Langsam nehmen wir Fahrt auf

Нашр шудааст: 04.05.2023

Wir fuhren also nun in unserem neuen Reisegefährten nachhause, zum Glück gab es nicht allzu weit von unserer Wohnung kostenfreie Parkplätze, solche sind im touristischen Queenstown beinah so rar wieLangzeitwohnraum. Wir arbeiteten enthusiastisch weiter, Matze beendete seinen Job dann am Ende der Woche, um sich dem Innenraum des Autos zu widmen. Zunächst verlegte er wichtige elektrische Leitungen, dann kamen Glaswollinsulierung und Holzwände rein. Da wir nun eine neue Mitarbeiterin im Housekeeping hatten, konnte ich auch an 1,2 Vormittagen mithelfen. Jessie kam ursprünglich ausMalaysian, wohnte aber inzwischen zusammen mit ihrem Ehemann in Boston. Sie hatte deutlich mehr Reiselust als er, umso cooler fand ich, dass sie sich allein nach Neuseeland getraut hatte. Ihr Plan war, zunächst 3 Monate zu arbeiten, dann 1 Monat mit ihren Mann die Südinsel zu bereisen und gemeinsam zurück nach Boston zu fliegen. Am Anfang wusste sie nicht, ob sie in Queenstown bleiben konnte und wollte – wegen der Wohnungssituation- doch dann fühlte sie sich im Hostel überraschend wohl. Die eher angenehmere und meist entspannte Arbeitsatmosphäre beim Zimmerputzen gefiel ihr auch und ich freute mich, nach der etwas angespannten Situation mit Victoria freute ich mich, eine so nette Mitarbeiterin zu haben. Alleindie Sprachverständigung lief schon viel besser. Köchin Amanda kam nach knapp 2 Monaten Urlaub zurück aus Argentinien und damit musste Samantha nur noch in Ausnahmesituationen in dieFrühstücksküche, was sich auf jeden Fall positiv auf ihre Stimmung auswirkte. Martin, der bis dahin an einigen Tagen gekocht hatte, verabschiedete sich am 25.2.,für ihn und mich wurde eine Abschiedsparty veranstaltet. Sie fand im schicken Penthouse in dem Appartmentkomplex am See statt, wir verbrachten die meiste Zeit auf der Terrasse, wo Paul am Grill stand und viele Leckereien auftischte. Jessie mussteleider im ihrem Zweitjob beim koreanischen Restaurant sein, aber ich hatte sehr gute Gespräche mit Gaston und Amanda. Paula, ebenso wie Olivia und ihre 2 Töchter, war auch aufgetaucht und es wurden herrliche Anekdoten zum Besten gegeben. Während ich mich in Erinnerung an die Weihnachtsfeier bzw das böse Aufwachen am nächsten Morgen bewusst mäßigte, griffen Andere ordentlich nach der Negronikaraffe, die Paul großzügigzusammengemischt hatte. Später kam Matze dann auch noch nach seiner Schicht vorbei, als bereits einige Leute gegangen waren, veranstalteten wir noch eine spontane Technoparty imgeräumigen Wohnzimmer. Zwischendurch wechselte Gaston dann zu lateinamerikanischen Klängen und ich habe selten das Gefühl gehabt, mich so schlecht bewegen zu können. Gaston und Amanda wollten dann noch zu einer argentinischen Party in der Stadt, Matze und ich waren aber echt k.o und hatten mit Arbeit und dem Auto alle Hände voll zu tun. Dementsprechend frisch war ich am nächsten Tag im Gegensatz zu den Beiden, trotzdem fühlte ich einen Hauch von Reue, ich wurde langsam zu einer Couchpotato. Wobei es durchaus nett war, gemeinsam mit unseren Mitbewohnern "Married at first sight" zu gucken (Sie hatten damit angefangen!!) Jessie zog ein paar Tage später in Amandas WG Zimmer, was ihr etwas mehr Ruhe und einen netten Seeblick einbrachte. Matze hatte festgestellt, dass das Auto ein kleines Leck hatte, deshalb hatten wir einen Termin bei den “Worldcars” Mechanikern ausgemacht. Leider leckte das Gebrauchtersatzteil, was sie zuerst einbauten, daher bekamen wirdas Auto nochmal für zwei Tage zurück, bis das Neuteil von der Nordinsel ankam. Wir durften dann das Auto auf den letzten Drücker reinbringen, am Freitag als wir auszogen. Es war ein echt voller Tag für uns, Matze hatte den ganzen Vormittag unsere Sachen gepackt und die Wohnung geputzt. Ich kam mittags nachhause, nach einem rührenden Abschied von meinen Kollegen bei dem sowohl Gaston als auch mir ein Tränchen im Auge saß. Emilies Eltern kamen, als wir der Küche gerade den letzten Schliff gegeben hatten. Damit wir nicht doof rumstanden, fuhr uns Rob erstmal zu Jessie, das hatte ich mit ihr schon so abgeklärt, es war unwahrscheinlich dass das Auto schon mittags fertig werden würde. Wir ruhten uns ein wenig aus, dann machte sich Matze auf dem Weg zum Mechaniker und ich wollte nochmal die Katzen und Andrea besuchen. Ich hatte bereits ausgiebig mit allen Kätzchen gekuschelt und gespielt- seit meinem letzten Besuch waren schon wieder 5 unerwünschte oder verwilderte Tiere dazugekommen- als endlich Matze anrief. Voller Elan ging ich ran, doch meine Euphorie legte sich abrupt: “Ich muss den Abschleppdienst anrufen”, hörte ich durchs Telefon. “Bitte?”, fragte ich, in der Hoffnung, es sei ein ganz dummer und geschmackloser Witz. Kein Witz... unsere Antriebsachse war einfach runtergefallen, eine halbe Stunde nachdem Matze das Auto abgeholt hatte. Er hatte gerade unsere Campingtoilette eingesammelt und war auf dem Weg zu Jessies Haus gewesen. Die Mechaniker hatten bereits geschlossen, also würde es vor Montag keine Möglichkeit geben, Hilfe zu bekommen. Verzweiflung überflutete mich, mit zitternden Händen strich ich durch Kerrys flauschiges schwarzes Fell. Sie guckte mich leicht irritiert an. Es half alles nichts, wir kamen nicht weg, netterweise hatten weder Jessie noch ihre kanadische Mitbewohnerin Chelsea ein Problem damit, dass wir ihr Wohnzimmer belagerten. Die auf den Sonnenuntergang hinter dem See blickende Aussicht durch die großen Panoramafenster trösteten uns ein wenig. Wir waren gerade am Kochen, als ein uns unbekannter Kerl in Matzes Alter in die Wohnung spazierte und etwas in die Mikrowelle stellte. Jessie hatte uns allerdings “vorgewarnt”, dass es öfters vorkam, dass die Leute aus der WG im Untergeschoss hochkamen, um Küchenutensilien zu nutzen. Der junge Mann kam aus Nepal und war sehr nett, wenige Minuten später kam ein zweiter hoch, noch netter und augeschlossener. Er hatte deutlich Mitgefühl für uns und brachte uns doch tatsächlich zum Lachen. Ich durfte am nächsten Tag wieder auf Arbeit kommen, Jessie