Közzétett: 27.01.2022
25.01.2022
Mein Fazit vom heutigen Unterrichtstag, die Schüler*innen verstehen Verstehen nicht. Sie können konsumieren, sie können auswendig lernen und kopieren, aber was sie tun, wissen sie nicht.
Auch Sport zu unterrichten ist anders, das Verständnis, die Philosophie dahinter vielleicht eine Fremde. Bälle machen Spass aber die Schüler*innen haben kaum Ambitionen auf ein schönes Spiel hinzuarbeiten, möglichst viele Pässe zu erreichen, miteinander zu spielen. Sie haben Mühe, mehrschrittige Anweisungen zu befolgen, es wird immer direkt mit dem letzten Schritt gestartet. In P2 spielt die Lehrerin mit, die meine Anweisungen aber auch nicht immer versteht. So zeigt sie es den Kindern stellenweise falsch und diese machen es nach, wofür man ihnen natürlich keinen Vorwurf machen kann. Auch in P4 zeigt sich ein ähnliches Bild, es wird eher auf die Bälle eingeschlagen als zu spielen versucht. Man muss dazu sagen, dass die Kinder seit gut zwei Jahren keine nicht-instrumentalisierte Bewegungszeit hatten, also kein Bewegen des Bewegens wegen, sondern wenn dann war es mit Arbeit verbunden.
In Englisch P5 hat man wenigstens ein wenig Input der Schüler*innen, das Mobilisieren fällt hier auch leichter, weil die Klasse nur zehn Kinder zählt. In P4 hängen die Schüler*innen in den Bänken, sie wollen Inhalte geliefert bekommen und nicht selbst produzieren. Beim Beobachten des folgenden Sachunterrichts fällt mir auf, dass sie Fragen beantworten können / wollen, wenn die Antwort schon an der Tafel steht. Schule ist lernen und nicht verstehen. So fühlt sich aber auch keiner über- oder unterfordert, weil alle konstant wiederholen.
Regina meint, dass Eltern abends Bücher einfordern und da sie selbst kaum die Qualität der Arbeit einschätzen können, zählt Quantität über Qualität. Auch wollen sie kein Geld bezahlen für Schule in der nicht geschrieben wird. Der Lehrplan werde zwar umgestellt, doch ist das Problem, dass das Schulsystem nicht mithalten kann, beziehungsweise die Lehrpersonen gar nicht wirklich wissen, wie Schülerzentrierung funktioniert. Die Lehrmittel sind zwar so ausgelegt, dass alle Schüler*innen ein Buch haben sollten, finanziell ist es aber nicht einmal gesichert, dass alle ein Notizbuch haben. Die Kinder haben Rasierklingen in der Hosentasche mit denen sie ihre Bleistifte spitzen. Nicht alle haben Material, nicht alle haben eine Uniform. Vor Corona war eine normale Klassengrösse zwischen 60 und 80 Kindern. Unterricht wurde draussen abgehalten oder dann passte es schon irgendwie in die Zimmer. Mit diesem Wissen wundert es kaum mehr, dass Unterricht niemals aktivierend erfolgt, sondern eher dozierenden Charakter hat.
Am 12. Februar sind wir noch zu einer Hochzeit eingeladen und als sich Regina zum Abendessen zu uns gesellt erzählt sie noch von den Traditionen dieses Stammes. Die Braut soll zwischen einer und zwei Stunden benötigen, bis sie den Gang entlang zum Bräutigam gelangt. Dabei darf sie niemanden anschauen und muss weinen. Sie soll so unschuldig und naiv erscheinen wie möglich, dass ihr alle ihre Jungfräulichkeit abnehmen. Wenn sie glücklich ist, dann geht man davon aus, sie sei gebraucht. Die Familie des Bräutigams zahlt Mitgift, in diesem Fall 12 Kühe und muss für die Kosten der Hochzeit aufkommen. Die Familie der Braut stellt die Möbel für das geteilte Heim. Auf dem Platz, auf dem die Hochzeit stattfinden soll, werden dann Bett, Schrank, Tische, Stühle, Spiegel etc. stehen.
Heute war Célines Geburtstag und Regina hatte am Morgen schon Blumen vorbeigebracht, in der Schule sangen Lehrpersonen und Kinder und abends gab es noch einen Kuchen, der so unglaublich süss war, dass es uns nahezu den Mund zuklebte. Die märchenrosa Glasur war aus Zucker mit Kaugummigeschmack, weisse Zuckerblumen geziert mit Zuckerschrift. Dazu war das Monstrum noch zweistöckig!
Um elf Uhr nachts erfahren wir noch, dass die Lehrer sich entschieden haben, den morgigen Tag als Feiertag anzusehen. Es ist der Tag des Amtsantritts des hiesigen Präsidenten. Da wir in einer Privatschul unterrichten, können die Lehrpersonen selbst entscheiden, ob sie frei machen oder nicht.
Im Büro der Sekundarschule hängt ein Bild des Präsidenten. Er muss nämlich in allen öffentlichen Räumen sichtbar hängen. Der Präsident ist aus dem Westen und wird eigentlich von der Bevölkerung gewählt. Im Parlament sind westliche Mitglieder in ihrer Zahl den gesamten anderen Fraktionen überlegen, deshalb möchte der Präsident, dass von nun an die MPs ihn wählen, was ihm eine lebenslange Amtsinhabe gewähren würde.