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Peru: Heiliges Tal

Foilsithe: 16.10.2018

Nachdem wir in Santa Teresa angekommen waren, machten wir uns gegen Abend erst mal mit einem Collectivo-Taxi auf den Weg zu den dortigen Thermalbädern, welche (sehr wahrscheinlich zu Recht) einen einiges besseren Ruf geniessen, als die Bäder in Aguas Calientes. Die Anlage ist sehr hübsch, es gibt mehrere grosse Becken mit unterschiedlichen Wassertemperaturen. Eine Wohltat für unsere immer noch stark schmerzenden Beine. Einziger Nachteil war, dass es keine Schliessfächer gab, so dass man seine Sachen stets gut im Auge haben musste. Die Atmosphäre im Bad war sehr schön, ein junger Kerl aus Chile sass am Rande eines Beckens, spielte auf seiner Gitarre und sang mit seinen Freunden dazu. Und man muss sagen, der Typ konnte wirklich gut spielen und singen, alle anderen Badegäste hörten ihm gerne zu und applaudierten fleissig. Als er das Lied „Hasta Siempre Comandante Che Guevara“ spielte, stimmten sofort alle Badegäste mit ein, das war sehr amüsant.


Am nächsten Tag fuhren wir mit einem Collectivo ins nächste Dörfchen Ollantaytambo. Hierbei handelt es sich um einen hübschen Ort mit engen Kopfsteinpflastergassen. Ollantaytambo wird von 2 wuchtigen Inka-Ruinen beherrscht, wovon wir eine besucht haben. Die Anlage war recht hübsch und weitläufig. Wie üblich hatten die Inka auch diese Stätte an den Berg gebaut, so dass man während des Aufstiegs ziemlich aus der Puste kam. Aber von oben hatte man einen wunderbaren Ausblick auf die Landschaft, die Ortschaft Ollantaytambo und die am Berg gegenüber liegende Inka-Ruine.


Als nächstes fuhren wir in das Städtchen Urubamba. Urubamba selber hat eigentlich nichts zu bieten, eignet sich aber gut als Ausgangspunkt um umliegende Sehenswürdigkeiten zu besuchen.


In einigen Wochen würden in ganz Peru Wahlen stattfinden. In jedem Bezirk würde ein neuer Bürgermeister gewählt werden. Überall waren Wahlkampfplakate ausgehängt, die Leute bemalten ihre Hauswände mit den Emblemen ihrer Partei und ständig fuhren Autos mit einem Lautsprecher auf dem Dach an einem vorbei, die lautstark Wahlkampfpropaganda oder eigens komponierte Songs der verschiedenen Parteien von sich gaben.


Als erstes fuhren wir von Urubamba aus ins Dorf Chinchero. Dort besuchten wir eine weitere Inka-Ruine, bzw. genaugenommen einfach Inka-Terrassen, die allerdings nicht wahnsinnig spektakulär waren. Alle diese Ruinen im heiligen Tal sind Bestandteil des Boleto Turistico von Cusco.
Als wir zurück zum Dorfplatz von Chinchero kamen, kam gerade ein Brautpaar aus der Kirche. Wir nutzten die Gunst der Stunde und schlüpften an den herausströmenden Menschen vorbei ins Innere der Kirche, um uns diese anzusehen. Viel Zeit blieb uns allerdings nicht dafür, da wir schon bald vertrieben wurden. Interessanterweise sind die meisten Kirchen (besonders die Kleinen in den Dörfern) in Lateinamerika stets geschlossen und der Zutritt ist nur während des Gottesdienstes möglich, aber dann darf man natürlich nicht herumlaufen, um sich das Innere anzusehen.
Also setzten wir uns wieder draussen hin und beobachteten das Geschehen. Als die Hochzeitsgesellschaft irgendwann abgezogen war, kamen plötzlich viele Menschen in indigener Tracht herbei. Sie setzten sich auf Boden in einen Kreis, tranken und assen und einige Männer sprachen zu den Leuten. Eines der Kinder, die um uns herum spielten, erklärte uns, dass ihre Eltern auch dabei seien, es handele sich um eine Art Gemeindeversammlung, die einmal im Monat stattfinde.
Wir waren extra sonntags nach Chinchero gekommen, weil wir gelesen hatten, dass am Sonntag ein grosser Markt stattfinde, zu welchem die Einheimischen aus allen umliegenden Dörfern in ihren indigenen Trachten hierher kommen, um Gemüse zu kaufen. Leider war der Markt erstens gar nicht so gross, zweitens bestand er zu einem grossen Teil aus Touristen-Souvenir-Plunder und drittens gab es dann doch nicht so viele farbige Trachten zu sehen wie erwartet.
Also spatzierten wir eine Weile durch den Markt, kauften ein paar Früchte, und machten uns dann aber bald wieder auf die Suche nach einem Collectivo, welches uns zurück nach Urubamba bringen würde.


