Lofalitsidwa: 11.08.2018
Von Mindo fuhren wir mit dem Bus nach Otavalo. Da es keine direkte Verbindung gibt, mussten wir dafür erstmal zurück nach Quito fahren, dort mit einem Taxi das Terminal wechseln und dort den nächsten Bus nach Otavalo erwischen.
Otavalo ist eine Stadt im Norden Quitos, auf dem Weg zur ecuadorianisch/kolumbianischen Grenze. Die Stadt ist vor allem bekannt für ihren Markt, der als einer der grössten des Südamerikanischen Kontinents gilt. Dafür waren wir aber noch etwas zu früh dran, Markttag ist nämlich Samstags.
Zunächst einmal besichtigten wir das Städtchen, wo es einige schöne Plätze und Kirchen gibt. In und um Otavalo gibt es auch indigene Stämme. Besonders deutlich ersichtlich war dies an den typischen Kleidern, und noch mehr an den langen Haaren, die die Männer und auch die Frauen hier zu Zöpfen geflochten tragen. Teilweise wird man sogar etwas neidisch auf die schönen, brandschwarzen, extrem langen Haare der Leute hier. Und mir persönlich gefallen eben Männer mit langen Haaren, deswegen musste ich mich mehr als einmal umdrehen, um einem Mann nachzusehen. Natürlich habe ich dabei ausschliesslich auf die Haare geschaut. ;-) Jörgs wunderschöne Haare sind ja inzwischen auch schon zu «Pferdeschwanzlänge» herangewachsen, für einen schönen Zopf reicht es allerdings noch nicht ganz, dies hatten wir natürlich gleich ausprobiert, man will sich ja schliesslich ins lokale Bild integrieren.
Am nächsten Tag fuhren wir mit dem Bus in die kleinen Städte, die rund um Otavalo liegen. Zuerst fuhren wir nach Atuntaqui. Dort besuchten wir das Museo Fabrica Textil Imbabura, wobei es sich um eine alte, inzwischen stillgelegte Textilfabrik handelt. Wir nahmen an einem geführten Rundgang teil, bei dem wir die alten Anlagen besichtigen konnten, mit denen Baumwollfasern gereinigt, gebürstet, gesponnen und gewebt wurden. Die Fabrik wurde 1927 gegründet. Zur Blühtezeit des Unternehmens waren 1200 Menschen hier beschäftigt, die in 3 Schichten gearbeitet haben. Davon waren 80% Männer und 20% Frauen und Kinder. Nach einem grossen Streik 1934 wurden die Arbeitsbedingungen für die Angestellten massiv verbessert, es gab mehr Lohn, nur noch 2 Schichten und auch in Sachen Arbeitssicherheit gab es neue Errungenschaften. Nach einem starken Produktionseinbruch gefolgt von vielen Entlassungen und einem weiteren Streik im Jahr 1965 wurde die Fabrik geschlossen, allerdings einige Zeit später wiedereröffnet. Definitiv geschlossen wurde das Unternehmen 1997, damals arbeiteten nur noch 27 Personen hier. Einige Zeit später wurde das Gebäude in ein Museum umgewandelt. Leider sind nur noch wenige der Anlagen komplett funktionstüchtig erhalten, da es viele Plünderungen gegeben hat.
Die Führung war wirklich sehr interessant und hat uns allen sehr gefallen.
Just an diesem Tag fand auf dem Vorplatz des Museums eine Landwirtschaftsmesse statt. Abgesehen von einer Blaskapelle gab es allerdings lediglich Redner, die stundenlang irgendwelches Zeugs auf Spanisch schwafelten, die ganze Sache war also nicht besonders spektakulär. Allerdings gab es auch einige Essstände, wo wir uns ein Schälchen mit Spanferkel und einer Art Suppe aus Popcorn genehmigten. Man muss dazu sagen, dass dies mitunter eines der besten Essen war, die wir in Ecuador gehabt hatten.
Anschliessend schnappten wir uns den nächsten Bus und fuhren weiter ins Dorf Cotacachi, welches vor allem für Lederwaren bekannt ist. Und tatsächlich reiht sich in der Haupteinkaufsmeile ein Laden mit günstigen Lederjacken, -Schuhen, -taschen, etc. an den nächsten. Den Rest des Nachmittags verbrachten wir damit, ein wenig zu shoppen und uns das hübsche Städtchen Cotacachi anzusehen.
Am nächsten Tag war es dann soweit, es war Samstag und der grosse Markt in Otavalo fand statt. Alle Strassen rund um den Marktplatz waren überfüllt mit Ständen, die alles mögliche an Waren feilboten. Zu einem grossen Teil handelte es sich um Kunsthandwerk für Touristen. Aber es gab auch allerlei Kleider, Schuhe und Haushaltswaren, für die sich eher die lokale Bevölkerung interessierte. Das war ganz schön, denn dadurch gab es eine gute Durchmischung von Leuten. Wir hatten ja in Guatemala den Kunsthandwerksmarkt in Chichicastenango besucht, wo es hauptsächlich von Touris wimmelte. Hier in Otavalo waren es hingegen zum grössten Teil Einheimische, die entweder ihre Waren an den Mann brachten, oder sich selbst mit allerlei Gütern eindeckten.
