Published: 25.01.2017
Kurz vor Weihnachten habe ich Besuch aus Deutschland bekommen. Matthias hat sich für zwei Wochen nach China gewagt. Gleich am nächsten Tag nach seiner Ankunft, ach das war der 23.12., sind wir nachdem meine Studenten und ich Wochenende hatten, nach Peking geflogen. Das Ziel war frohe Weihnachten auf der Mauer zu sagen. So sind wir also in der Nacht vom 23. auf den 24.12 Peking geflogen. Seit ich hier in China bin ist es mir übrigens ein Rätsel warum wir Peking sagen, wenn doch die ganze Welt Beijing sagt. Weil ich aber auf Deutsch schreibe und die Leserschaft auch Deutsch ist, bleibe ich mal bei Peking. (:
Nachts um drei sind wir dann im Hostel angekommen und mussten zu unserem Ärgernis ein Doppelzimmer nehmen. Lieber hätten wir im Dorm geschlafen. Aber da hätte man vielleicht mal vorher reservieren müssen, anstatt um drei nachts einfach an der Rezeption zu stehen. Im Nachhinein fällt mir da dieser Spruch ein 'der frühe Vogel fängt den Wurm'. Scheinbar ist an den Lebensweisheiten, wie es der Name schon sagt, doch was dran. Matthias hat auf jeden Fall daraus gelernt und für seine erste Nacht in Vietnam vorab ein Bett im Dorm reserviert. :D
Jetzt zurück zu Peking. Um sich an Weihnachten auf der Mauer gratulieren zu können muss man diese erst einmal erreichen. Das hat sich schwerer gestaltet als gedacht. Etwas zu spät sind wir am 24. aus dem Hostel raus, Richtung U-Bahn. Auf dem Weg haben wir noch so paar Baozi gekauft. Das sind halbrunde, gefüllte Teigtaschen. Die chinesischen Zeichen sind:包子. Wenn ich schon mal Zeichen schreiben kann, will ich kurz damit angeben. :) Das Kaufen der Baozi war auf jeden Fall zehn Mal leichter als das Erreichen des Eingangs der U-Bahn. Peking, für mich ist das die Stadt der Absperrungen geworden. Sie sind überall und als normaler Fußgänger, der nicht in diesem Verkehrschaos aufgewachsen ist, eine Herausforderung, an der man verzweifeln kann. Straße überqueren, erste Unterführung auf die gegenüberliegende Straßenseite. Dort um drei Absperrungen laufen und dann wieder eine Unterführung zur anderen Straßenseite. Hört sich hier nicht so kompliziert an. Die Laufwege muss man allerdings erst mal finden. Mit ich laufe in die Unterführung und da suche ich mir den gewünschten Ausgang aus, ist dort nix. So hat es uns wirklich extrem viele Nerven gekostet, die so gut sichtbare U-Bahnstation zu erreichen. Dort angekommen ging die Odyssee zur Mauer aber erst los. Nicht an den touristischen Spots interessiert, wollten wir beide an ein Stück der Mauer, das nicht restauriert aber noch so gut erhalten ist, dass man darauf laufen kann. Im Reiseführer war der Weg dorthin auch recht einfach erklärt. Dass Matthias dabei nicht stutzig wurde, ist Ok. Es war sein dritter Tag in China. Ich hätte es besser wissen müssen. So sind wir von der U-Bahn in einen Langstreckenbus. Unser Ziel war die letzte Stadt. In dieser gab es leider mehr Haltestellen als erwartet und an diversen Stopps wollten uns Taxifahrer aus dem Bus holen. Auch, wenn man eigentlich weiß wo man hin möchte, verunsichert das doch. Matthias hat dabei glaube ich seinen ersten chinesischen Satz 'bu yao' - ich möchte nicht- gelernt. Die Schriftzeichen sind übrigens 不要 :D
Noch im Bus, bin ich irgendwann zum Polizisten um zu fragen, ob wir noch richtig sind. - Ja, in den Überlandbussen sind Polizisten. Beim ersten Fragen hat er mich gekonnt ignoriert, um beim zweiten Mal zu sagen er weiß es nicht. Da fragt man sich schon warum so ein Ordnungshüter dann im Bus ist. Weder hat er etwas unternommen als die Taxifahrer uns ausnehmen wollten, noch konnte oder wollte er helfen. Könnte hinterfragt werden für was der Gute bezahlt wird. Als wir dann endlich an der richtigen Haltestelle angekommen waren, wurden wir - ganz klar - von Taxifahrern umzingelt und sind erst mal in die falsche Richtung geflüchtet. Nachdem wir uns in Ruhe orientieren konnten, war die nächste Bushalte schnell gefunden. Ein sehr netter Mensch, der irgendwie offiziell aussah, hat mir auch bestätigt, dass wir für den gewünschten Bus richtig sind. Zu diesem Zeitpunkt war es bereits halb zwei. Nach einer Stunde war immer noch kein Bus für uns aufgetaucht. Weitere 20 Minuten später kam ein Bus ohne Nummer. Beim Nachfragen hieß es, ja, das sei der Bus. Fröhliche sind wir eingestiegen, um dann wieder rausgeschmissen zu werden. Ein Taxi solle uns fahren. Das wäre einfacher für uns. Es war egal wie arg ich es probierte. Der Busfahrer weigerte sich uns mitzunehmen. So ist der Bus ohne uns gefahren und neben uns stand der aufdringlichste Taxifahrer überhaupt. Geschubst werden, bis er endlich ging. Das will schon was heißen. Weder Matthias noch ich sind extrem aggressiv. Frustriert und enttäuscht haben wir dann den Rückweg nach Peking angetreten. Für Heilig Abend war unsere Laune an der Mauer vergangen.
Der Nachmittag in Peking war trotzdem sehr schön und wir haben uns nicht die Laune verderben lassen. Die kleinen Gassen der Hutongs wurden ausgiebig erkundet. Die Hutongs sind die Gegend ringsum der Verbotenen Stadt. Dort fühlt man sich wie in einem kleinen Dorf mitten auf dem Land. Auf keinen Fall aber wie in einer 11,8 Millionen Stadt. Die hochgeladenen Bilder werdet ihr sofort erkennen. Es sind alle die, die nach Dorf aussehen. Im Hostel haben wir den Abend und den Anfang der Nacht mit Bier und netten Menschen verbracht. Eine Weihnachtsstimmung kann an diesem Tag nicht auf. Unvergesslich wird dieser 24. Dezember allerdings bleiben.
Am ersten Weihnachtsfeiertag haben wir es - kaum zu glauben - sogar auf die Große Mauer geschafft. Wieder hat der Tag mit 包子 gestartet und ohne große Probleme haben wir an diesem Tag die Mauer erreicht. Allerdings haben wir uns für den touristischen und wenig authentischen Abschnitt entschieden. Dafür war es aber kein Problem dort hin zu kommen. Wir sind einfach zur U-Bahn gelaufen. Jetzt wussten wir ja auch wie man zum Eingang kommt, von dort zur Bushaltestelle gefahren und dann in den Bus ein- und an der Mauer ausgestiegen. Unglaublich einfach im Vergleich zum Vortag. Trotz Nikolausmützen kam auch an dieses Mal keine weihnachtliche Stimmung auf. Schön war es trotzdem. Wegen des vielen Smogs konnte man leider nur wenig des umliegenden Gebirges sehen aber alleine das Gefühl auf der Großen Mauer zu laufen war cool. Noch besser wurde es als Sebastian und ich auf der Mauer unser Weihnachts-Skype-Gespräch hatten. (: Wir hatten auf der Mauer eine wirklich schöne Zeit und konnten es ohne Touristenströme genießen. Trotzdem möchte ich gern noch einmal an einen anderen Ort der Mauer. Der Badaling Abschnitt wurde nicht authentisch und restauriert. Durch Souvenirläden und schreiende Verkäufer muss