Albanien, das Nordkorea Europas, das Land der Bunker, der Mercedes Benz, der Gastfreundschaft, des German Dreams, der rumsitzenden Männer und eine Oase für junge Eltern. Das sind erstmal ganz schön viele Attribute für ein Land, aber sie spiegeln in etwa unsere Erlebnisse der letzten vier Wochen wieder.
Eigentlich hatten wir nicht geplant so lange zu bleiben, aber wir drehten dann doch einige Schleifen im Land, welches so anders ist als die Länder bisher. Das fing schon beim Grenzübertritt an. Während die Montenegriener bei der Einreise noch kritisch unsere Pässe und Fahrzeugpapiere mehrere Minuten prüften, wollte der albanische Grenzbeamte lediglich die Anzahl der Passagiere wissen und verzichte auf die Kontrolle sämtlicher Papiere. Das war schon mal sehr entspannt. Der erste Kulturschock nach dem für den Westeuropäer doch noch sehr geordneten Montenegriener war der Schwall an Bettlern, der jeden, der die Grenze passierte, laut anschrie und belagerte.
Nach der Grenze kommt nach wenigen Kilometern Shkodër. Eine der größten Städte Albaniens und ein religiöses wie kulturelles Zentrum des Landes. Wir fuhren einfach drauf los und das Gewirr an Fußgängern, Fahrradfahrern, Eselskarren, Mopeds und Mercedes, die wild die Fahrbahn kreuzen, trieb Terence erstmal den Schweiß auf die Stirn, aber recht schnell bemerkten wir die Ordnung in diesem Chaos und passten uns einfach an. Der G fällt zum Glück eh im Verkehr auf.
Shkodër selbst besitzt eigentlich keine besonderen Sehenswürdigkeiten, es hat eine nette Innenstadt, viele Cafés, wenige Restaurants und gute preiswerte Barbiere, wie Terence zu berichten weiß. Aber vielen dient Shkodër auch als Startpunkt für Touren in die Albanischen Alpen, so auch uns. Unser Pistenkuh-Offroadguide versprach uns viel Spaß und Abenteuer auf der Tour durch das berühmte Theth-Tal. Also tankten wir voll und los ging es. Okay, auch an den Tankstellen merkten wir Albanien tickt anders. Kartenzahlung hat ungefähr eine Tankstelle unter hundert und bei unserem 90-Liter-Tank und mehr als zwei Euro Benzinpreis mussten wir immer einiges an Bargeld dabei haben oder lange nach einer Tankstelle suchen. Bei einem Durchschnittseinkommen von 520€ könnte der Benzinpreis aber auch die Erklärung sein, warum die Tankstellen zu meist kaum besucht waren. Was uns beim ersten Gang durch die Stadt direkt auffiel, war die Menge an Läden, die mit deutschen Produkten Werbung machen. Da gab es Moda Gjermane oder Läden wie German Computers. Beides Dinge, für die wir Deutschen bekannterweise weltweit berühmt sind.
Also ging es in die Berge, leider, also zumindest aus Sicht eines Offroadreisenden, aber natürlich zur Freude der Einheimischen, war die erste Hälfte der Theth-Runde bis ins Theth-Tal mittlerweile aspahltiert und gesichert. Das Theth-Tal selbst liegt auf 850 m, wird von 2500 m hohen Bergen eingerahmt und ist eine Erfolgsgeschichte der deutschen GIZ, die gezielt den sanften Wandertourismus durch finanzielle Unterstützung des Bau von familiengeführten Unterkünften förderte.
