Foilsithe: 25.02.2019
Von Koh Chang aus brachte uns die Fähre zurück nach Ranong. Über drei andere Boot kletterten wir an Land – eine klare Ordnung, welches Boot wann anlegen kann, gibt es offenbar nicht. Unser Boot hat sich einfach mit Tempo zwischen zwei andere Fischerboote rein gequetscht und hat diese zur Seite geschoben. Ein solches Durcheinander haben wir selbst in Asien selten erlebt.
Geplant war, am Hafen unsere letzte thailändische Mahlzeit zu uns zu nehmen. Der bestialische Gestank nach Abwasser, Kanalisation und verdorbenem Fisch verschlug uns aber gänzlich den Appetit. So begaben wir uns direkt zur thailändischen Ausreisekontrolle.
Nur wenige Meter vom Schalter entfernt, bestiegen wir nach kurzer Preisverhandlung ein Sammeltaxiboot nach Myanmar. Was sich hier abspielte, wäre wirklich filmreif gewesen. Da es kein Ticket-System für die Boote gibt, müssen die Bootsführer ihre Kunden anwerben, beziehungsweise einander abwerben. Die Szene erinnerte an einen indischen Bazar. Dazu kommt, dass kein Boot einen fixen Standplatz hat. Andauernd wurden wir von anderen abgedrängt. Daraufhin fuhren wir jeweils ein Stückchen auf den Fluss raus, um dann mit Tempo in die anderen Boote rein zu putschen. Das Ganze spielte sich zirka zehnmal ab, bis unser Boot endlich mit Waren und Personen voll beladen war.
Während der Fahrt zog der Bootsführer alle Pässe ein. Nach zirka fünf Minuten stoppte das Boot mitten im Nirgendwo und der Typ verschwand mit allen Pässen in einem Passbüro. Die Burmesen erhielten einen Stempel auf ihr Arbeitsvisa – unser Pass wurde wohl nur kontrolliert. Der zweite Kurzstopp – wir legten nicht an – fand nur wenige Minuten später auf offenem Meer statt. Vor einer kleinen Insel drosselte unser Boot für eine Minute die Geschwindigkeit. Auf der Insel befanden sich nur zwei Dinge: Ein Tempel und Männer vom Militär. Später wurde uns erklärt, dass es sich um eine Militärzone handelt, die in den Gewässern zwischen Myanmar und Thailand liegt. Die Boote machen einen Halt, damit die Anzahl Personen gezählt werden können. Wie genau die Zählung ist, lässt sich schwer abschätzen. Wir hatten zumindest den Eindruck, dass sich die Herren vom Militär mehr für das vor ihnen liegende Kartenspiel interessieren, als für die Passagiere an Bord.
Gleich bei der Ankunft in Kawthaung durften wir zum ersten Mal Bekanntschaft mit der burmesischen Freundlichkeit machen. Der Bootsführer geleitete uns bis zum Immigrationsbüro. Beim Anblick des Büros mussten wir etwas schmunzeln. Im kargen Kämmerchen sassen zwei Beamte im Unterhemd auf ihren abgenutzten Stühlen. Die Uniform hing am Bügel und wir vermutlich nur angezogen, wenn der Chef zugegen ist. Wir konnten die beiden aber voll und ganz verstehen, denn im Raum herrschten gut 30 Grad. Einzig der Ventilator an der Decke brachte ab und an ein (frisches) Windchen. Die Einreise war ganz leicht und rasch erledigt. Einzig eine Kopie des Passes fehlte uns. Davon war im Internet auch nirgends die Rede gewesen. Da das Einreisebüro über keinen eigenen Kopierer verfügt, musste das am Stand nebenan erledigt werden (ein Allerleiladen mit Drucker). Uns ist immer noch nicht klar, für was die Kopie gut sein soll, denn die Beamten haben sie uns mit auf die Reise gegeben. Da aber die Kopien nicht teuer waren, war es auch keine Abzocke. Vielleicht erfahren wir später den Sinn und Zweck dieser Belege...
Bei der Geschichte mit dem Drucker war uns ein junger Mann behilflich gewesen. Wie sich herausstellte, handelt es sich um einen Reiseführer. Wir witterten bereits eine Touristenfalle. Normalerweise verheissen solche überfreundlichen Typen nichts Gutes. Dieser war aber ganz angenehm und begleitete uns zu einer Wechselstube, wo wir unsere Bath zu einem fairen Preis in Kyat umtauschten. Auch half er uns bei der Beschaffung einer SIM-Karte. Dank seiner Übersetzung ging auch dieser Kauf problemlos über die Bühne (der Verkäufer sprach kein Wort Englisch). Im gleichen Zug buchten wir auch gleich den Minibus für die Weiterreise am nächsten Tag. Für seine Dienstleistungen bedanken wir uns mit einem Trinkgeld.