hatte nur zu gern die Frühstücksserviceschicht an mich abgegeben, die Abende im Restaurant zogen sich am Wochenende gern mal bis nach 23 Uhr hin. Etwas Sinnvolles machen zu können, lenkte mich von depressivem Gedankengut ab, natürlich fragten alle auf Arbeit, was denn passiert sei. Matze radelte tapfer raus ins Industriegelände wohin man ihn abgeschleppt hatte und arbeitete weiter am Innenraum des Autos. Gleich am Montag wurde das es von den Mechnikern reingeholt. Am Dienstag musste ich den Tag frei nehmen, ob ich wollte oder nicht, Samantha wollte mich nicht mehr als 13 Tage am Stück arbeiten lassen. Naja, zumindest schlief ich so bis kurz nach 7 und konnte mit Matze kuscheln. Wir hatten uns ein recht nettes Bett aus unseren zwei Isomatten zusammengeschoben und die Queensize Bettdecke, die ich vor kurzem günstig gefunden hatte, war sehr warm und kuschelig. Das Wetter sah nicht gerade berauschend aus, aber da ich keine Ludt hatte, in Jessies Wohnzimmer sitzend den ganzen Tag auf mein Handy zu starren, buchte ich für uns eine Weintour ins Gibbston Valley. Die Brauereien, die es in der Ggeend gab, hatten zwar leider alle geschlossen, aber wir genossen die Weinverkostungen und die nette Atmosphäre der Weingüter, die wir besuchten. An der Kawarau Brücke, wo AJ Hackatt den ersten kommerziellen Bungeejump eröffnet hatte, sahen wir einigen verrückten Menschen dabei zu, wie sie sich mit zusammengebundenen Füßen von der Brücke stürzten. Irgendwann auf dem Weg zur Bushhaltestelle konntenwir es uns dann nicht mehr verkneifen und riefen “Worldcars” an, um zu fragen, was denn nun mit unserem Auto war. Nach zwei Tagen hatten wir ja wohl irgendeine Information diesbezüglich verdient?! Ja also, ein Teil der Antriebswelle würde feststecken, bekamen wir gesagt, man sei wohl auf der Suche nach gebrauchten, aber es sah auf der Südinsel eher schlecht aus. Wir müssten uns noch gedulden...Vielleicht hätten wir ja lieber nicht anrufen sollen. Abends trafen wir uns zum Bier- und Spieleabend mit James und Annie. Wir brachten Ihnen “Escape” bei, das wir zum ersten Mal mit unserer vietnamesischen Kollegin in Vietnam während unserer Freiwilligenarbeit gespielt hatten. Wahnsinn, wie lange das schon wieder her war!! Die nächsten Tage zogen sich zum Glück nicht ganz so schlimm in die Länge, wie ich gedacht hatte, am Donnerstag durften wir netterweise in eines der frei gewordenen Appartments des Queenstown Hauses am See umziehen. Jessies kanadische Mitbewohnerin zog zeitgleich aus und es kam der eigentliche Hauptmieter zurück, der auf einem Trip entlang der Westküste gewesen war. Es wurde also höchste Zeit, das wir auszogen, auch wenn wir uns erstaunlich willkommen und zuhause gefühlt hatten in demetwas in die Jahre gekommenen Haus, man konnte fühlen, dass es schon viele temporäre Bewohner beherbergt hatte. Es war natürlich aber sehr schön, nun wieder seine eigenen vier Wände zu haben. Mein Arbeitsweg war nach wie vor kurz und ich genoss es, mal nach der Arbeit am See entlang zu laufen und den Straßenmusikern zu lauschen. Am Samstag hatte Jessie Geburtstag und sie kam nach der Arbeit zu uns ins Appartment, Matze war extra nochmal bei Altitude vorbeigeradelt, um ein Paulaner Hefeweizen für sie zu kaufen. Außerdem schenkten wir ihr einen Massagegutschein für das Spa, wo ich vor kurzem eine Massage bekommen hatte. Am Montag trafen wir uns mit James zum Bowlen und freuten uns, dass wir außerdem gratis die Tischtennisplatte im Gebäude nutzen durften. Am nächsten Nachmittag saßen wir gerade etwas unmotiviert und trübsinnig auf dem Sofa, als ein unerwartet positives Ereignis geschah: Wir bekamen einen Anruf von “Worldcars”: Sie hatten die Antriebswelle mit etwas Gewalt gelöst, Matze konnte das Auto abholen. Ich unterdrückte zunächst mein Glücksgefühl, erst als Matze mit dem Auto vorfuhr konnte ich es so richtig zulassen. Den Rest des Abends bastelte Matze am Auto herum, am nächsten Morgen putzten wir alles, mittags zogen bereits wieder Gäste in das Appartment. Ich drängtedarauf, einen Teil des Routeburntracks zu laufen- eigentlich eine Mehrtageswanderung aber die Wettervorhersage für die nächsten zwei Tage sah ziemlich bescheiden aus. Wir fuhren etwas über eine Stunde, dann begannen wir die Tour zu den Routeburn Falls. Die Sonne schien, als wir uns vorm Loslaufen ein nettes Frühstück machten, unsere Stimmung war so gut wie seit Wochen nicht mehr. Auf der Wanderung sahen wir nicht nur einige neugierige Fächerschwanzvögel, sondern auch einen Robin, der ziemlich nah an uns heranhüpfte. Der Wald war dicht mit Flechten in allen möglichen Gelb-, Braun- und Grüntönen behangen, manche erinnerten uns durchaus an Lametta. Außerdem bekamen wir zwei Keas zu Gesicht, gefährdete alpine Papageien. Nachdem wirwieder am Auto angekommen waren, wurde es ziemlich bald dunkel, wir übernachteten nur wenige Kilometer entfernt auf einem offiziellen Nationalparkcampingplatz. Ich hatte uns einen neuseelandweiten Jahrespass für ebensolche gekauft. Das angesagte Mistwetter traf dann auch ein, wir machten trotzdem eine kleine Tour entlang der ehemaligen Holztransportroute einer Eisenbahn. Der Wald war menschenleerer als der am Vortag und das dichte Blätterdach um uns herum schützte uns vordem feinen Sprühregen. Zurück in Queenstown kamen wir erstmal für zwei Nächte in der Einfahrt von Katzenmama Andrea unter. Matze konnte am Auto herumbohren und ich half beim Füttern und dem Leeren der unentwegt vollen Katzenklos. Außerdem sortierte ich die Garage, Andrea hatte vor einiger Zeit Spenden für einen Garagenflohmarkt erhalten, bisher war dieser aber noch nicht geschehen, sie war nicht so gut mit fremden Menschen und hatte schon so kaum Zeit. Ich meldete mich als Freiwillige für diese Aktion, wenn wir auf dem Weg an die Westküste in ein paar Wochen nochmal vorbeikommen würden. Ich bestellte für uns alle an dem Abend von meinem ehemaligen Thairestaurant, wo ich natürlich einen guten Rabatt bekam. Danachspielten wir Karten mit Andrea und ihrer jüngsten Tochter, es war schön wie offen wir von der Familie aufgenommen