Das war unsere erste Schleife in Albanien, die wieder in Shkodër endete. Als Terence überfälligerweise beim Barber war und Juliane sich ein Eis gönnte treffen wir zufällig wieder auf die Theth-Offroad-Crew und tauschten uns über weitere Ziele aus. Unser nächstes Ziel, genauso wie das von Phillip und Rahel, war die Fähre über den Koman-Stausee. Und weil die Fähre von Norden kommenden nicht so voll sein soll verbanden wir die Tour mit einer weiteren Runde aus dem Pistenkuhbuch. Diesmal ging es durch eine karge, wenig bewachsene Hügellandschaft. Zum Teil durch vertrocknetes Flussbett und über alte verrostete Brücken. Als wir nach einer solchen Rostbrücke ein kleines Picknick einlegen wollten, wurden wir lautstark von einem alten Opa empfangen. Er gestikulierte wild und sprach in einem für uns aggressiven Ton und wir dachten erst er will uns von unserem schattigen Platz vertreiben. Zum Glück gibt es ein Wort, dass es in jeder Sprache gibt. Kaffee! Tja, der gute Mann lud uns sehr nachdrücklich zu sich und seiner Frau auf einen Kaffee ein und das nahmen wir natürlich dankend an. Wir folgten ihm und saßen wenig später in seiner grünen Oase unter einem Weinpavillion und es gab lecker türkischen Kaffee, natürlich selbstgebrannten Raki, frische Gurken und Eier für Karl und noch ein wenig Gebäck. Zum Glück war Karl als Eisbrecher dabei, denn die Kommunikation gestaltete sich sehr schwierig, da die beiden weder Englisch noch Russisch verstanden und für google translate kein Netz vorhanden war.
Mit ganz vielen wahrscheinlich guten Wünschen setzten wir unsere Reise fort und kamen in Rreshen im wirklich albanischen Hinterland raus. Hier mussten wir mal wieder unsere Essensvoräte füllen und es zeigte sich schnell, dass ist in Albanien gar nicht so leicht. Der Lebensmittelhandel läuft vorallem über kleine Privatläden und Obst- und Gemüsestände. Größere Ketten gibt es nur in dem großen Ortschaften und auch die sind nicht mit unseren Märkten zu vergleichen. Mit unter war die Auswahl vergleichbar mit Kuba. Es gibt, was da ist und frisch vom Feld kommt. In Rreshen fanden wir zwar einen Laden an einem halbwegs zentralen Platz, aber wir merkten schnell, das wir auch gerade das Thema im Ort sind. Von allen Richtungen wurden wir genaustens beobachtet. Das könnte auch daran liegen, das Frauen hier tagsüber kaum in Erscheinung treten und erst abends aus ihren Wohnungen kommen, während die Männer anscheinend den Tag beim Kaffee und Raki in der Kneipe verbringen.
Gut, alle Vorräte wieder voll, weiter ging es zum Ort eines düsteren Kapitels der albanischen Geschichte. Albanien war vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis 1990 eine sozialistische Diktatur unter Enver Hoxha nach dem Vorbild Stalins. Das Land war strengstens abgeschottet und eines der ärmsten in Europa. Systemkritiker wurden bis in die neunziger Jahre zum Teil gefoltert und in KZ-artige Arbeitslager unter schlechtesten Lebensbedingungen gesteckt. Ein solches Lager besuchten wir auf unserem nächsten Track. Hier ging es durch felsige, rote, vom Bergbau gezeichnete Landschaft. Eigentlich eine ziemlich unwirtliche Gegend, aber irgendwie auch interessant zu sehen.
Abends trafen wir uns wieder mit Philip und Rahel auf einem verabredeten Stellplatz, weil wir am nächsten Tag gemeinsam auf den Komanstausee wollten. Der Stellplatz entpuppte sich schnell als Schotterplatz neben der Landstraße, aber ein wenig abseits sahen wir ein altes, verlassenenes Haus mit großer Wiese, die uns geradezu einlud dort zu übernachten. Also stellten wir uns dort auf und bereits nach wenigen Minuten besuchte uns eine alte Frau mit ihrem Enkel und ästeweise frischen Kirschen und hieß uns willkommen. Es stellt sich heraus, dass das alte Haus die Schule des Dorfes ist und noch in Benutzung. Wir durften trotzdem bleiben.
Dann ging es entlang des Drin und dem Fierzë-Stausee extrem kurvenreich aber mit grandioser Natur zum Koman-Stausee.
Nach der Fährfahrt kündigte sich Terence' Mutter an und es ging mit einem kurzen Zwischenstopp an der Lagune von Patok nach Tirana.
