stausee.
Am Fähranleger stapelten sich die Autos und die Fähre wirkte dann doch ein wenig winzig. Eine große Herausforderung für viele war, die Fähre wird rückwärts befahren.
Aber irgendwie passten dann doch alle drauf und es ging 34 km lang durch die Drin-Schlucht. Die Kulisse erinnerte an norwegische Fjorde und war wirklich spektakulär.
Früher war die Fähre die einzige Möglichkeit diesen Teil Albaniens zu erreichen. Mittlerweile gibt es eine Straße und die Fähre fährt fast nur noch für die Touristen.
Die Fährfahrt endet ohne viel Platz in einem Tunnel, den sich dann Autos, Busse und Fußgänger teilen.

Nach der Fährfahrt kündigte sich Terence' Mutter an und es ging mit einem kurzen Zwischenstopp an der Lagune von Patok nach Tirana.

Die Lagune war schwer zu überblicken, aber die Straßen zu den vorgelagerten Inseln und das (milchig) türkise Wasser erinnerten an die Florida Keys, nur dass hier noch die alten traditionellen Fischernetze genutzt werden.

Die Albaner sind ein recht junges Volk. Mit großen, kinderreichen Familien, insofern wird auch viel geheiratet. Da Hochzeiten hier ein Statussymbol sind wie der Mercedes vor der Tür, wird beim Heiraten nicht gekleckert sondern geklotzt. Und zwar so richtig. Zum einen fährt man Flagge schwenkend im Autokorso durch die Stadt und feiert später in einem Palast. Da aber Paläste hier eher rar sind, säumen zahlreiche verkehrsgünstig gelegene kleine wie große, äußert kitschige, zum Teil an Disneyland-Schlösser erinnernde Eventlocations die Einfallsstraßen, oft in Kombination mit einer Tankstelle. Das Tirana näher kam, merkten wir an der starken Häufung der Hochzeitspaläste.

Tirana ist die einzige wirkliche Großstadt in Albanien und steht mit ihren modernen Hochhäusern und der geschäftigen Innenstadt im starken Kontrast zum Rest des Landes. Sogar ein Shopping Center kann man hier finden, allerdings fehlen, bis auf Rossmann, die großen westlichen Marken. Einzig KFC hat sich bisher hier her getraut. Beim Schlendern durch die Innenstadt trafen wir auf einen Professor für Internationale Beziehungen und unterhielten uns ein wenig über die aktuelle Politik des Balkans. Er legte größten Wert gehobenes Deutsch zu sprechen, was zum Teil zu schwer verständlichen Sätzen führte, aber von einem Albaner die Sicht auf die aktuell neu in Fahrt gekommenen EU-Beitrittsverhandlungen zu erfahren, war sehr interessant und aufschlussreich. Besonders stolz war er auf seine Interviews bei Euronews.

Die Innenstadt von Tirana ist dominiert von breiten Prachtstraßen, großen Plätzen und natürlich vielen Fahnen. In dem Fall aber spanische, da gerade albanisch-spanische Kulturtage stattfanden.
Der dominierende Platz der Stadt ist der Skanderbeg-Platz, benannt nach dem albanischen Nationalhelden, der sich lange den Osmanen widersetzt hat.
Natürlich darf dann auch kein Skanderbeg-Standbild fehlen. Skanderbeg ist unschwer am Ziegenhelm erkennbar.
Unser Hotel lag im Blockviertel, ähnlich zu Wandlitz in der DDR, ein Bereich zu dem nur hohe Mitglieder des Parteiapparats des sozialistischen Albaniens Zugang hatten. Hier war auch die wenig beeindruckende Villa von Enver Hoxha.
Vom alten Uhrturm hatte man eine perfekte Sicht über die Stadt und die alten, von den Italienern während ihrer Besatzung gebauten Regierungsgebäude.
Die Straßen waren meist gesäumt von kleinen Läden im Kellergeschoss. Meist gab es Schuhe oder Naschkram.
Oder Klamotten.
Eine der wenigen wirklich alten Bauten der Stadt. Eine Brücke....
Auffällig sind die vielen Dienstleister, die Visaangelegenheit speziell für Deutschland und den angelsächsischen Raum erledigen und unzählige Reisebüros, die Verbindungen nach Westdeutschland bewerben.
Und immer wieder zeigt sich das große Müllproblem, das Albanien hat. Davon abgesehen gibt es eigentlich seit Slowenien keine wirkliche Mülltrennung mehr.
Was dem geschulten Blick auffällt, viele Häuser sind bunt bemalt und bringen Abwechslung ins sonstige Betongrau.
Wahnsinnig viele Sehenswürdigkeiten hat Tirana eigentlich nicht. Eine davon ist diese Moschee. Gebaut vom türkischen Staat direkt neben dem albanischen Regierungssitz um seinen Einfluss in Albanien zu erweitern.
Hier nochmal der Skanderbeg-Platz.
Hier die wenig sehenswerte deutsche Botschaft. Allerdings flüchten im Juli 1990 über 3000 in die deutsche Botschaft um Asyl zu beantragen und die sozialistische Diktatur verlassen zu können. Ein paar Wackere brachen mit einem LIAZ Kraftwagen ein Loch in den Zaun des Geländes. Die Ausreise dieser Flüchtlinge und weiterer, die sich in andere westlichen Botschaften retten konnten gilt als Beginn des Endes kommunistischen Regimes.