man, um zum Eingang der Mauer zu kommen und auf der Mauer drängen sich am Eingang die meisten Menschen. Nach ein paar Metern waren wir fast alleine. Es wirkte fast so als ob viele nur für „ein Foto“ dort sind. Die Besonderheit von einem UNESCO Weltkulturerbe, das vor so langer Zeit gebaut wurde, um eine Nation zu beschützen, konnte man nicht spüren. Zum Glück habe ich noch ein paar Tage in China. ;) Am ersten Weihnachtsfeiertag ging das Kulturprogramm noch weiter. Neben der Mauer haben wir in Peking noch den Lama-Tempel besucht. Die Anlage ist riesig und genau das richtig für Menschen, die gern mit einem Tempelbesuch alles abhacken möchten. So haben wir diverse Buddas, Gebetsmühlen, Glocken, Drachen, Mönche und betende Menschen mit Räucherstäbchen gesehen. Beeindruckend war es alle Mal einen solchen Tempel zu sehen und ähnlich wie in Kirchen war auch dort eine besondere Stimmung. Vielleicht kann man sie spirituell nennen. Um das genauer zu sagen müsste ich mich auf religiöse Dinge mehr einlassen können.
Man glaubt es kaum aber der erste Weihnachtsfeiertag wurde wirklich noch besser. Unser Weihnachtsessen war Hot Pot und das Restaurant dazu unglaublich. Nie hatte ich so einen guten Service wie dort. Sogar einen Zopfgummi habe ich für meine Haare bekommen. Hot Pot ist ein bisschen mit unserem Fondue vergleichbar. In der Mitte des Tisches sind verschiedene Sude. Dazu werden die unterschiedlichsten Beilagen bestellt, um sie darin zu kochen. Zudem erstellt sich jede Person an einer Soßenbar eigene Dips. Ein super leckeres Essen und zusammen mit dem Service und dem Preis unschlagbar. Sollte definitiv jeder probieren, der in China ist! Aus dem Restaurant sind wir direkt in eine kleine Kneipe mit Livemusik. Dort haben wir den Abend gemütlich mit Bier und Cocktails ausklingen lassen. Für mich persönlich war die Bar eines der Highlights von Peking. China hat keine Unterhaltungskultur, die mit unserer vergleichbar ist. Kneipen und Clubs mit Musik, zum Treffen, Sitzen und Reden gibt es eher wenig. So etwas zu finden und dann auch noch mit guter Livemusik war für mich ähnlich wie das Midi-Festival im Herbst.
Am Montag, dem zweiten Weihnachtsfeiertag, war für uns noch ein halber Tag übrig. Diesen wollten wir für die Verbotene Stadt nutzen. Den Tiananmen Platz, Mao am Eingang zur Stadt und den Eingangsbereich haben wir noch gesehen. In das Herzstück der Anlage kamen wir leider nicht. Die Verbotene Stadt ist montags immer geschlossen. Auf die Idee, dass eine der Hauptsehenswürdigkeiten des Landes, an einem Tag geschlossen sein könnte, sind wir nicht gekommen. Um das Beste draus zu machen haben sind wir ein bisschen durch den zugänglichen Bereich gewandert und uns entschlossen noch einen Abschiedskaffee in Peking zu trinken bevor es zurück zum Flughafen ging. Der Kaffee war vielleicht die schlechteste Idee auf dem gesamten Trip. Wir haben 400 RMB dafür gezahlt. Das sind umgerechnet über 60€. Das will ich jetzt aber nicht erklären. Es war so eine kuriose Situation und wer es genauer wissen mag, muss Matthias oder mich selbst noch einmal drauf ansprechen. Zudem wir es den Bericht wahrscheinlich verdoppeln. Trotz des super teuren Kaffees haben wir Peking sehr zufrieden verlassen. Es war keine Weihnachten aber auf jeden Fall war es cool und definitiv ein unvergessliches „weihnachtsähnliches Ding“.