Ku kandziyisiwile: 27.01.2018
21.01.
18. Tag
Um 18.30 gehe ich zur Einweisung für den Inka Trail zum Office von Alpaka Expeditions. Wir sind 16 Leute aus der ganzen Welt:
Die hübsche Jenni aus Finnland
Der warmherzige, unglaubliche liebe Germán aus Argentinien
Die beiden lustigen Jungs Eugene und An Rui aus Singapur
Die 60jährige Barbara aus Kanada
Der schmale, aber immer viel essende ChiYeung aus HongKong
Der schlaue und anführende Bas aus Holland
Seine wunderbare, herzliche Freundin Stephanie aus England
Das etwas zurückhaltende Paar Sici und Tsong, sowie die leicht herrische, aber liebevolle ältere Hong aus China
Die smarte und sehr single seiende Emma aus den USA
Ihre süße, natürliche Freundin Jaiden aus Kanada
Die ruhige JeanNe aus Korea
Der bodenständige Namit aus Indien
Und ich so aus Deutschland.
Eine soo bunte Truppe und wir haben noch keine Ahnung, wie das alles zusammenpassen wird.
Die beiden Guides Lizandro und Filio erzählen uns ein bisschen was über den Ablauf des Treks. Klingt alles jetzt schon sehr anstrengend, aber ich hab es ja so gewollt...
Wir bekommen einfache Regenponchos und Duffelbags. Taschen, in die wir die Sachen packen, die wir nur für die Nacht brauchen und nicht tagsüber. Wir haben jeder unseren eigenen Rucksack für die täglichen Sachen. Die Duffelbags werden von den Porters getragen.
Zurück packe ich meine Sachen. Eigentlich wollten Max und ich heute noch was Essen gehen, aber er katert noch von gestern, also fällt das ins Wasser. Ich gehe leider trotzdem viel zu spät schlafen.
22.01.
19. Tag
Ich bin in alarmbereitschaft, weil ich Schiss habe zu verpennen. Mein Wecker steht auf 3.45 Uhr. Um halb 2 klopft es an der Tür. Ich schrecke aus dem Schlaf auf und springe nur in Unterhose, sonst nackt, aus dem Bett, weil ich denke, ich hab echt verpennt. Da steh ich so im Zimmer und es ist nur die Hostel-Uschi, die ein junges Paar eincheckt und denen ihre Betten zeigt. Die gucken mich leicht verstört an. Peinlich berührt krieche ich wieder unter die Decke...
Nach meinem Weckerklingeln packe ich meine restlichen Sachen zusammen. Ich bin doch wieder spät dran. In dem Moment, wo ich meinen Rucksack nach draußen bugsiere, klingelt es schon draußen und die Alpaka Crew steht vor der Tür. Es hieß, irgendwann zwischen 4.10 und 4.45 holen die mich ab. Es ist 4.10. Kann ich ja nicht wissen. Ich checke noch schnell aus, lasse meinen großen Rucksack und meine Ukulele im Gepäckraum aufbewahren und los geht es mit meinem Rucksack und dem Duffelbag.
Wir steigen in den Bus. Ich bin die erste. Wir sammeln noch die weiteren Leute ein und dann versuchen wir noch etwas im Bus zu pennen. Ich sitze neben der finnischen Jenni, aber wir sprechen nicht viel. Zu müde.
Nach 2,5 Stunden sind wir beim Kilometer 82 bei Ollantaytambo, dem Ausgangspunkt des Hikings. Es regnet nun schon in Strömen. Es hieß, dass es nun in der Hauptregenzeit hier wahrscheinlich jeden Tag durchweg regnen wird. Super. Aber ich schaff das! Nun gibt es auch kein Zurück mehr. Unter ein paar offenen Dächern wird ein langer, wackeliger Tisch und Plastikhocker aufgestellt und es gibt Frühstück. Omelett, Früchte, Brot, Marmelade, alles Mögliche und super lecker... besser als in den Hostels auf jeden Fall.
Wir bekommen unsere Trekkingstöcke und dann geht es los. Mit den wunderhübschen neongrünen Regenponchos sehen wir schon wie eine eigenartige außerirdische Truppe aus.
