Hoʻopuka ʻia: 19.08.2017
17.08.:
heute also soll es nach ima gehen.
küstenstraße, keine berge, wind von der seite und etwas von vorne, später soll sogar aus der panamericana eine richtige autobahn mit jeweils zwei spuren und einem standstreifen werden...
bevor ich losfahre routinemäßige kontrolle des ölstands, fülle etwas nach, verabschiede mich von meinen hostelgastgebern und los gehts. 260 km werden mit drei stunden 33 minuten kalkuliert - bei der verkehrsdichte in lima stadt kein wunder - also sollte ich gegen spätestens 17:00 uhr in miraflores sein.
auf der autobahn - 60 km vor lima - kommt die vepse ins schwimmen und schlingern - für mich eine recht ungewohnte erfahrung, ich lasse sie auf dem standstreifen ausrollen, steige ab und stelle fest:
der hintere reifen ist platt.
warnblinker, die vepse lässt sich nur noch mit motorkraft bewegen, die mega-trucks und busse donnern vorbei, dass ich befürchte, dass die vepse sich auf die seite legt - ich bin erst einmal richtig ratlos. ein fahrradfahrer kommt des weges, den ich einfach mal anhalte, in der hoffnung, dass er mir sagt, es gäbe unweit von hier eine reifenwerkstatt. es gibt zwar jemanden, der luft für die reifen hat, sagt er, aber keine werkstatt.
mir fällt ein, dass ich ein reparaturset dabei habe, das auch sauerstoffpatronen im sortiment hat. der fahrradfahrer geht gleich ans werk, ortet das loch, in dem ein fetter nagel steckt! ich beschäftige mich mit der englischsprachigen gebrauchsanweisung, schließlich ist es soweit, wir schrauben die patrone auf das ventil, der reifen hält die luft. das ist ja gutgegangen, denke ich so und fahre weiter. aber schon nach wenigen kilometern spüre ich das gleiche phänomen, wieder auf die standspur, warnblinker an und neu überlegen. es ist mittlerweile schon nach 17:00 uhr, in gut einer stunde ist es dunkel.
ein mototaxi kommt auf der standspur angefahren und will an mir vorbei. ich halte es an, mit der absicht den fahrer zu bitten, dass er mir einen mechanico schickt. der fahrer will nicht so richtig, da hält ein suzuki geländewagen, ein junger peruaner steigt aus - voller tatenkraft nach dem motto: "wo steht das klavier?". ich erkläre die situation, er spricht aber so schnell, dass ich nur vermuten kann, was er sagt. er will mir helfen, das ist klar. schließlich ruft er seine schwester an, die deutsch kann und in deutschland lebt. whats app machts möglich. hier ist es halb sechs, in deutschland ist nachts halb eins!! das macht ihm nichts aus - die schwester ist hellwach und will dolmetschen. im grunde geht es um den mehr oder weniger lebensgefährlichen vorschlag, den wirklich nur ein südamerikaner machen kann, mit der luftlosen vepse mal eben quer über die sehr stark befahrene autobahn auf die gegenspur zu fahren. der mittelstreifen ist zwar leitplankenfrei, senkt sich aber von der fahrbahnhöhe um bestimmt einen halben meter ab, so dass mir schwung fehlen würde, auf der anderen seite wieder hoch zu kommen und die gegenspur zu schaffen. maximo, so heisst mein retter, hat schon sein abschleppseil ausgepackt und an meinem vorderen gepäckträger montiert. spätestens da rebelliere ich.
wie auch immer: mit einem platten reifen auf der felge zu fahren führt unweigerlich dazu, dass die felge einen abkriegt und damit ein weiterfahren in naher und ferner zukunft undenkbar ist. maximo gibt nach und weist auf eine brücke, die etwa zwei kilometer in der gegenrichtung liegt. von da aus sei es dann nicht mehr weit zu einer motorradwerkstatt. seine schwester sonja ist mittlerweile von ihrem bruder befreit, das abschleppseil landet in seinem auto, mein ganzes gepäck auch, und wir begeben uns als standspur-geisterfahrer richtung überführung. das ist was für perus autofahrer, die so gerne hupen. jeder, besonders die lkw mit ihren bombastischen hörnern geben was sie können, es ist schon sehr dämmrig und ich eiere hinter maximo her immer mit der angst im rücken, dass sich der reifen durch die drehbewegung von der felge verabschiedet und ich dann ohne reifenschutz fahren muss. es gibt einfach keine alternative - zumindest sieht es so aus.
wir erreichen die brücke, eiern über große kreuzungen, schlaglöcher und schotterpisten mit spitzen steinen und sind schließlich bei der werkstatt!
die antwort lautet des werkstattchefs lautet unmissverständlich: manana.
kann ich verstehen. es ist lange nach 18:00 uhr. maximo ruft seinen freund an, der hier in chilca wohnt und fragt ihn, ob ich bei ihm übernachten könne. ich will das nicht, ziehe ein hostel und meine ruhe vor, aber hostels gibt es hier nicht und schließlich bin ich über das angebot sehr froh.
ich verabrede mich für morgen ca.08:00 uhr mit der werkstatt, und eiere hinter maximo zu der wohnung seines freundes. schotter, steine, schlaglöcher, kritische kreuzungen - rechts vor links gibt es nicht - jeder fährt wie er fährt - ich auch und schließlich sind wir da. wo kann die vepse heute nach parken? draußen auf keinen fall!!! also im hausflur, der zugang ist nur über eine eingangstür möglich. bis die vepse im hausflur steht bin ich nassgeschwitzt, bordsteine müssen überwunden werden - eine große herausforderung für das luftlose hinterrad. es ist geschafft.
ich habe einen bärenhunger - das müsli von heute morgen hat schon lange seine schuldigkeit getan - die beiden wollen auch essen, und wir fahren zu einem restaurant, das dunkelbier anbietet und pollo mit pommes und einen ernstzunehmendem salat.
