Lofalitsidwa: 21.04.2017
die boeing 737 startet pünktlich mit der nase gen osten und hat das überfliegen der anden noch vor sich. so erlebe den sonnenaufgang nur indirekt und sehe dafür die scharfen zacken der andenkette im gegenlicht.
es ist ein langer ritt nach süden, denn zwei stunden später sitze ich wieder in einer 737, dieses mal völlig ausgebucht, und es geht wieder zurück richtung westen und dann später gen süden. 3 stunden!!
der landeanflug auf el calafate gibt mir einen überblick und ich bin bis zur tatsächlichen landung mit der frage befasst : hat der pilot die orienterung verloren und muss eine notlandung machen? kein sprit? triebwerke laufen nur noch auf halbe kraft?
ich sehe kein haus, kein baum, nur in der ferne einen großen großen und türkisfarbenden see.
nein - das kann nicht sein, dass wir hier landen. aber tatsächlich: eine landebahn ist zu erkennen und kurz darauf das routinierte aufsetzen der maschine zu erspüren. eine scharfe bremsung, wir rollen auf unseren stellplatz und noch immer hat sich da draußen nichts, aber auch gar nichts verändert - von einem flughafengebäude und dem lotsenturm einmal abgesehen. hm, denke ich mir - war das so eine gute idee? aber alles schwärmt vom nationalpark "torres de paine" - also muss doch was dran sein. im flughafengebäude angekommen will ich argentinische pesos ziehen - der automat muckt und sagt mir, ich hätte einen ungültigen geldbetrag eingegeben. macht nichts denke ich mir - ich habe ja visa. mein plan ist, mit dem bus gleich weiter nach puerto natales zu fahren, doch der bus ist nicht mehr zu kriegen, da ich ja erst einmal nach el calafate muss. macht nichts, denke ich, ich kann den nächsten shuttle nehmen und dann eine nacht in el calafate einlegen. eine stunde warten ist kein thema, in der zwischenzeit kann ich mein smartie aufladen und noch etwas schreiben. aber - und das fällt mir auf und ein, als ich siegessicher den stecker in die steckdose stecken will - hier ist ein anderes steckersystem, der die europäischen nicht kennt. also kein aufladen des smarties, kein schreiben, sondern in die kantine gehen und warten. das wetter draußen ist grau und trist, ich bin müde und habe keine lust und kraft für weitere experimente. doch dann läuft alles reibungslos, die busfahrt durch die mondlandschaft, vulkane, deren krater ich von oben noch bewundern konnte. die hostelfrage ist aufgrund der technik noch nicht geklärt. ich steige irgendwo aus und finde ein gemütliches hostel für vergleichsweise wenig geld.
aber das vierbett - zimmer erwartet sehr schlanke gäste am besten ohne gepäck. ich habe es glücklicherweise für mich und treffe abends noch zwei ältere französinnen, die ich zu einem rotwein einlade. ich ändere meine planung, verlängere, schaue mir am nächsten tag el calafate an - ein oberstdorf aus den 80iger jahren. eigentlich überhaupt nicht mein geschmack.
05.04
am nächsten tag tiefblauer himmel, scharf gezackte berge und in der ferne die anden. mächtig, furcht einflößend gerade mit blick auf mein vespa-unterfangen in den kommenden monaten und eine wärmende sonne.
mein hostel liegt unweit des busbahnhofes in einer noch nicht vom tourismus infizierten gegend. der bäcker und ein kränkelnder supermarkt gleich neben an - was will ich mehr.
ich spaziere zum lago argentino, sitze dort bestimmt zwei stunden und genieße die ruhe. fauna gibt es bis auf ein paar entlein nicht zu beobachten, aber die ruhe und der große blaue gletschersee wirken auch so.
06.04
um halb 8 holt mich am nächsten morgen der sprinterbus ab, der uns später an einen 50sitzer abgibt.
die wanderung über den gletscher, die bootsfahrt bis an den gletscher heran ist wirklich ein großes erlebnis. mit steigeisen und einem guten guide werden wir über den gletscher geführt. zwar scheint keine sonne, aber trotzdem sind die farben so toll und immer wieder unterschiedlich, dass ich mit dem fotografieren gar nicht mehr aufhören will.
