Published: 08.10.2017
05.10.
die tour von gestern liegt mir noch in den knochen. cajamarca ist mit ca. 100 km und 2 stunden und 30 minuten fahrzeit angegeben. das müsste zu schaffen sein.
die 3N überrascht immer noch mit streckenabschnitten, die nur mit 20 km/h zu fahren sind.
das wetter wechselt sich ab zwischen bewölkt und sonnig, aber kein regen. die straßen werden besser, aber ich habe keine kondition mehr. ich halte unterwegs bei einem einsam gelegenen tante-emma-laden an und treffe auf eine kleinfamilie, die im gegensatz zu den peruanern, denen ich begegnet bin, überhaupt nicht misstrauisch ist. die tochter ist noch in ihrer schuluniform, vater, mutter und großmutter haben eine warenlieferung bekommen und der laden sieht aus wie nach einem umzug. überall leere und auch noch volle schachteln - größtenteils mit süsigkeiten. für die tochter im geschätzten alter von 10 ein paradies.
ich verweile hier bestimmt eine halbe stunde. cajamarca ist heute nicht mehr zu erreichen - ich mache einfach zu viele stopps.
nach der letzten pause - es geht steil bergauf - streikt die vepse und will nur noch mit 25 km/h an den berg. ok - es gibt ein paar meter weiter noch eine parkbucht mit einem tollen blick auf das tal. erst die pflicht und danach das fotografieren. der düsenwechsel ist schon fast routine, doch bedingt durch müdigkeit und konzentrationsschwäche fädele ich wieder die felder falsch ein, mache aber noch vor dem aufpacken die kontrolle, nehme den deckel vom vergaser wieder ab und habe nasse finger. hm - benzin? nein. wasser. also ist es mal wieder der kühlwasserverschlauch, der durch seine unmittelbare nähe zum vergaser immer in mitleidenschaft gezogen wird, wenn ich die düse wechseln muss. auch das ist schon fast routine. ich bin mit einem halben meter kühlwasserschlauch versorgt. aber jetzt muss ich ihn nur etwas kürzen, das loch befindet sich direkt beim eintritt zum vergaser. derweil haben sich zwei jungs genähert und wollen mit mir schnacken. beides geht nicht, und ich sage ihnen, dass ich erst die reparatur abschließen will und wir uns dann unterhalten könnten.
als ich den schlauch löse verliere ich wieder einiges von der grünen flüssigkeit - etwas wasser habe ich noch - hoffentlich reicht es - der schlauch ist wieder dicht, die reparatur, die bestimmt wieder eine stunde gedauert hat, abgeschlossen, mein restliches trinkwasser verschwindet in der kühlung.
ich widme mich dann den beiden und nach dem sie mich ausgefragt haben, frage ich sie nach den haupstädtem ihrer nachbarländer. bis auf buenos aires kommen eher keine antworten...
spätestens jetzt ist klar, dass cajamarca nicht mehr zu erreichen ist. es wird kalt hier oben und es nieselt ein wenig. ein foto von dem tollen tal gibt es nicht mehr - nur noch vor dunkelheit eine unterkunft finden.
die vepse dankt mir den düsenwechsel und bringt wieder leistung. schon nach zwanzig minuten bin ich in hualgayoc, das über google nur von seinem fußballverein berichtet. es hat eine schöne plaza und eine kleine kirche. das aber interessiert mich jetzt weniger. ich finde auf
die kirche an der plaza foto: wikipedia
anhieb kein hotel oder hostal. ich mache mich wieder unbeliebt, weil ich gegen die einbahnstraßen fahre, aber das ist mir egal. schließlich frage ich nach einem hotel - das no hay - bleibt dem peruaner zum glück im hals stecken, weil ihm gerade noch einfällt, dass schräg gegenüber ein hotel ist. ich erkenne kein hotel, sehe nur eine große und verrostete eisentür und dann beim zweiten mal hingucken ein verwaschenes und nur zum teil beleuchtetes schild mit dem ausgeblichenen namen des hotels. es ist mir egal, worauf ich mich einlasse. ich stehe unschlüssig und nach einem eingang zu dem hotel suchend rum und höre dann von hinten, ich solle einfach durch das große tor gehen.
mich empfängt dort dunkelheit und ein stark abschüssiger, mit schlaglöchern und tiefen spurrillen versehener einfahrtsweg, der in einem hof endet. dort sind arbeiter am werkeln - ich frage nach einem zimmer, und man zeigt in die dunkle toreinfahrt zu einem treppenaufgang. hm - alles recht dubios, aber egal.
das licht bleibt aus - ich taste mich langsam nach oben und werde hier von einem mädel empfangen. sie hat viel vom hotelgeschäft schon gelernt. 30 sol für die nacht, als ich sage ich möchte ein bad, 40 sol. ich habe keinen verhandlungsspielraum, weil das das einzige hotel am platze ist. die rezeption ist ein zimmer mit einem bett, einer glotze, einem stuhl, auf dem eine hingeworfene jacke liegt und nicht weit davon ein schulbuch für mathe, 5. klasse. funzlige beleuchtung, alles wirkt sehr trist und armseelig. später kommt die mutter dazu - ein in viel fett eingepackter haudegen, der nur rumbrüllt und befehle erteilt.