wurden. Im Wohnzimmer lief die Klimaanlage im Heizmodus, was einen heftigen Kontrast zu den Außentemperaturen bildete, die sich nachts gerade an die 0 Grad Grenze heranschlichen. In freien Momenten las ich im Katzenkinderzimmer, Füße unter einer kuscheligen Decke und meist belagert von mindestens zwei schnurrenden kuscheligen Katzen. AmSonntag, dem 19.3. verabschiedete ich mich dann tatsächlich offiziell von meinen Kollegen im Queenstown House, mit Jessie, die den Tag frei hatte, gingen wir an einen idyllischen und recht abgelegenen Strand, den ich vor einiger Zeit im Alleingang entdeckt hatte. Es war gut, zu wissen, dass wir alle nochmal wiedersehen würde, außer meine knuffige Katze Kerry, dieeine grandiose Entwicklung gezeigt hatte und in wenigen Tagen ihr neues zuhause beziehen würde.. und sicherlich auch einige der kleinen Kätzchen.. das ist ja auch Andreas Ziel, sonst würde das Katzenhaus aus allen Nähten platzen. In Invercargill, was die größte Stadt im Südwestzipfel Neuseelands ist, verbrachten wir zweiNächte in einem netten kleinen Appartmentanbau eines älteren Paares. Matze hatte unbedingt erstmal nach Invercargill fahren wollen, bevor wir uns das Fjordland anschauten, weil es dort einen günstigen 12 Volt Kühlschrank für unser Auto gab. Er kam jedoch mit leeren Händen zurück: Der Kühlschrank hatte etwas mehr als die vom Verkäufer angegebenen 50 Liter Volumen und passte somit nicht unter unseren Waschbeckentisch. Abends machten wir noch einen Spaziergang durch die Stadt, die bemerkenswert ausgestorben wirkte, die erste Brauerei, die wir besuchen wollten, machte geradeschon Feierabend- es war halb 7. Wir beschlossen, weiter entlang der Hauptstraße mit einigen alten Ladenfronten im Jugendstil zu laufen, vielleicht gab es ja irgendwo ein nettes lokales Bier. Am nächsten Aushängeschild, das unsere Aufmerksamkeit erregte, sprach uns eine Kellnerin an, sie hätten gerade leider eine Privatveranstaltung. Als sie merkte, dass wir wirklich nur ein nettes Bier trinken wollten, geleitete sie uns jedoch zur Bar und wir stellten angenehm überrascht fest, dass wir an eine der drei Brauereien der Stadt geraten waren, die an dem Tag eigentlich generell geschlossen hatte. Wir durften im idyllischen kleinen Hinterhof sitzen, der von Backsteingebäuden eingerahmt und mit Lampiongirlanden behangen war. Dieser glückliche Zufall versüßteuns den Abend in Invercargill sehr und wir schliefen in unserem ruhigen und stockfinsteren Schlafzimmer so lang wie selten zuvor. An diesem Tag  bummelte ich durch einige Secondhandläden wo ich dies und das für unsere Küchenausstattung fand, Matze brauchte noch einige Elektrik- und Mechaniksachen. Außerdem schauten wir bei einer Wohnmobilwerkstatt vorbei, dessen Inhaber „Self contained“ Zertifikate ausstellen durfte. Dieses würde uns erlauben, an vielen Orten in Neuseeland kostenfrei zu campen. Bedingungen waren unter anderem einFrischwasserkannister, Abwasserkannister, Waschbecken, Campingtoilette und ein Mülleimer. Ehrlichgesagt, hatten wir die Toilette bisher in einem Fach im Hinterleib des Autos aufbewahrt, an das man gar nicht herankam, ohne vorher die Fahrräder abzubauen. Wir hatten jetzt nicht vor, sie dauerhaft neben der Spüle stehen zu haben, nur für den Fall der Fälle, so riesig ist das Auto ja auch nicht. Für die Inspektion hatten wir sie natürlich genau dahin gestellt. Die Inspektion ging schnell und unkompliziert, das Zertifikat selbst kostete 75$, was wesentlich günstiger war als vergleichbare Anbieter verlangten. Die einzige Hürde war, dass es per Post in frühstens einer Woche kommen würde. Da wir keine Ahnung hatten, wo wir dann waren, suchte ich die Adresse irgendeines Hostels in Dunedin raus, auf der Strecke dorthin gab es ohnehin ausreichen DOC/freie Camps. Schließlich verließen wir Invercargill Richtung Süden, wir waren gerade schon 2 Fahrtstunden entfernt in einer kleinen Küstenstadt, als Matze eineNachricht von unserem Airbnb Gastgeber bekam: Der Schlüssel sei nirgendwo aufzufinden. Matze griff tief in seine Tasche und förderte das verschwundene Objekt zutage. Ich fürchtete schon, dass wir nun direkt zurück mussten, zum Glück schien es nicht ganz so dringend zu sein und der Weg zurück von unserem Westabstecher führte uns praktisch an Invercargill vorbei. Abends lernte ich bei einem Strandspaziergang eine andere Deutsche kennen, die mit Mann und fünfjährigem Sohn unterwegs war. Wir verstanden uns auf Anhieb super und gemeinsam trotzten wir demsibirisch kalten Wind, bewunderten die sich ständig wandelnden und verfärbenden Regenwolken und redeten. Ihr Mann war genau wie Matze, eher an Autos als an bunten Steinen und Sonnenuntergängen interessiert und so ging sie auch öfters mal allein auf kleine Erkundungstouren. Und- wer hätte es gedacht- nur wenige Minuten nachdem sich unsere beiden Männer getroffen hatten, waren sie schon tief in hochkomplizierte Mechanikgespräche vertieft. Am nächsten Morgen machten wir eine kleine Strandwanderung, entlang an eindrucksvollen Sandsteinklippen. Wir erreichten schließlich den „Gemstone Beach“, der seinem Namen alle Ehre macht: Er ist übersäht von den buntesten Steinen und Kieseln, die wir jemals so gehäuft in der Natur zu Gesicht bekommen haben. Die Chancen, dort hübsche Halbedelsteine zu finden, sindunwahrscheinlich hoch und selbst mein sonst eher steinuninteressierter Matze konnte seinen Blick kaum abwenden. Dann teilten sich auf einmal die großen Wolkenberge und die Sonne schaute hervor. Nach nur wenigen Minuten hatten wir uns jeder aus zwei unserer Kleidungsschichten gepellt, die Wärme fühlte sich sagenhaft gut an. Zurück am Auto frühstückten wir, mein Magen machte jedoch regelrechte Purzelbäume und krampfte immer wieder, nach ein paar Bissen fühlte ich mich schon gar nicht mehr gut und legte mich hin. Den Rest des Tages kam ich partout nicht mehr auf die Beine, immer wieder litt ich unter schweren Krämpfen und hatte anscheinend auch etwas Fieber. Das war nicht nur schade, weil ich mich gern weiter mit der Familie unterhalten hätte, sondern auch, weil ich nicht