Laut Reiseführer heißt es, man war nicht in Albanien, wenn man nicht in Kruja war, also ging es mit Terence' Mutter und den typischen Sammeltaxis in den ungefähr eine Stunde von Tirana entfernten Ort um den Nationalhelden Skanderbeg zu huldigen. Naja, wie es oft so ist, war Kruja okay. Das Skanderbeg-Denkmal triefte vor Pathos und alles andere war geschlossen, weil wohl vor fünf Jahren ein Erdbeben die Gebäude beschädigt hat. Dafür bekam ein anderer, unbekannterer Nationalheld Aufmerksamkeit.

George W. Bush war der erste US-Präsident, der Albanien besucht hat und dem Land große Unterstützung nach der Wende zukommen lassen hat. Deshalb dieses Denkmal in Fushë Kruja.
Oder diese Bäckerei in Kruja.

Damit verließen wir Tirana und es ging weiter nach Süden nach Berat. Dss albanische Straßennetz ist sehr von der Geografie beeinflusst. Es gibt viele Verbingung parallel zu den Bergketten in Ost-West-Richtung, aber die Nord-Süd-Achse lässt sich nur nahe der Küste vernünftig fahren. Jedoch bremsen auch hier viele Ortsdurchfahrten bei unklaren Geschwindigkeitsbegrenzungen die Durchschnittsgeschwindigkeit mächtig. Noch dazu kommt der relativ schlechte Zustand der Straßen. Besonders heimtückisch sind die Bremsschwellen, die ohne Vorwarnung und Markierung selbst in Tempo-60-Abschnitten vorkommen und bestimmt schon so manches Radlager zerstört haben. Gleiches gilt für die schmalen Ausschachtungen, die Anwohner graben um ihre Grundstücke anzuschließen, aber nie wieder richtig verfüllen. So ballert man mitunter aus Versehen mit 80 km/h über tiefe breite Gräben.

Hier ein eher harmloses Beispiel für die zahlreichen Gräben, die die Straßen zerteilen.

In Berat bezogen wir ein Apartment im Haus der Familie Torez direkt in der Burg der Stadt. Karl wurde uns wieder direkt aus den Händen gerissen und die Oma des Hauses hatte ihre Freude Karl zu füttern und zu tätscheln. Morgens zauberte sie uns ein überragendes Frühstück mit Krapfen und leckerer selbstgemachter Marmelade. Abends gab's Raki mit dem Vater.

Karl hat jetzt auch eine Oma in Berat +1 Familienfreundlich +1 Gastfreundlich
Berat besitzt eine alte osmanische Karawanserei mit großer Moschee und Tekke. Da die Moschee gerade nicht von Gläubigen besucht war ließ man uns auch hier auf das Minarett mit grandioser Aussicht auf die Altstadt von Berat. Insgesamt merkt man zwar an der Menge der Moscheen, dass Albanien ein mehrheitlich muslimisches Land ist, aber so genau nehmen es die meisten Albaner dann doch nicht mit der Religion wie man schon am großen Rakikonsum merkt. Auch wenn man immer wieder Frauen mit Kopftücher sieht, kleiden sich doch viele Frauen sehr freizügig wie in Westeuropa.
Der Blick auf die christliche Altstadt Berats und dem Osum-Fluss.
Die Burg von Berat.
Wenn die Sonne untergeht erwachen alle albanischen Orte zum Leben, so auch Berat. Die meisten Orte, auch kleine abgelegene, haben einen schönen herausgeputzten zentralen Platz oder einen Boulevard wie Berat. Tagsüber sind sie oft verwaist, aber abends ist die halbe Stadt auf den Beinen und geht flanieren und verspeist Mauskolben von einem der zahlreichen Grillstände.
Endlich mal jemand da, der Fotos von uns macht.

