Wir hängen mit dem Blog ganz schön hinterher. So kommt Montenegro jetzt erst obwohl wir schon in Albanien sind. Aber dafür gibt's Montenegro komplett und ungeschnitten.
Unser letzter Halt in Kroatien war Molunat. Von dort war es nur ein Katzensprung zur Grenze nach Montenegro. Direkt nach der Grenze wartet Montenegro mit einer wahren Perle der Adria auf, die Bucht von Kotor. Die Bucht besteht aus vier ins Land reichenden Einzelbecken, welche einen perfekten natürlichen Hafen bilden, der schon seit Jahrtausenden genutzt wird. Umrahmt werden diese Becken von 1000 m hohen Bergen. Dies gibt ein grandioses Panorama und die Bucht von Kotor wird nicht ohne Grund auch als südlichster Fjord Europas bezeichnet, auch wenn das strenggenommen natürlich falsch ist. Wir wollten vom ersten Ort der Bucht, Herzeg Novi, eine Bootstour durch die Bucht unternehmen und gingen dafür in der Nähe auf den einzigen Zeltplatz weit und breit um am nächsten Morgen schnell am Hafen zu sein. Es zeigte sich schnell, dass Montenegro beim Thema Camping Lichtjahre hinter den Kroaten steht. So war der erste Kontakt mit Montenegro durchaus schockierend, im Sinne von 70 V Wechselspannung, die auf dem Schutzleiter des Zeltplatzes anlag und den gesamten G unter Strom setzte. Zum Glück bemerkte Terence dies, leicht zuckend, recht schnell bei der Ölkontrolle am Verteilergetriebe, bevor Karl die Chance hatte den G zu berühren. 70 V durch den kleinen Körper hätten dumm ausgehen können. Naja, unser Boot für die Bucht sollte laut Ticket um 10 Uhr auslaufen. Wir waren 9:45 Uhr am Hafen und sahen das Boot nur noch davon fahren. Logischerweise hätten wir 9:30 Uhr da sein sollen, damit das Boot um 10 Uhr im nächsten Hafen ist. So begann Montenegro ein wenig deprimierend, aber es gab wenigstens das Geld zurück. Also ging es erstmal mit dem Auto entlang der Bucht nach Perast.
Für Montenegro haben wir einen Offroad-Guide vom HoBo-Team, der uns viel Spaß im Orjen-Gebirge direkt an der Bucht von Kotor versprach. Also ging es auf Schotter durch kleine Dörfer und Poljen in die Berge rauf auf den Orjen-Pass auf 1600 m. Hier verbrachten wir eine Nacht mit absoluter Ruhe, Dunkelheit und einem perfekten Sternenhimmel. Am nächsten Tag stand die schwierigste Passage des Tracks mit großen Felsbrocken, losem Geröll und einstürzenden Stützmauern an, aber der G und sein Team meisterten auch diese Hindernisse problemlos.
Über einen kleinen Umweg durch Kroatien ging es dann nach Kotor. Kotor liegt perfekt geschützt in der letzten Bucht und war früher ein wichtiger Handelshafen, weshalb die Stadt über eine solide Stadtbefestigung verfügt. In Kotor kamen wir über Airbnb bei Mirko unter, der noch in der Wohnung seiner Eltern wohnt. Seine Mutter führte einen kleinen Freudentanz auf nachdem sie Karlchen sah und kramte direkt Spielzeug aus. Sie war ganz vernarrt in Karl und wollte bei unserer Abreise am liebsten Karl behalten. So sammelt Karl gerade Omas auf dem Balkan.
Von Kotor ging es weiter in den Lovcen Nationalpark direkt an der Küste. Dafür ging es von Meereshöhe über viele, viele Serpentinen auf 1000 m und der arme G hatte ganz schön zu tun. Dafür boten sich immer wieder spektakuläre Blicke über die Bucht von Kotor.
Im Lovcen-Nationalpark befindet sich das Njegoš-Mausoleum. Petar Njegoš war der bedeutendste Herrscher des kurzzeitig existierenden montenegrienischen Königreiches und hat ihm immerhin das höchste Mausoleum der Erde und ein nach ihm benannten Schinken beschert. Achja und Dichter war er auch noch. Das Interessante am Mausoelum ist, dass Njegoš 1851 gestorben ist, das Mausoleum dennoch erst in den Siebzigern des 20. Jahunderts nach Njegoš' Plänen im sozialistische Jugoslawien erbaut wurde.