Natürlich hatten wir Manuela und Othmar eingebläut, dass sie bloss niemandem gegenüber mit keinem Wort erwähnen sollten, dass wir aus der Schweiz kämen, da, wie wir ja bereits wissen, der Preis sofort um mindestens 30% steigt. Wie immer blieben Jörg und ich treu bei unserer Geschichte, aus Kroatien zu stammen. Nun, es fällt nunmal nicht allen Menschen so leicht, ihre Herkunft zu verleugnen und einfach ein x-beliebiges anderes Land als Heimatland anzugeben (besonders nicht, wenn sie im Heimatdorf von Tony B. zuhause sind). Fair enough. Aber ich werde bestimmt niemals den Moment vergessen, als Othmar von einem Verkäufer auf dem Markt angesprochen wurde, und wie aus der Pistole geschossen antwortete: KROATIEN! Hach, was waren wir stolz auf ihn. Dumm nur, dass der Verkäufer eigentlich gefragt hatte, wie es ihm geht. J Ich konnte nicht mehr vor lauter lachen......
Etwas abseits des Hauptmarkts fand der Viehmarkt statt, den wir uns natürlich ebenfalls nicht entgehen lassen wollten. Von «Säckeweise Meerschweinchen» hatten wir gelesen, und die gab es hier tatsächlich zu sehen. Meerschweinchen gelten nämlich in diesen Teilen Südamerikas als Delikatesse, probiert hatten wir sie allerdings bisher noch nicht. Riesige Viecher von Meerschweinchen gab es hier zu kaufen. Jörg konnte es natürlich nicht lassen, und fragte interessiert nach dem Preis für eines der Tiere. Der Händler packte sofort eines der süssen kleinen Dinger am Schopf und zog es aus dem Korb, um es dem potentiellen Käufer anzupreisen. Ich bin ziemlich sicher, dass uns mein lautes «Jööööö» und mein entsetztes Gesicht ob der groben Behandlung des armen Meerschweinchens als «doch-nicht-potenzielle-Käufer» verraten hat.
Der Viehmarkt wurde fast ausschliesslich von Einheimischen besucht, schaulustige Touristen gab es hier nur ganz wenige. Die Leute hier gehen nicht besonders zimperlich mit den gekauften Tieren um. Die Meerschweinchen, Kaninchen, Enten, Hühner etc. werden einfach kurzerhand in Platiksäcke gestopft und dann durch die Stadt getragen, während man weitere Einkäufe tätigt. So darf es einen nicht wundern, wenn plötzlich jemand mit einem Plastiksack an einem vorbeiläuft, aus dem es laut quickt. Auch ist es kein seltener Anblick, dass die Einheimischen auf einen kurzen Schwatz auf der Strasse stehenbleiben, während die zwischenzeitlich auf dem Boden deponierten Säcke hüpfen, kriechen oder sich anderweitig fortbewegen.
Eines der grössten Highlights auf dem Markt war allerdings mal wieder Jörg. Natürlich fiel er wie üblich durch seine Grösse auf wie ein bunter Hund. Gleich zweimal wurde er von Einheimischen darum gebeten, mit ihm ein Foto machen zu dürfen. Herrlich. Eigentlich sollten wir anfangen, Geld für Fotos mit ihm zu verlangen.
Da wir in einigen Tagen für einen kurzen Heimaturlaub in die Schweiz zurückkehren würden, kauften auch wir einige Dinge auf dem Markt ein, aber natürlich keine Säcke voller Meerschweinchen, und auch sonst nichts, was hüpft oder kriecht.
Im Anschluss an den Shoppingmarathon mussten wir uns auch gleich auf den Weg zurück zum Busterminal machen, da wir noch am selben Abend nach Quito zurückkehren mussten. Im Bus kam Jörg ins Gespräch mit einigen älteren Damen, die sich offenbar köstlich amüsierten, sich mit ihm zu unterhalten, und uns herzlich in Ecuador willkommen hiessen. Sehr freundlich, vielen Dank!
Am nächsten Tag verabschiedeten wir Othmar und Manuela, die nachmittags ihren Flug zurück nach Zürich antreten würden.
Unser eigener Flug ging erst am Montag morgen. So hatten wir noch etwas Zeit, uns am Sonntag Nachmittag die Zeit im Parque El Ejido zu vertreiben. Der Park lag direkt in der Nähe unseres Hostels und Sonntags ist dort viel los. Es gab Strassenkünstler, Essensstände, einen kleinen Souvenirmarkt und viele Einheimische, die dort ihre Freizeit verbrachten.
Das war unsere Zeit in Ecuador. Leider haben wir nur den Norden des Landes sehen können, und wir werden nach unserem Heimaturlaub erstmal auch nicht hierher zurückkommen. Dies vor allem aus Kostengründen. Interessanterweise ist ein Flug CH – Südamerika – CH einiges günstiger als Südamerika – CH – Südamerika. Und Ecuador ist dabei sogar noch einer der besonders teuren Hubs.
Gerne würde ich das Land bzw. den Süden aber bei anderer/späterer Gelegenheit noch einmal besuchen.
Es gibt hier zwar (ausser Galapagos natürlich) nicht sehr viele absolute Must-See-Highlights, gemessen an all den grossen Sehenswürdigkeiten, die der Südamerikanische Kontinent noch zu bieten hat. Aber die Menschen sind sehr freundlich und wir haben uns hier wohl gefühlt.
Wir danken an dieser Stelle natürlich auch noch unserem Besuch aus der Schweiz, Mami und Othmar, dass sie uns ein Stück auf unserer Reise begleitet und an unserem Abenteuer teilgenommen haben! Es war wirklich eine sehr schöne Zeit!