In Berat zeigte sich auch wieder wie kinderlieb die Albaner einfach sind. In den Restaurant gab es Melonen geschenkt, mit Stühlen von anderen Tischen wurden kleine Raubtierkäfige gebaut oder die Kellner, oft die männlichen, passten längere Zeit auf Karl auf und schenkten uns ein paar Minuten Ruhe. Kommentar eines Kellners beim zweiten Besuch von Berat: "Wir lieben Kinder, aber wir wollen selber keine." (+1 Kinderfreundlich)

Berat wird aufgrund der osmanischen Altstadt, die sich dem Hang hinauf zieht, als Stadt der taussend Fenster bezeichnet.
In der Nähe von Berat befindet sich der Osum-Canyon. Einen so idyllischen Canyon haben wir in Europa ehrlich gesagt nicht erwartet.
Osum-Canyon in die andere Richtung.
Osum-Canyon mit drei Gestalten

Von Berat ging es endlich an die albanische Küste, nach Durrës.

Wir blieben einen Tag in Golem, einen Vorort von Durrës, zum Baden. Der Ort selbst war super häßlich, er bestand nur aus Appartementhochhäusern, Baustellen und von Sinti und Roma bewohnten Brachen. Am Strand war Party, dafür war schöner Sandstrand. Auf der Suche nach Essen traf Terence auf einen Obstverkäufer und Bäckereibesitzer. Als er hörte, dass Terence aus Deutschland kommt fing er an zu schwärmen. Die Ausbildung ist besser, die Jobs sind besser und die Autos sind besser. Dann fing er an aufzuzählen, sämtliche Brüder und Freunde sind wohl schon in Deutschland und wenn er sein BWL-Studium beendet hat, wird er auch nach Deutschland gehen. Er meinte nur: "Do you know the American dream? We in Albania, we have the German dream." Das hört man als Deutscher gerne, gibt aber einen auch zu bedenken mehr wertzuschätzen, was wir in Deutschland haben.

Der Besuch des Strandes war wie eine Zeitreise in die Neunziger. Die Liegen standen dicht an dicht, von allen Seiten wummerte laute Musik und im Zehn-Meter-Abstand warteten fliegende Händler mit billigem Wasserspielzeug oder Maiskolben.
Abends wird die Promenade zum dauerhaften Volksfest. Autoscooter, Karussell und Spielbuden gehören hier noch zum Stranderlebnis.

Durrës ist mehr oder weniger eine wenig ansehnliche Industriestadt mit großem Hafen. Die innerstädtischen Strände sind mit brauner Schlacke gefärbt, sodass sie weniger zum Baden einladen. Aber hier trafen wir wieder auf große Herzlichkeit. Als wir nach einem langen Marsch zu einen Aussichtspunkt Erholung und Kühle in einen Café suchten, kam uns gleich ein deutschsprechender Mann, einer der Gäste, zum Übersetzen zu Hilfe, weil der Kellner kein Englisch sprach. Später, bevor er das Lokal verließ, kam er noch mal zu unserem Tisch. Er hat unsere Rechnung beglichen und freut sich, dass er 30 Jahre lang in Deutschland arbeiten durfte. So etwas sieht man doch sonst nur im Film. (Gastfreundschaft +1)

Auf dem Weg nach Durrës hielten wir noch in Apollonia, einer alten griechischen, später römischen Stadt.
Der zentrale Strand von Durrës war wenig verlockend.
Die Promenade und Slyline von Durrës. Tagsüber verwaist.
Dafür war das alte Amphitheater wirklich cool.
Blick auf den Hafen und Downtown Durrës
Auf der Mole
Abends erwacht Durrës und die Maiskolbengriller kommen raus.
Ganz Albanien ist übersät mit kleinen Bunkern. Nachdem sich Enver Hoxha mit der Sowjetunion überworfen hatte, befürchtete der paranoide Diktatot eine Invasion aus Ost oder West. Da das Land aber über keine besonders schlagkräftige Armee verfügte, sollten die Bewohner die Landesverteidung mit kleinen Ein-Mann-Bunkern übernehmen. Geplant waren 750.00 Bunker im ganzen Land, für je vier Albaner einer, 200.000 wurden am Ende zu horrenden Kosten realisiert. Jetzt stehen sie immer noch in der Gegend rum und werden ins Stadtbild integriert.