Die Albaner sind ein recht junges Volk. Mit großen, kinderreichen Familien, insofern wird auch viel geheiratet. Da Hochzeiten hier ein Statussymbol sind wie der Mercedes vor der Tür, wird beim Heiraten nicht gekleckert sondern geklotzt. Und zwar so richtig. Zum einen fährt man Flagge schwenkend im Autokorso durch die Stadt und feiert später in einem Palast. Da aber Paläste hier eher rar sind, säumen zahlreiche verkehrsgünstig gelegene kleine wie große, äußert kitschige, zum Teil an Disneyland-Schlösser erinnernde Eventlocations die Einfallsstraßen, oft in Kombination mit einer Tankstelle. Das Tirana näher kam, merkten wir an der starken Häufung der Hochzeitspaläste.
Tirana ist die einzige wirkliche Großstadt in Albanien und steht mit ihren modernen Hochhäusern und der geschäftigen Innenstadt im starken Kontrast zum Rest des Landes. Sogar ein Shopping Center kann man hier finden, allerdings fehlen, bis auf Rossmann, die großen westlichen Marken. Einzig KFC hat sich bisher hier her getraut. Beim Schlendern durch die Innenstadt trafen wir auf einen Professor für Internationale Beziehungen und unterhielten uns ein wenig über die aktuelle Politik des Balkans. Er legte größten Wert gehobenes Deutsch zu sprechen, was zum Teil zu schwer verständlichen Sätzen führte, aber von einem Albaner die Sicht auf die aktuell neu in Fahrt gekommenen EU-Beitrittsverhandlungen zu erfahren, war sehr interessant und aufschlussreich. Besonders stolz war er auf seine Interviews bei Euronews.
Laut Reiseführer heißt es, man war nicht in Albanien, wenn man nicht in Kruja war, also ging es mit Terence' Mutter und den typischen Sammeltaxis in den ungefähr eine Stunde von Tirana entfernten Ort um den Nationalhelden Skanderbeg zu huldigen. Naja, wie es oft so ist, war Kruja okay. Das Skanderbeg-Denkmal triefte vor Pathos und alles andere war geschlossen, weil wohl vor fünf Jahren ein Erdbeben die Gebäude beschädigt hat. Dafür bekam ein anderer, unbekannterer Nationalheld Aufmerksamkeit.
Damit verließen wir Tirana und es ging weiter nach Süden nach Berat. Dss albanische Straßennetz ist sehr von der Geografie beeinflusst. Es gibt viele Verbingung parallel zu den Bergketten in Ost-West-Richtung, aber die Nord-Süd-Achse lässt sich nur nahe der Küste vernünftig fahren. Jedoch bremsen auch hier viele Ortsdurchfahrten bei unklaren Geschwindigkeitsbegrenzungen die Durchschnittsgeschwindigkeit mächtig. Noch dazu kommt der relativ schlechte Zustand der Straßen. Besonders heimtückisch sind die Bremsschwellen, die ohne Vorwarnung und Markierung selbst in Tempo-60-Abschnitten vorkommen und bestimmt schon so manches Radlager zerstört haben. Gleiches gilt für die schmalen Ausschachtungen, die Anwohner graben um ihre Grundstücke anzuschließen, aber nie wieder richtig verfüllen. So ballert man mitunter aus Versehen mit 80 km/h über tiefe breite Gräben.
In Berat bezogen wir ein Apartment im Haus der Familie Torez direkt in der Burg der Stadt. Karl wurde uns wieder direkt aus den Händen gerissen und die Oma des Hauses hatte ihre Freude Karl zu füttern und zu tätscheln. Morgens zauberte sie uns ein überragendes Frühstück mit Krapfen und leckerer selbstgemachter Marmelade. Abends gab's Raki mit dem Vater.
