Foilsithe: 22.03.2019
Ich möchte euch bereits jetzt warnen – das wird ein längerer Beitrag! Aber es lohnt sich – denn von einer riesigen Überraschung bis hin zu einem absoluten Highlight unserer bisherigen Reise war in den letzten Tagen hier in Peru einiges los. Wer nicht lesen mag, der kann gerne runterscrollen und sich direkt das Video anschauen.
Tag 0 – Surprise, Surprise!
Wir beide kommen mit dem Nachtbus aus Bolivien sehr früh in Cusco an. Zum Glück ist das gebuchte Dreierzimmer schon bereit. Wir können duschen, etwas nachschlafen und machen uns um 10 Uhr auf in Richtung Flughafen.
Mathias meint, wir holen Seraina’s Bruder Silvan ab, der für eine Woche nach Peru kommt und mit uns den Inka Trail wandern will. Er veröffentlicht noch lässig ein Foto auf Instagram und markiert Silvan – quasi ein Willkommensgruss.
Seraina weiss, dass aber eigentlich nicht Silvan, sondern Christoph im Flieger sitzt – der Bruder von Mathias also. Das Ganze ist eine seit ca. Mitte Januar laufende Geheimmission, die in der Schweiz so ziemlich im ganzen Familien- und Freundeskreis bekannt ist, hier aber einer absolut nicht mitbekommen hat.
So stehen wir beide also in der Ankunftszone vor dem Flughafen. Seraina wirkt nervös – Mathias überhaupt nicht. Er holt sich dann auch noch Kaffee und Empanada in aller Ruhe – ist aber glücklicherweise rechtzeitig retour, als ein Schweizer aus der Glastüre tritt. Riesige Augen, Kinnlade am Boden und absolut sprachlos steht er da, als sein Bruder vor ihm steht. Es braucht einige Minuten und Erklärungen, bis alles eingeordnet ist. Wahnsinn – eine absolut geglückte und total unerwartete Überraschung!
Wir begeben uns ins gebuchte Hotel – und es gibt erst mal einen Haufen Schoggi aus der Schweiz, Chesterfield Ziggis, Lieblings-Lippenpomade, Aromat und neue Joggingschuhe für Mathias. Praktisch, so ein Direktimport aus dem Heimatland nach 9 Monaten Reisezeit.
Den Nachmittag verbringen wir mit einer ersten Erkundungstour in Cusco. Die Höhe macht dem Neuankömmling glücklicherweise keine Probleme und so schlendern wir gemeinsam durch die Gassen und besuchen einen grösseren Markt – gehört alles zur Akklimatisierung, vor allem, wenn man zum ersten Mal in Südamerika gelandet ist.
Am Abend besuchen wir das Briefing unserer Reiseagentur, welche uns die nächsten vier Tage auf dem Inka Trail begleiten wird. Wir lernen unseren Guide Reynaldo und Rahera, die einzige Mitreisende in unserer Gruppe, kennen. Die andere Gruppe war bereits voll und somit wurde extra für uns eine neue Gruppe gebildet – wir sind also 4 statt 16 Personen, (maximale Anzahl pro Guide), was wir doch sehr begrüssen. Alle nötigen Informationen sowie unsere Packtaschen für die Träger, wo wir bis 7 kg aufladen dürfen, werden ausgehändigt. Nach einem Nachtessen geht es dann mehr oder weniger direkt ins Bett – die nächsten Tage werden anstrengend und morgen geht es um 4 Uhr in der Früh los.
Tag 1 – Warming up
Kurz nach 4 Uhr sitzen wir mit Wolldecke im Bus und fahren zuerst zwei Stunden nach Ollantaytambo. Von dort aus geht es ein wenig ruppiger weiter zu KM 82, wo der klassische Inka Trail startet. Es wimmelt von grün gekleideten Helfern – unsere Green Machines stehen bereit für unser Abenteuer. Nebst dem Guide und dem Küchenchef sind 10 Träger für uns unterwegs. Sie schleppen jeweils bis maximal 30 Kilogramm den Trail hoch. Unsere Zelte, Schlafsäcke, Isomatten und Ersatzkleider, alles Essen und sonst benötigte Material von Gasflasche bis Chemietoilettenzelt wird mitgetragen. Auf dem Trail ist ausser ein paar rudimentären Klohäuschen eigentlich nichts vorhanden.