Am nächsten Tag heuerten wir einen Taxifahrer an, der uns zur archäologischen Stätte von Moray und zu den Salinen bringen würde. Theoretisch wäre es zwar auch möglich gewesen, mit einem Collectivo zu gehen, allerdings wäre es schwieriger gewesen, wieder zurück zu kommen. Mit den Collectivos ist das nämlich so eine Sache. Wenn man direkt beim Startpunkt der Strecke (oder in einer grösseren Stadt entlang der Fahrtstrecke) einsteigen kann, ist alles ganz easy. Man geht einfach hin, kauft einen Sitz, wartet bis der Minibus voll ist, und schon gehts los. Mit dem Collectivo kann man überall entlang der Strecke aussteigen, feste Haltestellen gibt es nicht. Man sagt dem Fahrer einfach, wann man aussteigen möchte, und sofort hält er an. Theoretisch kann man auch überall entlang der Strecke einsteigen, man winkt einfach, wenn man den Bus herannahen sieht. Da der Bus allerdings erst losfährt, wenn er voll ist, kann es ganz schön schwierig sein, einen Bus zu erwischen wenn man entlang der Strecke irgendwo im Nirgendwo einsteigen will. Unter Umständen wartet man also eine Ewigkeit an der Strasse und winkt jedem vorbeifahrenden Bus in der Hoffnung, es gäbe einen bzw. mehrere freie Plätze. Das ganze öffentliche Verkehrswesen ist hier noch nicht so ganz ausgereift.


Die Terrassen von Moray waren wirklich ziemlich eindrücklich. In eine grosse Erdmulde wurden unterschiedliche Ebenen kreisförmiger Terrassen geschlagen. Man geht davon aus, dass die Inka den Ort als eine Art Laboratorium nutzten, um die optimalen Bedingungen für den Anbau verschiedenster Pflanzen herauszufinden. Man hat nämlich in verschiedenen Bereichen Überreste von verschiedenem Saatgut gefunden.
Anschliessend ging die Fahrt weiter zu den Salinen, also einem Ort, wo Salz hergestellt wird. Dazu wird Wasser durch den Berg geleitet, wo es Salz aufnimmt. Am Austrittsort wird das stark salzhaltige Wasser in kleine Becken geleitet, wo es durch die Sonnenwärme verdampft. Zurück bleibt das Salz, welches zu Hügeln aufgeschichtet, getrocknet, in Säcke abgefüllt und abtransportiert wird. Die Anlage bot vor allem aus der Ferne einen ziemlich spektakulären und surrealen Ablick. Aber es war auch sehr interessant, entlang der Salzbecken zu gehen, wo man auch den Menschen bei der Arbeit zu zusehen konnte. Alles wird hier in Handarbeit gemacht. Die Salzpfannen werden bereits seit der Inka-Zeit zur Gewinnung des Gewürzes verwendet.


Unsere letzte Etappe im heiligen Tal führte uns ins Städtchen Pisac. Pisac ist zum einen bekannt für seinen bunten Touristenmarkt und zum anderen für seinen Wanderweg entlang mehrerer Inka-Ruinen.
Da die einzelnen Stätten ziemlich weit voneinander entfernt und alle entlang eines Bergkamms liegen, schnappt man sich am besten ein Taxi und fährt zum oberen Eingang der Anlage. Vor dort aus kann man entland des Bergkamms zurück nach Pisac wandern, und sich die einzelnen Ruinen anschauen. Im Hotel hatte man uns erklärt, dass man ungefähr 2h für den ganzen Weg brauchen würde, wir nahmen es gemütlich und brauchten etwa 4. Die einzelnen Inka-Stätten waren nicht besonders spektakulär, dafür war es die Aussicht und die Wanderung (die zum Glück zur Abwechslung mal grösstenteils bergab ging) machte Spass.

Da wir für die Wanderung fast den ganzen Nachmittag brauchten, blieb nur noch wenig Zeit, durch den Markt zu wandern. Mir gefallen die traditionellen Röcke so sehr, die die Frauen hier tragen. In jedem Dorf tragen die Frauen andere Muster und andere Farben. Aber leider kann man diese nirgendwo kaufen, und wenn, dann nur in der ultra-kurzen Touristen-Minirock-Version. Kurzerhand quatschte Jörg 2 ältere einheimische Frauen entlang des Weges an, und fragte, wo man solche Röcke kaufen kann. Die Frauen sprachen leider kaum Spanisch sondern nur Quechua und winkten ihre Töchter herbei, um zu übersetzen. Diese erklärten dann, dass man die Röcke nicht auf den Märkten kaufen kann, sondern dass jede Familie ihre eigenen selber mache. Eine der alten Frauen zögerte allerdings nicht, ihren Geschäftssinn an den Tag zu legen und war schon drauf und dran mitten auf der Strasse ihren Rock auszuziehen, um ihn mir an Ort und Stelle zu verkaufen. Ich habe ihn dann aber doch nicht gekauft. Zu dem Preis, den sie für ihren Rock verlangt hat, hätte ich schon einen Neuen gewollt. Insbesondere, da ich unterwegs schon mehrfach beobachtet hatte, was die Damen mit ihren Röcken so alles anstellen. Keine Serviette zur Hand um nach dem Essen den Mund abzuwischen? Ein Taschentuch wird benötigt, um die Nase zu putzen? Kein Problem, für solche Fälle trägt Frau schliesslich Rock.