In Durrës verließ uns Terence' Mutter und wir düsten wieder ins Inland. Uns dürstete es nach staubigen Pisten. In Elbasan ließen wir den G öl- und fettseitig runderneuert und der lokale Gomisteri entfernte noch einen Nagel, den wir uns auf dem Aspahlt eingefahren haben. Aber in Elbasan war es brütend heiß, sodass wir schnell wieder in die Berge wollten. Von Elbasan nach Berat verlief eine schöne Offroadpiste entlang des Tomorr-Massivs und endete am Osum Canyon, den wir bereits mit Terence' Mutter besuchten. Jetzt mit eigenem Fahrzeug konnten wir aber direkt im Canyon im Flussbett übernachten. Auch die Einheimischen nutzen die Zufahrten zum Canyon für Grillpartys und Familienfeiern. Als wir dort ankamen war eine Familie gerade am aufbrechen und empfing uns freudig und schenkte uns direkt frisch im Fluss gefangenen Fisch. Dann verabschiedeten sie sich und verschwanden erstmal in einer nahegelegenen Kneipe auf ein Bier. Terence als passionierter Angler brauchte natürlich kein Youtubevideo um zu wissen wie er den Fisch richtig ausnimmt. Nach ca. einer Stunde kamen die Albaner zurück und blickten verwundert auf die gesammelten Fischinnereien und Fischköpfe und meinten nur in etwa: "Schmeiß den Müll doch ins Gebüsch, das ist Albanien, da machen wir das so." Die Aussage ist besonders ironisch, da am nächsten Morgen eine junge Österreicherin, die in der Nähe übernachtet hatte, mit einer Mülltüte freudig über das Kiesbett sprang und sämtlichen Müll aufsammelte. Hier tragen die Touristen den Einheimischen den Müll hinterher.

Hier in Elbasan wurde unser Reifen geflickt. Fünf Minuten Arbeit, zwei Euro.
Dann ging es wieder auf die Piste durch eine Landschaft, die wie natürliche Abraumhalten aussah.
Aber es gab immer wieder schöne Ausblicke auf das Tomorr-Massiv.
Wir fanden auch einen schönen Stellplatz am Fuße des Tomorr mit einer kleinen Quelle.
Abends wurden wir noch von einer Bauernfamilie, die ihr Wasser auffüllt, besucht.
Ein Hirte mit seinen tausend Schafen kam auch noch vorbei.
Alles in allem sehr idyllisch
In Berat stießen wir noch auf die albanische Version des 1-Euro-Ladens.
Auf dem Weg von Berat zum Osum-Canyon passiert man einige alte sozialistische Orte, in die die Moderne noch nicht eingezogen ist.
Unter Enver Hoxha gab es hier eine große, unterirdische Waffenfabrik, jetzt hat der Ort eine Tankstelle.
Über den Osum-Canyon gibt es auch einige coole, alte Brücken, die wir mal getestet haben.
Mit drei Tonnen auf Holzblanken fahren ist immer was besonderes.
Aber wir haben es offensichtlich überlebt und die Aussicht war auch ganz nett.
Praktisch in einer PET-Flasche gepresst wurde uns der Fisch am Osum-Canyon überreicht.
Und geschmeckt hat er auch.

Tja, beim Aufbau unseres Stellplatzes bemerkte Juliane, dass eines unserer Polster fehlte. Zwar zum Glück nur das Fußstück, aber das Polster hält alle andere Polster beim Schlafen in Position. Terence war schnell als Verursacher identifiziert, irgendwo entlang der Strecke des letzten Tages hat er das Kissen aufs Dach gelegt um etwas im Auto zu verräumen. Dummerweise lag es beim weiterfahren immer noch auf dem Dach. Noch dümmererweise wusste er nicht mehr genau wo das. Also wurden Karl und Juliane am nächsten Morgen im nächsten größeren Ort in einem Hotel einquartiert und Terence fuhr die Strecke vom Vortrag bis zum Stellplatz an der Quelle noch einmal ab. Das Polster war unauffindbar. Dafür traf Terence an der Quelle auf eine Gruppe Männer aus den umliegenden Gehöften, die gerade einen Hammel grillten. Er wurde direkt auf einen Raki eingeladen und bekam von allen Seiten Essen gereicht und blieb so gut versorgt eine Stunde bei den Männern. Der Raki floss reichlich, vor allem bei den anderen Männern. Als die Polizei vorbei fuhr, sollte er zwar schnell Joghurt trinken um den Alkoholpegel zu senken, aber es zeigte sich, dass auch einer der Männer Polizist war und das alles nicht so kritisch sah. Später begannen die Männer auf Terence' Wohl zu singen. Der Älteste sang eine Zeile und der Rest wiederholte, ein kleiner Gänsehautmoment für Terence. Mit Google Translate versuchten Terence und die Männer zu kommunizieren und Terence versuchte sich für all die Herzlichkeit zu bedanken. Der Chef der Gruppe meinte nur: "Wir sind zwar arm, aber wir haben ein großes Herz". Etwas, dass wir von der Reise mitnehmen sollten. Schlussendlich blieb das Polster unauffindbar und ein ganzer Tag ging für die Suche drauf, aber zumindest Terence kam mit einem unvergesslichen Erlebnis und einem riesigen Esspaket zurück nach Çorovode.