maximo hat eine marketingagentur und arbeitet unter anderem für einen veterinärkost- und medizinanbieter.
es ist mittlerweile bestimmt 20:00 uhr. aufeinmal hält er mir sein smartie hin, ich solle mit seiner schwester sprechen. ich realisiere nicht die uhrzeit, sondern spreche mit ihr, und es stellt sich heraus, dass sie mit ihrem mann in aulendorf lebt!!! ihr mann, auch peruaner, sei von einer deutschen familie seinerzeit adoptiert worden, und sie lebe mit ihm zusammen. über maximo werden adressen ausgetauscht - wenn er es nicht vergisst - und erst dann wird mir klar, dass es in deutschland 03:00 uhr morgens ist. das scheint bruderherz maximo nicht zu interessieren und auch sonjas stimme klingt frisch und beschwingt.
ich habe den namen von meinem gastgeber vergessen und nenne ihn pablo. pablo hat, als wir in seinem zimmer sind und maximo auf dem weg nach hause die idee, in dem zimmer seines freudes zu übernachten, da er erst morgen zurückkäme. sein zimmer ist in der tat sehr klein, aber ich hätte auf dem fußboden mit schlafsack und isomatte schon platz gehabt. nein er ist der perfekte gastgeber und würde sogar sein bett mit mir teilen...
nach einer stunde etwa, erfolgt die schlüsselübergabe, und ich habe das zimmer für mich. pablo muss morgen um halb sechs aufstehen. zum glück haben wir die frage, wie ich morgen die vepse aus dem hausflur mit absatz und borstein herausbekomme schon beim essen geklärt. er wolle um 08:00 uhr kommen und einen freund mitbringen. darauf habe ich bestanden, weil wir es zuweit nicht schaffen würden.
die nacht ist ruhig, ich höre aber pablo durch die dünne steinwand schnarchen, und bin dankbar, dass wir uns das zimmer nicht teilen müssen.
18.08.
gegen 06:00 uhr beginnt das leben auf der straße.
die straße führt durch mein bett, die hunde schnüffeln am bettgestell, bellen, prügeln und beissen sich, die motorradfahrer mit defektem auspuff sorgen dafür, dass ich genug davon abbekomme - die fußgänger, die zur arbeit müssen lachen mich freundlich an - so beginnt mein tag.
zum glück nur gefühlt. die wohnung liegt ebenerdig, die wand kann nicht allzu dick sein, das fenster ist geöffnet. beste voraussetzungen für das oben beschriebene szenario.
um 08:00 uhr klopft es an die tür. wenig später begrüße ich zwei fremde gesichter, die mir erklären, pablo hätte sie geschickt. sehr zuverlässig!!!! wir buchsieren die vespa auf die straße, ich lasse sie einfach auf dem bürgersteig stehen.
es sind bestimmt 6 bis 8 hunde unterschiedlicher rassen und größen auf der straße. es wird frühling, und das interesse des einzigen rüden ist auf fortpflanzung ausgerichtet und zentimenter dicht hinter seiner angebeteten her.
es warten einige mototaxis auf die mütter mit ihren kindern, die zur schule gebracht werden müssen - ein kind im alter von 7 hat keine lust auf schule und haut seiner mutter, die in anderen umständen ist, immer wieder ab, das mototaxi fährt im schritttempo mutter und sohn hinterher bis die mutter das einzig richtige tut, sich in das mototaxi setzt und sohn sohn sein lässt. das mag er nicht und springt noch in letzter minute in das schneller werdende gefährt.
es ist einfach nur trist. der himmel grau verhangen, etwas neblig, feiner sprühregen, die straße von zahlreichen ölwechseln in mitleidenschaft gezogen, häuser mit kleinen fenstern, keine bäume - tristesse pur!
gegen halb neun bin ich bei der werkstatt. es ist keiner da, den ich noch von gestern her kenne - ich spreche einen mechanico an, und er sagt als erstes: no hay! ich beharre, beziehe mich auf die gestrige zusage, der chef, den ich auch nicht kenne, schaut aus dem fenster, gibt grünes licht. ich packe die vepse ab, um tatsachen zu schaffen.
und tatsächlich, wir schieben zusammen die vepse in die werkstatt, die der mechanico vorher noch ausgefegt hat und macht sich ans werk. ich bin gebranntes kind aus calama, beobachte jeden handgriff und merke sehr schnell, dass er sorgfältig arbeitet. das rad bringt er zu einer reifenwerkstatt und kurze zeit später ist alles fertig. 20 sol und 5 trinkgeld wechseln den besitzer - ich gehe erst einmal frühstücken. auch hier: no hay! das bezieht sich nur auf das brot und als ich anbiete, das brot zu kaufen, kommt bewegung in meine gesprächspartnerin und kurze zeit später stehen richtig heisser kaffee mit milch, spiegeleier und toast auf dem tisch.
nur noch 60 km nach lima. ein katzensprung! die vespa läuft rund, keine eierei oder andere besonderheiten vom hinterrad - der mechanico hat gute arbeit gemacht. es ist viel verkehr auf der panamericana, steigungen und schnaufende lkw, ich überhole und sinne dabei darüber nach, was mir ludwig geschrieben hat: sein freund lorenzo, selbst ein peruaner sagt über lima: es wohnen dort nicht nur 10, sondern 20 mio menschen. die eine hälfte seien taxifahrer, die andere hälfte die fahrgäste... das goldmuseum solle ich mir unbedingt anschauen.
tja und dann passiert es:
ich befinde mich auf der ansteigenden linken spur, habe schon die erste hälfte eines megatrucks geschafft, als von jetzt auf gleich die motorleistung nachlässt und im begriff ist, abzusterben. ich lasse lkw lkw sein, warte bis er mir platz auf der rechten spur macht und lasse mich - mal wieder - auf der standspur ausrollen. die nervös blinkenden autofahrer von der linken spur ziehen an mir vorüber.