Mit einem Tuk Tuk fuhren wir zu unserem Hotel. Die Lage am Hügel verschaffte uns eine phantastische Aussicht über die ganze Stadt. Das Zimmer war komplett mit Holz ausgekleidet und modern. Begeistert waren wir vor allem von der Regendusche. Einziger Nachteil: Die extrem harte Matratze, die eher an einen Betonsockel erinnert, als an eine Schlafgelegenheit. Inkl. Frühstück kostete die Übernachtung nur 27 Franken.
Busfahrt von Kawthaung nach Myeik
Am nächsten Morgen verdrückten wir unser leckeres Frühstück und begaben uns anschliessend zur Bushaltestelle. Der Marsch dauerte gut 15 Minuten – bei über 30 Grad kamen wir ganz schön ins Schwitzen! Der Minibus sollte um 12.00 Uhr abfahren und um 17.00 Uhr im 250km entfernten Myeik (auch Mergui und Beik genannt) eintreffen. Wir besorgten uns einige Snacks und zwei Wasserflaschen für die Fahrt. Anders als in Thailand sind die Verkehrsmittel in Myanmar weniger pünktlich und zuverlässig. Mit gut einer Stunde Verspätung fuhren wir ab. Der Minibus war alt und nicht klimatisiert; dafür liessen sich die Fenster öffnen. Auf dem Weg sammelten wir noch ein paar Leute ein, sodass der Bus voll besetzt war. Offenbar hatten wir noch Glück gehabt, dass der Bus nicht überfüllt wurde. Ein deutsches Paar, das wir später in Dawei antrafen, erzählte uns, dass in ihrem Minibus anstelle von 15 Personen zeitweise 24 Personen Platz fanden. Auch beim Fahrer konnten wir uns glücklich schätzen. Dieser fuhr vorausschauend und überholte sehr vernünftig. Soweit alles gut.
Bereits nach zwei Stunden Fahrt wurde uns klar, dass wir Myeik nie und nimmer in fünf Stunden erreichen konnten. Die Strasse von Kawthaung nach Myeik ist zwar grösstenteils geteert, aber sehr kurvig und eher schmal. Auf den meisten Streckenabschnitten konnten wir nicht schnell fahren, da der Fahrer in jeder Kurve abbremsen musste. Aufgrund der kurvenreichen Strassen mussten sich bereits nach wenigen Kilometern die ersten Passagiere übergeben. Mit andauernder Fahrt nahm auch die Anzahl Kotzbeutel zu. Glücklicherweise kam durch das Fenster genügend Fahrtwind rein, der den Geruch vertreiben konnte. Während die einen an Übelkeit litten, quälte uns paradoxerweise eher der Hunger.
In den gut elf Stunden Busfahrt – ja so lange dauerte die Reise insgesamt (!) - legten wir drei Stopps ein. Jene Burmesen, die nicht reise-krank wurden, stopften sich herzhaft ganze Mahlzeiten rein. Wir betrachteten die Buffets eher skeptisch, da alles vorgekocht war. Es lässt sich jeweils nur schwer abschätzen, wie frisch die Speisen tatsächlich sind. Wir wollten kein Risiko eingehen, da der Schuss im wahrsten Sinne des Wortes schnell nach hinten losgehen kann... Wir begnügten uns zum Mittag- und Abendessen mit ein paar Mandarinen und Bananen. Als wir um 23.00 Uhr endlich in Myeik eintrafen, waren bereits alle Restaurants geschlossen. Uns war das egal. Nach dieser anstrengenden Fahrt fielen wir todmüde ins Bett.