Terence beim Hammelessen
Juliane und Karl verbrachten den Tag in Çorovode. Ein Ort, der am Tag wie ausgestorben und trist aussieht, aber abends erblüht.
Nur ein paar wenige Straßenverkäufer sitzen auf dem Marktplatz. Hier gab es Tee für Juliane. Also zumindest glauben wir, dass es Tee ist.
Ähnlich zu Kuba, findet man in ganz Albanien immer noch diese kleinen Buden, die als Lebensmittelläden dienen.
Worauf man in Albanien immer wieder trifft ist diese Kombination aus Dusche-Klo, im Prinzip sehr platzsparend, nach dem Duschen aber auch sehr nass.

Nun ging es weiter nach Süden und als nächstes größeres Ziel stand Gjirokastër auf dem Plan. Nach Berat, der Stadt der tausend Fenster, auch als Stadt der tausend Dächer bezeichnet. Es erwartete uns also eine weitere große alte osmanische Stadt. Da es keine aspahltierten Nord-Süd-Verbindungen in Südalbanien gibt ging es wieder off the road durch eine Gegend, die wieder komplett anders war als das bisherige Albanien. Zunächst ging es noch durch ein wenig bäuerliche Gegend entlang des Osumflusses, hin und wieder gab es rosane Lavendelfelder am Straßenrand. Aber die Landschaft wurde karger, trockener und immer mehr zur Mondlandschaft mit natürlichen Geröllhalden und tief schwarzer Erde. Hier wohnte auch fast niemand mehr und wenn doch, waren es sehr alte Leute. Dies kann für Albanien noch zu einem großen Problem werden, generell gibt es wenig geeignete gute landwirtschaftliche Anbaufläche. So wenig, dass man sich fragt, ob das Land sich überhaupt selbst ernähren könnte. Die kleinen Flächen, die es gibt, werden auch meist nur von alten Kleinbauern bewirtschaftet. Der Nachwuchs verlässt die ländlichen Gegenden und geht nach Deutschland oder an die Küste, keine guten Zukunftsperspektiven für das Land.

Nachts im Osum-Canyon wurden wir voller Schreck von Qualmgeruch geweckt. Es war zum Glück nicht unser Auto, das brannte. Am nächsten Tag, einige Kilometer flussaufwärts, sahen wir die Ursache, Köhler die ihren Job noch wie vor hundert Jahren ausüben.
Die Landschaft wurde trockener und man erwartete hinter jeder Kurve ein Zebra im Flussbett.
Wir waren die einzigen hier unten.
An einem der wenigen Bauernhöfe wartete eine sehr geschäftstüchtige Oma mit frischen Krapfen und leicht vergoren schmeckender Traubenlimonade auf uns.
So ging es entlang bis es anfing zu regnen und der Boden glitschig glatt wurde.
Am Ende der Tour erwartete uns die Zivilisation mit einer typisch albanischen Kleinstadt an der Vjosa. Wir wollten auf einen Kaffee Pause machen, aber das gut besuchte Café am Platz hätte gerade kein Wasser und konnte uns also nicht helfen. Das komplett leere Restaurant aber schon. Die Besitzer, ein älteres Paar spielten mit Karl, es gab auch Melone zum naschen, und wir konnten uns erholen nach dem langen Track. Kinderfreundlich +1
Typisch für Albanien, kleine Läden die Baumarkt, Obststand und Haushaltswarenladen in einem sind. Dieser vermietet scheinbar auch noch Zimmer.
Hier nei Këlcyrë durchbricht die Vjosa das Gebirge. Die Vjosa wird der nächste Fluss sein, der uns eine Weile begleiten wird.
Aber auf dem Weg nach Gijrokastër übernachteten wir aber erstmal an der Drinos.
Eigentlich ein schöner Stellplatz, abends kam ein Bauer vorbei und trieb seine Kühe durch den Fluss, aber Terence verdurb sich bei von ihm gekochtem Essen den Magen, sodass die Nacht für ihn sehr anstrengend wurde.
Gijrokastër, die Stadt der tausend Fenster.
Hier deckt man die Dächer noch klassisch mit viel Beton und darauf Steinplatten.
Die Altstadt wurde leider schon vom Tourismus vereinnahmt.
Neben Dächern gibt's auch eine schöne alte Burg. Viel instand gehalten wird nicht, aber man kann überall rumstrommern. Sogar ein altes angebliches Spionage Flugzeug der Amerikaner gibt es hier. Laut Amerikaner ist es nur ein zurückgelassenes Trainingsflugzeug, tja wer weiß?
Der alte Uhrturm der Osmanen
In Gjirokastër gibt es noch ein paar der alte Kulla (Turm) genannte Wehrhäuser.
Innen ein Paradies für Karl mit all den Kissen und Decken.
Das Geburtshaus von Diktator Enver Hoxha ist hier auch zu finden.
War schon ganz nett hier.
Aber auch die Neustadt entfaltet ihren Reiz, zumindest zum Sonnenuntergang.
Was beim Reisen durch Albanien immer wieder auffällt, sehr oft hängen Kuscheltiere an Häusern oder Gartenzäunen. Mitunter sind sie am Hals aufgehangen und so vergilbt, dass sie vom Set eines Horrorfilms stammen könnten. Die aufgehangenen Teddybären sollen den bösen Blick fernhalten.
In Gijrokastër deckten wir uns wieder mit frischem Obst beim lokalen Händler ein. Supermärkte gibt es ja kaum und die, die es gibt haben selten so frisches Obst und Gemüse.