mehr ganz so viel von dem netten Wetter hatte. Ich versuchte, ab und an etwas zu lesen, die meiste Zeit döste ich einfach nur vor mich hin, warf mir ab und zu Ingwertabletten gegen Übelkeit und Schmerzmittel gegen die Krämpfe ein. Matze kam dadurch immerhin dazu, mal „in Ruhe“ ein paar Sachen am Auto machen zu können. Ich machte mir Sorgen, weil wir am folgenden Morgen unsere Tour in Doubtful Sound hatten, die ich bei Bookme gebucht hatte, eine so kurzfristige Stornierung war nicht mehr möglich. Zum Glück verbesserte sich mein Zustand deutlich, sodass wir auf dem Weg nach Norden auch noch kurz an einer Kalksteinhoehle anhalten und eine kleine Erkundungstour machen konnten. Wir bestaunten einige Glühwürmchen in der Dunkelheit und es gab einige größere Tropfsteinformationen. Eigentlich konnte man an einem anderen Zugang heraus, als man hereingekommen war, der hintere Teil der sehr spannenden und außer uns menschenleeren Höhle stand allerdings durch den Regen der letzten Tage komplett unter Wasser, ohne Tauchgerät und Sauerstoffflasche hätten wir keine Chance gehabt. Das hieß, wir mussten die ganze rutschige Strecke wieder unterirdisch zurück, nun auch zunehmend unter Zeitdruck. Wir schafften es dann aber trotzdem zu unserem Boot, welches uns zunächst von Manapouri aus in den westlichen Seearm brachte, dann ging es mit dem Bus über eine Bergkette zum Doubtful Sound. Die Natur wirkte wild und trotz des vielen Grüns menschenfeindlich, wozu sicherlich die herumwabernden Nebelschleier beitrugen. Es gab hier “Black Beeches”, eine seltene Form der in Neuseeland beheimateten Birkenvariante. Diese Bäume waren wesentlich knorriger und höher als ihre Verwandten und sie bildeten die Inspiration für die Ents in “Herr der Ringe”. Auf dem Wasser teilte unsder Kapitän nach wenigen Minuten mit, dass es sich beim Doubtful Sound nicht um einen Sound handelte, sondern um einen Fjord. Ein Sound ist ein von Wasser geflutetes Tal oder Flachland, während ein Fjord durch Gletschermasse geformt wurde. Also hier, wo es aufgrund der Nähe zum Südpol so viele Gletscher gab, sind fast alle Buchten, die man auf der Karte sieht, von Eis ausgeschabt worden. Weil es draußen doch recht windig und frisch war, bewunderten wir die vorbeiziehende Szenerie die meiste Zeit durch die großen Panoramafenster des Bootes, ab und an gingen wir aber doch aufs Deck, vor allem wenn wir an majestätischen Wasserfällen vorbeiglitten, die von den hohen Steinklippen um ins herum hinabtosten. Obwohl der Himmel grau war, gab sich die tasmanische See viel friedlicher als gewöhnlich, sodass wir auch ein Stück raus fahren konnten. Auf zwei exponierten schroffen Felsen, die aus den Wellen ragten, tummelten sich zahlreiche Robben, darunter einige Babys. Auf dem Rückweg zum Anleger tauchten dann einige Delfine neben uns auf. Aufgrund ihrer in den letzten Jahren stark gesunkenen Population gibt es inzwischen strenge Regeln für Boote, vor allem motorisierte. Man darf nicht mit Absicht von der geplanten Route abweichen, nur um ihnen näherzukommen, es ist jedoch erlaubt, langsamer zu werden, wenn sie von selbst herankommen und die Fahrt kurz verzögern. Nach der Tour drehten wir noch eine kleine Runde entlang des Waiau Flusses, an einigen der kiesigen Strände und Fuhrten wurden Szenen aus “Herr der Ringe” gedreht. Wenn man sich das umliegende Bergpanorama ansieht, kann man sich gut vorstellen, warum sich Peter Jackson dieses Gebiet ausgesucht hat. Wir übernachteten auf dem Campingplatz in Ten Anau, vor allem, weil wir dringend eine Dusche nötig hatten, außerdem war es nett, abends mal woanders zu hocken als im Auto. Es gab eine große Küche mit angrenzendem Aufenthaltsraum, in dem man den wieder eingezogenen Regen eine Weile vergessen konnte. So sehr uns einige Mehrtageswandertouren in der Umgebung auch gereizt hätten, das miese Wetter hielt sich verbissen bis zum Mittag. Wir gingen eine Runde in Te Anau spazieren, dann fuhren wor wieder nach Invercargill. Wir lieferten den Airbnb Schlüssel ab und fuhren bis runter nach Bluff, woher der Großteil der Austern Neuseelands stammt. Die Foveaux Straße zwischen Stewart Island, der drittgrößten Insel Neuseelands und dem Festland, ist der Ort, wo sie geerntet werden. Auf einer der Inseln, die Titi Insel genannt wird, haben die Maori traditionell Sturmvögel gejagt und zur Haltbarmachung in aufgeblasenen getrockeneten Kelptaschen gelagert. Mit dem Einzug der Europäer begann die Wal- und Robbenjagd, die die die Maori im Austausch für Feuerwaffen und andere Exportgüter in ihren Gebieten duldeten. Im Süden Neuseelands kam es deshalb neben wenigen Überfällen und Kannibalismusaktionen zu einer überwiegend friendlichen Koexistenz zwischen europäischen Siedlern und den ansässigen Stämmen. Es gab viele Mischehen und die Schusswaffen aus dem Handelsgeschehen kamen im Kampf mit den nördlichen Stämmen, die ab und an kriegerische Vorstöße gen Süden wagten. Leider brachten die Europäer jedoch einige für die Maori extrem gefährliche Infektionskrankheiten mit sich.Matze und ich liefen trotz des windigen Wetters und bedrohlicher dicker Regenwolken eine Runde entlang der Küste um Bluff, das Meer strahlte in kalten Türkistönen und wogte unruhig, nicht unüblich für die Gegend. Bis zum Südpol ist es von hier aus näher als bis zum Äquator als zum Südpol, es liegt2500 Kilometer näher am Südpol als der südlichste Punkt Australiens! Das wird einem gar nicht so richtig bewusst, wenn man sich die Weltkarte ansieht... Als wir am nächsten Morgen aufwachten, hatte sich der Wind zum Glück gelegt und wir konnten ganz entspannt den nahgelegenen Schiffsfriedhof besuchen. Nicht alle der Schiffe sind in unmittelbarer Nähe gestrandet oder verunglückt, manchewurden auch von etwas weiter weg angeschleppt. Neben den Schiffsruinen in allen möglichen Verfallsstadien faszinierten uns vor allem die vielen verschiedenen Gesteinsarten und -schichten. Viele davon waren vulkanischen Ursprungs und man konnte Kristallbildung erkennen. Wir fuhren weiter Richtung Osten, in die Catlins. Dort liefen wir zum südlichsten Punkt