Wir kriegen ein erstes sehr reichhaltiges Frühstück, schnallen unsere Tagesrucksäcke mit Regenkleidern, Wasser und Kameras auf den Rücken und posieren für das obligatorische Startfoto. Dann geht’s los. Der erste Abschnitt nach dem Kontrollpunkt samt kleinem Infocenter ist eher gemütlich. Es geht flach bis leicht ansteigend dem Tal entlang und vereinzelt an kleineren Hütten mit angrenzenden Landwirtschaftsflächen vorbei. Das Wetter ist bewölkt aber nett – genau richtig für unsere ersten paar Kilometer. Unser Guide Rey erklärt immer wieder Flora und Fauna – so lernt man auch noch etwas unterwegs. Wir passieren bereits erste kleinere Inkakonstruktionen und erhalten auch hier immer wieder interessante Informationen. Der erste Lunchstopp kommt schon bald und wir werden mit Speisen überflutet. Das Essen scheint einen sehr wichtigen Stellenwert zu besitzen und wir werden regelrecht verwöhnt. Auch für Seraina und ihre Spezialanforderungen gibt es immer Alternativen und eine gute Auswahl. Eine kurze Siesta in der Sonne und weiter geht der Marsch.
Nach total 14 Kilometern erreichen wir unser erstes Nachtlager. Die Zelte sind bereits aufgestellt, der warme Tee / Kaffee wartet im Esszelt und wir können entspannen. Auch das Nachtessen überzeugt mit Qualität und Quantität und wir können Energie für den morgigen Tag tanken. Die Nacht auf 3'300 Metern ist eher kühl und die Schlafsäcke von Mathias und Seraina sind eher grenzwertig, was die Wärme angeht. Aber mit einigen Kleiderschichten geht das auch.
Tag 2 – Challenge accepted
Um 5 Uhr ist Tagwache. Wir erhalten ein Waschbecken mit warmem Wasser und wiederum tolles Frühstück. Dann laufen wir los und die Träger bauen das Lager ab. Später überholen sie uns dann und bereiten alles für den Lunch vor. Wir kämpfen uns am zweiten Tag in die Höhe. Am Vormittag geht es über den «Dead womans pass» auf 4'200 Meter und runter auf 3'580 zum Lunch. Unterwegs spielt das Wetter nicht immer mit – wir sind aber mit Regenjacke, Regenhose und Regenponcho ganz gut ausgerüstet. Nur heiss wird es unter diesen vielen Schichten – aber besser als frieren ist das allemal.
Neu gestärkt geht’s dann wieder hoch, an Inkaruinen vorbei und bis auf 4'000 Meter. Nach dem zweiten Peak spüren wir langsam müde Beine und der Abstieg zum Nachtlager auf 3'600 Meter bereitet ein wenig wackelige Knie. Geschafft aber bei bestem Wetter kommen wir im zweiten Camp an. Wiederum ist alles vorbereitet und hier gibt es sogar mehr oder weniger funktionierende Duschen. Mit eiskaltem Wasser wird also die langsam nötige Körperpflege nachgeholt.
Zum Apéro gibt es eine Dose Cusquena, die wir unterwegs bei einer der letzten Verkäuferinnen auf der Strecke gekauft haben. Wir verbringen den Abend mit Yatzi und einem erneut wohltuenden Nachtessen, bevor es für eine zweite kühle Nacht ins Zelt geht.
Tag 3 – Easy peasy
Erst um 6 Uhr klingelt der Wecker – ist ja quasi wie Ausschlafen nach den letzten Tagen. Der dritte Tag gilt als der lockere Tag und unsere Beine sind ganz froh darüber. Die Vortage in den Knochen laufen wir nach dem Frühstück los. Es geht kurz bergauf, dann nur noch runter. Wir besuchen zwei sehr eindrückliche Inkastätten, verweilen jeweils ein wenig und treffen wie geplant bereits zur Mittagszeit im dritten Camp ein. Der Nachmittag ist quasi frei und unser Guide zeigt uns fünf Minuten vom Camp entfernt eine riesige Terrassenanlage der Inkas. Nach einigen Worten lässt er uns hier alleine und wir erkundigen die verschiedenen Ecken und unzähligen Treppen der Anlage. Ein paar hundert Meter weiter gibt es einen Wasserfall, den wir ebenfalls noch kurz ansteuern. Zum Baden ist es aber definitiv zu kalt.