Es scheint alles friedlich - doch der gletscher-tsunami kommt mit ungebremster wucht ... im wald wachsen grüne (!) bodendecker!!
wir hören immer wieder beunruhigende donnerschläge und können tatsächlich auch beobachten - noch vom boot aus - wie sich ein großer brocken löst und mit großem getöse ins wasser fällt. 40 meter höhendifferenz!
später beruhigt uns unser guide, dass die gletscherbilanz im gleichgewicht bliebe. es sei normal, dass sich in wärmeren jahreszeiten, der gletscher verkleinere, das würden die schneemassen im winter, die über die anden kämen wieder ausgleichen. später gibt es noch einen abschiedswhiskey. das besondere daran ist aber, dass keiner von uns jemals wieder einen whiskey trinken würde, dessen eis älter sei, als der whiskey selbst. dazu gibt es leckere schokolade.
07.04.
ich bleibe noch eine nacht und verspüre am nächsten tag bewegungsdrang. die berge, völlig unbewaldet und nur mit kniehohem gestrüpp versehen wirken ungefährlich und versprechen mir auch, die übersicht zu behalten. es geht steil bergan, die sonne, der tiefblaue himmel und die anden im fernen westen sorgen für atmosphäre.
als ich auf der anhöhe bin, gucke ich mir ein ziel aus, das nicht ganz so einfach zu erreichen ist. deswegen nicht, weil eine kleine schlucht dazwischen liegt, deren ausmaße so leicht für mich nicht einzuschätzen sind. aber ziel ist ziel - da will ich hin.
bei der kasse frage ich nach einer tüte. kopf schütteln. schließlich gehe ich zum obst- und gemüsestand und nehme mir ein zwei tüten, als ich von dem abwieger zurückgepfiffen werde. die tüten seien nur für das obst und das gemüse - aber nicht einfach so zum mitnehmen. ich mache ihn darauf aufmerksam, dass ich die tüte nicht für fremde produkte nehme, sondern für die, die ich bei ihm gekauft und bei ihm bezahlt habe. es geht hin und her - ich verstehe ihn sogar, was ja angesichts unseres themas nicht allzu schwierig ist und schließlich geht ein grinsen über sein gesicht. Er verspricht mir, mir einen karton zu holen. er strahlt, ich strahle, hände schütteln, daumen hoch und jeder geht ohne verlorenes gesicht seiner wege...
08.04.
der rucksack und alles andere ist gepackt: heute geht es nach el chalten. ein 2 bis 3.000 seelendorf, das in den 80igern aus dem boden gestampft wurde. im zuge der zunehmenden touristenströme musste sich die regierung etwas einfallen lassen und plant jetzt, ein zweites dorf ins leben zu rufen.
der grund ist der fitz roy, von dem sich el chalten (rauchender berg) den namen geliehen hat. das hat nichts mit vulkanösen ereignissen zu tun, sondern es sind die wolken, die ihm den namen gegeben haben. und die sind auch der grund, warum das touristengeschäft so floriert. jeder will ihn ohne wolkenschleier oder- umhüllzung gesehen haben.
Die marketingleute nutzen das prinzip "des knappen gutes": und schlachten das richtig schön aus und jeder will ihn natürlich sehen und fährt hin.
von nora weiß ich, dass sie ihn gesehen hat!! von der aufgehenden sonne vor tiefblauem himmel beleuchtet! und das kam bei mir schon als etwas ganz besonderes an, das sich so schnell bestimmt nicht mehr wiederholen würde. wie beim lotto: alle spielen lotto und die meisten verlieren - alle fahren nach el chalten und nur wenige sehen ihn. so jedenfall wird uns suggeriert. ob das so ist?
als ich aus dem bus steige sehe ich ihn. hm denke ich enttäuscht, das ging ja schnell. die spannung ist weg. zwar versteckt er sich noch hinter der einen oder anderen durchscheinenden wolke, aber seine konturen sind klar zu erkennen.