ich bekomme meine zelle zugewiesen. das oberlicht ist mit einer plastiktüte und mit einer plastikfolie notdürftig abgedichtet, es gibt ein großes bett und kaum bewegungsfreiheit. all das ist mir so egal. ich versorge die vepse und stelle dabei fest - noch ist es hell - dass auf dem boden nägel, schrauben und glasscherben rumliegen. das jetzt nicht auch noch, sammele alles ein, was ich sehen kann und hoffe, dass die reifen beim reinfahren keinen schaden genommen haben.
sie darf in einem raum die nacht verbringen, in dem 10 doppelstockbetten nebeneinander stehen. das dach ist undicht, der frisch geflieste fußboden ist voller pfützen. einer der arbeiter erlaubt mir, die vepse dort zu parken - nein sie würden nicht hier schlafen, sondern hätten andere zimmer. sie sitzen aber alle vor einer kleinen glotze bei spärlichem deckenlicht und warten auf das fußballspiel peru ./. argentinien. wenigstens etwas abwechslung.
beim reinfahren in den dunklen raum passe ich nicht auf und der linke koffer wird von der türzarge gestoppt und fällt ab. das zweite mal!!! in la serena, chile, das erste mal. jetzt, denke ich, wird der verschluss nicht mehr funktionieren. glück gehabt! der schließmechanismus hat den absturz überlebt. meine nerven liegen so gut wie blank.
ich mache mich auf nach einem restaurant. es ist dunkel, das dorf wirkt traurig und trist. nur wenige straßenlaternen werfen ihr funzliges gelbes licht auf den kaputten straßenbelag und auf häuser mit dunklen fensterhöhlen und runtergelassenen metallrolläden. die höhe der bordsteine beträgt bestimmt 50 cm - wie sollen da alte leute und rolli-fahrer klar kommen? hier oben ist es kalt. einer der jungs meinte 3.000 höhenmeter - mein gps-status-app sagt, 3.500 m.
ich finde ein restaurant mit einem zweiten stockwerk. das ist gut, denn da ist es wenigstens wärmer, als unten, wo die eingangstür aufsteht. ich betrete den raum, der über einen gestampften lehmboden verfügt. hier hat sich schon die fangemeinde versammelt, nimmt mich aber kaum wahr, weil das fußballspiel schon angefangen hat. eine enge, knarrende und verwurmte treppe in einem funzligen engen treppenhaus führt mich nach oben. dort steht ein tisch, eine peruanerin sitzt dort und spielt mit ihrem smartphone. ein raum weiter, sitzen andere fußballfans, die sich von meiner anwesenheit nur kurz stören lassen. es steht noch ein zweiter tisch in dem vorraum, in dem die peruanerin sitzt, den ziehe ich vor, wenigstens etwas von der lärmquelle entfernt.
die junge tochter kommt, und ich erkläre ihr, dass ich salat will - vieeeel salat! sie wirkt hilflos, schaut zu ihrer mutter, diese nickt und als ich dann pollo bestelle, geht das schon schneller, pollo mit papas fritas.
alles ist duster, telefonkabel, die elektrokabel ersetzen, sorgen für die 40 watt deckenbeleuchtung, über meinem tisch gibt es eine durchreiche, in der eine verstaubte heiligenstatue steht, deren beleuchtung aber nicht mehr funktioniert, ausgeblichene plastikblumen und vereselte zeitschriften. tristesse PUR. schlimmer geht es einfach nicht mehr. die mutter sitzt in sich gekehrt mit einem blauen poncho gegen die kälte geschützt, mit dem smartphone beschäftigt, auf ihrem stuhl - und das jeden abend? jeden abend diese szene? vielleicht etwas abgewandelt, weil es dann kein fußball gibt? also noch schlimmer?
der salat ist eine große überraschung. frisch und sehr lecker mit einem guten dressing. die hühnerbrust wird ohne besteck geliefert. ich habe einen bärenhunger - auf tischsitten wird hier nicht geachtet und ich haue rein wie ein tier über seine beute. die papas frittas sind schon die zweite generation - macht nichts - der hunger muss endlich gestillt werden.
ich bezahle unten und bin froh, als ich wieder draussen bin. doch auch hier hat sich nichts verändert. eher noch eine nuance schlimmer. ich beobachte, wie ein mann schnellen schrittes aus einer kneipe taumelt, es bis zur hauswand schaft und sich dort entleert. jetzt reicht es wirklich!, denke ich und sehe noch, wie sich ein bekannter um ihn kümmert. ich mache einen umweg, um nicht an dieser stelle vorbei zu müssen und verschwinde wenig später in der dunklen toreinfahrt, dessen quietschendes tor bestimmt die halbe straße aufschreckt.
ich taste mich das dunkle treppenhaus nach oben, klopfe bei der rezeption wegen handtüchern und papel, keiner antwortet, und so ziehe ich mich dann zurück.
hier ist es nicht so nasskalt wie gestern in cuverto, aber ich gehe sofort ins bett. auch hier empfangen mich ungelenke pferdedecken, die mich aber bald wärmen. wifi gibt es hier nicht - ich schreibe noch etwas und überlasse mich dann der nachtruhe.