Nach dem Lovcen-Nationalpark ging es über Cetinje, der alten Hauptstadt Montenegros, an die Küste. Die Südküste Montenegros ist insofern überraschend, dass sie feinste große Sandstrände aufweist, viele Kilometer lang und hundert Meter breit. Allerdings lockt das auch viele Touristen an, sodass einige Küstenorte wie Budva vollkommen verbaut sind und sämtlichen Charme verloren haben. Hier kommt die überhand nehmede Korruption durch Betonbauten direkt am Meer deutlich zum Vorschein. Auch fällt in Budva und Bar die Menge an hochwertigen Fahrzeugen ohne KfZ-Kennzeichen auf, welche, wie wir vom Balla-Balla-Balkan-Podcast gelernt haben, den sehr aktiven mafiösen Strukturen in der Region zugeordnet werden können. Also lieber nicht den Seitenspiegel abfahren. Aber insgesamt passt es auch zu einem Land, dessen Präsident von Deutschland und Italien des Zigarettenschmuggels verdächtig wird und einer Verurteilung nur entging, weil der wichtigste Zeuge ermordet wurde.
Damit haben wir die gesamte montenegrienische Küste erkundet und machten einen Schwenk am Skutarisee vorbei nach Podgorica, der Hauptstadt Montenegros. Zu Jugozeiten hieß Podgorica noch Titograd und der alte Name ließ eine Plattenbauplantage erwarten. Wir wurden nicht enttäuscht und bezogen selbst ein AirBnB recht zentral im Plattenbau. Wobei man sagen muss, zentral ist relativ. Podgorica ist zwar die größte Stadt Montenegros, aber mit gerademal 150.000 Einwohnern dann doch überschaubar groß. Erstaunlich war, dass die Stadt nicht wie üblich von den großen Ketten wie H&M, McDonalds und Co. überzogen ist. Die einzige Kette, die wirklich auffällt, ist der 1€-Shop, in dem jetzt alles 1,50€ kostet. Ansonsten wechseln sich kleine private Schreibwarenläden, Apotheken und Schuhgeschäft ab. Auch die Mall of Montenegro eignet sich weniger das aufkeimende Shoppingbedürfnis zu befriedigt. Genau genommen ist die Mall nur der schlecht vermietete und schlecht instand gehaltene Zugang zu einem großen Basar. Dafür gab es dann auf dem Basar alles, was die Türkei und China liefern können.
Der G wanderte erstmal in die örtliche Mercedes-Werkstatt, weil hier die Arbeitsstunde nur 35€ kostet und wir eh eine zeitraubende Reparatur schon länger aufschieben. Aber das ist kein Problem, entweder ist eh alles fußläufig erreichbar oder man nimmt ein Taxi, welches selten mehr als 3 € kostet. Apropos, in Montenegro wird mit Euro gezahlt. Keiner weiß so richtig warum, es gibt auch kein offizielles Abkommen mit der EZB, aber die Geldautomaten spucken fleißig Euros aus.
Was in Podgorica auffiel: im Vergleich zum Rest des Landes begegnete uns hier oft kyrillische Schrift. Hier gibt es eine recht große serbische Minderheit, die sich auch in einer großen serbisch-orthodoxen Kathedrale im Stadtbild zeigt.
Nach Podgorica hatten wir erstmal wieder genug von Großstadt 😂 und wir wollten wieder in die Natur. Dafür ging es der Landstraße entlang über Nikšić, wo das bekannteste montenegrienische Bier her kommt, zum Piva Stausee. Am Piva Staussee verließen wir dann erstmal wieder die befestigten Straßen und fuhren entlang des Stausees Richtung Durmitor Gebirge.
Der Durmitor-Nationalpark kann perfekt von Žabljak aus über eine Ringstraße erkundet werden. Das montenegrienische Fremdenverkehrsamt hat sich sogar die Mühe gemacht einen gratis Audioguide über die App izi.Travel für den Durmitorring in deutsch zu erstellen. So fuhren wir gut informiert durch diese grandiose Hochgebirgslandschaft. SPOILER: Jetzt kommen viele Bilder.