des neuseeländischen Festlandes, selten ist mir das Atmen so schwer gefallen, der Wind blies uns fast durchgängig frontal ins Gesicht. In Curio Bay guckten wir uns einen versteinerten Wald an, der mit dem Zerfall von Gondwana vor etwa 170 Millionen Jahren von Asche und Schlamm vergraben worden war. Zu der Zeit hatte es extreme vulkanische Aktivitäten in der Region gegeben. Schwer vorzustellen, wenn man sie die sanft anmutenden dichten Berghänge und Täler im Hinterland heutzutage ansieht. Geblieben von dem gewaltsamen Geschehen sind zahlreiche versteckte Wasserfälle und viele Steilklippen, ähnlich wie auch an einigen Abschnitten der SüdküsteAustraliens. Eine Nacht verbrachten wir umgeben von kalttropischen Farngewächse neben Kevin und Adele, die wir am Tag zuvor kennengelernt hatten. Er kam aus Deutschland, sie aus Tschechien. Als es abend frisch wurde, saßen wir gemütlich zu viert auf unserem Bett, tranken Bier und spielten Wizzard. Die Beiden arbeiteten auf einer Kirschenplantage in Bendigo, nicht weit von Cromwell, sie hatten ein paar Tage frei. Sie gingen ähnlich gern wandern wie wir und reisten in wesentlich kleineren Autos mit weniger Bequemlichkeiten. Trotzdem unsere Black Betty innen noch längst nicht fertig war, fühlte es sich schon deutlich wärmer an, als draußen, man hatte Platz für Dinge und es war sehr praktisch, drinnen kochen zu können. Wenn uns zu fröstelig wurde, zündeten wir einfach mal kurz den Gaskocher an. In Papatowai übernachteten wir und gingen nachmittags in eine skurile Kunstgallerie, der Erschaffer hatte alle möglichen Apparate aus Treibholz, Muscheln, Müll und Altmetall gebaut. Viele der Werke brachten einen zum Schmunzeln, andere waren durchaus gesellschaftskritisch, akkustisch oder schier schön zum Ansehen, wie eine Modelleisenbahn, die einmal quer durch das Interieur des alten ausgebauten Bedford Trucks fuhr, der als Gallerieraum diente. Das Wetter zeigte sich weiterhin stürmisch, noch während unserer Wandertour in der Umgebung kam jedoch die Sonne raus. Während eines Besuchs in einer kleinen Gallerie im nächsten Or, unterhielt ich mich angeregt mit der älteren Künstlerin und sie erzählte mir von dem Ort, wo sie die Seelöwen gesehen hatte, die aufeinigen ihrer neuen Werke zu sehen waren. Wir folgten ihrer Wegbeschreibung und stellten begeistert fest, dass außer uns niemand an besagtem Strandabschnitt unterwegs war. Nach wenigen Meternkamen wir an einem großen dunklen Objekt vorbei, ich dachte zunächst es sei Treibgut, dann ein totes Tier. Dann jedoch räkelte sich der Haufen und ich sah, dass es sich um einen Seelöwen handelte. Nach kurzem Blickkontakt watschelte er in die Büsche zwischen ein paar Sanddünen. Wenige Meter weiter konnten wir dann zwei rangelnde Männchen sehen, wie ernst die Auseinandersetzung wirklich war, ließ sich schwer sagen. Schließlich trafen wir dann doch einen anderen Menschen: Den lokalen Ranger, der mit zwei verschiedenen Ortungsgeräten bewaffnet versuchte, alle mit Sendern ausgestatteten Tiere zu lokalisieren und ihren Gesundheitszustand zu ermitteln. Er wusste daher natürlich viel über die Seelöwen und konnte unsere Fragen beantworten. Er war sehr überrascht, Touristen an dem etwas von der Hauptstraße entfernten und nicht öffentlich angepriesenen Strand zu finden. Wir versicherten, dass wir keine Werbung mit dem Ort machen würden. Wir verstanden schon, dass weniger Menschen in der Regel besser für die meisten Tiere sind. Beschwingt von diesem besonderen Ereignis machten wir uns auf zum „Kaka Point“, einer kleinen Peninsula mit einem Leuchtturm. Vom Wegn aus konnten wir mit unserem Fernglas einige Robben beobachten, die Babys hörte man sogar schreien, ein herzzerreißendes Geräusch, dass mir sofort eine Gänsehaut verpasste. Diese Nacht verbrachten wir auf einem privaten Campingplatz, es war höchste Zeit, mal wieder zu duschen. Der Nachbarskater kam sogleich neugierig heranspaziert und wäre vielleicht auch mit in die Duschkabine gehüpft, wenn ich ihn gelassen hätte. Wir hielten uns bis spät am Abend noch in der angenehm warmen und mit einer kleinen Sofaecke ausgestatteten Küche auf. Als ich am nächsten Morgen bei etwa 5 Grad den Strand entlangjoggte, lief da doch tatsächlich ein splitternackter älterer Herr rum. Er rannte noch nicht einmal, sondern es sah nach einem ganz entspannten Strandspaziergang aus. Damit stellte er selbst den Opa mit Shorts und nackten Füßen in den Schatten, der letztens bei ekelhaft kaltem Regen ganz entspannt und in Gedanken vertieft neben der Gefriertruhe im Supermarkt stand. Verrückt, die Neuseeländer. Für uns ging es nun nach Dunedin, wo wir zu unserer großen Freude fast überall gratis im Van übernachten durften. Weil wir eine kleine Brauereitour geplant hatten, parkten wir unser Auto neben anderen freiwillig heimatlosen Menschen beim Bahnhof und liefen von da aus. Wir besuchten zuerst „Noisy Brewing“, wo sehr wenig los war, dafür hatten wir die Gelegenheit zu einem ausgedehnten Gespräch mit einem der Brauer. Ein gutmütig wirkender Kerl mit Rauschebart der eindeutig was von seinem Handwerk verstand. Die Nacht neben den Bahngleisen verlief ruhiger als erwartet, ich hörte weder die Tür der Dixietoiletten, die nicht weit von uns entfernt standen, noch irgendwelche Züge. Dafür wachte ich morgens recht zeitig vom Einsetzen des Lastkraftwagenverkehrs auf. Mit meiner Zahnbürste neben einem deutlich ungekämmt aussehenden Kerl stehend, der im zwischen den Toiletten platzierten Waschbecken einen Berg Geschirr bekämpfte, kam ich mir dann schon etwas komisch vor. Vor allem, als wenige Meter weiter weg ein schicker Sportwagen im reservierten Parkplatzbereich hielt und ein glattgebügelter Büromensch ausstieg. Als noch mehr freiwillig Heimatlose bewaffnet mit Geschirr und Zahnbürsten aus ihren Kleinwägen und Vans auftauchten, fühlte ich mich unerwartet zugehörig. Man nickte sich zu, als kenne man sich seit Tagen und als sei das alles hier ganz gewöhnlich. Am folgenden Tag besuchten wir die Otago Peninsula, das Wetter zeigte sich zwar nicht gerade von seiner nettesten Seite, wir