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Aus dem Paradies vertrieben.

已发表: 28.10.2017

Irgendwie hatte ich es schon lange vor meinem Abschied nach Brixen geahnt: Die Rückkehr nach Köln würde mir nicht leicht fallen. Warum? Weil ich in Südtirol mit die schönste, unbeschwerteste, entspannteste und  glücklichste Zeit meines Lebens hatte. Weil mir meine Heimatstadt, weil mir Deutschland im Allgemeinen wenig bis gar nicht gefehlt haben. Weil ich mich dort, inmitten der Berge, der Täler, der Menschen sehr schnell heimisch gefühlt habe. Und auch deswegen, weil dort nicht nur die Liebesgeschichte zu einem besonderten Ort,  sondern auch  (und das habe ich meinen Lesern bisher konsequent verschwiegen) zu einem besonderen Menschen begann. Nein, ich werde nicht näher darauf eingehen, denn dieses nicht unwichtige Detail bleibt mein persönlicher, geheimer Schatz. Es soll vielmehr begreiflich machen, warum der Sommer in den Alpen für mich nahezu perfekt war. Nun bin ich seit einem Monat zurück in Köln und fühle mich, als hätte man einem Fisch seinen Lebensraum entzogen - irgendwie aus dem Wasser gerissen. Die Stadt ist mir vertraut, ich kenne sie schon mein Leben lang. Gleichzeitig habe  ich den Eindruck, hier irgendwie falsch zu sein -  so als würde ich nicht mehr dazugehören. Alles geht seinen gewohnten Lauf - ich dagegen bin  wie ein kleines Puzzleteil, bei dem eine Ecke abgebrochen ist und das deswegen nicht mehr ins große Ganze passt.

 Wieso fällt es mir so schwer, zum gewohnten Leben zurückzufinden?  Es ist doch alles fast wie immer: Mein heißgeliebter Karneval steht kurz bevor - der 1.FC. Köln dagegen mal wieder kurz vor dem Abstieg in die zweite Liga.  Die Metzgerei ein paar Häuser weiter hat umgebaut - eine Veränderung, die zu verkraften ist. Die Straßenbahn rattert in gnadenloser Lautstärke immer noch alle 5 Minuten an meinem Fenster vorbei.  Beim Bäcker um die Ecke kann ich mir endlich wieder mein deutsches Brot kaufen, aber irgendwie schmeckt es nicht mehr. Wieso benutzt man hier bloß keinen Kümmel? Zwei Straßen hat ein neues Restaurant aufgemacht. Es sieht nett aus, aber ist nicht wirklich revolutionär für das Viertel, in dem ich lebe: Hippe, coole und alternative Leute sitzen drinnen, lachen, quatschen. Ich schaue von draußen durch die Scheibe und denke daran, dass mir die Brixner Weingalerie fehlt. Was habe ich bloß?

Meine Mutter sagte mir damals oft (nach Heraklit): "Man kann nicht zweimal in den selben Fluss steigen". Weil der Strom in der Zwischenzeit weiter geflossen ist. Und weil man selbst sich verändert hat. Die Zeit in Südtirol war für mich paradiesisch, häufig sprach ich mit meinen Verwandten am Telefon nur vom "gelobten Land". Jetzt bin ich nicht mehr dort, auch wenn ich, anders als Adam und Eva, vielleicht nicht  daraus vertrieben worden bin. Trotzdem, den Apfel vom Baum der Erkenntnis habe ich in jedem Fall gegessen: Der Begriff "Zu Hause" ist relativ, das weiß ich jetzt. Und Köln ist es für mich nicht mehr. Zu allem Überfluss, so als  hätten sich die Jahreszeiten und meine derzeitige Stimmung irgendwie synchronisiert, erinnert mich die morgendliche Dunkelheit daran, dass es bis zum Winter nicht mehr lange ist. Keine gute Basis, um sich wieder einzugewöhnen. In diesen Monaten ist die Stadt noch grauer, noch anonymer. Alle funktionieren. Alle arbeiten. Zuverlässig, viel, diszipliniert. Aber ohne Muße.  Sehr deutsch.  Wo bleibt da die Portion italienische Gelassenheit, die auch in Südtirol so deutlich zu spüren war? Als ich bei der Arbeit auf der Messe mitgeteilt bekomme, wir dürften bei 9 Stunden Arbeit sogar eine Pause von 2mal 15 Minuten machen (welch großes Privileg!), kann ich es nicht fassen. Sind denn hier alle wahnsinnig geworden? Wehmütig denke ich an die Zeit zurück, wo ich ohne jede Hetze im "Grünen Baum" zu Mittag aß. 

Während meiner Zeit in Brixen entgegneten viele Einheimische meinen Lobgesängen auf ihre Heimat mit einem einfachen "Dann musst du zurückkommen". Das ich das gerne möchte, weiß ich mittlerweile. Wie, wann und auf welche Weise, wird sich allerdings noch zeigen.

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