Wir sind sehr früh dran, so dass wir die einzigen sind. 500 Leute (inklusive Porter und Guides) werden pro Tag auf den Trail gelassen. Ich habe befürchtet, dass wir ständig in einem riesigen Wust aus Leuten herumstapfen, aber nein, so ist es gar nicht. Von den anderen sehen wir überhaupt gar nichts.
Es geht durch die Passkontrolle, alles problemlos. Dann geht es erstmalig bergauf und ich denke mir schon nach 10 Minuten in dem Regenguss nach oben stapfend: Wieso mache ich das noch gleich? Noch dazu kommt, dass ich mir ne ordentliche Erkältung zugezogen habe und ein bisschen fiebere. Egal. Muss ich nu durch. Ich unterhalte mich viel mit Germán aus Argentinien, ein sehr netter, entspannter Mann, den man einfach gern haben muss.
Das Wandern ist anstrengend. Es heißt, heute ist der „flat day“, wo es nicht so viel nach oben und unten geht. Wenn das nicht viel nach oben und unten ist, was passiert dann die nächsten Tage bitte?
Mir tut jetzt schon alles weh. Auf dem ersten Stück sind noch minikleine Dörfer in den Bergen... also immer so drei Hütten. Immer wieder kommen uns Bewohner entgegen, die ihre Esel bepackt die Wege hoch und runter scheuchen.
An einem Kaktus bleiben wir stehen. Lizandro zupft ein paar Parasiten von den Blättern.
Sie haben ein weißes Pulver um sich herum. Er sagt, dass diese winzigen Parasiten für die Färbung von Kleidung und auch Körperbemalung benutzt werden und er nun einen opfern wird. Er zerquetscht das Miniding und extrem viel rote Farbe – wohl kein Blut – befindet sich auf seiner Handfläche. Je nachdem, ob man das nun mit Zitronensaft oder Salz oder ähnlichem mischt, gibt es ganz unterschiedliche Farben. Wir werden ein bisschen bemalt mit der pulverigen Parasitenfarbe.
Beim ersten Stop nach 2 Stunden haben wir die Möglichkeit, bei den Highlandern auf Toilette zu gehen. Ein kleiner Junge bekommt dafür jeweils 1 Sol. Die Toiletten hier sind Löcher im Boden, so wie man es auch aus Asien kennt. Dann wird ein bisschen Wasser aus einem Eimer drüber gekippt.
So krass der Weg bis jetzt auch schon ist, die Ausblicke sind wunderbar in die Berge und auf den großen Fluß Urubamba, wo sich in der Ferne die PeruRail, der Zug, wie im Märchen durch die Landschaft schlängelt.
Alles ist grün und saftig, da wir ja in der Regenzeit sind. Langsam hört es aber tatsächlich auf zu regnen und es klart auf. Wir ziehen unsere Regenhosen, Ponchos und Jacken aus. Es ist echt warm nun, wo es eben noch so arschkalt war. Ich halbiere meine Trekkingpants sogar. Sommer. Es geht weiter steil bergauf bis zur Inka-Stätte Papallacta, alte Ruinen der Inka, und hier machen wir kurz Halt, setzen uns auf den Boden und lassen Lizandro ein bisschen aus der Geschichte erzählen.
Es ist alles super interessant, aber ich muss zugeben, ich kann nicht komplett folgen, da sein Englisch doch sehr gebrochen ist. Nach jedem zweiten Wort hängt er ein „d“ an. „de peopled in de historyd lived hered for some hundred yearsd to build de traild and payd de taxesd to de governmentd like disd.“ Ich konnte mich nicht wirklich konzentrieren... ich muss das alles nochmal nachlesen.