zuerst denke ich, dass sich derspritschlauch gelöst hat. es tropft, es riecht aber nicht nachsprit. ich öffne den motorraum und sehe, dass kühlwasser tropft.die schläuche sind aber alle in ordnung. damit bin ich mit meinemlatein am ende. ich brauche hilfe. ich schreibe sebastian undschicke ihm meinen standort, ich schicke wilfried eine whatsapp - dermotor ist wieder angesprungen und tuckert vor sich hin, ich nehme dasaber nicht ernst, sondern vermute, dass er wieder ausgeht, wenn einegewisse temperatur erreicht ist. ich will die ursache wissen. ichrufe die sos-straßenwacht an, erreiche tatsächlich eine menschlichestimme. in dem moment hält ein citroen combi von einer anderenstraßenwacht und fragt was los sei. das erinnert mich an gestern.ich war noch mit dem mototaxi-mann am verhandeln, als maximoauftauchte...
ich reiche den telefonhörer rüber, aber der mann vonder konkurrenz will nicht mit dem anderen telefonieren -schulterzucken meines retters - wir widmen uns der vepse. erhat nur von autos ahnung, von vepsen schon mal gar nicht. icherkläre, er prüft den ölstand, das kühlwasser, das tatsächlichweniger als die minimum-anzeige wasser hat - wir gießen wassernach - mehr können wir nicht tun. der motor läuft, die nadel dertemperaturanzeige ist auf den mittleren wert angestiegen und verharrtdort - so wie immer. wir können nicht mehr machen. er sagt mirwo die nächste werkstatt ist - ich bitte ihn um eskorte, und sofahren wir mit warnlicht und warnblinker weiter und drei oder vierausfahrten später soll ich rechts abfahren. Verabschiedung,scheinwechsel.
Die vespa fährt, ruckelt nicht und dann sehe ich aufmeinem display, dass zwei emails angekommen sind und zweiwhatsapp-nachrichten von wilfried.
Wilfried ist praktiker undschließt einen zusammenhang zwischen kühlwasser und absterben desmotors aus. Es könne am zündkerzenstecker liegen oder an derzündkerze selbst. Sebastian gibt mir telefonnummern vonminikran-betreibern, die die vepse auf einen abschleppwagen hiefenkönnten und dann als zweite mail die telefonnummer von niconar,demjenigen, der eine vespawerkstatt in lima beteibt, aber in puntohermoso wohne. Ich rufe ihn an – er ist schon von sebastian inkenntnis gesetzt - wir verabreden uns für montag in seinerwerkstatt. Ich solle mich melden, wenn ich wieder liegenbliebe.
Noch20 km bis nach miraflores. Der verkehr nimmt zu, die autofahrerkommen in den wochenendmodus und wollen nach hause, ich fahre moderatmeine 80 km/h, die vepse schnurrt. Mein navi führt mich zuverlässig- auch ohne gegensprechanlage – durch die stadt in das schöne,mondäne und grüne miraflores. Die sonne hat sich durch diesmogwolken geschafft, irgendwie duftet es in der luft nach blüten,ich erinnere mich an sao paulo, wo wir auch in so einem edlen viertelgewohnt haben.
Das hostel hat ein privado mit einem bad, das ich miteinem anderen teilen muss. Nicht 21 sol, sondern 21 dollares pronacht, das ist viel für hier, wenig, sogar sehr wenig fürdeutschland. In berlin ist 55 euro minimum. Es ist ein schöneshostel, es gibt ein großes fenster in meinem zimmer, das zumhinterhof liegt und den verkehr abschirmt, ein schönes badezimmermit heissem duschwasser – alles perfekt!
Mit sebastian verabredeich mich für morgen, niconar schreibe ich, dass ich ohne probleme inmiraflores angekommen sei – alles weitere dann am montag.
Ich gehe zu fuß in die stadt, ich sehe wieder schöne häuser mitwalm- oder satteldächern, die häuser sind schön verputzt, ich sehegrün belaubte bäume, häuser hinter großen zäunen, autohäusermit bmw – und jeep-vertretungen, ich sehe ein großes, edleskaufhaus, die autos auf den straßen sind höherwertig, nur die colectivosbleiben sich treu. Sind alt und dieseln. Schöne restaurants, banken, ein gut gepflegter park mit sattgrünem und getrimmten rasen, sogar ein mc donalds - ich fühle michnicht mehr in peru, sondern eher wieder in europa. Die preise sindaber für uns deutsche ok, ich esse wieder aroz mit unterschiedlichemfleisch, einen guten salat und später in einem edlen cafe,käsekuchen und trinke einen capuchino. Ich lasse mich ins kaufhaus ziehen underwerbe dort für 30 euro eine hose und für weitere 30 euro 3 tshirts. Es heisst, in peru seien die textilien gut und billig und inperu hergestellt. Hoffentlich.
Der heutige abend gehört dem aufarbeiten der abenteuer dervergangenen zwei tage.
19.08.
eine ruhige nacht. keine hähne, keine hunde, kein gehupe. gelten im mondänen miraflores andere regeln? beispielsweise gibt es hier auf der straße keine freilaufenden hunde...
das frühstück mit brötchen, richtiger butter, spiegelei, organgensaft und einer banane. ich habe zwar noch um einen teller für meine avenas gebeten, das wurde überhört und ich habe mich dann doch von den brötchen hinreissen lassen.
sebastian wird sich heute melden.
ich telefoniere noch mit karin - per whatsapp mit sehr gutem empfang, obwohl das wlan hier nicht die top qualität hat - dann schaue ich nach der vepse - und die vepse tropft und tropft.
es hat sich schon eine große grün schimmernde pfütze angesammelt. ich fluche leise vor mich hin, danke dann aber meinen schutzengeln, dass das nicht auch noch auf der autopista passiert ist. das wasser wird durch die öffnung einer messingschraube gedrückt, von der ich nicht weiss, was sie für eine funkktion hat. nach langem suchen und erneutem kontakten mit wilfried finde ich in dem vespa-buch die antwort. es handelt sich um ein entlüftungsventil. es scheint defekt, sonst wäre es geschlossen und würde nicht das kühlwasser ausspucken.
