Publicado: 17.01.2022
Nicht lange in den Oktober rein hatte ich dann auch schon wieder einmal Geburtstag. Am Tag davor machten wir einen Ausflug mit Sean, Lynette und Kurt zu einem Wasserfall, spielten Spiele und tranken einige Biere. Das Wasser hatte erfrischende Temperaturen und wir waren am Ende ganz allein und stolperten im Dunkeln zurück zum Auto. Kurt kam dann Sonntag auch noch mal vorbei und wir gingen zu einem kleinen Straßenfest, richtig schön. Unglücklicherweise stolperte ich dort jedoch ungünstig verletzte mir irgendwas im Knie. Die nächsten 3 Tage hatte ich dann also schon mal frei. Auch nicht schlecht. Donnerstag und Freitag ging es dann schon wieder einigermaßen (mit ein bisschen humpeln) und Samstag war alles zu spät. Ich hatte vergessen, dass wir Feiern gehen wollten und hatte für Samstag zugesagt. So gingen wir dann abends nach Arbeit erstmal schön mit Katja und Kurt, die zu uns gekommen waren zum Vorglühen, auf Party. Feiern bis um 4, dann kurz ne halbe - dreivietel Stunde rumliegen und dann direkt wieder los auf Arbeit; super Idee Herr Ermel. Mein Knie fand das richtig toll, aber zum Glück bekam ich Montag von einem (neuen) Abeitskollegen einen Knieschoner, der mir echt das Leben rettete. Leider passiert nicht allzu viel im Leben, wenn man jeden Tag auf Arbeit geht und so bleiben nur die Wochenenden für kleinere Ausflüge und andere Dinge. Kurt kam uns ein paar mal besuchen und brachte auch Harmony ein paar mal mit, wir waren auch mal zum Abendessen eingeladen, ansonsten nur trister Alltag! 3 Wochen Arbeit am Stück ist echt genug, ich glaub ich bleib mein Leben lang Backpacker...
Okay, bevor ich jetzt noch weiter vor mich hinschreibe über einen November in dem effektiv noch weniger passiert ist, als im Oktober lasst mich (auf Anfrage meiner Familie von irgendwann) euch einen unserer typischen Tagesabläufe in Brisbane schildern: Morgens um 5.15 Uhr klingelte üblicherweise der Wecker und Clara und ich standen auf. Sean war in der Regel schon wach und gammelte ein wenig vor dem Fernseher herum. Clara, meine unglaubliche Traumfrau, bereitete mir Schnittchen für den Tag vor während ich Kaffe für Sean und mich kochte. Um 6 fuhren Sean und ich dann zur Arbeit während Clara sich noch einmal hinlegt, oder, falls sie ins Cafe musste, joggen ging. Auf Abeit wurde dann ersteinmal geguckt, was es so für den Tag zu tun gab und grob abgeschätzt, wie lange das dauert und wie viel Sinn es tatsächlich hat, das auch zu machen. Wichtige Dinge wurden schnell erledigt und dann erstmal (es sei denn es war einer der wenigen stressigen Tage) entspannt. Gegen 10.30 war dann Frühstückspause, die je nach Tagespensum mehr oder weniger lang gezogen wurde (Australische Arbeitsmentalität ist schon ein Traum!) nach der Pause gab es auch meistens wieder irgenwas zu tun, sodass man sich nicht völlig fehl am Platze fühlte. Bei Clara im Cafe war dann um 12 auch schon wieder Feierabend, bei mir war die übliche Ruhe vor dem Feierabend. Blachwatchtypisch fand sich dann plötzlch immer so gegen 2-3 Uhr dann doch noch irgendwas ganz wichtiges, was erledigt werden musste, sodass ich in der Regel so bis 15.30, 16.00 Uhr auf Arbeit war. Dann Heimweg durch den Feierabendverkehr, Zuhause abgammeln und was kleines Essen, später Essen machen oder gehen, eine kleine Brauerei besuchen oder einen Film gucken und wenn Clara arbeiten musste (ca. 17-23 Uhr +- 1h) ein paar Bierchen trinken mit Sean und über den Sinn des Lebens und Unsinn der Gesellschaft und Politik quatschen.So jetzt wisst ihr Bescheid, zurück zum November. Nachdem