Immer wieder laufen unsere Porter an uns vorbei, tragen jeder bis zu 30 Kilo und sind so viel schneller als wir. Sie schleppen riesige Rucksäcke, nicht nur mit unseren Duffelbags, nein, auch die Zelte, die Tische, die Stühle, die Verpflegung, sogar mobile Toiletten. Alles. Einfach krass. Es ist unglaublich. Für uns 16 Leute gibt es ein Team von über 30 Leuten, die alles tun, damit wir eine gute Zeit haben... Die Jungs haben einen so wahnsinnig heftigen Job. Wasser wird immer aus den Quellen und den Flüssen geschöpft, gefiltert, abgekocht, wieder runtergekühlt und dann an uns verteilt. Nun geht es nach der Ruinenpause erstmal eine Stunde bergab, bevor es wieder 1,5 Stunden bergauf geht.
Regen, kein Regen, Regen, kein Regen. Kalt, heiß, kalt, heiß. Anziehen, ausziehen... Völlig fertig kommen wir beim Lunch an. Die Porter sind schon da und haben alles vorbereitet. Wir waschen uns mit dem für uns in kleinen Wännchen bereitgestelltem Wasser, bevor wir uns an den wieder aufgestellten Tisch setzen.
Was der Koch hier aus dem Nichts mitten in der Pampa zaubert, ist einfach unglaublich. Erstmal ein Chicken-Taco mit Guacamole, dann Nudelsuppe und als Hauptgericht Forelle, die so fein und zart ist wie Lachsfilet, auch so schmeckt mit Reis, Gemüse und Quinoa.
Wir merken schon, dass unsere Gruppe eine großartige ist. Wir verstehen uns alle super. Keiner ist außen vor, obwohl alle so unterschiedlich und auch im Alter zwischen 20 und 60 sind. Wir benutzen noch die kleinen, extra für uns aufgestellten Klozelte. Hohe, schmale Zelte mit je einer mobilen Toilette drin, wo man sogar ein bisschen Wasser pumpen kann. Ansonsten ist das wie ein Plumsklo. Es gibt sogar einen eigenen Toilettenmann auf dem Trail für uns, der sich nur darum kümmert. Es gibt ein Zelt für Jungs und eins für Mädchen. Das für Mädchen hat immer einen Streifen Plastiküll am Gestell, damit wird das auch erkennen.
Dann geht es weiter bergauf. Ich schnack nun viel mit Jenni und Stephanie. Nach 1,5 Stunden lassen uns die Guides alleine weiterlatschen, sagen, lauft so schnell oder langsam ihr wollt, Treffpunkt ist eine kleine Brücke. Es gibt nur einen Weg. Wir laufen recht schnell, Bas, Stephanies Freund hiked sehr viel und hat eine unglaubliche Power. Es ist schwer, mitzuhalten, aber ich habe halt noch keine Ahnung davon und irgendwann komme ich völlig erschöpft und einige Zeit vor den anderen aus der Gruppe an der Brücke an.
Als alle da sind, gehen wir die letzte Viertelstunde halbwegs zusammen weiter, bis wir das Camp um 16.30 Uhr erreichen. Wir fallen uns in die Arme. Sind voll im Arsch. Aber was für ein Erfolgsgefühl. Wir suchen uns unsere Zelte. Ich bin ganz unten auf dem kleinen Wiesenstück.
Wieder haben die Porter bereits alles vorbereitet, die einfach mal so wahnsinnig schnell sind. Wir werden ermahnt, alles in die Zelte zu schaffen, auch die Schuhe, da hier im Cloudforest eine extreme Feuchtigkeit herrscht und ansonsten auch die wilden Hunde alles weg schleppen, was lose rumliegt.
Nun machen wir eine kleine Vorstellungsrunde zwischen den Porters und uns. Jeder einzelne stellt sich vor und erzählt kurz von sich. Lizandro übersetzt alles, denn die Porter kommen alle aus den Highlands, sprechen Quechua, nur einige von ihnen sprechen auch etwas Spanisch. Bis vor einigen Jahren war die Sprache offiziell noch verboten, heute wird sie in den Schulen unterrichtet. Die Porter sind die direkten Nachfahren der Inka und da sie eben von klein auf hier in den Bergen leben, sind sie es gewohnt, mit viel Gewicht die heftigen Wege entlang zu rasen. Es ist einfach irre, was die schaffen, ich kann es nicht oft genug sagen... ich habe den größten Respekt vor deren Leistung. Und immer haben sie ein Lächeln für uns und wenn wir das Camp erreichen, bekommt jeder von uns einen Wahnsinnsapplaus von ihnen, als hätten WIR etwas geleistet.