Julianes Geburtstag stand an und es sollte Baden gehen im Blauen Auge Albaniens, dem Syri i Kaltër. Eine riesige Süßwasserquelle, die aus einem tiefen blauen Loch sprudelt. Hier herrschte ein für Albanien unbekannter Besucheransturm von Touristen und Einheimischen. Nachdem wir dem türkischen Wasserversorgungsunternehmen 100 Lekë spendierten ging es auf einen laaaangen Weg in der prassen Sonne zur Quelle. Uns wurde schnell klar, warum findige Geschäftsleute am Eingang E-Scooter vermieteten.

Auf dem Weg zur Quelle.
Die Quelle und die grüne Oase ringsum.
Das Wasser war super kalt. Deshalb ließen wir vom Baden ab (und weil es untersagt war), aber das konnte einige Einheimische nicht stoppen. Von Verbotsschildern oder Anweisungen von oben lassen sich die meisten Albaner eh nichts sagen. Das merkt man auch im Straßenverkehr.

Da das mit dem Baden am Syri i Kaltër nicht so richtig klappen wollte und Terence noch ein wenig wackelig auf den Beine war, ging es weiter in ein Apparment an der Küste in Ksamil kurz vor der griechischen Grenze. Hier war wieder jeder Zentimeter Strand mit Liegen bedeckt und von den vielen Strandbars wummerten die Bässe. Da es Julianes Geburtstag war gönnten wir uns auch mal zwei Liegen. Abends kehrten wir zum Geburtagsessen in eine Art Spieleopenairbiergartenrestaurant ein. Es standen überall Elektrofahrzeuge, Reitschäfte und auch eine Hüpfburg rum. Kinder können sich austoben und die Eltern entspannt essen. Das Konzept hat uns überzeugt und besonders gefreut haben wir uns über den Anruf von Falco und Jana.

Ksamil selbst hat nichts zu bieten außer weiße Betonbauten.
Und das für Albanien typische Müllproblem.
Ksamils Strände sind mehr als voll.
Das Wasser war auch nicht so toll. Da wünschten wir uns fast an die kroatische Adriaküste zurück.
Aber der Sonnenuntergang am Meer ist immer wieder schön.
Hier gab's Julianes Geburtstagsessen.

Ganz im Süden, im Schatten von Korfu liegt die Ruinenstadt Butrint, heute nur noch ein Fähranleger, war die Stadt früher eine bedeutende reiche Handelsstadt der Griechen. Davon zeugen noch unzählige in dem weiten Areal liegende Ausgrabungen.

Da wir noch vor der Öffnungszeit (großer Dank an Karl!) in Butrint waren, setzten wir erstmal mit der Fähre über den Kanal bei Butrint. Eine solch rustikale Technik haben wir auch bisher noch nicht gesehen.
Kinder muss man hier gut festhalten. Die Berge im Hintergrund sind schon Griechenland.
Das Forum von Butrint...
und das alte Theater.
Juliane wurde hier zur Heldin und rettete eine Schildkröte aus ihrem feuchten Gefängnis.
Die Schildkröte ist deutlich zu erkennen.
Am nächsten Tag war der G mit Fähre fahren dran.
Die Fähre soff zum Glück nicht ab.
Kurz darauf erreichten wir den südlichsten Punkt unserer Reise. Ab jetzt ging es langsam wieder heimwärts. Die Berge sind wieder Griechenland.
Der Blick über den Kanal von Butrint.

Jetzt ging es erstmal ein wenig an die albanische Riviera. Einige behaupten ja, die albanische Riviera wird die türkische Riviera als Massenreiseziel bald ablösen. Deshalb ließen wir die großen Orte wie Florë und Sarandë aus und fuhren in den ganz und gar nicht albanisch klingenden Ort Porto Palermo. Hier gibt es noch einen alten Atom-U-Boot-Bunker. Als Enver Hoxha den Austritt aus dem Warschauer Pakt beschloss behielt er einfach vier der zwölf in Albanien stationierten sowjetischen Atom-U-Boote und ließ sich von den Chinesen, seinen neuen, temporären Bündnispartnern, einen Bunker für die vier U-Boote in dem Fels hauen. Leider sind die Bunker nicht zugänglich, man sieht aber die gigantische Einfahrt in den Fels aus der Ferne.