ich bin froh, dass ich die ursache kenne und bilde mir einen reim darauf, warum sie auf der autobahn rapide leistung verloren hat. hat das kühlwasser mit der zündkerze kontakt bekommen?
ich decke mich in einem luxeriös ausgestatteten supermarkt mit früchten und avenas ein und mache mich später mit heisshunger über das müsli her. brötchen etc halten einfach nicht vor.
nach einer verdienten siesta mache ich mich auf den weg in die stadt - eher, um später etwas warmes zu essen, als sie mir anzuschauen. es wird schnell dunkel, sebastian wird sich wohl nicht mehr melden, was mir eigentlich ganz recht ist. die abenteuer der letzten beiden tage liegen mir in den knochen.
dann meldet er sich doch und will ins hostel kommen. obwohl wir beide handies haben und uns mailen können und ich ihm meinen standort per link mitteile kriegen wir das treffen nicht hin. ich höre von ihm, dass er im hostel war. ich vermute, dass er meine mails nicht erhalten hat, weil er mit seiner vespa auf dem weg hierher war. so vertagen wir das treffen auf die kommende woche.
20.08.
obwohl wochenende, miraflores verhält sich vorbildlich.
viel mit peru hat das nicht mehr zu tun. so sehr ich auch über das pralle leben tags und nachts geflucht habe - jetzt fehlt es mir. irgendwie habe ich den eindruck, ich sei am ende meiner reise angelangt und wieder in zivilisierten westeuropäischen regionen unterwegs.
für heute habe ich mir eine stadtführung mit den freewalkers vorgenommen, mit denen wir in rio de janeiro so gute erfahrungen gemacht haben. das treffen ist für 11:00 uhr anberaumt, nicht etwa bei einem großen denkmal, sondern vor einer bar in einer seitenstraße.
es ist sonntagmorgen - die avenida arequipa ist für autos gesperrt. jogger und fahrradfahrer genießen die ungewohnte freiheit und seit monaten höre ich wieder vogelgezwitscher, aber kein sonntagsgeläut der kirchen. seit ich in peru bin, fehlt mir das. auch so etwas, das mit heimat zu tun hat. zu hause gehört es einfach dazu und wird fast überhört, aber wenn es weg ist, dann gibt es eine lücke.
ich lasse mich von googlemaps führen, die richtung ist die richtige, aber den treffpunkt finden wir nicht. macht nichts, denke ich - die bieten diese führung jeden tag an - ich bin noch einige tage hier.
außerdem werde ich abgelenkt von einer kinderdemo, die zum motto hat: eine umarmung für die kinder. es sind kinder in ihren schuluniformen, die von ihren eltern begleitet werden und eine lange kette bilden. drei trommler sorgen für aufmerksamkeit, clowns machen faxen und unterhalten die kinder, zwei - ich vermute sozialarbeiter - sorgen mit ihren megaphonen für ordnung animieren zu sprechchören.
un abrazo por la enfancia - umarmung für die kinder
das wetter ist bewölkt, es gibt noch ein wenig sprühregen, die temperaturen sind angenehm.
ob der hintergrund der lehrerstreik ist? ob es jedes jahr eine kinderdemo gibt?
"wir wollen anerkennung, liebe, bildung, gute lehrer!"
erziehen mit zärtlichkeit, korrigieren, ohne gewalt
es gibt eine tribüne, auf der die kundgebung dann stattfindet, 12 jährige kids, aber auch 18 jährige geben statements ab und moderieren ihre redner an. das sind menschen aus der politik, aus der schule, dem theater und anderen öffentlichen institutionen, die sich für gewaltfreie erziehung, respekt, anerkennung, liebe und für eine gute ausbildung aussprechen. sicherlich sind da viele sprechblasen dabei. was mich aber fasziniert ist, dass die kids eine lobby haben, die das organisiert. ich habe keine werbung für kinderprodukte gesehen, aber es ist auch niemand rumgekaufen und hat geld eingesammelt.
sie singt das solo
toll - auch ein mädel um die 8 oder 9 hat sich vor die 100 bis 200 menschen gestellt und frei geredet. auch hier kein vergleich zu den kids in den ländlichen provinzen. hier haben wir es schon mit den privilegierten aus miraflores zu tun.
die kundgebung ist vorbei - ich löse mich aus der menschenmasse und werfe einen blick in die kirche, die gut besucht und auch während des gottesdienst sperrangelweit geöffnet ist.
ich schaue in eine origami-ausstellung rein und bin fasziniert, was mit dieser faltkunst alles gemacht werden kann.
am nachmittag erlebe ich dann peruanische lebensfreude pur: ich schlendere durch einen kleinen park, der zwischen zwei hauptstraßen liegt und werde durch einen dicken menschenring angezogen. beim näherkommen ist die ursache für diese ansammlung nicht zu erkennen - erst als ich da bin, erkenne ich, dass ich vor einem kleinen amphitheater stehe, dessen mittelpunkt nicht ebenerdig sondern fünf kreisförmig gebaute sitzstufen niedriger angelegt ist. diese sind bis auf den letzten platz besetzt. unten auf der tanzfläche drehen sich einige paare zu südamerikanischer musik, die aus zwei großen standboxen ertönt.
das alter spielt keine rolle! die männer sind genauso tanzbegeistert wie die frauen - frauenpaare? sehr wenig
es ist sonntagnachmittag, noch ist die tanzfläche nur locker gefüllt, umso besser kann ich die tänzer beobachten. in der regel älteren datums, die krawatten - wenn denn welche angezogen sind - und die jackets werden noch getragen, aber eine halbe stunde später ist kaum noch platz. die konzentrierte ernsthaftigkeit der gesichter ist dahin - es beginnt spaß zu machen, die meisten kennen sich.