Es gibt heiße Schokolade, Kaffee und Tee im Esszelt, dazu Popcorn und Cracker. Bas hat eine Flasche Rum mitgebracht und schenkt jedem einen Schluck ein. Es wird viel geredet und gelacht, aber wir sind auch alle sehr kaputt. Wir sind zwar „nur“ 14 km gehiked, aber eben hoch und runter und im Regen und auf bröckeligen und rutschigen Wegen. Lizandro erzählt etwas über den Ablauf des morgigen Tages, dann gibt es auch schon direkt Abendessen. Wiedermal ein unglaublicher Hammer.
Wir sind auch ganz aus der Zivilisation raus. Kein Empfang, gar nichts. Wie befreiend das nach dem ersten „Oha“ ist...
Jeder erzählt seine Highlights und Lowlights des Tages, um 20 Uhr fallen wir alle tot in unsere Zelte. Ich bin nach 30 Sekunden eingeschlafen und penne wie ein Stein.
23.01.
20. Tag
Morgens um 4.30 Uhr werden wir geweckt. Die Porter kommen rum und bringen uns heißen Coca-Tee ins Zelt. Dann haben wir 30 Minuten, um all unsere Sachen zu packen und uns frisch zu machen.
Um 5 Uhr ist Frühstück. Quinoa Porridge, Pancakes, Obst, etc.
Dann latschen wir auch direkt wieder los. Heute ist der heftigste Tag. 16 km. Davon 3,5 Stunden steil bergauf, 1,5 Stunden steil bergab, 1,5 Std. noch steiler bergauf und nochmal 2 Std. bergab. Plus kurzen Pausen und Mittag.
Ich hab schon nach gestern einen gefühlten Knackarsch wie selten... das wird geil. Ich weiß das. Der Aufstieg ist knackig. Es regnet in Strömen, und meine Trekking Hose ist durch nass, weil ich die Regenhose nicht übergezogen habe. Wofür hat man die auch sonst?
Die ursprünglichen Steinstufen der Inka sind unebenmäßig, teilweise locker und zum Teil sehr hoch. Aber ich steige mit Germán auf und er erinnert mich immer wieder daran, mir Zeit zu lassen und lieber ein bisschen zu genießen. Und irgendwann raff ich das. Ja, ich fange sogar an, richtig Freude daran zu finden, immer wieder wegzurutschen, fast abzustürzen, in die Wolken zu schauen, die zum Großteil bereits unter mir sind, die Pflanzen zu realisieren und sogar den Regen zu genießen.
Endlich sind wir oben auf dem 4.200 m hohen Dead Woman’s Pass. Die Luft ist dünn. Drei weitere Leute sind oben, eine Frau heult vor Erschöpfung und weil sie kaum noch Luft bekommt. Kann ich nachvollziehen. Man will atmen, aber die Lungen füllen sich einfach nicht. Egal, ich hab Spaß. Und genieße. Und hab es geschafft. Der höchste Pass des ganzen Trails. Yehmon. Ich habe Feuer gemacht!! UGA UGA.
Der Himmel klart langsam auf, die Sonne kommt durch und man hat diesen wunderschönen Blick über die Berge. Ich dachte immer, ich bin ein Wasserkind und Berge können mir nichts, aber scheiße nochmal!! Ist das schön!!! Zum Heulen schön. Habe auch schon Pipi inne Augen, aber gutes Pipi. Nicht so wie die andere Uschi da.
Wir machen uns langsam an den Abstieg. Namit, der Inder gesellt sich zu uns und hauptsächlich schweigend geht es Stufe für Stufe hinunter.
Ich danke der Welt für die Walking Sticks, ohne die meine Knie wahrscheinlich auch irgendwann schlapp gemacht hätten, während die Porter mit ihrem Hammergepäck an uns die Stufen runterrasen... alter. Ist nass. Und glibschig. Aber keiner fällt.