beschlossen aber, uns davon nicht abschrecken zu lassen. Wir fuhren zu einem Aussichtspunkt, wo wir zum Glück noch ein paar Minuten die Umgebung bewundern konnten, bevor wir von dicken Regenschleiern eingehüllt wurden. Als es dann nur noch leicht nieselte, liefen wir runter in die Sandfly Bay, wegen des zum Teil sehr losen Sandes schlitterten wir regelrecht nach unten. Der gar nicht so kurze Aufstieg würde sicherlich kein Zuckerschlecken werden... Wir vergaßen diese Aussichten jedoch sofort, als wir unten am Strand zahlreiche Seelöwen sahen. Wir konnten die deutlich helleren und weniger massigen Weibchen erkennen, auch einige Jungtiere waren dabei. Außerdem gab es zwei richtig dicke Alphamännchen, die mit stolz erhobenen Köpfen ihre Stiernacken zur Schau stellten. Wir liefen noch ein paar Meter weiter den Strand entlang, immer die empfohlenen 10-15 Meter Mindestabstand im Kopf. Die großen Männchen schienen sich erstaunlicherweise am allerwenigsten für uns zu interessieren, ein etwas jüngeres Tier wälzte sich mitten im Weg im Sand herum, es erinnerte an einen spielenden Welpen. Verzückt fing ich dieses Verhalten mit meiner Kamera ein, doch plötzlich riss der Seelöwe sein gar nicht so niedliches Maul auf und setzte sich elanvoll in Bewegung- direkt auf uns zu. Wir traten den Rückzug an, unsicher ob das Tier nur verspielt oder ernsthaft ungehalten war. Diese Nacht verbrachten wir auf dem Parkplatz des Yachthafens, wo es deutlich ruhiger war als beim Bahnhof, außerdem gab es saubere Spültoiletten statt Dixieklos. Am nächsten Morgen lief ich rüber in die Stadt, wo ich durch einige Gebrauchtklamottenläden stöberte, eine Führung durch eine wunderschöne alte Villa aus dem 19. Jahrhundert mitmachte und mir einige der zahlreichen Grafittis anschaute. Später machten wir ein Picknick im Botanischen Garten und einen Spaziergang durch diesen bis zum alten Wasserversorgungsdam etwas oberhalb von Dunedin. Am Nachmittag gingen wir in den größten Gebrauchtbücherladen auf der Südinsel. Matze war speziell auf der Suche nach einem mechanischen Anleitungsbuch für unseren Fordautojahrgang. Den gab es leider nicht, ich stöberte aber mit Begeisterung durch einige kulturelle Bände über Neuseeland und kaufte schließlich auch einen. Mit Erik, dem Verkäufer, führten wir ein angeregtes Gespräch übers Reisen und Deutschland, seine Frau kam von dort. Wir verabredeten uns für den nächsten Tag auf ein Bier. Nach einer weiteren Nacht am Yachthafen bezogen wir unser einfaches aber gemütliches Airbnb in einem Stadtteil etwas oberhalb des Zentrums. Matze begann, weitere Bretter für zusätzliche Ablageflächen zu sägen, unsere Gastgeberin hatte ausdrücklich erklärt, dass sie etwas Handwerkslärm zur hellen Zeit des Tages absolut nicht störe. Wir guckten uns die erste Kirche Dunedins sowie das Stadtgeschichtsmuseum an. Dunedin wurde auch als das „Edinburgh des Südens“ bezeichnet, es wurde ursprünglich von schottischen Einwanderern geplant und besiedelt. Ein recht großer Teil der Innenstadt wurde durch Trockenlegung erst umsetzbar, ansonsten ging es überall nur bergauf und bergab, unpraktisch für den Lieferverkehr. Es gab mal die steilste Straßenbahnlinie südlich des Äquators, inzwischen übernehmen Busse diesen Dienst. Am nächsten Morgen verließen wir dann Dunedin, wir machten eine kleine Wanderung über ein nahegelegenes Hochland und übernachteten dann am Meer. Der nächste Tag brachte unerwartet sommerliche Temperaturen, sodass wir uns schließlich doch mal mit den Füßen ins Wasser wagten. Mit kurzen Klamotten erforschten wir einen Steilküstenabschnitt mit kleinen Sandsteinhöhlen, in denen sich die blauen Pinguine wohl gerade zur Mauser eingenistet hatten, wir krochen natürlich nicht in die Löcher, sondern guckten aus der Entfernung, sahen aber keine. Dafür fanden wir einen Felstunnel zum nächsten Strand, zum Glück hatten wir gerade Ebbe und konnten durch. Oamaru, wo wir als nächstes anhielten, faszinierte mit Gebäuden im viktorianischen Stil und vielen schrägen Künstlern und Kleidermachern. Passend zum Baustil lautete das Motto der Stadt „Steampunk“ und es gab sowohl ein Maschinenmuseum mit speziell geschaffenen Artefakten als auch den öffentlichen Spielplatz in diesem Stil. In den Läden und auch an den Ladenbesitzern sah man Rüschen, Samt und Leder, geschmackvoll und edel. Später besuchten wir eine Kneipe, welche sich komplett auf belgische Bierstile spezialisierte, es war das erste Mal, dass wir so etwas in Australien/Neuseeland erleben konnten. Wir waren uns beide einig, dass es ganz gut war, dass wir nicht hier wohnten, weil wir sonst sehr viel Geld in diesem Lokal lassen würden. Alle verkosteten Biere schmeckten gemein gut und dass sich das Lokal in einer alten Lagerhalle aus Stein mitTischen und Tresen in dunklen Holztönen befand, trug zum urigen Gefühl bei. Wir unterhielten uns mit zwei Franzosen am Nebentisch, die gerade auf einer Farm in der Nähe für Essen und Unterkunft arbeiteten. Lustiger Zufall, auch wir hatten uns vor ein paar Tagen ein gemeinsames Profil auf helpx erstellt und waren gerade auf der Suche. Allerdings hatte Matze vor, nebenbei auch ein paar Sachen am Auto zu werkeln und daher kam für uns nur Dunedin infrage. Eigentlich wären wir ja gern weiter nach Mt Cook gefahren und von da zurück nach Queenstown, doch das Auto machte immer besorgniserregendere Geräusche. Abgasleck konnten wir eigentlich ausschließen, deshalb war das Auto ja in Dunedin zur Reparatur gewesen. Matze vermutete ein Turboladerleck, kannte sich allerdings mit solchen nicht genug aus, um eine Diagnose stellen zu können. Er hoffte, bem Auseianderbauen einiger Komponenten sowie Ölwechsel mehr Aufschluss zu finden. Wir bekamen recht schnell eine Antwort auf unsere erste Nachricht auf helpx, ab dem Ostersamstag konnten wir einziehen. Auf dem Rückweg nach Dunedin hielten wir bei einer spektakulären Schlucht, ,dem „Trotter Gorge“, wo wir eine Wanderung machten. Zurück in Dunedin hielten wir in Port Chalmers und wollten uns im ältesten örtlichen Restaurant vor den Feiertagszuschlägen und Menschenmassen