das hostel ist ganz anders als in santiago. es ist familiengeführt und das leben der familie rankt sich um die hostel-gäste und nicht umgekehrt. die familie besteht aus eltern und zwei bis drei kindern, die sich bei laufender glotze tagsüber in einem zimmer aufhalten. die eltern glänzen nicht gerade damit, wie kinder gefördert und erzogen und zu einem regelmäßigen tagesrhytmus gebracht werden - nein auch abends sitzen sie in scheinbar trauter runde um den esstisch, leer gegessene fastfood tüten auf dem tisch, die mutter mit dem smartie spielend und die kinder am quengeln. später werden dann die gemeinsamen bäder benutzt und wieder ist ein dem hostelbetrieb untergeordneter tag zu ende. aber vielleicht sehen wir westeuropäer das alles viel zu eng.
ich bin von el calafate die preise gewohnt und denke so wie jeder denkt: wann komme ich wieder hierher. und so wie es nora ergeht mit dem perito moreno gletscher soll es mir nicht gehen.
am nachmittag mache ich noch einen gang zu den wasserfällen. der westwind hat so zugenommen, dass ich meine neu erworbene sonnenbrille gegen den staub aufsetzen muss.
ja, das weiss ich von alex, der die amerikanische westküste von der arktis bis zur antarktis mit der vespa abgefahren ist, dass ihn die winde und böen, die vom pazifik kommen, kräftig gebeutelt haben. das macht das fahren dann richtig anstrengend, weil sich der körper total verkrampft - immer auf die nächste böe eingestellt. nun - das steht mir dann wohl auch bevor, aber das wusste ich alles und nun gilt es, sich der situation in den nächsten monaten zu stellen. und - prinzip hoffnung - so schlimm wird es auch nicht werden...
der weg zu den wasserfällen ist kaum bevölkert. ich laufe an einem breiten flussbett entlang und bewundere die andenwelt, die hier mit 3 bis 4 tausendern aufwartet. das wetter ist angehm, grau - ab und zu ein paar regentropfen. wie das morgen werden wird?
zu einem dialog kommt es dann doch noch - aus einer gewissen not heraus geboren: ich gehe in das schlafzimmer - 4 betten, ziemlich eng und falle fast um! die heizung ist auf 5 und mehr gestellt, der gasofen gibt her was in ihm steckt - und ich sage mir erst einmal ruhig bleiben, mal schauen was kommt...
und tatsächlich, als ich eine halbe stunde später wieder reingehe, ist die heizung runtergedreht, das fenster zwar noch geschlossen, aber keiner hat etwas dagegen dass es über nacht geöffnet bleibt.
auch am nächsten abend - die mitbewohner haben gewechselt - das gleiche szenario. hier verspüre ich etwas unwillen und den zarten vorwurf in der stimme des franzosen, es sei doch so kalt. draussen sind es um die um die 15 bis 20 grad... ich denke mir auch so: nach aussen den dicken machen, aber doch 25 grad raumtemperatur oder mehr beanspruchen...
09.04.
mit dem gesunden müslifrühstück ist so eine sache. im ganzen ort sind die regale so gut wie leer. hauptsächlich trifft das mich an den obst- und gemüseständen. hintergrund: ich halte mich fern von dem weissen brot, sondern esse viel obst mit haferflocken, das lange vorhält und abends gemüsepfanne mit allem, was so da ist. nur: hier in el chalten ist NICHTS da. und das nicht nur an dem wochenende, sondern mit wenig besserung auch am kommenden montag. also haferflocken pur mit milch.
Standortbestimmung. Ca. 4.000 km zieht sich chile an der westküste entlang
punkt halb 8 steht der sprinter vor der tür und ab gehts in unsere bergtour. wir sind mit dem guide zu viert. eine amerikanerin aus michigan - sehr nervend und sehr laut - und eine italienerin, die lange in usa gelebt hat und die mit der lauten amerikanerin befreundet ist. also closed shop auch hier, was mir auch sehr recht ist. denn ich genieße lieber die bergwelt, als dass ich mich über belanglosigkeiten unterhalten muss. die kondition, die sie in ihrer mitteilsamkeit an den tag legt, fehlt leider in den beinen. hinzu kommt, dass sie auch immer wieder gerne anhält, um zu fotografieren... als ich merke, dass sie immer wieder zurückfällt, kommen irgendwie vatergefühle auf und ich setze mich hinter sie, damit die gruppe nicht zu weit auseinander fällt. matthias, unser guide erfreut sich der sympathie der beiden mädels, und bald merkt er, dass er sich um mich nicht kümmern muss.
