Opublikowany: 18.05.2021
Es war Ende April. Die Prüfungsperiode stand vor der Tür und bevor der Druck der näher rückenden Deadlines zu groß wurde, haben ich und drei weitere Studenten beschlossen einen Männertrip zur Cabin „Hognabu“ zu unternehmen. Diese liegt an der norwegisch-schwedischen Grenze auf 600 Meter Höhe. Das heißt warme Sachen mitnehmen, es wird erneut winterlich (so langsam freue ich mich aber auch auf schneefreie Landschaften). 90 Minuten Fahrt in Peperoni und in dem Örtchen Gressli auf einem kleinen Parkplatz abgestellt, Schneeschuhe dran und los gings. Von 340 Metern hieß es zunächst unser Körpergewicht und unsere Ausrüstung auf die 600 Meter zu hieven. Im Tal noch leichtes Tauwetter, fiel die Temperatur stetig und der Schnee wurde tiefer.
Hognabu ist die einzige Uni-Cabin die direkt in einem Nationalpark liegt. Nachdem wir einige Zeit den Spuren von hier häufig eingesetzten Schneemobilen gefolgt sind, überschritten wir die Grenze zu dem Skarvan-Roltdalen-Nationalpark. Im Grunde genommen konnten wir dies lediglich daran erkennen, dass die Schneemobilspuren endeten. Die Hoffnung, dass wir mit Betreten des Nationalparks von unzähligen aufflatternden Schneehühnern und wilden Rentiergruppen begrüßt werden, wurde damit leider enttäuscht. Nichtsdestotrotz - da wir bereits 90 Minuten von der Straße entfernt waren, war dem Landschaftsanblick eine Ursprünglichkeit zuzuschreiben. Durch die Höhe mit wenigen Wäldchen und kargen Bäumen gemustert, bot sich uns der Anblick gleißend weißer Berge und Täler. Der leichte, eingesetzte Schneefall trug dem Anblick positiv bei. Nach 500 Meter hinter der Grenze zum Nationalpark kam auch unsere Hütte in Sicht.
Der Schnee hatte seit der letzten Gruppe ganze Arbeit geleistet und weder Hütte noch Außentoilette waren direkt zugänglich. Also war Arbeitsteilung mit den vorhandenen Schneeschaufeln angesagt. Uli übernahm die Hüttentür, ich teilte mir selbst den Weg zur Toilette zu. Wie sich herausstellt kein leichtes Unterfangen, lag zwischen der Hütte und der Toilette doch ein beachtlicher Weg. Nach circa einer halben Stunde war der Grabenkampf endlich gemeistert und ein 50cm breiter und 80cm tiefer Gang zur Toilette eröffnete neue Möglichkeiten der Erleichterung – so hoffte ich zumindest. Als ich die Tür zum Plumpsklo öffnete fiel mir eine kleine Schneewand von innen entgegen. Also erneut zur Schaufel gegriffen und den Toilettendeckel freigeschaufelt. Nun bereit endlich für meine harte Arbeit gebührend entlohnt zu werden, hob ich den Holzdeckel von dem Plumpsklo. Es stellt sich heraus – viel geplumst hätte da nicht mehr. Das Plumpsklo war bis unter den Sitz mit Schnee gefüllt. Was hilft es… erneut zur Schaufel gegriffen und vorsichtig den Schnee tiefergestochert (zum Herausheben war das Loch zu klein). Endlich auf eine andere Farbe außer weiß gestoßen, war das Werk vollbracht und die Toilette konnte eingeweiht werden.
Das innere der Cabin war ähnlich beschaffen wie die Hütte Taagabu. Lediglich ein kleiner Vorraum verschaffte die Möglichkeit die verschneiten Schuhe vor der „Wohn- und Schlafstube“ auszuziehen, so dass man nicht ständig mit seinen Socken in geschmolzenen Schnee tritt. Da der nahgelegene Fluss zugefroren und verschneit war, hieß es zunächst wieder den Ofen anzufeuern und Schnee zu schmelzen. Am Abend gab es ein Linsen-Reisgericht, mit Zitrone und Joghurt. Ein wunderbar erfrischendes Gericht, passend zu dem eisigen Wind, der vor unseren Fenstern dahinzog.
Am nächsten Tag planten wir eine Gipfeltour zu dem nahegelegensten Berg. Etwa 3-4 Kilometer Luftlinie schienen gut zu bewältigen zu sein. Die Umwege über begehbare Passagen und die Pausen ließen die Stunden jedoch dahinziehen. Das Wetter war sehr freundlich. Mit freundlich meine ich, „Sonnenstrahlung von oben sowie von allen Seiten reflektiert volle Kanone ins Gesicht“-freundlich. Wenige, schnell dahinziehende Wolken schufen etwas Abwechslung. Durch die zunehmende Höhe kamen wir dann doch in eine Region des Hanges, auf der sich gerade eine große Wolke festgehangen hatte. Demnach umgab uns Schneegestöber und das Weiterkommen wurde erschwert. Durch die nun verdeckte Sonne und den Schneefall konnten wir den Untergrund vor uns nicht mehr klar erkennen. Blickt man 2 Meter vor sich so sah man schwer, ob eine kleine Verwehung einen ins Stolpern bringt oder wie flach oder steil ein Hügel ist. Ich lieh Uli meine Skibrille und wir arbeiteten uns voran, wenn die Sonne wieder einmal unseren Weg freigab. Leider mussten aufgrund der Wetterverhältnisse das Erreichen des endgültigen Gipfels jedoch absagen und machten eher wieder kehrt.