Die Ausblicke werden immer schöner. Während der Aufstieg sehr vernebelt und teilweise sogar etwas friedhofsmäßiges an sich hatte, erstrahlt diese Seite des Passes voller buntem Leben. Boah, schreib ich schwul. Egal. Ist halt so. Bunte Blumen, saftiges Grün und Schmetterlinge um mich herum und die Wasserfälle, die nach dem heftigen Regen die monströsen Berge runterstürzen. Wow. Hab ich nur leider nicht so viele Bilder von gemacht.
Unten im Tal kommen wir gegen 11 Uhr zum Mittag an. Das Zelt steht, wir warten aber noch auf die Nachzügler, bevor wir uns waschen und wieder ein Hammermahl bekommen. Ich kann einfach nicht aufhören, zu staunen. Wir lachen und freuen uns, dass wir diesen schwierigen Teil überwunden haben, wonach und Lizandro klar macht, dass der nächste Aufstieg zwar kürzer und nur 4000m hoch, dafür aber um so steiler ist. Jubel... egal. Wir schaffen alles. Jean, die Koreanerin kommt erst um 12.45, als wir schon fertig sind, aber Filio kümmert sich um sie, darum machen wir uns direkt wieder auf den Weg.
Nun sind es Germán und CheYeung aus HongKong, mit denen ich gemeinsam kraxele bis zur nächsten Inka-Stätte, an der wir wieder Halt machen und ein bisschen Geschichte hören, z.B. darüber, dass die Inka keine Vergangenheit, das Jetzt und die Zukunft haben, sondern dass alle diese Zeiten parallel laufen und sie natürlich ganz hinter der Reinkarnation standen. Um sich Nachrichten zu hinterlassen (sie haben nicht geschrieben), haben sie Seile gebunden und in unabhängigen Abständen Knoten gemacht. Ein Streifen mit Knoten war quasi ein Wort oder ein Satz. Die genaue Übersetzung ist jedoch nicht bekannt.
Es geht weiter bergauf bis auf den zweiten Pass. Hier sind sogar einige kleine Seen, doch es ist bedeckt, so dass sie nicht so schön strahlen, wie sie könnten. Es fängt immer wieder an zu regnen, allerdings haben wir richtig viel Glück mit dem Wetter, weil wir verhältnismäßig sehr viele sonnige Trockenzeiten haben.
Der Weg bergab ist erst wieder unheimlich steil, so dass es eher klettern ist und er führt direkt am Abgrund entlang. Natürlich gibt es keine Sicherheitsvorkehrungen und wenn ein Porter vorbeikommt, muss man sich schon ganz schön an den Berg quetschen, um nicht hops zu gehen.
Wenn hier etwas passiert, müsste man den restlichen Inkatrail getragen werden. Oder Helikopter oder so. Freiwillige konnten sich noch das größere Inkadorf eine halbe Stunde vor dem Camp anschauen, dazu musste man allerdings nochmal 10 Minuten extra steil bergauf klettern. Aber was soll’s, das schafft man nun auch noch.
Dann, nach 11 Stunden um 17 Uhr sind wir endlich im Camp. Es laufen Lamas durch die Gegend und mein Zelt hat einen Wahnsinns-Ausblick über die Berglandschaft.
Dann gibt es Heißgetränke im Zelt, die Beleuchtung ist irgendso eine Netzblase, durch die Gas geschickt wird, dann brennt das Netz und wird kleiner und plötzlich ist es hell. Ich habe noch nicht verstanden, wie genau das funktioniert. Auf jeden Fall hat sich CheYeung an dem Ding beim Aufstehen schön die Haare verbrutzelt.