meine Baustelle dann doch endlich so weit fertig war, dass sie mich nicht mehr brauchten, schickten sie mich auf die andere, auf der Sean schon die ganze Zeit unterwegs war. Er hatte immer geschwärmt, wie entspannt es dort sei und wie wenig er eigentlich zu tun hätte und dass auch alles ein wenig besser organisiert wäre. Montag Morgen, es regnete in Strömen und die Betonlaster inklusive Pumpe standen vor der Baustelle. Simon, der Verantwortliche auf der Baustelle hatte tatsächlich beschlossen, das neue Stockwerk zu gießen, obwohl das Wetter gar nicht passte, cool. Wir hatten erstmal nichts zu tun, da alle mit dem Beton auf dem Dach beschftigt waren. Zur Fruhstückspause hatten die Betonfritzen aber dann endgültig die Schnauze voll und verließen die Baustelle, Stockwerk halb fertig. Der Beton an der Gusskante war dann leider in die noch nicht gegossenen Bereiche hineingelaufen und musste weggepresslufthämmert werden. Ein Job der uns im Endeffekt über eine Woche kosten sollte und wer weiß wie viele Dollar. Als das endlich erledigt war war auch schon Seans letzte und meine vorletzte Woche gekommen. Die Arbeit war jetzt wieder entspannter, das Parkhaus war auch schön kühl und so vergingen die letzten zwei Wochen wie im Flug.
Anfang Dezember besuchten wir mit Sean und Lynnette noch einmal die Lichtershow in den Roma Street Parklands, die wir schon zwei Jahre zuvor bestaunt hatten und dann ging es auch schon ans Packen für Moreton Island. Freitag, den 10. Dezember ging es dann nach einem sehr stressigen Morgen endlich los. die Fahrt zur Fähre verlief unproblematisch und flott und wir hatten noch jede Menge Zeit unsere Schnittchen zu essen, den Tagesplan durchzusprechen und zu realisieren, dass wir sowohl unser Wasser, als auch Topf und Pfanne vergessen hatten. Leider konnten wir dies nicht mehr ändern und so mussten wir halt kreativ werden. Für die ersten zwei Tage war es sowieso egal, da wir ein nettes AirBnb gemietet hatten, indem es alles gab, was das Herz begehrte. Es war ein kleiner Bungalow, das Hinterhaus zum Haus unserer Vermieter auf der nicht sehr touristischen Südseite der Insel, 50m vom Strand entfernt. Morgens, nach einer sehr erholsamen Nacht machte ich mich mit den Mädels auf den Weg zu ein paar Sanddünen wenige Kilometer nördlich von unserer Unterkunft, während Sean sich entspannte und mit seiner Familie telefonierte. Wir kletterten ein wenig herum, genossen den Ausblick bis nach Brisbane und während ich mich dann auch noch ein wenig ausruhte sprangen Clara und Lynnette ein wenig im Wasser herum und erkundeten die Vielzahl an Fischen, Rochen und anderem Getier. Mittags gingen Sean und Lynnette ein paar Meter die Straße runter zur Dofkneipe, wahrend Clara und ich uns Zuhause etwas zu Essen machten. Alle wieder versammelt begaben wir uns auf den Weg zu einem Spaziergang um den Südzipfel der Insel, der allerdings ein wenig ausartete. Etliche Stunden und Kilometer später kamen wir endlich im Dunkeln wieder im AirBnb an, erschöpft aber glücklich, denn wir hatten einen traumhaften und erlebnisreichen Tag gehabt. Auf unserer Nachtwanderung hatte Clara eine Python am Wegesrand entdeckt, die gar nicht mal so klein war. Morgens packten wir alles wieder zusammen und machten uns, nachdem uns unser Vermieter noch eine Führung durch sein Haus gegeben hatte, auf den Weg zu unserem ersten Camp. Wir folgten dem Weg quer über die Insel, den wir am Vorabend gelaufen waren, zur Ostküste und von dort aus Richtung Norden zur Blue Lagoon, wo unsere Campsite war. Unterwegs machten wir noch einen kleinen