während der tanzpausen wird proviant verteilt, es werden neue bekanntschaften geschlossen, die erst recht distanziert miteinander umgehen, den blick an einander vorbei, der gesichtsausdruck ernst, aber dann beginnt es auch diesem pärchen spaß zu machen. eine gewisse vertrautheit entsteht, die bewegungen werden fließender, es gibt blickkontakte und gemeinsames lachen. beide verfügen über eine beeindruckende kondition. es ist bestimmt eine stunde, und sie lassen keinen tanz aus. sie ist schätzungsweise 45 und er ca. 55. beneidenswert, wer das kann: sich auch ohne sprache ausdrücken zu können, ob mit einem musikinstrument oder beim tanzen.
es gibt aber auch genau das gegenteil zu erleben:
eine junge frau - anfang, mitte dreissig, ähnlichkeit mit der leipziger tatort-kommissarin - sie will dort mit zwei älteren frauen den nachmittag verbringen, oder sie muss, weil sie mal wieder unter leute soll - vielleicht hat sie gerade eine unglückliche beziehung hinter sich und die beiden wollen ihr zu neuem glück verhelfen... wird von einem schätzungsweise 25 jahre älteren mann zum tanz gebeten. er ist fit, schlank, drahtig, aber sehr schnell ist erkennbar, er wird sie nicht gewinnen - eine verabredung für den nächsten sonntag ist nicht drin.
er bleibt dran, kämpft mit allen mitteln, verbeisst sich da auch in etwas, die lockerheit ist dahin, setzt sich ungefragt zu den dreien auf die stufe, unterhält sich auch brav mit den älteren damen, tanzt auch mit ihnen, aber seine strategie ist klar. die tatort-kommissarin verzieht keine miene und bleibt hart. es dauert bestimmt eine stunde, bis er begreift, hier komme ich nicht weiter.
es gibt auch ein frauenclub, der sich bestimmt jeden sonntag hier trifft und sehr guter stimmung ist, die anderen tänzer zum lachen bringt und sich mit ihren clownesken tanzstilen gegenseitig anstecken und übertrumpfen. bald bildet sich ein kleiner kreis, und es sieht so aus, als ob hier eine eigene veranstaltung stattfindet.
dieser nachmittag ist vielleicht das "highlight" der woche. ob es das jacket ist oder der neue pullover mit dem passenden hemd, die gegelten haare, die frisch frisierte perücke, oder die dauerwelle für den herrn - ein großes event!
alkohol wird übrigens nicht getrunken.
ich stehe mittlerweile in der ersten reihe, habe immer wieder unterschiedliche nachbarn, denen das "leute gucken" genauso viel spaß macht.
aber dann kommt ein junger, korpulenter vater mit seinen vier noch sehr jungen töchtern. kindergartenalter bis zweite klasse grundschule. die drei jüngeren setzen sich auf die treppe und haben ihren spaß, die älteste bekommt von ihrem vater 1 sol in die hand gedrückt und schon fast in einem befehltston den auftrag: bailar! tanze! und während sie zaghaft ihre ersten bewegungen nacht, zückt der vater sein handy und fotografiert ohne unterlass und sagt immer wieder: bailar! bailar! seiner tochter macht das keinen spaß. ich finde es erst ganz amüsant, aber sehr schnell merke ich, dass hier etwas stattfindet, was überhaupt nicht in ordnung ist. das mädchen macht seine unbeholfenen schritte, denen man schon ansieht, dass sie tanzen kann, es aber hier einfach nicht will. dem vater fehlt das feingefühl, er sieht nicht seine tochter, er sieht nur sich.
ich will mich da nicht reinhängen, möchte aber auch nicht mehr bleiben.
ich werfe noch einen blick in die kirche. auch heute abend sind alle bänke besetzt. ein alter priester führt durch die liturgie und hält eine predigt, die seinem äusseren überhaupt nicht entspricht. er ist sehr alt, muss zu seinem stuhl geführt werden und hält die predigt im sitzen. ich verstehe kaum etwas, habe aber das gefühl, dass die gemeinde hier eine standpauke gehalten bekommt, die sich gewaschen hat.
beim hinausgehen fällt mir auf, dass die kirche nicht über eine orgel verfügt. auch in den anderen kirchen, kam die begleitende musik nur aus den boxen.
morgen ist montag, der tag, an dem die vepse in die werkstatt soll...
21.08.
der vepse geht es schlecht.
mit letzter kraft hat sie den weg von ihrem letzten schwächeanfall auf der autopista bis hierher geschafft. jetzt weiss sie, dass sie in lima ist, und sie weiss auch, dass hier die große inspektion auf sie wartet. und da denkt sie sich vielleicht: wenn schon, denn schon.
als ich nach dem frühstück nach ihr sehe habe ich die hoffnung, dass ich trotzdem mit ihr zur werkstatt fahren kann und will wasser nachfüllen. da stelle ich fest, dass der deckel auf dem kühlwasserbehälter fehlt. ich habe ihn auf der autopista vergessen. ich gieße wasser nach, verschließe den deckel mit klebeband und rufe nic von der werkstatt an. eine total verschnupfte und heissere stimme meldet sich - er fällt heute aus und vertröstet mich auf morgen. mittlerweile hat sich das so eben nachgefüllte kühlwasser seinen weg durch das entlüftungsventil gebahnt. mir ist klar, dass es unweigerlich zu einem motorschaden führen würde, wenn ich am nächsten tag zur werkstatt fahren würde. ich erkläre nic die situation, und er verspricht mir, dass die vepse am nächsten tag auf den pickup kommt.
mir lässt das entlüftungsventil keine ruhe. ich setze mich in das nächste taxi, erkläre dem taxifahrer das problem, und er findet nach ein paar stationen einen motorradladen, der früher mal etwas mit vespa zu tun hatte. der chef - ich nenne ihn einfach mal juan - nimmt sich zeit und sagt mir, dass das entlüftungsventil nur einen neuen o-ring bräuchte. ich nutze die gunst der stunde und frage ihn noch nach einem deckel für den behälter. das ist schwieriger, dazu muss er die vepse sehen.
wieder im hostel muss ich schnell erkennen, dass der neue o-ring (ein dichtungsring) nicht hilft - es tropft weiterhin.
die neue operation nehme ich mir für morgen vor.
so könnte vielleicht die ganze straße früher ausgesehen haben - geschmackvolle reihenhausarchitektur - stattdessen drängt sich ein hässlicher zweckbau dazwischen
mir fällt noch ein, dass frühere modelle nicht über ein entlüftungsventil verfügten und auch der werkstattmensch sagte, dass man auf dieses ventil auch verzichten könne.
ich schlafe mit dem gedanken ein, dass ich morgen zumindest für die fahrt bis zur werkstatt die öffnung mit einer schraube verschließen werde.
schluss mit lustig!!!
