ထုတ်ဝေခဲ့သည်။: 19.01.2019
Jerusalem der 19.01.2019.... ja ihr lest richtig. Ich habe es endlich geschafft nach Jerusalem umzuziehen. Und nun auch endlich neue Lebensenergie um neue Worte zu finden. Da ich von meinem Alltag in der Westbank meistens so müde und erschöpft war, dar ich die letzten fünf Monate kein WLAN hatte oder eine warme Dusche, oder ein funktionierenden Ofen. Da ich viel zu oft von patriarchalen Situationen gelähmt war, hatte ich ehrlich gesagt selten die Energie mich hinzusetzen um diesen Block weiter zu führen. Doch neue Bleibe- neue Stadt- neue Freiheiten- neue Energien.
Doch zunächst einen kurzen Rückblick über die letzten Monate die Emotionen und Erfahrungen:
Nun von August bis Januar lebte ich also in Beit Jala wie schon genannt. Einen kleinen Dorf in der Westbank. Hier hatte ich wenige Möglichkeiten mein Individuum auszubreiten. Ich stagnierte. Ich stagnierte im Patriarchat. Ich stagnierte und war oftmals wie gelähmt. Gerade das Leben als Frau, welche in Europa sozialisiert wurde, erwies sich für mich als besondere Herausforderung. So kam ich kaum in Kontakt mit anderen Frauen*. Da diese natürlich in meinem Alter Carearbeit nachgehen müssen. Wirklich- in dieser Zeit habe ich gespürt- wie unglaublich wichtig mir eine weibliche PeerGroup ist. Wie sehr es mir fehlt mich mit Frauen* bzw. FLIT* Personen auszutauschen. Wie sehr mir eine Sisterhood fehlt, die mir den Rücken stärkt. Natürlich ich habe Zuhause in Nürnberg eine unheimlich empowernde Crew, doch die Distanz und der Fakt kein WLAN zu haben, hat die Sache ja nicht gerade vereinfacht.
Doch darüber habe ich oft genug in Foren wie Instagram und Co. Berichtet.
Ein Alman nach 5 Monaten so: „Yad Vashem was ist das?“
Dennoch vergingen die letzten Monate ziemlich schnell. Ich muss zugeben dass die ersten drei Monate eine krasse emotionale Belastungsprobe für mich waren. Ich glaube ich habe mich seit Monaten nicht mehr so traurig, müde, alleine und hilflos gefühlt. Zusätzlich ist es natürlich auch ein zusätzlicher psychischer Stress jeden Tag von politischen Diskussionen, Besatzung, Rassismus und Populismus umgeben zu sein. Zumindest jeder Mensch aus Europa oder den Staaten meint die wohl zweifelsfrei beste Meinung zu dem Nah-Ost Konflikt haben zu müssen. Und diese wird dir dann in allen Einzelheiten bis ins Detail näher gebracht- ob du willst oder nicht.
Natürlich triffst du Betroffene, die dir von ihren Erlebnissen berichten. Natürlich sind die Betroffenen oftmals sehr emotional, weil sie Tag und Tag das hier ertragen müssen, aber das ist OK. Die meisten Menschen die ich traf wollen eigentlich nur eines – Frieden. Vielleicht habe ich mir gezielt Leute um mich herum gesucht, die keine zu emotional-populistische Meinung haben. Menschen welche mehr politischen Idealen und linken Lebensweisen nachgehen. Aber zumindest das war die richtige Entscheidung. Ich habe viele Internationale, oder Almans gesehen, die sich bewusst in BDS -Nähe aufhalten, aber zumindest das kam für mich nie in Frage. Was ich zum Beispiel bis heute nicht verstehe. Wie zum Beispiel deutsche Freiwillige, gefühlt wöchentlich irgendwelche kritischen Auseinandersetzungen mit den Staat Israel in der Westbank verfolgen ( BDS Touren etc.) aber in fünf Monaten kein einziges Mal die Energie hatten Yad Vashem zu besuchen. Und ich rede hier nicht von einer oder zwei Freiwilligen sondern von mehr als einer handvoll, denen ich das mal tendenziell unterstellen kann. Natürlich ist das auch die bildungspolitische Frage der Entsendeorganisationen, die oftmals sehr einseitig geprägt sind. Bildungspolitisch finde ich dies persönlich einfach unverantwortlich. Zudem da die meisten Freiwilligen gerade Abitur-Absolvent*Innen sind und deren politische Haltung noch so leicht zu verformen ist. ( Und durch den Vergleich Yad Vashem – und irgendwelchen Pro-Palästina Veranstaltungen möchte ich keine unterschwellige Relativierung inszinieren, sondern lediglich veranschaulichen, dass es Notwendig wäre, verschiedene Einblicke zu gewinnen. Und sich auch über die Ursprünge und Notwendigkeit verschiedener Staatskonstrukte bewusst zu werden..)
