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High Risk Area

Published: 08.04.2017

Dieser Blog-Beitrag ist nun einmal ganz anders, bezieht sich nicht auf das, was ich gesehen und erlebt habe, sondern soll einen Eindruck von der Situation der nächsten drei Tage an Bord geben.

Eigentlich hatte ich gedacht, dass diese Teilstrecke im Indischen Ozean recht entspannend werden würde und die drei schönen Inseln – die Seychellen, Renunion, Mauritius – die ruhigen Seetage interessant auflockern würden.

Aber nachdem, was ich gestern schon an Deck gesehen hatte bzw. was heute als Direktive des Kapitäns kam, befinden wir uns jetzt in einem recht hohen Sicherheitsrisiko, da wir eine „High Risk Area“ durchfahren und in dieser Gegend jetzt Piratenüberfälle möglich sein könnten. