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Tag 5: Baccus nimmt die Zügel in die Hand

פֿאַרעפֿנטלעכט: 10.07.2018

Dieser Tag soll wie der letzte sein - ist er aber nicht. Vorwiegend machen wir heute mit der namibinesischen Straßenkultur Bekanntschaft. Dies heißt für Mietwagenfahrer wie uns neben unendlich langen Straßen, die ins Nichts zu führen vermögen vor allem eines, Krieg gegen das Satellitenüberwachungssystem. Robbert - dessen Charakter und Willensstärke offensichtlich seiner Statur gleichen - unterwirft sich baldigst der technischen Spionageeinrichtung. Ich hingegen beschließe zu kämpfen und zettle einen Streit an den ich nicht gewinnen werde. Am Höhepunkt des Selben beläuft sich das Biepen pro Stunde auf 50 Mal und dauert jeweils 5 Sekunden. Nach verbalem und physischen Ausdruck der Frustration meiner Mitfahrer beschließe ich mich zu ergeben, was dazu führt, dass ich das Biepen nur mehr 30 Mal pro Stunde verursache - leider unabsichtlich. Nur das Wechselspiel von Biepen und dem Erblicken von Wildtieren am Straßenrand (Giraffen, Vogelstrauß, Springböcke) lässt mich die ansonsten unglaublich eintönige und daher einschläfernde Fahrt überstehen.

Nach einiger Zeit bleiben wir zur Rast in einer - von mir in einem vorhergehendem Beitrag schon erwähnten - Stadt stehen. Diese hat mit Glücksspiel erstaunlicherweise so wenig zu tun wie Löwen mit Zirbenschnaps. So befinden wir uns nicht in einer Pokerstadt, sondern in einer von einem Holländer gegründeten, keine vier Gebäude umfassenden, Siedlung. Trotzdem entdecke ich einige Parallelen zu meiner ursprünglichen Darstellung. So befinden wir uns an einem Ort an dem die Sünde groß geschrieben wird. Zwar nicht in Form von Würfeln und Karten dafür aber durch Zimtschnecken und Apfelkuchen - was für eine Bäckerei, und das mitten in der Wüste. Nach einem Tank an einer Station, die nur noch passender wäre, wenn der Sprit direkt aus einem Kaktus kommen würde, machen wir uns weiter auf in Richtung Walvis Bay.

Dort angekommen beziehen wir - routiniert wie wir nunmal schon sind, in windeseile unser Zelt und machen uns auf den Weg, weitere Tagesplanungen zu gestalten. Das dafür nötige, campeigene Wifi hat leider, ebenso wie so einiges andere in der Umgebung, dem starken Wind der Vortage Tribut zollen müssen. So erwarten wir, in dieser durchaus kultiviert wirkenden, reichen Industriestadt, welche nur am Stadtrand nach selbiger riecht, schnell ein Strandcafe mit Internetempfang zu entdecken. Die Strandpromenade allerdings stellt sich als überbevölkerte, nicht aber touristisch genutzte Zone heraus. Neben wenigen, meist wohl deutschen, Siedlern, welche in kleinen - fast schlumpfartig anmutenden Häusern leben, sind es vor allem die Unmengen an Flamingos und toten Quallen, welche die Gegend für sich in Anspruch nehmen.

Als wir (die Damen) schon der Erschöpfung nahe sind, entpuppt sich eine hölzerne, wie ein gestrandetes Piratenschiff aussehende, Erhöhung in der Ferne als ein schwimmendes Internetcafe. Ach ja, auch kulinarisches Gut ist hier erwerbbar. Dies vernachlässige ich zunächst einmal, muss ich doch drei ausstehende Blogbeiträge hochladen - eine Verlässlichkeit und Regelmäßigkeit ist mir in diesem Kontext sehr wichtig, weshalb ich die Befriedigung der Gelüste meiner zehn bis zwölf Leser meinem leibliches Wohl vorziehe.

Als sich aber herausstellt, dass ein Bier, im sonst nicht ganz preisgünstigen Namibia eher bei drei Euro angesiedelt, hier nur einen Euro kostet, ergibt sich der weitere Tagesverlauf von selbst. Nur Gudi lebt enthaltsam, was das Schicksal - oder sollte man gar sagen der römische Gott des Weines Bacchus hat hier das sagen - nicht zulassen wollen. Nicht nur ich übergieße sie mit 70 Cent bzw. Prozent meines Bieres, auch Tessa kann nicht widerstehen und leert ihren alkoholhaltigen Traubensaft über der, nun wie eine SCcnapsdrossel duftenden, Gudi.

Wenige Euros später hat sich Tessa so sehr mit dem Kellner, den ich, ob seiner Körpermasse und natürlich nur in unseren elitären Kreis, Jumbo getauft habe, angefreundet, dass er uns kaum mehr ziehen lassen will. Nur widerwillig ruft er uns ein Taxi. Wer hätte gedacht, dass ich in Afrika ein Solches nicht aufgrund von Gefahr oder extrem ausgedehnten Distanzen, sondern nur wegen Faulheit besteige. Zum Abschied wird die zierliche Tessa noch von dem Koloss von einem Afrikaner in die Arme geschossen. Ich blicke derweil etwas verdutzt zu Robbert und erwarte insgeheim eine Reaktion, doch ist dem, von Wachstumshormonen weniger begünstigten, Holländer wohl klar, dem Kerl bestenfalls gegen das Schienbein treten zu können - was er sinnvollerweise unterlässt.

Im Taxi beginnt der - durch die Umarmung noch immer etwas zerknitterte beziehungsweise zerdrückte Lockenkopf, wieder normale Gestalt anzunehmen. Kurze Zeit später liegen wir in einem, ausnahmsweise nicht durch äußere Winde gefährdeten, Schlafgemach. Da ich ziemlich viel fettiges Essen zu mir genommen habe, gestaltet sich die Nacht dennoch als eher verblasen. Es windet gewaltig - diesmal aber nicht außerhalb unseres Schlafgemachs. 

ענטפער