In Berat zeigte sich auch wieder wie kinderlieb die Albaner einfach sind. In den Restaurant gab es Melonen geschenkt, mit Stühlen von anderen Tischen wurden kleine Raubtierkäfige gebaut oder die Kellner, oft die männlichen, passten längere Zeit auf Karl auf und schenkten uns ein paar Minuten Ruhe. Kommentar eines Kellners beim zweiten Besuch von Berat: "Wir lieben Kinder, aber wir wollen selber keine." (+1 Kinderfreundlich)
Von Berat ging es endlich an die albanische Küste, nach Durrës.
Wir blieben einen Tag in Golem, einen Vorort von Durrës, zum Baden. Der Ort selbst war super häßlich, er bestand nur aus Appartementhochhäusern, Baustellen und von Sinti und Roma bewohnten Brachen. Am Strand war Party, dafür war schöner Sandstrand. Auf der Suche nach Essen traf Terence auf einen Obstverkäufer und Bäckereibesitzer. Als er hörte, dass Terence aus Deutschland kommt fing er an zu schwärmen. Die Ausbildung ist besser, die Jobs sind besser und die Autos sind besser. Dann fing er an aufzuzählen, sämtliche Brüder und Freunde sind wohl schon in Deutschland und wenn er sein BWL-Studium beendet hat, wird er auch nach Deutschland gehen. Er meinte nur: "Do you know the American dream? We in Albania, we have the German dream." Das hört man als Deutscher gerne, gibt aber einen auch zu bedenken mehr wertzuschätzen, was wir in Deutschland haben.
Durrës ist mehr oder weniger eine wenig ansehnliche Industriestadt mit großem Hafen. Die innerstädtischen Strände sind mit brauner Schlacke gefärbt, sodass sie weniger zum Baden einladen. Aber hier trafen wir wieder auf große Herzlichkeit. Als wir nach einem langen Marsch zu einen Aussichtspunkt Erholung und Kühle in einen Café suchten, kam uns gleich ein deutschsprechender Mann, einer der Gäste, zum Übersetzen zu Hilfe, weil der Kellner kein Englisch sprach. Später, bevor er das Lokal verließ, kam er noch mal zu unserem Tisch. Er hat unsere Rechnung beglichen und freut sich, dass er 30 Jahre lang in Deutschland arbeiten durfte. So etwas sieht man doch sonst nur im Film. (Gastfreundschaft +1)
In Durrës verließ uns Terence' Mutter und wir düsten wieder ins Inland. Uns dürstete es nach staubigen Pisten. In Elbasan ließen wir den G öl- und fettseitig runderneuert und der lokale Gomisteri entfernte noch einen Nagel, den wir uns auf dem Aspahlt eingefahren haben. Aber in Elbasan war es brütend heiß, sodass wir schnell wieder in die Berge wollten. Von Elbasan nach Berat verlief eine schöne Offroadpiste entlang des Tomorr-Massivs und endete am Osum Canyon, den wir bereits mit Terence' Mutter besuchten. Jetzt mit eigenem Fahrzeug konnten wir aber direkt im Canyon im Flussbett übernachten. Auch die Einheimischen nutzen die Zufahrten zum Canyon für Grillpartys und Familienfeiern. Als wir dort ankamen war eine Familie gerade am aufbrechen und empfing uns freudig und schenkte uns direkt frisch im Fluss gefangenen Fisch. Dann verabschiedeten sie sich und verschwanden erstmal in einer nahegelegenen Kneipe auf ein Bier. Terence als passionierter Angler brauchte natürlich kein Youtubevideo um zu wissen wie er den Fisch richtig ausnimmt. Nach ca. einer Stunde kamen die Albaner zurück und blickten verwundert auf die gesammelten Fischinnereien und Fischköpfe und meinten nur in etwa: "Schmeiß den Müll doch ins Gebüsch, das ist Albanien, da machen wir das so." Die Aussage ist besonders ironisch, da am nächsten Morgen eine junge Österreicherin, die in der Nähe übernachtet hatte, mit einer Mülltüte freudig über das Kiesbett sprang und sämtlichen Müll aufsammelte. Hier tragen die Touristen den Einheimischen den Müll hinterher.