Abstecher zum Mt. Tempest, dem höchsten Punkt der Insel mit einem traumhaften Ausblick nach Überall. Wieder zurück beim Auto beeilten wir uns nun, denn wir alle sehnten uns nach einem erfrischenden Bad an der Blue Lagoon. Nach dem Bad suchten wir uns unsere Campsite und fanden auch recht bald ein sehr schönes Fleckchen, wo wir unser Lager aufschlagen konnten. Kurz darauf gesellte sich eine zweite Gruppe neben uns , was ganz praktisch war, denn sie hatten einen Topf und eine Pfanne für uns. Das Abendessen war gerettet. Es muss auch ziemlich gut gerochen haben, denn wir bekamen noch Besuch von einer Red Belly Black Snake, die ganz neugierig guckte, sich dann aber wieder in die Büsche verzog. Für den nächsten Tag hatten wir sogar mal gar nichts geplant, eine wahre Rarität. Wir genossen ein langes Frühstück, lecker Kaffee und die Ruhe, Clara und Lynnette gingen ein wenig Bodyboarden und dann wurde ich doch noch zu einem Spaziergang genötigt. Wir liefen ein wenig den Strand entlang in südlicher Richtung und bogen dann nach Westen ins Landesinnere ab zu einem kleinen Nebensee der Blue Lagoon. Hier testeten wir zum ersten mal so richtig unsere neue Drohne (danke noch einmal, Papa!) und bekamen ein paar richtig schöne Aufnahmen. Auf dem Rückweg dachten wir, wir könnten um die Blue Lagoon abkürzen, waren es doch nur ca. 400m von unserem Weg zur Badestelle; was ne blöde Idee. Wir schlugen uns gute 1,5h durch die Büsche, zerkratzten uns alles mögliche und nahmen tausende Spinnennetze mit, bis wir es endlich geschafft hatten, die andere Seite zu erreichen, aber immerhin komplett ohne irgendwelche Bisse giftiger Tiere oder andere größere Verletzungen. Erleichtert gingen wir die letzten 500 Meter zurück zum Camp und genossen ein wenig mehr des Nichtstuns. Als später Sean und Lynnette, die auch auf einem Spaziergang gewesen waren zurückkamen packten wir die Spiele aus und machten einen kleinen Campspieleabend bis zum Abendbrot. Leider hatte Clara die Campsite nur bis Dienstag mieten können und so mussten wir wieder ein Stück weiterfahren. Unterwegs hielten wir am Leuchtturm an und lernten etwas über die Geschichte der Insel, ihre Bewohner und die Leuchtturmwärter. Im Anschluss spazierten wir zu einer kleinen nahegelegenen Bucht mit traumhaft schönem blauen Wasser, Delfinen und einer Schildkröte, die ich beim Herumfliegen mit unserer Drohne entdeckte. Angekommen beim neuen Camp machte ich erstmal einen Spaziergang gen Westen, um die Passierbarkeit des Weges am nachsten Tag auszukundschaften. Auf diesen Sandinseln ist das nämlich sehr oft auch tidenabhängig. Die Anderen hatten sich währenddessen auf den Weg zu den Champagne Pools gemacht. Dort brechen sich die Wellen über die Felsen in Pools, in denen man baden und tolle Fotos machen kann. Wenn man auf den Steinen sitzt und das Wasser kaskadenartig herunterfällt sieht es aus, als sei man inmitten eines Wasserfalls. Clara genoss es sehr, bis eine besonders große Welle kam und sie unsaft vom Felsen in das Becken stieß, wobei sie sich an den scharfen Kanten der Austern die Hand aufschlitzte. Im Anschluss spazierten wir noch ein wenig zu zweit die Küste entlang, erkundeten die Honeymoon Bucht und kehrten dann zurück zum Camp. Unterwegs schafften wir es sogar noch von unseren neuen Nachbarn wieder einen Topf und eine Pfanne zu ergattern. Und dann war auch leider schon unser letzter Tag auf Moreton gekommen. Wir machten uns früh auf den Weg, um noch die letzten paar Sehenswürdigkeiten auf unserem Weg mitzunehmen und nach einer kurzen Schnorcheltour um die Wracks an der Westküste fuhr um 11 auch schon unsere Fähre.
Zurück in Brisbane ging es dann auch langsam ans Zusammenpacken, denn unsere letzten Tage waren gekommen. Mit steigenden Impfraten und erreichten Impfzielen hatten die einzelnen Staaten, allen voran New South Wales und Victoria, ihre Grenzen, Kneipen und Restaurants wieder geöffnet. Also nix wie los und die letzten Kästchen auf unserer Liste abhaken! Eigentlich hatten wir geplant, noch aufs Elements Festival zu gehen, welches an diesem Wochenende stattfinden sollte, aber aus diversen Gründen und einem schlechten Bauchgefühl heraus entschieden wir, es doch nicht zu machen. Stattdessen fuhren wir hoch ins Sunshine Coast Hinterland, ein wenig weiter Inland, als unsere alte Heimat, und campten für zwei Tage. Sonntag besuchten wir noch ein richtig schönes Animal Sanctuary (Tierzufluchtsstelle/-auffangstation), wo wir Kühe und Ziegen und alles mögliche andere Getier kennenlernn, streicheln und ihre jeweiligen Geschichten hören konnten. Clara war richtig glücklich und mit diesem Gefühl gings dann zurück nach Brisbane.
Am Morgen, an dem wir dann wirklich alle unsere Habseligkeiten im Auto verstaut hatten, spürte ich sowohl eine Erleichterung als auch Trauer. Natürlich, wir wollten Sean und Lynette nochmal wiedersehen und in Kontakt bleiben, aber ich hatte es sehr genossen, bei Ihnen zu wohnen, "Frauengespräche" führen zu können und mit jemandem Kunstgalerien zu besuchen, der sich für Kunst ebenso sehr interessierte wie ich. Ich wischte mir ein paar Tränen aus den Augen und versuchte, stattdessen an die bevorstehende Reise zu denken, die vielen schönen Orte in Australien die wir in der nächsten Zeit kennenlernen würden. Aufwachen in der Natur, zwitschernde Vögel die um das Dachzelt schwirrten, nackt in abgelegenen Flüssen und Wasserlöchern planschen, stille Nächte unter grandiosen Sternenhimmeln, ein gemeinsames Bett. Es klappte, ich war schon deutlich weniger betrübt. Statt die Küstenautobahn zu fahren, schlängelten wir uns lieber mit unserem Auto die Great Dividing Range entlang, Australiens längste Gebirgskette, die sich vom Cape York im Norden Queenslands Richtung Süden durch New South Wales bis nach Victoria in die Grampians erstreckt. Fast alle Berge und Nationalparks, die man im Hinterland der Ostküste finden kann, sind ein Teil dieser imposanten 3500 Kilometer langen Bergkette. Landeinwärts von ihr fängt das Outback Australiens an, die Regenwahrscheinlichkeit sinkt rapide. Wenn es eine Regenfront gibt, die durch die aufgehalten wird oder an ihr entlangtreibt, hält diese sich meist tagelang, daher findet man in vielen Enklaven der Nationalparks Überreste uralter Regenwälder, von denen Australien einst großflächig bedeckt war. Auf unserem Weg Richtung Süden fuhren wir am Mount Barney vorbei, wo wir vor unserem Besuch in Brisbane gewesen waren, durch Nebelschwaden und Regen. Die Natur sah so viel grüner aus, als sie vor 2 Jahren gewesen war, kurz bevor heftige Buschfeuer an der Ostküste Australiens und im Hinterland gewütet hatten. Unser erster Übernachtungsort war ein freies Camp in Lilydale an einem Fluss, etwa 300 Kilometer südlich von Brisbane. Nach einem kleinen Spaziergang wollte ich das Wasser testen, zu meiner Begsiterung fühlte es sich wärmer an als die Luft. Ich überlegte gerade, ob die Strömung durch den vielen Regen zu stark war, um auf die andere Seite zu schwimmen, als ich ein Krabbeln an meinem Fuß bemerkte. Ich angelte einen recht langen und sehr agilen Blutegel von meiner Haut und verwarf die Idee. Nach einer sehr erholsamen Nacht mit nur ein paar Tropfen Regen stand ich zeitig auf um eine Runde zu laufen, dabei bemerkte ich, dass das Camp praktisch auf einer Kuhweide lag und deren Bewohner neugierig die verschiedenen Zelte und Anhänger beäugten. Ich konnte mir das Lachen nicht verkneifen, als eine Kuh ein paar Camps weiter direkt neben dem Tisch einen beeindruckenden Haufen fallen ließ und von der beleibten Frau, die dort eine Zeitung las, entrüstet angeguckt wurde. Ich fand eine besonders zutrauliche Kuh, die sich streicheln ließ. Unser nächster Halt war der Walshpool Nationalpark, wo wir eine nette Wanderung machten. Die Vegetation wechselte zwischen Eukalyptuswald und Regenwald, massenweise Vögel und Insekten schwirrten durch die Luft. Wir sahen die wohl größte und grob gebauteste Libelle, die ich je zu Gesicht bekommen hatte, leider war sie zu unruhig, um ein gutes Foto machen zu können. Nach einer Abkühlung im eiskalten Flusswasser setzen wir unsere Reise fort. Aufgrund mangelnder kostenloser Übernachtungsmöglichkeiten für Menschen ohne Wohnmobil oder - anhänger (in vielen Kleinstädten gibt es offizielle Übernachtungsparkplätze für Urlauber, die eine Toilette dabeihaben, auch wenn es häufig eine öffentliche Toilette in Laufweite gibt) quartierten wir uns auf einer Forellenfarm bei Guyra ein. Gut an dieser Option war, dass es eine überdachte Campingküche gab und wir die einzigen Gäste waren. Da es sich nun doch einzuregnen schien, schlug uns der Farmeigentümer vor, dass wir unter dem Dach der Campingküche trocken und einigermaßen windgeschützt schlafen konnten. Wir verfrachteten also unsere Isomatten und den Schlafsack in die Ecke und kuschelten uns ein, es war die kälteste Nacht seit langem, um die 12 Grad. Der Gedanke, dass unser Schlafplatz trotzdem nicht in einem abgeschlossenen Raum war und jederzeit eine fette Huntsmann oder ein neugieriges Possum über mein Gesicht laufen konnten, erleichterte mir das Einschlafen nicht gerade, aber was sollte ich machen... Das Beste hoffen, Mund zu. Am nächsten Morgen ließ sich die Sonne blicken und anch einem Kaffee mit Blick auf den See fuhren wir weiter nach Süden. In Armidale besuchten wir die imposante katholische Kirche. Während Matze dort noch etwas verweilte, ging ich weiter in die Kunstgalerie, die einige fantastische Jugenstilwerke ausstellte. Eigentlich hatten wir geplant, über Nordwesten durch die Blue Mountains Richtung Sydney zu fahren, aber die Wettervorhersage für diese Region sah so bescheiden aus, dass wir unsere Pläne nochmal überdachten. Wir fuhren stattdessen nach Murrurundi und verbrachten Heilig Abend in einem netten AirBnb. Den Sonnenuntergang guckten wir von ein paar Sandsteinformationen aus an, die man zu Fuß von unserer Unterkunft aus erreichen konnte. Das Wetter ließ uns auch am nächsten Morgen nicht im Stich, als wir nochmal eine größere Runde durch das Naturschutzgebiet um die Felsen machten. Das wir in dem extrem eidechsenreichen Areal ein Schlange fanden, überraschte mich eigentlich nicht, nur dass Matze sie nicht gesehen hatte und sie so nah am Weg lag und sich in keinster Weise durch meine Anwesenheit zur Flucht veranlasst fühlte. Wie schon im Camp auf Moreton handelte es sich um eine Black Snake, diese hier war jedoch ein ganzes Stück größer. Nach einem ausgiebiegen Frühstück sahen wir uns den "Burning Mountain", dabei handelt es sich um einen 30 Meter unteridisch brennenden Kohleader, die seit schätzungsweise 6000 Jahren brennt und sich etwa einen Meter pro Jahr in südliche Richtung voranarbeitet. Es ist nicht ganz klar, wie es zu diesem Vorgang gekommen ist, man vermutet aber, dass durch ein Buschfeuer brennende Äste in einen Spalt im Boden gefallen sind und dadurch das Feuer die Kohleschicht erreicht hat. In der Nähe des Gipfels roch es nach Dampflokomotive und der Boden wurde immer heißer, desto mehr man sich auf die natürlichen Schächte im Boden zubewegte, über die das Feuer seinen Sauerstoff bekommt. Uns war mehr als nur etwas schummrig, als wir den Rückweg antraten. Am Nachmittag trafen wir dann schließlich in Wollombi ein, wo wir kostenfrei auf der Wiese neben dem Pub übernachteten, das ganze Kaff war ziemlich ausgestorben, aber das Wetter ließ uns nicht im Stich. Im nicht weit entfernten Bach konnte man sich gut abkühlen und im Camp begehrte uns ein etwas verwirrter Blue Wren mit seiner Anwesenheit. Der Arme flog ständig gegen irgendeine unserer Autoscheiben, im festen Glauben sich mit einem männlichen Widersacher zu duellerien. Alle unsere Versuche, ihn abzulenken oder zu vertreiben waren zwecklos, aber als es dunkel war und man keine Spiegelung mehr erkennen konnte, gab er auf. Das komische Bauchgefühl hinsichtlich des Elements Festivals hatte sich bestätigt, als feststand, dass einige Leute mit Corona dort unterwegs gewesen waren, nun galt jeder der Teilnehmer als "enger Kontakt" und musste sich testen lassen und in Isolierung. Wären wir dorthin gefahren, hätten wir unsere Reise jetzt für einige Tage aussetzen müssen und die Grenzüberquerung nach New South Wales an sich wäre gesetzwidrig gewesen. Am nächsten Tag folgtem wir weiter dem "Convicts Trail", so bezeichnet weil es sich um die erste befestigte Straße durch den Gebirgszug handelte, der in den 1820ern von Verurteilten aus Großbritannien unter der harten Hand besser gestellter Aufseher errichtet worden war. Einige Originalstrukturen konnte man sich auch noch zu Fuß angucken, beeindruckende Handarbeit und leider schon wenige Jahrzente später komplett überflüssig geworden aufgrund gut ausgebauter Anlegestellen in Sydney und Newcastle, die den Seeweg erschlossen. Da eine Schlechtwetterfront im Anmarsch war, hatte ich uns für die Nacht ein AirBnb Zimmer auf einem Anwesen gemietet, dass meist für Hochzeiten angemietet wurde. Es gab einen großzügigen Pool und auf unserem Himmelbett lagen mehr Kissen, als andere Leute in ihrem ganzen Haus haben. Am nächsten Tag zogen wir etwas mehr ins Stadtinnere um und gingen zu einem Spielenachmittag mit völlig Fremden, organisiert über die Plattform Meetup. Wir spielten fast 5 Stunden, unter anderem Bohnanza (da kommen Kindheitserinnerungen auf). Unser etwas längerfristiges AirBnb in St Peters war im Grunde ein Sharehouse, nur dass die Bewohner häufiger rotierten, der Kühlschrank hygenisch und extrem leer war und auch sonst alles viel sauberer aussah, als in einer normalen WG. Letzteres lag an der asiatischen Vermieterin, die jeden Tag mit Chemikalien und einem Visier anrückte, um jeder Art von Keim den Garaus zu machen. Am 29. hatte ich ein Shooting mit einem in Sydney recht bekannten Fotografen, der ziemlich aufwendige Fotos und Videos macht, unter anderem in 3D. Wir starteten zeitig, um nicht zu viele Zuschauer zu haben, das Wetter half uns sicherlich auch, immer wieder nieselte es. Ich fror zwischendurch gut, ab und an ließ sich aber die Sonne blicken. Nach dem Shooting holte mich Matze ab und wir gingen ein Stück in der Gegend spazieren, wo James Cook das erste Mal das australische Festland betreten hatte. Dass es schon bewohnt gewesen war und er einfach so angelegt und es sich bequem gemacht hatte, wird aus der Perspektive der