22.08.
die operation nach dem frühstück hat kein erfolg. ich rufe nic an - er verspricht mir, heute zwischen 15 und 16 uhr die vepse abzuholen. genug zeit für mich, dem entlüftungsventil den garaus zu machen. ich besorge mir ein taxi und stehe zum dritten mal in der werkstatt. einer der mechanicos grinst mich an und sagt mir, wo juan ist. ich erzähle ihm von dem misserfolg und von meiner idee, einfach das loch zu schließen. er nimmt sich wieder viel zeit, schraubt aus einem alten bremssattel das entlüfungsventil, verkürzt es ein wenig und drückt es mir in die hand.
die theorie geht auf. für die fahrt zu nics werkstatt würde es auf jeden fall gehen. klar ist mir mittlerweile geworden, dass der thermostataufsatz erneuert oder repariert werden muss. juan sagte mir noch, dass er das könne.
aber die vepse will nicht. es reicht ihr einfach. sie springt an, der kolben darf drei bis vier mal in aktion treten, dann geht der motor aus, nochmalige versuche bringen keinen erfolg.
die zündkerze ist ok, der zündfunke hat die richtige farbe und ist da. bekommt die vepse sprit? ich nehme den benzinschlauch vom vergaser, starte, kein benzin, das spätestens jetzt hätte richtung vergaser fließen müssen. liegt es an der benzinpumpe? ist die sicherung durch? internetrecherche - keine klare erkenntnis - draussen fährt ein weisser toyotabus vor - die vepse wird verladen.
nics werkstatt wirkt genauso sauber und steril wie ein krankenhaus. alles passt. hätte den toyota-bus ein rotes kreuz geschmückt, es hätte mich jetzt nicht mehr gewundert.
in der hellen und geräumigen halle stehen einige vespen, neue und alte, motorräder, bmw-pkw und ein altes mercedes cabriolet auf der bühne.
nic ist noch in rekonvaleszenz, sein "empfangschef" kümmert sich um mich, mitchel der mechanico kommt dazu und ich sage was ich will. ich komme mir vor wie in deutschland, als es um die ersatzteile geht. es gäbe ein lager, die teile hätten sie da... es hört sich alles sehr gut an - ich bin skeptisch, wie nachher der ist-zustand sein wird. bevor ich gehe versuche ich die vepse zu starten - sie läuft etwas länger, verabschiedet sich dann wieder. hm - kriegt der vergaser doch sprit, aber nicht genügend?
morgen werde ich es wissen.
ich habe mich für 14:00 uhr angesagt und dann sehen wir weiter.
23.08.
meine tage in peru sind gezählt.
am 08.09. bin ich 90 tage hier, bis dahin muss ich neu eingereist sein, oder ich werde des landes verwiesen.
ich glaube, ich muss mich bei meiner tochter schlau machen - sie hat in brasilien ihre zeitspanne sehr kräftig überzogen und kam bei ihrer ausreise mit einem blauen auge - wenn überhaupt - davon.
wenn auch mein heutiger besuch beim migrationsamt nicht von erfolg gekrönt war, so hat mich doch eines sehr beeindruckt. das, was es in deutschland nicht mehr gibt, nämlich dienst am kunden, wird beim migrationsamt groß geschrieben. clevere peruaner schließen die lücke, die es auch hier gibt:
kaum bin ich aus dem taxi ausgestiegen, kommt schon ein peruaner auf mich zu - mit weissen dina 4 formularen in der hand und damit sehr amtlich wirkend - und fragt mich, wohin ich will.
als ich sehe, dass er mir nützen kann, höre ich ihm zu, und er organisiert mir das kopieren, dieses formularsatzes - den hätte ich mir erst einmal ohne seine hilfe organisieren und dafür bestimmt irgendwo in einer schlange stehen müssen - er hilft mir beim ausfüllen - gut das hätte ich auch alleine geschafft, und dann sagt er mir, wohin ich damit zu gehen habe. sein tarif ist sehr schwankend, erst sind es 5 sol, daraus werden dann schnell 10 sol, weil ich nur 100 sol habe und er raz faz jemanden findet, der für mich das geld wechselt.
ich wundere mich, dass er mich zur banc national schickt. hier sind nur kleinere hürden zu überwinden, ich bekomme eine nummer und schon sehe ich sie auf einem monitor aufblinken.
tja und dann kommt die schlechte nachricht. die wollen mich hier nicht mehr haben.
für mich gibt es jetzt zwei legale möglichkeiten, ecuador, das nächste nachbarland, doch noch in meinen reiseplan aufzunehmen und erst später die reise nach brasilien anzutreten oder mich in den bus zu setzen, 2 x 24 stunden in kauf zu nehmen, nach ecuador einzureisen, nach peru wieder auszureisen und damit weitere 90 tage aufenthaltserlaubnis einzukassieren.
wer weiss, ob ich jemals wieder nach ecuador komme? und da derzeit über ludwig in meinem haus auch eine familie aus ecuador einquartiert ist, muss ich eigentlich hin. aber dann eher mit dem bus. oder doch mit der vepse?
ich denke, mein dienstleister wird pro stunde bestimmt 2 bis 3 clienten finden und so auf einen tagesverdienst von 150 bis 300 sol kommen. ein lohnendes geschäft.