Wieder fällt auf, was für eine großartige Truppe wir sind. Jeder hilft jedem, ist für jeden da. Ich kann es mir nicht besser vorstellen und bin soo dankbar dafür. Wir sitzen bestimmt zwei Stunden und haben einfach eine gute Zeit nach diesem unheimlich anstrengenden Tag, bevor das Essen kommt. Leider kann ich heute gar nichts schmecken, da Kopf, Nase und Hirn dicht sind. Wir besprechen den nächsten Tag und Lizandro erzählt Schauermärchen von toten Geistern, die hier rumschwirren und die Frauen an den Beinen aus den Zelten zerren. Darum sollen wir Ohropax benutzen. Dann geht es ins Bett. Ich lese noch zwei Minuten „Ostfriesenschwur“, bevor ich wieder schlapp einpenne. Heute Nacht wird es etwas kälter, so um die 4 Grad, aber der Schlafsack ist super warm.
24.01.
21. Tag
Was für ein Tag. Der wird super!! Ich habe so eine unglaubliche Power, nachdem Filio mit einem lauten Kikerikii und einer Tasse Coca-Tee um 5 Uhr in der Zelteingangstür stand.
Meine Nase ist noch dicht, aber der Rest ist merklich besser. Joooo. Heute soll der Easy-Day sein. Nur noch ein bisschen auf und ab. Nur 10 km. Nur bis zum Lunch. Easypeasy. Ich laufe rum und singe in die Gegend und stecke die anderen an, die lauthals mitsingen.
Leider habe ich den morgendlichen Coca-Tee erstmal schön über meine Jogging-Schuhe geschüttet, die kann ich für den Rest des Trips vergessen, die werden nie wieder trocken.
Barbara aus Kanada wird 60 heute. Wir umarmen sie alle und zum Frühstück gibt es erstmal ein Happy Birthday. Sie wünscht sich gutes Wetter. Sie hat noch keine Ahnung, wie sehr ihr Wunsch heute wahr wird. Der Nebel lichtet sich jetzt schon und ermöglicht einen Hammerblick in die Täler.
So. Quellwasser auffüllen, Snack grabschen und los. Beschwingt geht es auf die Piste. Heute sogar richtig spät, erst um 6.20 Uhr machen wir uns auf den Weg.
Aber wir haben ja keinen Stress. Eigentlich sollen es heute nur 1,5 Stunden aufwärts sein und dann 3,5 Stunden abwärts.
Allerdings lassen wir uns bei den einzelnen Inka-Stätten so viel Zeit und quatschen so viel über die Geschichte und machen Fotos von unserer Gruppe, wo immer es geht, dass wir aus den 5 Stunden direkt mal 7 machen.
Wir beobachten große Spinnen und Schmetterlinge.
Wir sind mitten im Cloudforest. Um uns herum mit Moos bewachsene, kuschelige Bäume, Lianen und Bambus. Alles dschungelmäßig dicht bewachsen um den steinigen Inka-Pfad.
Dann erreichen wir unser letztes Camp.
Hier campen alle Leute, die den Inka-Trail zur selben Zeit gestartet sind, aber auch jetzt bekommen wir kaum etwas von ihnen mit, da das Gebiet sehr weitläufig ist und jede Agentur ihren eigenen Bereich hat. Es gibt kalte Duschen erstmalig... aber ich nutze sie nicht. Ich glaube, ich stinke nicht. Oder ich hab halt immernoch ne dichte Nase. Ich wasch mich lieber mit dem warmen Wasser, das uns wieder gegeben wird. Nach dem Lunch (hab ich schon gesagt, dass es der Hammer ist?)
machen wir noch einen kurzen Hike zu einer großen Inkastätte. Hier machen wir wieder ein paar Fotos, hören Geschichten über die Inka-Könige und die Spanier, die sie belehren wollten und zu Katholiken machen wollten, der König konnte aber mit der Bibel nichts anfangen, warf sie weg. Anfang des Krieges.