Aboriginalüberlieferung deutlich. Abends besuchten wir eine Brauerei mit komplett veganer Küche, die Biere waren vor allem Matze etwas zu fruchtlastig und wenig körperreich, das Essen überzeugte dafür umso mehr. Am 30. machten wir uns nach ausgiebigem Gammeln und Fühstücken auf dem Weg in die Stadt, wo wir uns die Ausstellung zum australischen Tier-und Landschaftsfotografiepreis ansahen, es waren atemberaubende Aufnahmen dabei. Einige der Tiere hat man noch nie in solchen "Posen" gesehen und die Landschaftsbilder zeigten eindrucksvoll, wie vielseitig und extrem dieser Kontinent ist. Wieder durch uns noch so bekannte Ecken Sydneys zu laufen, fühlte sich schön und zugleich erschreckend an. Am kommenden Tag hatte ich wieder ein Shooting- mein Typ scheint in dieser Stadt gefragt zu sein und lernte gleich wieder eine neue Ecke kennen. Wir shooteten vor einem Schiffswrack und szenischen Sandsteinformationen. Matze und ich gingen anschließend zu einem von Sydneys inoffiziellen Nacktbadestränden, es waren erstaunlich viele Meschen aller Altersgruppen da, davon etwa die Hälfte unbekleidet. Das Wetter war grandios, blauer Himmel und um die dreißig Grad, das klare und unaufgewühlte Wasser der Bucht fühlte sich im Kontrast dazu kühl an, aber nicht unangenehm. Auf dem Weg nachhause hielten wir in einer richtig hübschen Brauerei an, wo wir ein nettes Schattenplätzchen im Außenbereich fanden und eine sehr großzügige Gratisbierverkostung genossen. Der Brauer als auch die beiden Zapfjungs hatten supergute Laune und interessierten sich ehrlich für unsere Einschätzung der Biere und Vorlieben. Später fuhren wir mit dem Bus nach Rozelle, wo eine Techno-Neujahrsparty stattfand. Wir hatten schon einen Großteil der Strecke zurückgelegt, als Matze auffiel, dass er immer noch seine Flipflops anhatte. Auf Bushdoofs oder in einigen ländlichen Teilen Australiens kein Ding- die Clubszene in Sydney ist da aber wenig kulant. Wir hatten uns bereits darauf geeinigt, es trotzdem zu versuchen und hatten den letzten Teil der Strecke zu Fuß angetreten, als ich einen Haufen Plastebeutel am Straßenrand entdeckte. Und man glaubt es kaum, es waren ein Paar Männerschuhe dabei, die Matze passten. Was für ein verrückter Zufall. Nachdem wir schonmal die Musik und die Aufmachung der Party ausgecheckt und ein paar coole Leute kennengelernt hatten, machten wir uns erstmal auf den Weg runter zum Wasser, um uns das Feuerwerk anzugucken. Das Spektakel dauerte ganze zwölf Minuten und war vermutlich das am beten getimte und farblich abgestimmte Feuerwerk, was wir Beide je gesehen hatten. Als wir wieder zur Musik stießen, hatten sich die beiden Tanzflächen deutlich gefüllt und die Stimmnung war schon wesentlich ausgelassener. Die DJs überzeugten uns zu immerhin einem Dreiviertel der Zeit und die Schwarzlichtgestaltung sah echt klasse aus. Weil wir halt auch nicht mehr die Jüngsten sind, machten wir uns bereits 7 Uhr auf den Heimweg, obwohl die Party noch bis mittags lief. Auch so hatten wir dann einen sehr ruhigen Resttag, es war gegen Mittag dann sehr warm im Zimmer und an Schlafen nicht mehr zu denken. Zu mehr als frühstücken, unseren lieben Menschen zuhause schreiben und Film gucken konnten wir uns nicht aufraffen. Am letzten Tag in Sydney hatten wir dann zumindest noch Zeit und Muße, einige unserer früheren Lieblingsorte wie Glebe, den Botanischen Garten und Paddys Market zu besuchen. Sydney macht definitiv mehr Spaß, wenn man nicht dringend Arbeit sucht oder für Uber Essen ausfährt, das sommerlich warme Wetter hat uns das Leben auch leichter gemacht.