wir haben eine 9 stündige bergtour vor uns.
es geht stetig bergauf. unser ziel ist nicht das erklimmen des hausberges fitz roy - er hat immerhin 3.400 m, sondern wir wollen zu einer stelle, an der wir ihn besondern gut sehen können. dazu müssen wir 800 höhenmeter überwinden. das wetter ist so, wie immer wieder zu lesen ist: zwar erleben wir nicht alle vier jahreszeiten - der schnee bleibt noch aus - aber mit dreien sind wir auch gut versorgt. die strecke ist gut ausgeschildert - hätte ich ein auto gehabt, dann hätte ich den weg auch alleine gehen können. ein taxi an die stelle, wo wir rausgelassen worden sind, hätte nur einen bruchteil dessen gekostet, was ich in der agentur gelassen habe. aber es ist ja für einen guten zweck, denke ich.
die letzte stunde vor unserer ankunft ist dann noch einmal richtig anstrengend. bisher war es eine oder maximal zwei treppenstufen, die mit einem schritt zu nehmen waren, jetzt aber erhöht sich die zahl locker auf drei und teilweise sogar vier.
ich bleibe hinter meiner freundin und als sie sich hinsetzt geht bei mir der vater durch und ich schlage ihr mit bestimmten ton vor, sich nicht hinzusetzen, das wäre eine ganz schlechte idee. sie nimmt das ohne widerspruch zur kenntnis, bleibt für den rest ihrer pause stehen und wir wandern weiter.
Geröll und im westen türmt sich das schlechte wetter - und mal wieder ein foto...
die sonne brennt mittlerweile, aber von westen kommen schon dicke wolken an. gut, wenn ich alleine gewesen wäre, wäre ich umgedreht eben aus unkenntnis des klimas hier in den bergen.
ruft er von oben herunter... ich blicke zu ihm hinauf, nicke ihm zu, hätte jetzt gerne eine schlagfertige, aber nicht verletzende antwort parat gehabt. irgendwann ordnet er meine mir selbst gegebene rolle richtig ein und hat nun mit sorgenvollem blick die amerikanerin im visier. oben angekommen haben wir einen tolle blick in die bergwelt, fitz roy "raucht" vor sich hin, die sonne macht den von westen kommenden wolken platz, ein kalter wind kommt auf und ich bin froh, dass ich für alle jahreszeiten vorgesorgt habe.
wir befinden uns hier im nationalpark torres del paine und wurden schon bei unserer anreise ausführlich über rechte und pflichten informiert. tatsächlich liegt kein abfall rum, keiner raucht an verbotenen stellen und verräterische tempotaschentücher sind im dickicht auch nicht auszumachen.
wir kommen gegen 1700 uhr wieder im dorf an und ich freue mich auf einen restaurantbesuch - meinem ersten auf dieser reise.
das wetter hat sich verzogen, der wind hat gedreht und befeit fitz roy von seiner verkleidung. aber auch nicht vollständig.
10.04.
heute ist ruhetag und dafür vorgesehen, mir eine von diesen schnelltrocknenden und teilbaren hosen zu kaufen. ich genieße die ruhe im hostel, schreibe, lese, schlafe und mache mich dann später auf.
11.04.
ich muss an diesem morgen früh raus, weil der bus nach el calafate schon früh abfährt.
und tatsächlich zeigt sich fitz roy in seiner vollen pracht. zwar noch von der morgendlichen dunkelheit geschützt, aber die sonne von der gegenüberliegenden seite kennt kein erbarmen und umgibt ihn mit ihrem rotgoldenen licht. statt meinen teller abzuwaschen gehe ich vor das haus und fotografiere. besser könnte es gar nicht sein - zwar stören die oberleitungen, aber das gehört einfach zu südamerika dazu.
und am späten abend kommt noch diehannoveranerin aus el chalten zurück. wir hatten uns schon einige abende vorher diesem hostel getroffen. sie war schon in puerto natales und gab mir einen tollen hostel-tipp. ich wollte eigentlich vorort suchen, habe noch am abendbeide hostelempfehlungen angemailt und von "errata rock" (rätselhafter felsen) am nächsten tag bei einer ankunft eine antwort vorgefunden.ein bett sei frei!!
morgen früh soll es nach puerto natales gehen - ein fünf stunden tripp liegt vor mir.