„Das Auto als Teil der individuellen Rebellion“
Für mich viel mehr von Bedeutung ist der Kontakt zu den Menschen vor Ort. Da ich in der Westbank lebte/ lebe habe ich natürlich bis jetzt mehr Einblicke in das arabische Leben gewinnen dürfen. Ich habe unglaublich gute Kumpels gefunden. Und durfte Freundschaft aus anderen Blickwinkeln betrachten. Es gibt so viel zu schreiben und berichten, dass ich gar nicht weiss, worüber ich genau berichten soll. Deshalb beschreibe ich einfach mal die Einblicke in das Leben junger palästinensischer Menschen. Da ich wie oben schon genannt, wenig Kontakt zu palästinensischen Frauen* knüpfen konnte, kann ich nun mehr das der männlichen* Kumpels beschreiben. So ist das Leben auch für die Männer* selbst von Patriarchat und Ungerechtigkeit geprägt. Zunächst wohnst du als Kind, egal welches Geschlecht bis zu deiner Ehe bei deinen Eltern. Die Ausnahme ist die Zeit in der Universität. Dort gibt es geschlechterspezifische Studierendenwohnheime und teilweise geschlechterspezifische WGs. Bis du aber nach deinem Abschluss noch nicht verheiratet, dann „stimmt“ mit dir oftmals was nicht ( zumindest aus gesellschaftlicher Sicht) und du ziehst zurück zu deinen Eltern bis zur Hochzeit. Die Kumpels die ich hier traf und nicht studieren arbeiten verdammt viel. Und mit verdammt viel meine ich auch verdammt viel. Es geht um 7 Tage die Woche teilweise bis zu 10 Stunden. Es geht um 60 bis 70 Stunden die Woche mit einem Lohn der lächerlich ist (85 Euro pro 65h Woche). Und in den meisten Fällen geht das Geld dann direkt an die Familie. Yes auch das ist das Patriarchat... Zudem sind die Lebenskosten hier aber viel höher als in Deutschland. So zahlst du für eine Milch locker mal umgerechnet 2 Euro oder für ein paar Scheiben Käse 5 Euro. Die Mieten sind unglaublich hoch Genussmittel , Freizeitaktivitäten und Co. unbezahlbar. Die einzige teure Ausnahme, die sich viele junge Menschen hier leisten ist ein eigenes Auto. Denn das bietet wohl die größte Freiheit. Auch wenn es relativ schwierig ist eine Permit für Jerusalem oder Israel zu erhalten, ist es ein Stück – räumlich begrenzte Freiheit. So hörst du, egal wo in der Westbank- den ganzen Tag laute Musik aus den Autos. Du kannst wilde Partys, klatschende Mitfahrer*Innen und ja leider auch Alkoholexzesse in den Autos erleben. Es geht viel um „Thriften“ und Autopartys. Warum? Dadurch , dass es in der Westbank nahezu keine offiziellen Partys gibt ( zu dem Kapitel illegale Partys in der Westbank komme ich ein anderes Mal ) bei welchen sich junge Menschen treffen können, dadurch – dass die jungen Menschen bis zu ihrer Ehe bei ihren Eltern wohnen müssen – dadurch dass Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit haram ist – dadurch dass Frauen und Männer ja manchmal nicht mal in der Universität nebeneinandersitzen dürfen – ohne dass es grossen familiären Stress kommt – bietet ein Auto so ziemlich die größte Freiheit. Es bietet Unabhängigkeit und ist im Betracht des Patriarchats eine kleine Revolution in jedem jungen Menschenherz hier. Deshalb muss mensch sich auch bisschen daran gewöhnen. In Kaltland fand ich laut umherfahrene Autos