Ganz klein erkennt man in der Mitte den Bunkereingang.
Es gibt auch noch eine kleine Festung in der Mitte der Bucht.
Weiter nördlich kommen noch weitere kleine Orte, die bereits schön rausgeputzt sind, aber auf Touristen warten.
Eine typisch albanische Esplanade an der Riviera mit viel Staub. Um den Staub zu binden wird die Fahrbahn regelmäßig gewässert. Wasserknappheit scheint hier kein Thema zu sein.
Nach so viel Zivilisation wollten wir mal wieder ein wenig Staub unter die Räder. Apropos Staub, in Albanien muss jeder Ort mindestens einen Lavazh, also eine Autowäscherei, haben. Hier putzen die Angestellten gründlichen den Wagen von Hand innen und außen für wenig Geld. Was nützt schon der schöne Lack vom Benz, wenn er nicht in der Sonne glänzt? Insofern werden die Lavazh rege genutzt.
Um die Staubpatina vom G zu verstärken ging es wieder ins Hinterland Richtung Westen und folgte der Vjosa. Damit verließen wir das Meer nun für den Rest der Reise. Die Vjosa gilt als einer der letzten Wildflüsse Europas, also ein Fluss, der in seinem Verlauf noch nahezu unverändert ist.
Der letzte Blick aufs Meer bevor wir es endgültig nach langer Zeit verließen.
Weiter ging es auf Schotter entlang eines VVjos-Zuflusses. Die Dörfer hier haben meist keine befestigten Wege, die Wege sind meist auch nicht sehr lang, aber Straßennamen müssen sein.
Hinter den Bergen liegt die Adria.
Abseits der Küste sehen die Dörfer wieder typisch albanisch aus.
Hier findet man auch wieder schöne Stellplätze in der Natur.
Nur stark regnen sollte es nicht.
Ja es war schön dort...
Auch am nächsten Morgen noch ganz nett.
Desto weiter wir uns von größeren Orten entfernten, desto rustikaler wurde die Infrastruktur. Aber für solche Hängebrücken zahlt man in Deutschland vermutlich Eintritt.
Aber umso abgeschiedener, umso ärmlicher Leben die Menschen hier.
Amantia
Amantia, eine antike illyrische Stadt, nicht mehr viel zu sehen, aber perfekt für eine Mittagspause.
Dann trafen wir endlich auf die Vjosa und folgten ihr entlang einer alten griechischen Handelsstraße.
Die Straße war zwar holprig, aber die Aussicht super.
Irgendwann treffen wir auf Tepelenë. Hier schien die Zeit stehen geblieben zu sein.
Pünktlich zum Abend wird der mobile Bratmaiskolbenstand auf den Marktplatz geschoben.
Das einzige Bürogebäude von Tepelenë hat auch noch Sozialismus-Charm.
Das Parteibüro befindet sich auch an der ersten Adresse des Ortes, wenn auch die Demokraten jetzt den Sozialisten Konkurenz machen.
In der Nähe von Tepelenë testeten wir mal eine Art Autobahnraststätte. Das Essen war semigut, aber die Aussicht hat entschädigt.
Immer wieder teilt man sich die Straßen auch mit vierhufigen Verkehrsteilnehmern.
Von der Vjosa machten wir einen kleinen Abstecher und folgten dem Frashëri-Rundkurs der Pistenkuh. Hier werden die Pisten noch instand gehalten. Typische Arbeitsteilung: einer baggert, vier sitzen im Schatten und schauen zu.
Aber landschaftlich könnte es schlechtere Arbeitsplätze geben.
Das Nest Frashêri, aus dem ein albanischer Freiheitskämpfer und Nationalheld kommt, liegt schön abgeschieden und verschlafen in den Bergen.Typischerweise haben die Ortschaften hier in Südalbanien oft einen eigenen kleinen Stausee zur Bewässerung.
Es ging entlang schmaler Pfade und spitzer Taleinschnitte.
Und so mancher kleiner Bach wurde gequert.
Karls Schlafenszeiten werden immer kürzer. Deshalb müssen wir regelmäßig Pausen einlegen. Aber so bleibt mehr Zeit zum genießen.
Der Rundkurs endete am Lengarica-Fluss.
Die Lengarica hat einen tiefen Canyon ins Gestein gefräst und wir fühlten uns zurück im Karinjini-Nationalpark in Australien.
Wie erkundeten den Canyon ein wenig zu Fuß.
Die Schwimmschuhe haben wir natürlich im Auto vergessen.
Drei Typen im Canyon
Passenderweise gab's am Fluss noch eine alte osmanische Brücke.
und lauwarme Mineralquellen. Rüstige Italiener suchen hier Linderung ihrer Gelenkschmerzen und Albaner abends eine Partylocation. Rings um die Pools war auch eine bisschen Infrastruktur angelegt. Es war sogar eine Bar und ein Toilettenhaus vorhanden. Naja, da es aber kein Fliesendwasser gibt sind die Toiletten geschlossen. Man kann sich vorstellen, wie es abseits der Straßen aussah bzw. wo die Mineralien im Wasser herkommen.
Danach ging es wieder entlang der Vjosa. Das coole an der Vjosa ist, man kann überall ans weite Flussbett fahren und übernachten. Das taten wir dann auch so oft es ging.
Albanien zeigt sich an der Vjosa von seiner besten Seite. Einfach immer natürlich.