Die meisten Leute besuchen das heilige Tal innerhalb eines Tages als geführten Ausflug von Cusco. Wir verbrachten insgesamt fast eine ganze Woche im heiligen Tal, ehe wir nach Cusco zurückkehrten. Die ersten Wochen in Peru sind wir jeweils im 2-Tages-Rythmus weitergereist. Dies hält man nicht lange durch, ohne Zwischendurch eine Pause einzulegen. Das heilige Tal war ein sehr angenehmer Ort für eine solche Pause. Hier gab es eine angenehme und gemächliche Atmosphäre und freundliche Leute, zudem war Kost und Logis hier nicht so teuer. Hatten wir bisher nur Städte in Peru besucht, lernten wir hier ein wenig die ländliche Seite Perus kennen.


Unsere letzte Nacht in Cusco verbrachten wir im selben Hotel, wo wir schon zuvor waren, und sie wird wohl unvergesslich bleiben. Ich lag auf meinem Bett und las. Plötzlich nahm ich aus dem Augenwinkel im Vorhang neben meinem Bett eine Bewegung war. Zuerst dachte ich, es sei der Wind....und dann realisierte ich, dass soeben eine Ratte zu unserem Fenster hineinkletterte! Ich schrie auf und war mit einem Satz aus dem Bett. Jörg brauchte einen Moment, bis er begriff, was vor sich ging. Die Ratte hing im Vorhang und wir versuchten, sie wieder zum Fenster raus zu treiben. Plötzlich nahm sie einen riesen Satz, sprang aufs Bett und verschwand dann darunter. Was sollten wir nun tun? Vor lauter Hektik und Hysterie dachten wir erstmal, dass wir die Reste unseres Abendessens schnell verschwinden lassen sollten, damit sie nicht noch davon angelockt wird. Also spülten wir es ins Klo. Und was passiert? Da überlief tatsächlich auch noch die Toilette! Das war der absolute Supergau...schlimmer konnte es wohl gar nicht mehr kommen. Wie die kopflosen Hühner liefen wir im Zimmer umher, und wussten nicht, ob wir uns erst um das überlaufende Klo, oder die herumlaufende Ratte kümmern sollten. Nun gut, zuerst einmal das Klo. Gesagt, getan, während einer die Ratte im Blick behielt. Dann wurden die Koffer geschlossen und auf die Betten gestapelt.
Anschliessend rannte ich runter und klopfte den Hausherrn raus. Natürlich glaubte er mir nicht, als ich ihm von der Ratte erzählte, hier gäbe es keine Ratten! Er komme gleich, meinte er. Als er nach oben kam, war er bewaffnet mit einem Putzeimer, einem Besen und einer Kehrschaufel. Er glaubte noch immer nicht an die Existenz der Ratte, bis er sie mit eigenen Augen durch das Zimmer rennen sah. Und dann gings los, auf zur Rattenjagd! Aber leider hatten weder wir, noch der Hausherr irgendeinen Plan, wie man die Ratte dingfest machen sollte. Möbelstück um Möbelstück wurde aus dem Zimmer getragen, die Ratte von einer Ecke in die andere gescheucht, ein riesen Krach wurde veranstaltet. Irgendwann wurde ich vor lauter Möbel hinaustragen in den Gang hinausgedrängt und der Hausherr schloss die Tür. Von da an konnte ich nur noch hören, was im Zimmer vor sich ging, wie Jörg und der Hotelheini der Ratte nachstellten und ich konnte mich kaum noch halten vor lachen. Es klang so in etwa wie ein Tom&Jerry-Zeichentrickfilm. Rufe, Gepolter, , ein Schrei, etwas fiel herunter, wieder ein Schrei: Esta aqui!
Irgendwann rannte die Ratte unter dem Türspalt hindurch, und so verlagerte sich die Rattenjagd in den Gang. Der Hotelbesitzer mit dem Besen, ich mit einem Stapel Zeitschriften und Jörg mit dem Putzeimer jagten wir der Ratte nach. Und tatsächlich....irgendwann gelang es Jörg, die Ratte mit seinem Eimer gefangen zu nehmen! Hach mein Jörg, der Ratten-Skorpion-Kakerlaken-Spinnen-Töter.....zum Glück gab es im Gang ein grosses Fenster, das bis zum Boden reichte. Der Hausherr öffnete es und Jörg katapultierte das Vieh hinaus in den Garten. Dort warteten bereits die beiden Katzen, die zum Hotel gehörten...und die Ratte trat einen Moment später ihrem Schöpfer gegenüber.


Und so ging unser Abenteuer in Cusco zu Ende....


Freagra

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