Objavljeno: 26.07.2019
Ich habe nicht gut geschlafen. Es sind mir zu viele Gedanken im Kopf herum gegangen. Ein wenig hat mich die reale Welt daheim eingeholt. Daheim - wie schräg sich das anhört. Nach 3 1/2 Wochen habe ich völlig das Gefühl für Wochentage oder Wochenende, für Orte an denen man länger als 2 Tage bleibt, und für ein Leben nicht aus einem Koffer verloren. Vielleicht sollte ich das zuhause auch mal machen, einfach aus dem Koffer leben. Keine große Auswahl zu haben ist manchmal das größte Privileg.
Ich bekomme einen Frühstücksgutschein für "Dennys", einen Ketten-Diner, der hier in den USA mehr als 1600 Restaurants betreibt, und 3300 international. Nach Europa haben sie es noch nicht geschafft. Er ist vor allem deswegen bekannt, weil alle Geschäfte jeden Tag 24 Stunden geöffnet haben. In Ely ist er im selben Gebäude wie das Hotel untergebracht, und ich bekomme frisch gemachte Pfannkuchen, 2 Spiegeleier und Bacon - und eine Tasse Kaffee. Man merkt sofort, dass hier kein Industriefertigprodukt verarbeitet wurde. Ich frage Ellie, die hier arbeitet, ob sie wirklich auch 24 Stunden offen seien. Sie meint "natürlich". Ich erwähne, dass mir Ely mit seinen 4000 Einwohnern vor allem im Winter nicht gerade das Eldorado für viele Kunden vorkomme. Sie lacht und meint, dass viele nach dem Spielen Hunger hätten - und zocken kann man ja auch 24 Stunbisden. Na denn.
Gut genährt trete ich meine Fahrt an, und lande auf der 93, die ich schon in Jasper befahren hatte. Am anderen Ende natürlich, denn das war in Kanada, und die Nummer wurde dort weiter geführt. Heute bin ich 2000 km weiter südlich und fahre wieder Richtung Norden, nach Twin Falls. Im Gegensatz zu gestern, als die 50 mehrere Pässe überwinden musste, und sich zwischen kilometerlangen vorrausschaubaren Straßenzüge Serpentinen befanden, geht es heute flach geradeaus - zwischen 2 wenig spektakulären Bergzügen. Für Erstreisende wahrscheinlich immer noch sehr szenisch, für mich eher ein Abstieg. Stures Geradeausfahren und Müdigkeit kann man nur mit lauter Musik bekämpfen, und so treibt mich Johnny Cash immer weiter voran, bis ich nach 2 1/2 Stunden die Landesgrenze nach Idaho erreiche. Eigentlich sogar 3 1/2 Stunden, denn Idaho gehört zur Mountain Time, obwohl Teile von ihm westlicher liegen als Nevada, welches zur Pacific Time gehört. Also mal kurz eine Stunde nach vorne, die ich dann in Oregon wieder geschenkt bekomme. Meine letzte durchfahrene Stadt in Nevada, die nur ein paar Meter hinter der Grenze liegt, heißt Jackpot. Und hat mindestens 4 Casinos, das kleine Kaff. Alles Gambler, die Nevader.
Obwohl der Übergang der beiden Bundesstaaten fließend ist, wird das Land nach ein paar Kilometern deutlich landwirtschaftlicher. Die riesigen Brachflächen Nevadas findet hier man nur ein paar Minuten, danach wird es sowohl flacher, als aus getreideanbauanfälliger. Ich liefere meine Sachen im Motel 6 ab, welches hier mal tatsächlich über Kühlschrank und Mikrowelle verfügt, und auch sonst ungewöhnlich groß ist, bevor ich in nur 15 Minuten Autofahrt zu den Shoshone Falls fahre, den Niagarafällen des Westen. und sogar höher als ihr großer Bruder im Osten sind. Allerdings sind die dafür breiter, und auch wurden keine künstlichen Staufstufen eingebaut, die den Anblick aber nur wenig trüben. Erstaunlich wenige Besucher sind hier - es liegt eben doch weitab der beliebten Touristenrouten. Wer nach Yellowstone aus dem Westen fahrend kommt, der könnte hier Station machen, ansonsten ist das schon ein wenig außen vor. Der Preis pro Auto mit 5 Dollar ist auch moderat, allerdings kann man dort auch nur die Fälle anschauen, großes Programm drumherum gibt es nicht.
Ich lasse den Tag am Hotelpool ausklingen, der der Größe des Motels entsprechend auch nicht klein ist. Da hier mehr Leute rumspringen als an den Fällen und trotz Verbot auch in das kühlende Nass hineinspringen, passt das auch. Apropos, normale enganliegende kurze Badehosen sind bei Amis nicht familienfreundlich und verpönt. Die Mädels hingegen dürfen durchaus knapp gekleidet sein. Wenn sie es sich leisten können.