Wir bekommen jeder ein wunderschönes, neongrünes „I survived 45 km Inca Trail to Machu Picchu-Shirt“ (ich zieh es nicht an, schlechtes Karma, hab es ja noch gar nicht survived...). Zurück im Camp erzählt Lizandro uns ein paar lustige Geschichten über Gruppen oder Trekkings, die er erlebt hat. Dann haben wir ein bisschen freie Zeit. Ich geh ins Zelt. Ich fühl mich stoned. Ich seh nur Steine überall. Ich will nicht schlafen, penne aber doch ein, bis ich eine aufgeregte Hong schreien höre: „Rambo, Rambo, Rambo“. Was sie damit meint, was mir klar wird, als sich mehrere Stimmen dazu gesellen, ist „Rainbow, Rainbow, Rainbow“. Das Geschreie geht so lange, bis ich aufstehe, aus dem Zelt gucke, mich zu ihnen nach oben umdrehe und im Halbschlaf frage: „ok..., where ist the fucking rainbow?“ Wir freuen uns alle und machen Regenbogenfotos, auch wenn ich den besten Teil schon verpasst habe.
Dann machen wir noch eine kurze Goodbye Runde mit den Porters, weil wir am Morgen dazu keine Zeit haben werden. Wer will, richtet noch ein paar dankbare Worte an sie, die Lizandro übersetzt. Wir haben auch noch einiges an Geld gesammelt, was wir den Porters und den Köchen überreichen.
Dann werden nun schon Sachen für morgen gepackt und es geht wieder inne Heia um 21 Uhr.
25.01.
22. Tag
3 Uhr. Kein Scheiß. Ich bin allerdings schon um viertel nach 2 wach, da mein Zeltnachbar ordentlich sägt. Darum bin ich schon fertig angezogen und typisch deutsch als erste pünktlich bereit, um um kurz nach die 5 Minuten mit den anderen bis zum Kontrollpunkt zu wandern, um dort dann 2,5 Stunden zu sitzen, bis dieser aufmacht.
Ja. Das war bewusst und so gewollt. Hinter uns stehen nun nämlich hunderte andere Hiker, die auch los wollen. Wir werden schon gewarnt, dass es wie ein Race ist, die zwei morgendlichen Stunden Hike bis zum Sungate, da keiner am überlaufenen Aussichtspunkt sein will. Allerdings müssen die meisten Hiker 2 Stunden stehen vor dem Punkt. Da wir die zweite Gruppe ganz vorne sind, können wir unter aufgestellten Überdachungen auf Bänken sitzen und noch etwas in der Dunkelheit dösen. Unsere genialen Porter und Filio bringen uns Tee und Kaffee. Um 5 werden wir ermahnt, nochmal zu pieschen, falls wir müssen, da es keinen Halt auf dem 2-Stunden-Hike gibt. Um 5.20 werden wir erneut ermahnt, unsere vielen Schichten Klamotten auszuziehen, auch wenn wir nun frieren. Wenn wir laufen wird uns schnell warm und wir haben keine Zeit, auf dem Weg anzuhalten und uns auszuziehen. Was für ein Stress am morgen. Um 5.25 stehen alle dicht gedrängt am Gatter, das um 5.30 auf geht Wir werden einzeln durchgelassen, aber dann geht es auch echt los. Wir rennen zwar nicht, marschieren aber extrem schnell. Die Ausblicke werden kaum wahrgenommen, man achtet nur auf die Steine unter einem, damit man nicht abrutscht.
Zum Schluss geht es noch die extrem steilen „Gringo Killer Stairs“ hoch. Hier muss man auf jeden Fall klettern. Statt der angedachten 2 Stunden sind wir nach knapp 1 Stunde bereits am Sungate. Schwitzend und triefend, aber glücklich. Und der Ausblick auf den Machu Picchu ist einfach... nicht da. Alles weiß bedeckt im Nebel und in den Wolken. Man sieht rein gar nichts.
Aber wir wussten, dass diese Möglichkeit besteht und es tut unserer überschwänglichen Laune keinen Abbruch. Wir singen Spice Girls und andere bescheuerte Sachen und freuen uns über unser Leben.
Nach einer Stunde Wartezeit bis der Rest unserer Truppe da ist und der Blick sich kein Stück gebessert hat, beginnen wir den 45minütigen Abstieg direkt zum Machu Picchu. Mit Jaiden und Emma lachen wir uns nach unten. Die letzten Stufen mit einem lauthalsigem Gesinge „Weee are the chaampions, my friieeend“, was uns sehr skeptische Blicke der Tagesbesucher einbringt. Und dann sind wir da. Machu Picchu. Nun kann man die alte Inkastadt in voller Pracht sehen. Hammer!
