ที่ตีพิมพ์: 04.10.2019
Donnerstag, 03. Oktober
7:00 am. Heute Morgen im Hotel, reges Treiben. Außer Rebecca und mir nächtigen hier ausschließlich Tourist*innen, die vom Hotel organisierte Reisetouren in Anspruch nehmen, und sich dafür morgens hier in der Lobby versammeln. Ich sitze mittendrin mit meinem Laptop, lasse mich nicht stören, und sitze dann zwei Stunden später mit Rebecca am Frühstückstisch.
Unsere erste Station danach ist wieder mal der Markt. Wir haben heute Abend nach der Vorlesung ein kleines Gathering mit unserem Kurs, zu dem jede/r etwas zu essen beitragen soll. Da wir zur Zeit ohne Küche noch nichts kochen können, wollen wir etwas vom Markt besorgen. Und wir werden fündig: bei einem Süßigkeitenstand entdecke ich Halawet el Jibn, meine arabische Lieblingssüßigkeit. Übersetzt bedeutet es so viel wie "süßer Käse", was es ziemlich genau trifft: es besteht aus einem Grießteig, der mit einer Mozzarella-Masse gefüllt ist, und mit Pistazienkernen verziert wird. Zum Schluss gießt man einen Sirup aus Rosenblüten darüber. Mhhh. Wir besorgen ein ganzes Kilo und bleiben auf unserem Rückweg dann an einem Stand hängen, der kleine Teigfladen verkauft, die wie Pancakes aussehen. Mein arabisch reicht aus, um die Frau neben mir zu fragen, was das ist, allerdings nicht mehr, um ihre Antwort zu verstehen. Ich finde später heraus, dass es sich um Qatayef handelt. Man füllt es mit Nüssen und einer süßen Creme und serviert es üblicherweise während dem Ramadan. Es gibt wirklich jeden Tag etwas Neues aus der arabischen Küche zu entdecken.
Wieder zurück beschließe ich, heute auf dem kleinen Platz vor dem Hotel zu arbeiten. Ich setze mich also mit meinem Laptop auf eine der Bänke, stöpsele meine Kopfhörer ein und schalte arabische Musik an. Auf den Bänken um mich herum, Männer, die Kaffee trinken, Frauen, die Musik hören, ein Pärchen, das Fotos von sich macht. Es weht ein angenehmer, warmer Wind. Ich liebe diesen Ort einfach.
Nach etwa einer halben Stunde spricht mich ein älterer Mann aus dem Sitzkreis hinter mir an. Er spricht gebrochenes Englisch, was jedoch nicht wirklich zu einer Kommunikation ausreicht. Ich setze mich zu ihm und zwei anderen Männern in den Kreis und versuche, ihm mit ein paar Brocken arabisch und Gestikulieren zu erklären, was ich hier mache, als sich ein weiterer Mann dazugesellt und Übersetzungshilfe anbietet. Er heißt Mohammad, hat Englisch-Arabische Übersetzung studiert und ist sehr freundlich und hilfsbereit. Ich spaziere mit ihm eine kleine Runde zum Römischen Theater und wieder zurück und lasse mir von ihm ein wenig über das Leben in Amman erzählen – er ist hier geboren und aufgewachsen.
Wir kommen unter anderem auf das Thema Schulstreik. Wir haben in den letzten Tagen schon von verschiedenen Leuten gehört, dass die Lehrer*innen in Jordanien gerade für bessere Löhne streiken. Im ganzen Land können die Kinder zur Zeit also nicht zur Schule gehen. Und das seit vier Wochen. Wahrscheinlich ist das auch der Grund, dass sich jeden Tag gefühlt überdurchschnittlich viele Kinder in Ammans Straßen aufhalten. Mohammad kann wenig Verständnis dafür aufbringen, dass die Lehrkräfte den Schulausfall der Kinder billigend in Kauf nehmen und ihnen damit den Zugang zu Bildung verwehren. Auch wenn ich einen so langen Schulausfall auf keinen Fall gutheißen will, denke ich mir, dass die Lehrer*innen hier sehr verzweifelt und frustriert sein müssen, dass es so weit kommen musste. Vor allem, wenn man bedenkt, dass Streiks und Demonstrationen in Jordanien eine absolute Ausnahme sind. 400 Dinar verdienen Lehrkräfte hier in etwa. Dass das in Jordaniens Hauptstadt, in der nicht gerade niedrige Lebenshaltungskosten herrschen, nicht ausreicht, liegt auf der Hand.