Jetzt ging es über die einzige größere Landstraße nach Nordmazedonien. Die Straße beginnt schön ausgebaut, aber umso weiter man ins Hinterland kommt geht sie immer mehr in eine kleine, schmale, kurvige, holprige, meistens asphaltierte Piste über. Dafür blieb viel Zeit in die Landschaft zu schauen.

So kann in Albanien eine Landstraße schnell mal aussehen, wenn man OpenStreetMaps folgt. Dem G macht das nichts, aber man kann die landläufigen Meinung, dass es in Albanien viele schlechte Straßen gibt, verstehen. Vorallem, wenn man bedenkt, dass diese zur nächsten Grenze führt. Aber dieser Straßenzustand erklärt auch die Vorliebe für Autos von Mercedes. Bei solch schlechten Straßen braucht ein Albaner ein robustes Auto. Was lag da näher als Mercedes Benz. So fahren viele, viele alte Mercedes-Limousinen und Mercedes-Kastenwagen 407 durch das Land. Heute dienen die dicken SUV von Mercedes BMW, die man überall sieht aber wohl eher als Statussymbol der Diaspora.

In Ersekë machten wir eine Mittagspause im einzigen geöffneten Restaurant mit Schatten. Hier stieg auch gerade eine Kindergeburtstagsparty. Karl spielte gerade auf dem Klettergerüst des Restaurants als er vom Kellner einen Teller voller Kuchen geliefert bekam. Der Opa des Geburtstagskindes hat Karl den Kuchen spendiert. Leider leider darf Karl solche Zuckerbomben, wie sie hier üblich sind, noch nicht essen. Wirklich schade für Karl, so mussten seine Eltern den Kuchen essen. Es stellte sich heraus, dass der Opa ursprünglich aus Ersekë stammt und jetzt, wie viele andere Albaner, in den USA lebt und gerade auf Heimatbesuch ist. (+1 kinderfreundlich, +1 gastfreundlich)

Egal, wo man in Albanien ist, man trifft immer und überall auf Deutsch Color und DAST. DAST wirbt mit dem Slogan "Fabrik für Produktion von Klebstoffen und Mörtel". Klingt beides sehr deutsch, ist aber Made in Albania. Hier in Albanien hat alles Deutsche den Ruf das Beste zu sein. So wird alles beworben Deutsch oder gjermanish zu sein. Ganz besonders bei Auto-, Elektro- und Baumarktartikeln. So gibt es auch oft den Baumarket. DAST und ganz besonders Deutsch Color sind aber ommipresent mit großen Werbetafeln in den Städten und beklebten Fensterfassaden der Handerwerksläden. Wir trafen in Elbasan einen Automechaniker, der 30 Jahre lang in Deutschland gelebt hat und trotzdem der festen Meinung war Deutsch Color ist eine deutsche Marke und selbstredend die beste Wandfarbe.

Deutsch Color Werbung an einem kleinen Handwerksladen in Ersekë.
Ersekë downtown. Es gibt nicht viel zu tun. Die meisten Einheimischen sitzen im Café oder langweilen sich in ihren kleinen Kramerläden. Der hiesige Lebensmittelmarkt gab einen ebenso trostlosen Anblick wie die Läden, die wir aus Kuba kannten. Aber auf offener Straße kam ein Mann, lachte Karl an und gan ihm einfach einen Kuss auf den Kopf.
Nach Ersekë durchführen wir Korçë. Ein Ort, der zumindest von der Straße wenig einladend aussieht.
Aber Terence verliebte sich in die schöne idyllische Kulturlandschaft der Korçër Hochebene.
Zum Abschied von Albanien fanden wir nochmal einen grandiosen Stellplatz für die Nacht am Prespasee mit Blick auf Nordmazedonien, unserem nächsten Ziel und Griechenland.
Am Morgen rastete eine Bäuerin neben uns im Schatten und schäkerte mit Karl herum. Sie war so verzückt, dass sie uns riet doch noch mindestens zwei weitere Kinder zu bekommen. Na mal schauen.


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