Wir entspannen den Rest des Nachmittags. Kurz vor dem Nachtessen dann das nächste Highlight aus der Küche. Die haben tatsächlich ohne Backofen unterwegs hier eine frische Orangentorte gebacken. Wir geniessen die süsse Versuchung, auch wenn wir danach beim Nachtessen fast nichts mehr runterkriegen.
Vor dem Schlafen gibt es noch letzte Infos zum grossen Tag morgen. Wir bereiten alles vor, damit wir auch sicher bereit und die ersten am Sungate – dem Tor zu Machu Picchu – sind.
Tag 4 – Highlight
Früher denn je – nämlich um 3 Uhr – stehen wir auf. Es geht direkt los – aber nicht weit. Nach knapp 5 Minuten in der Dunkelheit sind wir am ersten Zwischenziel und warten vor dem Kontrollpunkt. Um halb sechs Uhr macht das Tor auf und alle mit uns Wartenden Trekkers passieren den Checkpoint. Nun geht es auf einem leicht ansteigenden Trail in Richtung Machu Picchu. Nach ca. 45 Minuten sind wir am Sungate. Doch die Sonne ist weit und breit nicht zu sehen – es hangen gar dicke Nebelschwaden in der Luft. Der so berühmte erste Blick auf Machu Picchu von hier aus bleibt uns auch nach einigem Warten verwehrt. So steigen wir hinab nach Machu Picchu selbst. Der Nebel hängt noch immer über dem Berg und die Stimmung ist sehr mystisch. Wir holen uns deshalb zuerst den Stempel für den Reisepass, ein Kaffee und machen einen kurzen Toilettenstopp. Das Wetter wird nun besser und wir besichtigen zuerst den oberen Teil der Inkastadt. Atemberaubend, wie das Wetter über den Berg hinweg zieht und jede Minute wieder wechseln kann.
Mit unzähligen anderen Besuchern teilen wir uns jetzt die Fotomotive hier – waren wir bisher auf den letzten drei Tagen doch meist fast alleine. Das war zu erwarten und ehrlich gesagt haben wir es fast schlimmer erwartet, als es wirklich war.
Wir wechseln in den unteren Teil der Anlage und knapp nach 10 Uhr verabschiedet unser Guide sich. Zu dritt besteigen wir jetzt den Wayna Picchu – einen der zwei Berge, von denen man einen tollen Blick auf die Stadt herunter hat. Nach den 45 Kilometern der letzten Tage ist der Berg also nicht ganz ohne. Unzählige Treppenstufen, natürlich alle unterschiedlich hoch bis sehr hoch, fordern unsere letzten Energiereserven. Aber der Ausblick lohnt sich. Von hier oben sieht Machu Picchu sehr klein und flach aus – eine ganz andere Perspektive als vorher.
Mitten im Abstieg kommt nochmals Regen auf. Aber wir kommen heil runter, verlassen die Anlage dann durch den Ausgang im unteren Teil und nehmen den Bus nach Aguas Calientes. Ein Restaurant in der Stadt dient als Treffpunkt für alle Gäste von Alpaca Expeditions und wir genehmigen uns dort ein Mittagessen inklusive Bierchen. Mit unserer kompletten Ausrüstung machen wir uns auf zum Bahnhof und fahren mit PeruRail retour nach Ollantaytambo, wo wir auf den Bus in Richtung Cusco umsteigen.
Hundemüde aber mit tollen Erinnerungen der letzten Tage kommen wir am Abend im Hostel an. Ausser einer heissen Dusche geht nicht mehr viel – ab ins Bett und morgen schlafen wir aus.
PS: Das mit dem Ausschlafen hat nicht geklappt – im Hostel wurde um 8 Uhr einer mit Hammer und Nägeln losgelassen. Naja – man kann nicht immer alles haben. Wie es die nächsten Tage in Cusco weiterging, wie Meerschweinchen schmeckt und warum der Rainbow Mountain nicht immer ein Farbspektakel bietet, könnt ihr bald im nächsten Beitrag lesen.