Aber am hammerstestesten ist einfach das Gefühl. Jeder nimmt jeden in den Arm. Wir haben es geschafft. Dreckig und glücklich. Fotos über Fotos. In der Gruppe, alleine, mit T-Shirt, ohne T-Shirt.
Wir sind in Extase, albern rum wie Kleinkinder und gehen allen Besuchern, die gerade aus Cusco mit Zug und Bus für ein paar Stunden hier hoch gekarrt wurden, gehörig auf den Sack.
Nochmal. Wir haben es geschafft. Wie schön. Und wie traurig. Wir wollen nicht, dass es vorbei ist, haben aber auch gestern schon beschlossen, dass wir uns heute Abend noch in Cusco zur Lama-Party treffen werden, um ein bisschen zusammen zu feiern. Müde? Keine Chance.
Nun treten wir in die alten Ruinen ein, Lizandro führt uns herum und erzählt uns unheimlich viel zwei Stunden lang.
Es ist voll mit Touris. War aber auch nicht anders zu erwarten. Sind wir ja auch irgendwie. Aber irgendwie fühlen wir uns verbundener mit dem ganzen Kram. Als hätten wir es mehr verdient. Doof, klar... is aber so :).
Einige haben den Aufstieg zum Huyana Picchu noch mitgebucht, ein Berg, von dem man aus nochmal einen wunderbaren Ausblick auf Machu Picchu haben soll. Ich hatte das nicht im Vorfeld gebucht und nun geht es auch nicht mehr, aber es stört mich nicht. Ich habe kein Problem damit, nun etwas zu relaxen und zu genießen.
Ich renne noch etwas durch die Straßen, um billige Schuhe zu holen, da meine Jogger immer noch durchgesifft sind und ich nicht in den Trekkingbombern ausgehen möchte. Ich finde ein paar medium schicke Dinger und bin zufrieden. Duschen. Mann, was für eine Wohltat! Wir treffen uns um 21 Uhr im Norton Irish Pub am Hauptplatz. 11 von 16 Leuten sind tatsächlich gekommen, plus die beiden Guides sogar auch.
Die anderen übernachten in Aguas Calientes oder fliegen morgens ganz früh weg. Wussten wir also. Aber der harte Kern ist da. Wir sitzen alle zusammen und essen und trinken, bevor wir um Mitternacht in den Club Mama Africa rüberwandern und in unserer Gruppe tanzen wie verrückt. Ich bin besonders beeindruckt von Germán, der um 3 Uhr morgens abgeholt werden soll zu Rainbow Mountain Tour, die echt heftig ist und er bleibt bis zum Schluss um halb 3. Respekt. Kein Schlaf nach sowieso so einem heftigen Tag und dann noch ein Hike auf 5000 Meter. Aber er hat ein Pferd.
Irgendwann bin ich auch ausgetanzt und liege um 3 im Bett.
26.01.
23. Tag
Off-Day. Um 8 wache ich auf und kann nicht mehr pennen. Doof eigentlich. Ich geh hoch zum Frühstück und schreibe stundenlang am Blog. Ansonsten mache ich nicht viel. Latsche durch die Geschäfte in Cusco, um ne Sonnenbrille zu suchen, finde aber keine, da Peruaner alle größere Köpfe haben als ich. Sind wahrscheinlich klüger. Ich will nur meine Augen verdecken. Nicht alles.
Postkarten kaufen. Muss sein. Das dauert dann auch nochmal. Eigentlich wollte ich mit Germán heut noch Essen gehen, aber ich sage das ab. Bin zu kaputt. Im Hostel ist heute Aussie Day, das letzte Jahr waren wir zu dem Zeitpunkt in Townsville in Australien, da lagen die Leute alle schon um 8 Uhr abends besoffen auf der Straße. Mal gucken, wie ruhig das heute hier wird. Auf jeden Fall gibt es viele verschiedene Burger, da schnapp ich mir halt einen und pack meine Sachen, bevor ich morgen Peru verlasse.
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