etwas leckeres zu essen gönnen. Leider wurde uns, nachdem wir uns endlich entschieden hatten, mitgeteilt, dass dasMittagsmenü nun vorbei sei und es bis zum Abendgeschäft nur Snacks gab- also Pommes und Salat. Ich bin ehrlich gesagt selten so sauer auf einen Restaurantmitarbeiter gewesen, ich hab ja nun auch einiges an Gastronomieerfahrung und Gästen 5 Minuten vor einer Fristende eine Speisekarte in die Hand zu drücken, ohne sie darüber aufzuklären, ist nun wirklich kein guter Service. Frustriert leerten wir unsere Biere- die schmeckten immerhin- und machten einen Spaziergang durch den Ort. Port Chalmers hatte einige charmante Ausblicke auf die Bucht um Dunedin und die Otago Peninsula auf dergegenberliegenden Seite zu bieten. Wir parkten unten am Yachthafen, wo es erlaubt war zu übernachten, das elektronisch gesteuerte Toilettenhaus verschloss sich leider ab 22 Uhr automatisch.Am nächsten Morgen machten wir uns gerade auf den Weg, als vorne links am Auto ein sehr unschönes grobes Schleifgeräusch zu hören war. Ich hatte gestern abend schon nach dem Drüberfahren über einige Bodenwellen ein komisches Geräusch gehört, Matze hatte sich das Rad aber kurz angeschaut und nichts ungewöhnliches entdeckt. Nun allerdings sah die Lage anders aus: Das Radlager hatte sich verabschiedet und wir konnten nicht mehr weiter. Wieder so ein Anschlag, den das Auto auf uns verübte, ohne die Vorankündigung mit den typischen Geräuschen, die man vor so einem Versagen normalerweise hört, und das am Karfreitag. Wir brauchten Abstand von unserem Gefährt und so packten wir einen Rucksack mit dem allernötigsten und trampten nach Dunedin. Dort gingen wir in St Clair am Meer spazieren und fanden schließlich ein nettes Lokal, wo wir brunchen gingen. Wir genossen die Sonne besonders ausgiebig, denn für die nächsten paar Tage war durchgehend Schlechtwetter vorhergesagt. Leider hörten wir von unserer potenziellen Gastgeberin über helpx nichts mehr und wussten daher nichts besseres, als und später wieder auf den Rückweg zum Auto zu machen. Wir wollten nochmal bei unserer Lieblingsbrauerei in der Innenstadt vorbeischauen, aber der nette uns bereits bekannte Brauer musste uns leider abweisen. Aufgrund irgendeiner alten Gesetzgebung durfte man am Karfreitag Alkohol nur in Begleitung einer vollständigen Mahlzeit konsumieren. Wir trösteten uns mit dem neuen John Wick Film im Kino und hatten sogar das große Glück, dann im Dunkeln am Stadtrand noch eine nette Dame zu finden, die uns bis nach Port Chalmers mitnahm- Busse fuhren am Karfreitag keine. Zum Glück konnten wir dann am nächsten Nachmittag vorübergehend bei Anita und Neil einziehen. Sie hatten ein paar Jobs im Haus für uns und ihr Garten brauchte eine Aufräumaktion. Neil gehörte ein lokales Wildtierbootsfahrunternehmen, in der Vergangenheit hatte er als Regisseur bei verschiedenen Tierdokumentationen mitgewirkt und war viel gereist. Anita arbeitete als Anwältin, sie war auch Veganerin und hatte für uns gleich mal gekocht. Sehr lecker, auch wenn wir beide definitiv mehr verzehrten, als sie vermutlich gedacht hatte. Das Haus war stilvoll und teuer ausgestattet und dekoriert, außerdem sah es absolut makellos aus. Ich hatte Bedenken, aus Versehen etwas kaputt zu machen oder mich bereits durchs Hinsetzen auf einer der verlockend aussehenden Sitzgelegenheiten Unordnung zu schaffen. Zum Glück stellten sich Neil und Anita nicht wirklich als übermäßig steif heraus, der Hauptgrund das alles so ordentlich aussah war, dass sie selten zuhause waren und eigentlich auch nie selbst kochten, außerdem kam einmal pro Woche eine Putzfrau. Während Matze mit Neil am nächsten Morgen mit in die Stadt kam, um ein neues Radlager zu besorgen, arbeitete ich dafür etwas mehr drinnen und als sich der Regen gelegt hatte, machten wir uns an den Garten. In den nächsten Tagen gelang es mir immer mehr, auch mal zu entspannen und den Ausblick auf die Bucht zu genießen, der sich durch die großen Panoramafenster im Wohnzimmer bot. Als das Wochenende anbrach, waren Neil und Anita abends weg, hatten jedoch ein Abendessen auswärts für uns organisiert. Neils Tochter managte eine Pizzabar in der Innenstadt, wir durften auf seine Kosten Pizza essen und Bier trinken. Die Pizzen schmeckten absolut grandios, auf der anschließenden Technoparty brauchten wir erstmal ein bisschen Verdauungszeit, bevor wir wieder bewegungsfreudig waren. Gegen 2 Uhr fuhren wir mitunseren Fahrrädern zu Neils und Anitas Haus zurück, zum Glück mussten wir dafür nur die Bucht entlangfahren und keinen Höhenunterschied bewältigen. Am nächsten Morgen schliefen wir eine ganze Weile länger als sonst, dann brunchten wir Alle gemeinsam. Nun war es Zeit, Abschied von unserem temporären Heim zu nehmen, Neil und Anita bedankten sich für unseren Einsatz und wünschten uns alles Gute. Wir winkten uns zum Abschied, statt uns zu umarmen, ich glaube die Beiden sie nicht so sehr körperliche Menschen und obwohl sie mit uns ganz gut aufgetaut sind, sind sie einfach wesentlich verhaltener als viele andere Menschen, denen wir begegnet sind. Unser Auto hatte am nächsten Morgen einen Durchsichttermin, wir wollten gern Gewissheit darüber, was es denn nun für dringende Probleme gab. Wir bakamen schließlich eine „Mängelliste“ und wurden an einen Auspuffexperten verwiesen, wir hatten noch immer ein Auspuffleck. Zum Glück bekamen wir gleich für den nächsten Tag einen Termin bei dem Experten, alle anderen Wehwehchen des Autos beeinträchtigten dessen Funktion nur geringfügig und stellten für uns keine unmittelbare Gefahr dar. Der Spezialist schaute sich unser Auto von unten mithilfe einer Hebebühne an und fragte irritiert, ob Matze nicht gesagt hätte, wir hätten an derselben Stelle etwas reparieren lassen? Es stellte sich heraus, die anderen Mechaniker hatten ihren Job nicht so wirklich gut gemacht, das Abgasrückführungsventil war noch immer undicht. Ich verlor langsam echt die Nerven mit diesen Mechanikern, erst in Queenstown, jetzt hier! Warum dachten sie, man könnte uns einfach abspeisen, nur weil wir keine Ortsansässigen