Tja, beim Aufbau unseres Stellplatzes bemerkte Juliane, dass eines unserer Polster fehlte. Zwar zum Glück nur das Fußstück, aber das Polster hält alle andere Polster beim Schlafen in Position. Terence war schnell als Verursacher identifiziert, irgendwo entlang der Strecke des letzten Tages hat er das Kissen aufs Dach gelegt um etwas im Auto zu verräumen. Dummerweise lag es beim weiterfahren immer noch auf dem Dach. Noch dümmererweise wusste er nicht mehr genau wo das. Also wurden Karl und Juliane am nächsten Morgen im nächsten größeren Ort in einem Hotel einquartiert und Terence fuhr die Strecke vom Vortrag bis zum Stellplatz an der Quelle noch einmal ab. Das Polster war unauffindbar. Dafür traf Terence an der Quelle auf eine Gruppe Männer aus den umliegenden Gehöften, die gerade einen Hammel grillten. Er wurde direkt auf einen Raki eingeladen und bekam von allen Seiten Essen gereicht und blieb so gut versorgt eine Stunde bei den Männern. Der Raki floss reichlich, vor allem bei den anderen Männern. Als die Polizei vorbei fuhr, sollte er zwar schnell Joghurt trinken um den Alkoholpegel zu senken, aber es zeigte sich, dass auch einer der Männer Polizist war und das alles nicht so kritisch sah. Später begannen die Männer auf Terence' Wohl zu singen. Der Älteste sang eine Zeile und der Rest wiederholte, ein kleiner Gänsehautmoment für Terence. Mit Google Translate versuchten Terence und die Männer zu kommunizieren und Terence versuchte sich für all die Herzlichkeit zu bedanken. Der Chef der Gruppe meinte nur: "Wir sind zwar arm, aber wir haben ein großes Herz". Etwas, dass wir von der Reise mitnehmen sollten. Schlussendlich blieb das Polster unauffindbar und ein ganzer Tag ging für die Suche drauf, aber zumindest Terence kam mit einem unvergesslichen Erlebnis und einem riesigen Esspaket zurück nach Çorovode.
Nun ging es weiter nach Süden und als nächstes größeres Ziel stand Gjirokastër auf dem Plan. Nach Berat, der Stadt der tausend Fenster, auch als Stadt der tausend Dächer bezeichnet. Es erwartete uns also eine weitere große alte osmanische Stadt. Da es keine aspahltierten Nord-Süd-Verbindungen in Südalbanien gibt ging es wieder off the road durch eine Gegend, die wieder komplett anders war als das bisherige Albanien. Zunächst ging es noch durch ein wenig bäuerliche Gegend entlang des Osumflusses, hin und wieder gab es rosane Lavendelfelder am Straßenrand. Aber die Landschaft wurde karger, trockener und immer mehr zur Mondlandschaft mit natürlichen Geröllhalden und tief schwarzer Erde. Hier wohnte auch fast niemand mehr und wenn doch, waren es sehr alte Leute. Dies kann für Albanien noch zu einem großen Problem werden, generell gibt es wenig geeignete gute landwirtschaftliche Anbaufläche. So wenig, dass man sich fragt, ob das Land sich überhaupt selbst ernähren könnte. Die kleinen Flächen, die es gibt, werden auch meist nur von alten Kleinbauern bewirtschaftet. Der Nachwuchs verlässt die ländlichen Gegenden und geht nach Deutschland oder an die Küste, keine guten Zukunftsperspektiven für das Land.
Julianes Geburtstag stand an und es sollte Baden gehen im Blauen Auge Albaniens, dem Syri i Kaltër. Eine riesige Süßwasserquelle, die aus einem tiefen blauen Loch sprudelt. Hier herrschte ein für Albanien unbekannter Besucheransturm von Touristen und Einheimischen. Nachdem wir dem türkischen Wasserversorgungsunternehmen 100 Lekë spendierten ging es auf einen laaaangen Weg in der prassen Sonne zur Quelle. Uns wurde schnell klar, warum findige Geschäftsleute am Eingang E-Scooter vermieteten.