immer sehr sehr unangenehm und noch unangenehmer waren Männer* die dachten sie müssen irgendwas aus dem Auto gröhlen. Aber nachdem ich selbst das ein oder andere Mal mit meinen Kumpels bei diesen Autotouren dabei war, kann ich für mich zumindest sagen, dass ich es verstehe. So war eine der schönsten Nächte in der Zeit der Westbank die, als ich und mein Mitbewohner Jakob und zwei Kumpels die ganze Nacht umherfuhren. Endlich konnten wir laut Musik hören, endlich konnten wir unbeobachtet auf irgendeinen Berg sitzen und trinken. Endlich konnten wir laut schreien und lachen und unangepasst sein. Es hat sich so angefühlt wie die erste Autofahrt nach dem Führerschein. Ja wirklich wie eine kleine Befreiuung. Ja das Auto ist wirklich eine Rebellion...
Zum Schluss ein paar persönliche Berichte. Mein arabisch läuft immernoch schlecht als Recht aber immerhin verstehe ich schon mehr als ich Sprechen kann. Ich wohne nun in Ost-Jerusalem und das war die beste Entscheidung und das war das war die beste Entwicklung die ich hier erleben durfte. Wie die meisten wissen, habe ich mich für Jerusalem beworben und weniger für Beit Jala. Ich brauche einfach kleine Seifenblasen um glücklich zu sein. Politische Menschen um mich herum ganz egal ob anarchistisch, sozialistisch oder kommunistisch. Ich brauche irgendwelche alternativen Orte, um glücklich zu sein. Das klingt vielleicht eurozentristisch und ich weiss, dass es genügend Menschen auf der Welt gibt, die sich nach Savespace und politischen Begegnungsstätten sehnen – und niemals die Chance haben und das bedauer ich auch. Dennoch – wieso sollte ich die Chance nicht wahrnehmen – wenn sie doch so nah ist. Ich wurde nach dem „Mehrwert“ gefragt – wenn ich nach Jerusalem ziehe. Als ob es nur in der Westbank einen individuellen Mehrwert gäbe. Für mich persönlich ist es Mehrwert mit Israelis uns Palästinenser*Innen auszutauschen. Für mich ist es Mehrwert Savespaces und Seifenblasen zu entdecken ( und ja die gibt’s zu wenigen Teilen auch in Beit Sahour und Ramallah also in der Westbank). Für mich ist es aber auch Mehrwert am Abend als Frau* abends unbeschwert rausgehen zu können. Für mich ist es Mehrwert mit Leuten in einer Bar zu sitzen, laut lachen zu können und Bier trinken zu können. Für mich ist es Mehrwert an einem meiner ersten Abende in Jerusalem mit der lieben Sarah eine Transshow zu sehen. Für mich ist es Mehrwert nicht täglich Sexuell Harassment ausgesetzt sein – und wenn eben doch meine lieben neuen Nachbarinnen um mich herum zu haben, die nur mit ihrer Anwesenheit empowern.. Für mich ist es Mehrwehrt wenn ich nachts auf mein Dach klettere und die Stadt Jerusalem in all ihren Farben funkeln zu sehen- so friedlich mit all ihren Konflikten. Natürlich ist es egoistisch weil ich all diese Aspekte auf meine persönliche Freiheit beziehe und Menschen um mich herum diese Freiheiten nicht mal kosten dürfen. Darüber bin ich mir bewusst. Und das ist scheiße. Aber der Mensch muss auch Lernen in einer Welt voller Ungerechtigkeit zwar stets solidarisch und kämpferisch zu sein – aber auch zu auf sich selbst aufzupassen- und seinen eigenen Bedürfnissen nachgehen zu lernen.