oder Stammkunden waren?? Diesmal hatten wir wenigstens Rückhalt von einem Spezialisten und er klemmte sich ans Telefon und redete ein ernstes Wort. Die unzuverlässigen Mechaniker hatten zwar nicht versucht, das Ganze abzustreiten, uns aber für in zwei Wochen einen Termin geben wollen. Der Auspuffspezialist kümmerte sich nun darum, seine Arbeitskosten wurden von dem Mechaniker übernommen, nach nur einer Stunde hatten wir das Auto wieder. Und es klang so schön leise und sanft wie noch nie zuvor!! Wir konnten es kaum glauben, endlich klappte mal etwas und wir hatten noch nichtmal Unmengen von Geld bezahlt. Wir waren bereits in einem Vorort von Dunedin, um noch etwas für unseren  Innenraum zu besorgen, als plötzlich ein Rattern unterm Auto ertönte. Ich schloss die Augen und atmete gaaaaanz tief durch. Wann würde dieser Autokaputtgeh-Albtraum endlich aufhören? Matze reagierte sofort, rief den Spezialisten an und kündigte an, nochmal  zurückzukommen. Ich blieb wo ich war und ging eine Runde spazieren, nach nichtmal einer halben Stunde kam Matze wieder, er hatte auch noch einen Anhalterfahrer dabei. Man muss ja auch mal Leute mitnehmen, wenn man schon 3 komplette Sitzplätze in der Fahrerkabine hat. Das Rattern, was wir gehört hatten, war die Auspuffaufhängung gewesen, die rausgebrochen war, das neue Auspuffrohrteil war zu stabil und steif für dieses alte verrostete Teil gewesen. Mit einer kurzen Schweißaktion hatte der Experte das Problem beheben können, keine Extrakosten für uns... nur extra Nerven. Nun ja, nun lief erstmal alles am Auto, wie es sollte und wir konnten die Nacht in tiefster Dunkelheit und Totenstille an einem See in der Mitte vom Nirgendwo verbringen- eine nette Abwechslung nach dem Hafenparkplatz, wo wir die letzten zwei Nächte wieder geparkt hatten. Am kommenden Tag ließ sich die Sonne zwar nur ab und zu mal sehen, wir hatten trotzdem einen schönen Spaziergang in einem Wald voller europäischer Bäume, die ihr buntes Blätterkleid zur Schau stellten. In der Nähe von Ettrick verbrachten wir dann zwei Nächte in einem idyllischen und sagenhaft preisgünstigen Haus, weil gerade Nebensaison war, hatten wir alles ganz für uns allein. Wir unternahmen eine ausgedehnte Radtour entlang des Clutha Flusses, an dem früher einige Goldgräber ihr Glück gefunden hatten. Die vielen gelben Pappeln, die als Windbrecher um viele ehemalige Hüttenansammlungen gepflanzt worden waren, bildeten einen intensiven Kontrast zum türkis des Flusses. Die Sonne strahlte, nachdem sie sich gegen um 12 endlich durch die dicken Nebelschwaden, die das Tal belagerten, durchgeboxt hatte. Nach einem kurzen Abstecher zu Fuß durch den Roxburgh Gorge- mir waren die bergigen Serpentinenkurven mit ihrem losen Geröll zu hekel￾kehrten wir um. Auf der Weiterfahrt nach Norden stoppten wir an einem kleinen zunächst unscheinbaren Nationalpark, vom höchsten Punkt unser Wandertour hatten wir jedoch grandiose Ausblicke. Da es am Parkplatz noch bewölkt und recht windig gewesen war, hatten wir uns warm eingepackt, nachdem die Sonne dann rausgekommen war, wünschte ich mir nichts sehnlicher als ein T Shirt! Trotz der Zeit im Jahr hatte sie wirklich ungeheure Intensität, ähnlich wie in Australien... aber eben anders als während unseres Deutschlandbesuchs, wo ja auch Herbst geworden war. Am Samstag morgen kamen wir wieder nach Queenstown zurück, wo ich Andrea mit ihrem Garagenflohmarkt half. Die anderen Helfer kamen alle wesentlich später als angekündigt- ein Hoch auf die neuseeländische Zuverlässigkeit- und die Besucher blieben weitestgehend leider aus. Trotzdem nahmen wir ein wenig Geld für die Katzen ein und zwei Kätzchen wurden noch am gleichen Tag adoptiert. Das war sehr hilfreich, denn das Spiel- und Kuschelzimmer, in dem potenzielle Adoptivmenschen die Kleinen kennenlernen konnten, war hoffnungslos überfüllt. Während ich Aufsicht hielt, beendete Matze im Auto einen selbstgezimmerten Hängeschrank, dichtete die Fugen um unser Waschbecken mit Silikon ab und installierte die Innenbeleuchtung. Kein angestrengtes Kochen und Lesen mit Kopflampe mehr! Später am Abend überraschten wir meine ehemalige Kollegin Jessie an ihrem Zweitarbeitsort, einem koreanischen Restaurant. Weil die meisten Leute schon gegessen hatten, konnte Jessie uns sogar ein bisschen Gesellschaft leisten. Ich genoss es, mich mal wieder mit ihr zu unterhalten, obwohl die letzten Wochen schön und abenteuerlich gewesen waren, hatte ich der Zeit mit den netten Menschen im Queenstown House schon manchmal hinterhergetrauert. Ich führte den Flohmarkt noch am nächsten Tag weiter, außer ein paar interessierten Katzeneltern konnte ich nicht viel gewinnen, Andrea war dennoch sehr dankbar und mir hatte das Ganze sogar Spaß gemacht. Alle zusammen räumten wir dann flink am Sonntag nachmittag alles wieder in die Garage, denn nach zwei grandiosen Tagen Sonnenschein zogen nun dichte Regenwolken gen Queenstown. Trotz strömenden Regens radelten Matze und ich dann zu seinem alten Arbeitsort, der Altitude Brauerei, wo wir ein nettes neues Bier verkosteten und uns mit seinen Kollegen unterhielten. Als sie dann dicht machten, gingen wir mit Andrea und Ricky zum Karaoke ins Cowboys, später kam noch Matzes Kollege James dazu sowie meine ehemaligen Kollegen Jessie und Gaston. Wir spielten Billard, tanzten und ich sang ein Duett mit Matze. Wie ich ihn dazu überreden konnte, daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Schuld könnten die 2 Maßkrüge "Snakebite"(ein Bier-Beerencider Mischmasch) sein, die ich an dem Abend getrunken habe... Es ist auf jeden Fall ein glorreichen letzter Abend mit allen unseren lieben Menschen aus dem Lebensabschnitt Queenstown gewesen.

Für alle die noch gern ein paar mehr Bilder sehen möchten, hier ein Link zu einem Onedrop Ordner mit Bildern in chronologischer Reihenfolge von Wanaka bis unserem Abschied aus Queenstown 

Bei Fragen könnt ihr diese gern einfach als Kommentar stellen und wir antworten dann :) 

https://1drv.ms/a/s!AkUF5aD-koxtgZISvs9TDZSds5eYLw



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