In unserer heutigen Vorlesung geht es lediglich um die Field Internships, die wir machen müssen. Sophia hat sich noch einmal mit Tarabot in Verbindung gesetzt und unser Praktikum dort fix gemacht - vielleicht können wir sogar nächste Woche schon starten. Wir versammeln uns nach der Vorlesung bei Hummus, Zaatar-Sandwiches, Oliven, Tortilla, Nudelsalat und Halawet el Jibn auf der Terrasse der GJU und verbringen bei Sonnenuntergang einen gemütlichen Abend mit unserem Kurs. Als sich wenige Stunden später alle nach und nach verabschieden, planen einige, noch auf den Second Hand Market zu gehen, der hier in Amman jeden Donnerstag- und Freitagabend stattfindet. Rebecca und ich schließen uns dieser Idee an und machen uns nach einem Zwischenstopp in unserem Hotel zu Fuß auf den 2,5km-Weg zum Markt.
Als wir nach einer halben Stunde ein riesiges Zelt auf der anderen Seite der Hauptstraße entdecken, an dessen Eingang sich schon eine Menschentraube tummelt, wissen wir, dass wir angekommen sind. Wir haben schon gehört, dass der Markt sehr groß ist, und das können wir jetzt mit eigenen Augen bestätigen: er ist wirklich riesig, und man findet dort alles:.Klamotten jeglicher Art in Hülle und Fülle, Schuhe, Taschen, Schmuck, Parfum, Spielzeug, Elektrogeräte, Haushaltswaren – einfach alles. Sowohl neue, als auch gebrauchte Produkte. Die Verkäufer übertönen sich gegenseitig mit dem Rufen ihrer Preise. Zwischendrin, immer wieder kleine Imbissstände, an denen gewürzter Mais verkauft wird. Man muss bei den tausend Eindrücken, die hier auf Augen, Ohren und Nase einprasseln aufpassen, dass man keine Reizüberflutung bekommt, und wir machen am anderen Ende des Zeltes am Ausgang eine kleine Pause, bevor wir uns durch einen anderen Gang den Weg zurückbahnen.
Auf einmal steht Omar vor uns, der freundliche Mitarbeiter unseres Hotels, der mir morgens immer meinen Kaffee bringt. Zusammen mit seinen zwei kleinen Töchtern, mit denen er jetzt um die Wette strahlt. Sie sind bildhübsch, und offensichtlich so von uns fasziniert, dass sie nicht die Augen von uns lassen können. Omar freut sich sehr, uns zu sehen, und sagt etwas in einem Arabisch-Englisch-Mix zu uns, was wir nicht direkt verstehen, bis wir dann merken, dass es eine Einladung ist. Zu seinem Haus, das hier wohl nur eine Minute entfernt ist. Rebecca und ich sind überrascht und unsicher, lächeln verlegen und wissen nicht so recht was wir sagen sollen. Wir erklären ihm schließlich, dass wir zu müde sind, und lieber ins Hotel zurückgehen. „No problem“, sagt Omar lächelnd. Wir sind uns nicht sicher, ob er darüber enttäuscht ist, oder ob die Einladung am Ende doch nur aus Höflichkeit ausgesprochen hat. Zwei Dinge sind allerdings klar.
1. Jordanier*innen (zumindest die, die wir bisher getroffen haben), sind unheimlich herzlich und nett.
2. Die Welt ist ein Dorf.
Die Vokabeln:
Berg- جبل
Pionier- رائد
Befreiung- تحرير
noch- بعد
wann- متى