Der Rückweg abwärts gestaltete sich wie man sich denken kann angenehmer. Die Sonne erschien wieder und blieb diesmal endgültig und wir hatten Zeit und die Felsformationen, die aufgetürmten Schneeberge und die vom Wind ausgespülten Schneegräben zu besichtigen. Auch das ein oder andere Schneehuhn erblickten wir. So langsam machte sich der Effekt der reflektierenden Landschaft auch auf meinem Gesicht bemerkbar. Auch wenn immernoch relativ flach stehend, verlieh die Sonne mir doch ein rotes Gesicht. Dieses blieb mir gut 5 Tage erhalten und konnte meine Cabingefährten, wie Mitbewohner gut amüsieren.
In der Hütte wieder angekommen, überlegten wir uns wie wir den restlichen Nachmittag verbringen könnten. Der Plan war eine Schneehöhle zu bauen. Etwas wovon man immer nur träumen kann und dass sich bei deutschen Wintern kaum durchführen lässt. Nach einer Verschnaufpause zogen wir also wieder los, um einen passenden Platz zu finden. Nach 5 Minuten Fußmarsch fanden wir eine vielversprechende Stelle. An einem Hang befand sich eine augenscheinlich mächtige Schneeansammlung, welche wahrscheinlich durch den Wind über den gesamten Winter dort abgelagert wurde. Nach ein paar Probestichen stellte sich diese Vermutung als zutreffend heraus und wir verwandelten den Hang und die Schneefläche davor in Baugrund. Konstruktion besprechen, An- und Abfahrtwege schaffen, restliche Ausrüstung von der Hütte holen, Bauplatz verdichten, Tragfähigkeitsstudien an dem Schnee auswerten und die Arbeit beginnen.
Wir gruben uns zunächst diagonal nach unten in den Hang und waren erstaunt, wie tief wir gehen mussten, um tatsächlich Boden zu erreichen. Das so gefundene Level sollte der Boden unserer Schneehöhle werden. Anfänglich konnte nur eine Person die Höhle erweitern, während eine weitere Person den Bauschutt aus dem Eingang herausschaufelte. Durch Arbeitsteilung kamen wir gut voran und bald konnten 2 Leute den Innenraum vergrößern sowie auch anfangen, Sitzplätze zu schaffen. Wir beschlossen in „Hognabu 2.0“ unser Abendessen zu kochen. Also zurück zur Hütte, Gemüse gehackt, Brenner eingepackt und wieder zurück zur Schneehöhle. Das Kochen des für unsere Cabintrips typischen Reis-Dahls ging hervorragend. Lediglich die Deckenhöhe erschwerte eine angenehme Sitzhaltung für große Leute (*räusper). Mit Mülltüten und Decken als Isolation auf unseren Schneebänken einer langsam tropfenden Decke genossen wir die Atmosphäre und unser Abendessen. Der Rückweg war mittlerweile nur noch vom Mond beschienen und Gero der die Öllampe aus der Hütte trug, gab ein recht unheimliches Bild in der Nacht.
Der nächste Tag war der Abreise gewidmet. Das verbrauchte Holz für den Ofen musste wieder aufgefüllt werden. Dies bedeutete den Platz, an dem die Baumstämme für das Feuerholz gelagert werden, freizuschaufeln. Und nicht zu vergessen das Reck an dem die Stämme in spaltbare Maße zersägt werden, welches ebenfalls unter Schnee begraben lag. Und so gruben wir die Stämme aus, sägten sie zurecht, gaben die gesägten Stämme zum Spalten mit der Spaltaxt weiter, um letztendlich handliche Holzscheite in der Hütte nachfüllen zu können. Hütte fegen, Geschirr waschen und Matratzen hochstellen und wir brachen wieder auf.
Der Rückweg brachte eine kleine Wolkendecke und damit etwas Erleichterung für mein immernoch glühendes Gesicht. Mit dem Abstieg nahmen die Temperaturen wieder zu und an unserem mittlerweile schneefreien (und matschvollen) Parkplatz fühlte es sich fast sommerlich an.
Dieser Trip sollte wohl die letzte starke Wintererfahrung vor dem Sommer sein, zu welchem wir jetzt alle mit Erwartung entgegensehen können.
Update zu Mitte Mai:
Die Tage werden schnell länger. Mittlerweile fühlt es sich wieder komisch an. Zwischen Mitte Februar und Mitte April war der Übergang von langen Nächten zu langen Tagen und deshalb war die Situation vergleichbar wie zu Hause. Mittlerweile jedoch ist es nur noch von 00:00 bis 2:00 etwas dunkel und es wird stetig heller. Da die Sommersonnenwende und damit die längsten Tage noch bevorstehen, wird die Situation nur noch skurriler. Vielleicht ergeben sich aber auch ein paar schöne Fotos!
Liebe Grüße!