12.04.
der busbahnhof ist von meinem hostel nur ein paar schritte entfernt, das ticket habe ich schon und auf dem weg dort hin noch ein letzter blick auf die andenkette, die schon langsam das kupferne licht der aufgehenden sonne annimmt. immer wieder ein erhebender moment.
die busfahrt verschlafe ich mehr oder weniger und nach 5 stunden - den grenzübergang nach chile hatte ich gar nicht im kopf - sind wir da.
ich werde auf einen kaffeestand aufmerksam, bei dem der kaffee gemahlen und so wie früher aufgebrüht wird. das macht ein pärchen - aber wie sie das machen oder besser wie sie das celebrieren, war schon beeindruckend. der kunde wird darauf hingewiesen, dass es sich um kaffee aus costa rica handelt, wovon er mehrere sorten anbieten könne. er gibt etwas kaffee auf einen löffel, lässt dem kunden den duft in die nase steigen und beginnt dann die prozedur. vorwärmen der kanne mit gekonnten und eingeübten drehbewegungen, das malen und schließlich der aufguß. wir schauen gebannt zu und stolz wird der fertige kaffee überreicht. ich probiere ihn und sehe an der mimik, dass der kaffezubereiter ein feedback haben will. ich verstehe nicht viel von kaffee und meine anerkennung ist auch mehr auf die prozedur gerichtet, aber der kaffee ist gut - könnte vielleicht etwas heisser sein. wenn ich um milch ud zucker gebeten hätte - es gab nur braunen zucker natürlich - dann hätte ich mich lügen gestraft. dazu bietet er einen leckeren himbeer - media luna (halb mond - sieht aus wie ein croissant) an, der sehr lecker ist, aber bestimmt nicht von den beiden selbst gebacken.
ich gehe zu fuß zum hostel, verlaufe mich ein paar mal und bekomme dabei schon einen eindruck von puerto natales.
Endlichbin ich beim hostel angekommen. Eine sehr gemütliche lounge und einesehr nette begrüßung – sogar mit vornamen!
Ich habe ein helleszimmer. Mein bett steht direkt am fenster – nach santiago, wo esnicht so viele fenster gab, eine wohltat. Und es begrüßt mich dieschlafende hostelkatze. Ich halte mich nicht lange auf, denn für15:00 uhr ist eine informationsveranstaltung für die trekkerangesagt, also für jene, die einen 6 tages tripp durch die bergemachen wollen. Das in trekkingkreisen berühmte W, das man einfachabgelaufen sein sollte. Mit zelt, lebensmitteln und vielentrockenfrüchten für die kraftzufuhr.
Es handelt sich hierbei umein bergmassiv, das torres del paine genannt wird. In der sprache derTehuelche-Indianer türmedes blauen himmels,die bis zum 3.000 meter hoch sind.
Ich bin eine halbe stunde zuspät. Eine sportlich durchtrainierte frau referiert, erklärt undweist auf die schwierigkeiten hin, die eine nicht tauglicheausrüstung mit sich bringt. Schon bald wird mir klar, dass ich diese6 tages tour nicht machen werde. Zwar habe ich zelt, isomatte undeinen guten schlafsack dabei, aber mit 16 kg auf dem rücken und vordem hintergrund meiner letzten bergtour traue ich mir das einfachnicht zu. Nach langer strecke dann noch das zelt aufbauen, sich mitvielen leuten die kochecke teilen müssen, unbeständiges wetter etc– das muss ich mir nicht antun.
Also erkundige ich mich später beider insiderin – eine deutsche übrigens – nach einer tagestour.Ich plane zwei oder drei tage hier zu bleiben, um dann weiter südlichfeuerland kennenzulernen. Ich entscheide mich für eine neunstundenbergtour mit blick auf die tres torres del paine. Ich bekomme nochvon ihr details genannt und mache erst einmal einen gang durch diestadt. Ich genieße es immer wieder, einfach loszulaufen, das smartiemit googlemaps in der tasche und befinde mich bald am senoultima esperanza, demfiord der letzten hoffnung.
gestrandet?