Da das mit dem Baden am Syri i Kaltër nicht so richtig klappen wollte und Terence noch ein wenig wackelig auf den Beine war, ging es weiter in ein Apparment an der Küste in Ksamil kurz vor der griechischen Grenze. Hier war wieder jeder Zentimeter Strand mit Liegen bedeckt und von den vielen Strandbars wummerten die Bässe. Da es Julianes Geburtstag war gönnten wir uns auch mal zwei Liegen. Abends kehrten wir zum Geburtagsessen in eine Art Spieleopenairbiergartenrestaurant ein. Es standen überall Elektrofahrzeuge, Reitschäfte und auch eine Hüpfburg rum. Kinder können sich austoben und die Eltern entspannt essen. Das Konzept hat uns überzeugt und besonders gefreut haben wir uns über den Anruf von Falco und Jana.
Ganz im Süden, im Schatten von Korfu liegt die Ruinenstadt Butrint, heute nur noch ein Fähranleger, war die Stadt früher eine bedeutende reiche Handelsstadt der Griechen. Davon zeugen noch unzählige in dem weiten Areal liegende Ausgrabungen.
Jetzt ging es erstmal ein wenig an die albanische Riviera. Einige behaupten ja, die albanische Riviera wird die türkische Riviera als Massenreiseziel bald ablösen. Deshalb ließen wir die großen Orte wie Florë und Sarandë aus und fuhren in den ganz und gar nicht albanisch klingenden Ort Porto Palermo. Hier gibt es noch einen alten Atom-U-Boot-Bunker. Als Enver Hoxha den Austritt aus dem Warschauer Pakt beschloss behielt er einfach vier der zwölf in Albanien stationierten sowjetischen Atom-U-Boote und ließ sich von den Chinesen, seinen neuen, temporären Bündnispartnern, einen Bunker für die vier U-Boote in dem Fels hauen. Leider sind die Bunker nicht zugänglich, man sieht aber die gigantische Einfahrt in den Fels aus der Ferne.
Jetzt ging es über die einzige größere Landstraße nach Nordmazedonien. Die Straße beginnt schön ausgebaut, aber umso weiter man ins Hinterland kommt geht sie immer mehr in eine kleine, schmale, kurvige, holprige, meistens asphaltierte Piste über. Dafür blieb viel Zeit in die Landschaft zu schauen.
In Ersekë machten wir eine Mittagspause im einzigen geöffneten Restaurant mit Schatten. Hier stieg auch gerade eine Kindergeburtstagsparty. Karl spielte gerade auf dem Klettergerüst des Restaurants als er vom Kellner einen Teller voller Kuchen geliefert bekam. Der Opa des Geburtstagskindes hat Karl den Kuchen spendiert. Leider leider darf Karl solche Zuckerbomben, wie sie hier üblich sind, noch nicht essen. Wirklich schade für Karl, so mussten seine Eltern den Kuchen essen. Es stellte sich heraus, dass der Opa ursprünglich aus Ersekë stammt und jetzt, wie viele andere Albaner, in den USA lebt und gerade auf Heimatbesuch ist. (+1 kinderfreundlich, +1 gastfreundlich)
Egal, wo man in Albanien ist, man trifft immer und überall auf Deutsch Color und DAST. DAST wirbt mit dem Slogan "Fabrik für Produktion von Klebstoffen und Mörtel". Klingt beides sehr deutsch, ist aber Made in Albania. Hier in Albanien hat alles Deutsche den Ruf das Beste zu sein. So wird alles beworben Deutsch oder gjermanish zu sein. Ganz besonders bei Auto-, Elektro- und Baumarktartikeln. So gibt es auch oft den Baumarket. DAST und ganz besonders Deutsch Color sind aber ommipresent mit großen Werbetafeln in den Städten und beklebten Fensterfassaden der Handerwerksläden. Wir trafen in Elbasan einen Automechaniker, der 30 Jahre lang in Deutschland gelebt hat und trotzdem der festen Meinung war Deutsch Color ist eine deutsche Marke und selbstredend die beste Wandfarbe.