An das Durmitor-Gebirge schließt sich das Sinjajevina-Hochplateau an. Dieses Plateau liegt auf 1500 m, was erstmal nicht sehr hoch klingt, aber auf Grund des kontinentalen Klimas ist die Region sehr karg und nur im Sommer bewohnbar. Dementsprechend verlassen ist das Plateau, also genau das richtige für uns. Auf einem nur selten genutzten Wiesenweg ging es durch eine verlassene Landschaft. Außer Gras wächst hier nicht viel. Wir kamen schnell zum Schluss, dass wir uns so die mongolische Steppe vorstellen. Leider war das Wetter nicht das beste und wir hatten viel Regen, das gab uns aber die Gelegenheit die Allradfähigkeiten des G bei Schlamm zu testen. Wir können sagen, wir sind nirgends stecken geblieben. Auf den 50 km durch das Plateau begegnete uns kein anderes Auto und erst gegen Ende waren ein paar der Katuns auch belebt. Insofern gab es hier einen perfekten Stopp für die Nacht für uns.
Ja, wir konnten uns da oben kaum satt sehen. Aber das schöne an Montenegro ist, Berge gibt's an jeder Ecke, auch im Osten im Biogradska Gora Nationalpark. Dieser Nationalpark schützt die Berglandschaft mit ihrem Urwäldern und rühmt sich eines der ersten Naturreservate nach dem Yosemite zu sein. Der Urwald lässt sich leider nur auf einem Rundweg um den zentral gelegenen Bergsee erkunden. Aber mit Allradfahrzeugen kann man auch den Nationalpark entlang des Bergkammes umrunden. Das klang perfekt für uns. Nach einer ziemlichen Schlammschlacht, um auf die Höhe zu kommen, übernachteten wir auf einem Katun, dass heute als Gasthaus arbeitet. Hier erfuhren wir, dass eventuell abermals eine Schneelawine uns den Weg versperrt, aber so genau weiß es keiner, weil schon lange niemand mehr dort entlang gefahren ist. Also probierten wir es am nächsten Vormittag. Die Piste war äußerst abenteuerlich, übersät mit tiefen canyonartigen Auswaschungen und zum Teil grenzwertiger Schieflage. Nach einer Stunde Fahrt trafen wir dann aber auf eine MTB-Gang, die bestätigten, dass die Piste durch eine Lawine und ein umgestürzten Baum versperrt ist. Gut, das gab uns die Gelegenheit im Katun noch eine deftige Brotzeit mit Schinken und ordentlich Kajmak einzulegen. Dort trafen wir auf ein älteres Schweizer Pärchen, das mit einem VW Syncro und ihrem behinderten Sohn unterwegs ist. Sie wagten sich nach uns auch noch an die Route. Den Baum haben Sie noch weggesägt, aber am Schneefeld, das im Juni noch über der Straße lag, kamen sie auch nicht vorbei, wie wir zufällig später erfuhren.
Damit war der Biogradska Gora Nationalpark dann doch schneller abgeschlossen als gedacht und wir brachen wieder Richtung Podgorica auf. Der G musste nochmal in die Werkstatt, weil ein Ersatzteil noch fehlte. Nach Podgorica fuhren wir die meiste Zeit entlang des Flusses Moraća auf einer herrlichen Panoramastraße, die an und in die Berge gepflanscht wurde.
In Podgorica machten wir uns einen entspannten Tag während der G in der Werkstatt war. Wir kauften Spielzeug für Karl, besuchten die deutsche Botschaft und trafen zufällig wieder auf Christian und Veronika, die uns direkt auf einen Kaffee einladen, und ihren Toyota Landcruiser, ähnlich wie die Jungs ihn damals in Australien hatten. Christian und Veronika sind auf dem Weg in Veronikas Geburtsland Usbekistan und hatten die nächsten Wochen ähnliche Ziele wie wir, also tauschten wir Nummern aus.
Damit ging Montenegro nun langsam zu Ende, also zumindest für uns. Auf dem Weg nach Albanien legten wir noch einen letzten Stopp an Skutarisee ein, dem größten Süßwassersee des Balkans, und unternahmen eine kleine Bootsfahrt über den See.