die zweite hälfte des tages gehört dem krankenbesuch. die vepse empfängt mich frisch gebadet, glänzend wie neu.
nic - der chefarzt ist schon da, kann mir aber leider keine diagnose vermelden, sondern bestätigt mir, dass die vepse kein benzin bekommt. mit anderen worten: ein halber tag ist vergangen - bis auf die wäsche, ist nichts passiert.
nic nimmt sich zeit für mich, wir sprechen die dinge nochmals durch - die erste ernüchterung kommt, als er mir sagt, den deckel für den kühlwasserbehälter hätte er nicht auf lager, ebensowenig den thermostataufsatz für das entlüftungsventil. die benzinpumpe, die bestimmt defekt sei, könne er als originalteil auch nicht besorgen, aber einen ersatz würde er schon finden. zwei bis drei tage müsse ich rechnen. ich gebe die pumpe noch nicht auf, sondern bitte ihn einfach mal, nach der sicherung zu schauen.
und wir stehen erst am anfang. für die inspektion werden auch noch teile benötigt... immerhin das richtige öl und den ölfilter hat er, ebenso den antriebsriemen, der aber erst nach weiteren 6 tsd km gewechselt werden müsse. trotzdem werden wir ihn morgen unter die lupe nehmen.
mit vielen unterbrechungen kommen wir endlich von der planung zur umsetzung. mitchel, der mechanico stellt fest, dass statt einer 10 ampere sicherung nur eine 3 ampere sicherung werkseitig eingebaut worden sei und diese auch nicht mehr funktioniere. er setzt eine 10 A sicherung ein, der benzinschlauch ist schon vom vergaser gelöst, nic startet, der anlasser dreht und die pumpe arbeitet wieder und damit auch der motor.
ich würde gerrne die ursache kennen und bei nächster gelegenheit die pumpe im rahmen einer ausgiebigen probefahrt auf betriebstemperatur bringen. dazu eignet sich lima perfekt, weil es viele staus gibt.
aber dass sich die pumpe in der letzten woche auf der autopista, wo sie ja schon in die knie gegangen ist und den motor auf der überholspur hat ausgehen lassen, für die reststrecke bis hierher nach miraflores noch erholt hat - das grenzt doch schon an ein wunder. ebenso das entlüftungsventil, das erst hier die schleusen richtig geöffnet hat.
morgen früh werde ich um 10:00 uhr wieder in der werkstatt sein.
dann werden wir sehen, ob wir alle ersatzteile noch am selben tag beschaffen können.
also insgesamt gesehen sind wir einen schritt weiter. der motor läuft wieder.
wenn wir das entlüftungsventil nicht in ordnung bringen können, können wir improvisieren.
ein deckel für das kühlwasser wird zu finden sein. und wenn ich alle haushaltsläden abklappere.
summa summarum: ein erfolgreicher vepsen-tag!
24.08.
um halb 11 bin ich in der werkstatt. nic ist noch nicht da.
mitchel hat aber schon an der vepse gearbeitet, jetzt ist sie verwaist, weil ein anderes motorrad fertig werden muss. ich übe mich in geduld, aber dann kommt schon nic, und wir machen eine kleine lagebesprechung. der antriebsriemen, die bremsbelege und die variorollen müssen nicht gewechselt werden. mit dem entlüftungsventil, dem deckel und der auspuffdichtung sind wir noch nicht weiter. der vergaser ist zwar ausgebaut, aber noch nicht weiter behandelt.
ich sehe, dass ich hier nichts tun kann - ein neues motorrad ist gekommen und bindet alle kräfte. ich lasse mir von nic die adresse des ladens geben, der noch vespa-teile hat, rufe mir ein taxi und stehe nach langen stauzeiten an dem thresen einer chevroletvertretung, die früher mit vespen gehandelt hat und die jetzt meine vorletzte hoffnung ist. auch hier ist geduld gefragt, aber es lohnt sich: der verkäufer hat noch eine auspfuffdichtung in einem anderen lager gefunden. stolze 35 dollares! weder den thermostataufsatz für das entlüftungsventil, noch den deckel für den kühlwasserbehälter hat er am lager. er spricht sehr schnell und ich vermute, dass sich hinter diesem wortsalat eine chance verbirgt. ich lasse mir von ihm seine information nochmals scheibchenweise und ohrgerecht servieren, in dem ich mich mit geschlossenen fragen vorarbeite und so in erfahrung bringe, dass es noch eine chance für die beiden anderen teile gibt.
10 Dinge, die kein Talent erfordern:
1. pünktlichkeit
2. arbeitsethik
3. antrengung
4. nicht verbale kommunikation (?)
5. energie
6. positive einstellung
7. leidenschaft
8. die bereitschaft, von anderen zu lernen
9. ein bißchen mehr machen
10. auf neue herausforderungen vorbereitet sein
diese monatlich neu definierten leitsätze hängen hinter dem verkaufsthresen an der wand. ob sie wirklich gelesen werden...?
kurze zeit später bin ich in einer anderen werkstatt, in der drei vespen stehen, die mitarbeiter werden aktiv, als sie wissen, dass ich von der chevroletvertretung komme und die auspuffdichtung abholen will.
dann frage ich nach dem thermostataufsatz und nach ca. einer halben stunde kommt der verkäufer mit einem neuen aufsatz zurück. ich kann es fast nicht glauben! der andere kollege ist noch auf der suche nach dem deckel und kommt wenig später mit einem deckel von einem bmw-motorrad an, der nur wenige wenige mm zu groß ist.
das ganze vergnügen kostet 160 dollares - ich falle fast vom stuhl - ich hätte mit maximal 50 dolllares für den aufsatz gerechnet, aber der schlägt schon mit 120 dollares zu buche. später erfahre ich von nic, dass die auspuffdichtung schon ein leben in einer anderen vespa hinter sich hat.