Auf dem hafengeländeist auch der beschützer des fischfangs zu bewundern, der immerwieder mit blumenschmuck bedacht wird.
Der hunger treibt michjetzt in die stadt. Ich finde einen tollen laden mit obst und gemüseund decke mich erst einmal mit leckeren knackigen äpfeln, kiwis und mango ein undeiner großen tüte pistazien – schon geknackt! Ich sehe einenvierstelligen preis per hand geschrieben auf der tüte und denke fürmich: das ist ein schnäppchen und greife zu. Später an der kassekomme ich in die gegenwart zurück. Es sind nicht 5 tsd, sondern 50tsd chilenische peso – also um die 75 euro. Als ich erst einmalbezahlt habe, schaue ich mir gleich den kassenzettel an und bemerkeden fehler. Sofort bin ich wieder bei der kassiererin und bitte umrücknahme. Das war zum glück kein proplem, nur sehr viel paperworkfür sie. Unterwegs kam ich dann doch noch lust auf empanadas mitkäse und lief kauend mit einem karton spaghetti und was dazugehörtzurück ins hostel. „erratic rock“ genannt, was so viel bedeutetwie der rästelhafte felsen. Satt von den empanadas und den äpfelnspare ich mir das kochen und stelle meine lebensmittel in einfach...
Der abend ist sehr ruhig, weil die meisten entwedertrekken oder schon früh im bett sind, weil der bus morgens sehr frühnach lago amarga fährt, dem startpunkt ins bergmassiv.
Frau katzebeehrt mich in der nacht, nicht auf meinem bett, aber auf ihremstammplatz. Sie lässt mich aber in ruhe.
13.04.
Heute soll meine zweite neunstündige wanderung losgehen. frühes aufstehen und ich stelle mich schon auf haferflocken und obst ein, aber unten in der küche erwartet mich ein gedeckter frühstückstisch und ein Bill, der mich fragt, ob ich ein omlet möchte und mir gleich auf einem messer pan de la casa, selbst gebackenes brot reicht. vorher esse ich noch die kiwis auf. es gibt cornflakes, zwei sorten joghurt, harte butter und was mein herz verlangt. die grundlage für den tag ist gelegt.
obwohl ein schachbrett-ort sollte ich den busbahnhof auf anhieb finden, aber es liegt nebel über der stadt und eine falsche abzweigung bringt mich ziemlich weit weg von meinem ziel. halb 8 soll der bus starten, mein smartie sagt 7:15 uhr. orientierungslosigkeit.
Aber– ein taxibus kommt des weges und bringt mich zum busterminal.07:25!
die fahrt dauert zwei stunden und dann sind wir beim„checkpoint“ lago amargo. Hier ist der startpunkt sowohl für dietageswanderer, als auch für die W-läufer. Jeder muss sich mit nameneintragen, eine passable gebühr bezahlen und dann geht es los.
Ichwarte bis ruhe eingekehrt ist, stehe in der sonne und genieße einezigarette. Da kommt ein mädel auf mich zu, fragt nach feuer und wirkommen ins gespräch. Schnell stellt sich raus, dass sie deutsche istund aus frankfurt kommt. Etwas hessisch ist zu erkennen. Schön! Siehat ein handicap im gesicht – erst sieht es nach einer hasenscharteaus – ich achte nicht weiter darauf und sie fragt, ob wir zusammengehen wollen. Ich stimme zögerlich zu, mich an die erste bergtourmit der nervigen amerikanerin erinnernd und sage dann ok. Alsvorwarnung zitiere ich hape kerkeling, der das buch über seinewanderung nach santiago de compostella geschrieben hat und darinsagte, dass jeder sein eigenes lauftempo habe und er meistensimmer alleine gegangen wäre. Den wink versteht hanna und sagt, eswäre nicht schlimm, wenn ich dann alleine weiter ginge.