Erste Eindrücke von Land und Leuten
Trotz all der Strapazen, bereuen wir die Reise über den Landweg in keiner Weise. Da der südliche Teil von Myanmar erst seit einigen Jahren für den Tourismus offen ist, kann man hier noch das einfache und ursprüngliche Leben der Menschen beobachten. Auf den ersten Blick wird klar, dass die Burmesen in diesem Landesabschnitt sehr arm sind. Die meisten leben in einfachen Holzhütten, die meist nur aus einem Zimmer bestehen. Die Häuschen stehen auf Stelzen, damit sie in der Regenzeit nicht überschwemmt werden. Das Dach wird aus Palmblättern geflochten. Es gibt eigentlich nur eine einzige Einnahmequelle: Das Palmöl. Von Kawthaung bis Myeik säumen Palmöl-Plantagen den Weg. So weit das Auge reicht, sieht man nur in Reih und Glied angepflanzte Palmen. Wir hatten bereits in Malaysia und Thailand einige Plantagen gesehen. Aber noch nie in diesem riesigen Ausmass. Uns wurde deutlich vor Augen geführt, welch katastrophale Auswirkung der Inhaltsstoff „Pflanzenöl“ für die Umwelt hat. Auf der 250 km langen Stecke wurde jeder Baum und jede Pflanze gefällt und ausgerissen. Zwischen den angepflanzten Palmen wächst nur Gras, da die Palmblätter praktisch kein Licht durchlassen. Der Lebensraum tausender Tiere wurde vernichtet. Selbst wenn in Zukunft auf Palmöl verzichtet würde, ist der entstandene Schaden irreparabel. Eine unglaublich niederschmetternde Tatsache. Uns wurde erzählt, dass die Plantagen zwei Milliardären gehören – die Arbeiter können kaum von ihrem Lohn leben.
Abgesehen von vereinzelnden Dörfchen mit Einkaufsmöglichkeiten fehlt es dem südlichen Teil von Myanmar noch gänzlich an Infrastruktur. Auf der Strecke haben wir nur wenige Schulen gesehen. Ein Krankenhaus konnten wir nicht ausmachen. Vermutlich gibt es aber schon eine Art medizinische Grundversorgung. Trotz der Armut, scheinen die Menschen doch glücklich zu sein. Zumindest strahlen sie eine unglaubliche Güte, Zufriedenheit und Gelassenheit aus. Traditionell tragen sowohl Frauen wie auch Männer den Longi (langer Wickelrock). Dieser verleiht den ohnehin zierlichen Burmesinnen und Burmesen eine anmutige, elegante und schlanke Figur. Auf der ganzen Stecke haben wir im Übrigen keine einzige übergewichtige Person gesehen. Dies liegt wohl auch daran, dass der südliche Teil von Myanmar noch nicht mit westlichem Fastfood in Berührung gekommen ist und nicht über grosse finanzielle Mittel verfügt. Wir sind gespannt, ob sich das Bild in den touristischen Zentren (Yangon, Mandalay, Bagan etc.) verändert.
Myeik
Nach der langen Busreise benötigten wir unbedingt einen Ruhetag. Nach dem Frühstück unternahmen wir einen Spaziergang durch die Markthalle. Wir fielen auf wie bunte Hunde. Nur sehr wenige westliche Touristen legen in Myeik einen Stopp ein. Das Treiben in der Markthalle war faszinierend. Die Stände sind eng aneinander gereiht und es gibt unterschiedliche Sektoren: Schmuck und Juwelen (Myanmar verfügt über viele Bodenschätze), getrockneter Fisch, Schreibutensilien und Hefte, Kleider, Toilettenartikel, Obst und Gemüse, Spielwaren etc. Das Sortiment ist erstaunlich gross. Unterschiedliche Dienstleister, wie beispielsweise Banken, Mechaniker, Sanitär etc., finden sich in den Nebengassen. Touristische Läden haben wir hingegen keinen einzigen gefunden.
Mit einem kleinen Schiff fuhren wir für 2000 Kyat (CHF 1.30) auf eine nahegelegene Insel. Dort besichtigten wir einen liegenden Buddha. Auch stiegen wir auf die Spitze des Hügels. Dort befinden sich mehrere Buddha-Statuen und Pagoden. Die einstig prunkvollen Statuen und Bauten sind ziemlich heruntergekommen. Auch ist alles zugemüllt – wie übrigens vielerorts in Myanmar. Das Land hat ein gewaltiges Abfallproblem! Vor allem Plastikflaschen und -verpackungen liegen überall herum.
Am Abend suchten wir uns ein nettes Restaurant in der Umgebung. Der kurze Spaziergang durch die Gassen war enorm spannend. Meist verriegeln die Burmesen ihre Türen mit Gitterstäben. Durch die Stäbe hindurch konnten wir direkt in die Wohnzimmer der Leute schauen. In den meisten Wohnungen gibt es zwar einen Fernseher, aber praktisch keine Möbel. Die Menschen sitzen und liegen auf dem harten Boden. Nicht fehlen darf natürlich eine Statue von Buddha. Diese muss sich auf dem höchsten Punkt befinden – auf keinen Fall auf Fusshöhe. Mit den Füssen auf Buddha zu zeigen, ist ein schlimmes Vergehen. Auffällig sind ebenfalls die vielen Bauten aus der Kolonialzeit. Myanmar hat eine spannende und bewegte Geschichte.