zwar teuer, aber ich habe die teile. eine schmerzgrenze habe ich vorher nicht festgelegt - ich hätte mich sowieso nicht daran gehalten.
zurück in nics werkstatt - nach bestimmt drei stunden - präsentiere ich meine ersatzteile wie trophäen und ran gehts ans werk.
die wesentlichen dinge wie öl- und getriebeölwechsel sind gemacht, der antrieb ist wieder zusammengebaut, nur der vergaser ist noch nicht weiter behandelt worden. jetzt aber geht es raz faz und um 17:50 uhr sind wir fertig.
nic kümmert sich noch um den deckel des kühlwasserbehälters, mitchel ersetzt die rücklichtbirne -
zwei mechaniker bringen im hintergrund einen ferrari in seine parkposition.
die italiener unter sich.
der motor der vepse läuft leise und rund, dank des wechsels der hauptdüse von einer 94iger in eine 108er (!)und der erneuerung der auspuffdichtung.
der deckel passt dank einer dichtung, die nic aus einem alten schlauch gebastelt hat, eine birne muss noch erneuert werden, das entlüftungsventil ist trocken wie der sand der atacama-wüste, ein kühlwasserschlauch lässt noch kühlwasser durch - die klemme braucht noch zwei drei umdrehungen - ansonsten ist alles in ordnung.
als zugabe bekomme ich noch einen zwei meter langen benzinschlauch, der dann zum einsatz kommt, wenn sich die benzinpumpe ein weiteres mal verabschiedet hat. die pumpe muss derzeit das benzin vom tank durch den filter nach oben in den vergaser pumpen. das geheimnis heisst dann: die gravitation nutzen und den sprit mithilfe des 2m-schlauchs von einem meiner benzinkanister von oben nach unten zum vergaser fließen zu lassen.
morgen werde ich noch einmal in der werkstatt erscheinen, weil nic noch eine probefahrt machen muss - danach wird die vepse von mir gewaschen und poliert.
summa summarum: ein erfolgreicher vespentag!
25.08.
heute ein weiterer tag, der unter dem zeichen der vespe steht. ich bin um 12:00 uhr in der werkstatt, besorge mir wasser, seife und schwamm und gehe ans werk. nach zwei stunden sieht sie aus wie neu, die felgen des vorderrades waren mittlerweile nicht mehr alufarbend, sondern schwarz vom bremsstaub. jetzt sehen wieder aus wie neu, die verölten teile von der inspektion werden mit bremsreiniger auf vordermann gebracht.
nic macht eine probefahrt und kommt mit daumen-hoch-geste wieder zurück. ich bezahle die rechnung 180 dollares und komme in den genuss einer sehr zügigen vepsenfahrt. die 108er düse scheint hier auf meeresspiegelniveau doch noch mehr zu bewirken, als die 96iger.
ich fahre noch bei der anderen werkstatt vorbei, um mich nochmals zu bedanken und das mir geliehende oder geschenkte dichtungsband zurückzugeben, aber juan ist noch zur mittagspause.
ich mache noch in nics werkstatt einen kurzen stopp, weil die schraube der handyhalterung so fest zugedreht ist, dass sie nur noch mit einer rohrzange zu öffnen ist, die ich nicht in meinem werkzeugbestand habe.
hier ist tiefer winter, der sich nur in einem grauverhangenen himmel bemerkbar macht, aber tatkraft nimmt. zeit für eine ausgiebige siesta.
vor genau einer woche zeigten sich die ersten symptome - jetzt ist die vepse wieder kerngesund.
ich hoffe auf reibungslose 7 bis 8 tsd kilometer gen osten.
26.08.
das, was ich letzten sonntag hier verpasst habe, hole ich heute nach. es gibt hier - ich weiß es nur von südamerika - die FREEWALKER, die stadtführungen anbieten, und jeder kann entscheiden, ob und wie viel er zu bezahlen bereit ist.
wir treffen uns vor und in der bar, die ich letzten sonntag nicht gefunden habe.
laut teilnehmerliste sind wir schon jetzt um die zwanzig personen, als wir starten sind es bestimmt 30.
zur begrüßung werden bierproben ausgeschenkt, in der hoffnung, dass der eine oder andere tourist wieder kommt und einen langen abend dort verbringt.
wir fahren mit dem metrobus ins centrum. der bus hat seine eigene spur und düst mit speed - zumindenst auf der stadtautobahn - an dem lima-stau vorbei. die gruppe setzt sich aus engländern, canadiern, nordamerikanern, neuseeländern und zwei anderen deutschen zusammen, es sind auch viele südamerikaner dabei.
unser freewalker ist mit einem mikrofon und einem lautsprecher, den er am gürtel trägt, ausgestattet und gut zu verstehen. eine große verbesserung, die ich auch schon bei uns in deutschland gesehen habe.
wir machen unseren ersten stopp auf der plaza de san martin.
san martin, der argentinier, der die spanier besiegte: der in spanien aufwuchs und als offizier 20 jahre der spanischen armee diente, ist 1812 als revolutionär nach mendoza am fuße der ost-anden gegangen, von wo er nur 5 jahre später mit seiner armee die anden nach chile überschritt, seinen arbeitgeber - die spanische armee - überwältigte und ein jahr danach mit hilfe des generals bernhard o higgins santiago de chile eroberte und eine nationale regierung einsetzte.
bernhard o higgins übernahm die erste präsidentschaft.
für peru rief san martin dann schon 3 jahre später - also 1821 - die unabhängigkeit aus. da die spanier aber weiterhin widerstand leisteten, holte er sich von dem venezuelanischen general simon bolivar militärische unterstützung. jetzt streiten sich die historiker: bekam er sie nur, weil san martin dafür seine von ihm gewünschte monarchie aufgab, oder ist er nach einem sondierungstreffen ein jahr später freiwillig zurückgetreten?
unser guide macht uns auf die uns umgebende architektur aufmerksam und führt diese auf den spanischen eroberer francisco pizarro gonzalez zurück, der sich sehr für die pariser baukunst interessierte.