Es ist abereine schöne tour mit ihr, und schon bald fühle ich auch für sie eine gewisseverantwortung, weil sie TURNSCHUHE anhat. Der wahnsinn. Sielebt in münchen, kennt die alpen und geht mit turnschuhen in dieberge. Sie ist aber gut in kondition, und so kommen wir gut voran. Daswetter, von dem alle sagen, es sei wechselhaft und die vierjahreszeiten immer präsent, ist ein traum.
Wieder das tolle lichtund gestochen scharfe konturen, der weg ist gut ausgezeichnet.
Die gesteinsschichten, die am nachmittag ihre unterschiedlichen farben zeigen
wirkönnen wandern und müssen nicht immer anhalten und den weg checken.Zwar geht es bergauf, aber noch moderat. Aber bald hat das ein ende.der weg wird zum pfad, die steine, die bestiegen oder umwandertwerden wollen häufen sich, wir kommen aus der baumzone raus undwandern einen schmalen pfad entlang, rechts neben uns der blick indie tiefe. Schwindelfrei sind wir beide. Irgendwann machen wir einepause, um einen gaucho mit einer ganzen pferdekolonne vorbei zulassen, die schwer bepackt mit versorgungsgütern zum chileno hochlaufen.
Das chileno ist ein berghostel, das von den W-wanderern alsstartpunkt genommen wird.
Beeindruckend, wie sich die kaltblütlerden weg hochschaffen. Sie sind mit einer leine aneinandergebunden.Keiner darf langsamer werden, sonst kommt die kolonne aus dem tritt.Mäßig, aber regelmäßig gehen sie den steigenden pfad nach oben.
Wir gehen weiter und sind auch bald am chileno angelangt. Ich füllemeine trinkflasche mit bestem gletscherwasser direkt aus dem fluss,und dann kommt langsam der anstrengende teil. Anderthalb bis zweistunden liegen noch vor uns.
Mittlerweile verläuft sich der pfadin einem geröllfeld, sodass nur noch rote holzpfeiler den weg zuunserem ziel weisen. Hanna läuft mir davon, ich mache fotos und lasseverantwortung verantwortung sein.
Sie hat den tritt raus. Ich gehealleine, den blick auf den weg oder eher auf die steine gerichtet undverliere dabei die orientierung. Die roten pfosten sind weg. Keingutes gefühl, denn einfach auf verdacht runter zu gehen, kanngefährlkich werden.
Ich erinnere mich an meinen abstieg von demhausberg in santiago, wo ich auf der anderen seite gelandet bin. Daskann hier auch passieren. Aber es sind noch mehr bergsteigerunterwegs, und einer ruft mich zurück.
Nach wenigen minuten seheich die markierungen wieder. Endlich sind wir bei den tres torres.Der aufstsieg hat sich echt gelohnt. Das wetter hält, die sonnebrennt und die tres torres stehen unbedeckt vor uns.
Vor mir ist dergletschersee zu sehen, der die gesteinsschichten des massivs tollrefektiert.
Nach einer halben stunde und vielen fotos geht es wiederzurück. Der abstieg ist für hanna problematisch, aber sie isttapfer. Ich bleibe hinter ihr. Die tour lohnt sich, weil die bergwelteinfach bombastisch ist.
Wäre es neblig oder wolkenverhangen, dannwäre es nur anstrengend. So aber immer wieder tolle eindrücke. Wirunterhalten uns gut, sie erzählt von ihrem handicap. Offen und rund heraus weg! es handelt sich um eine lähmung der linken gesichtshälfte,verursacht durch einen tumor. Ich traue mich, ihr später meine anerkennungdazu auszusprechen, wie sie mit diesem makel umgeht. offensiv und nicht verschämt.
Andere – undich bestimmt eingeschlossen – würden sich verkriechen oder dasgesicht verdecken. Wenn ich bedenke, was ich wegen meiner kleinennarbe im gesicht für ein theater gemacht habe … Wird sieverschwinden? Wie sieht sie nach der op aus? Sie habe sich damitarrangiert und hoffe auf eine erfolgreiche nerventransplantation.
Bald sind wir wieder im flachland, die sonne wird schwächer, und eswird sofort kälter. Ich freue mich auf den warmen bus, eine heissedusche und einen gemütlichen abend im hostel.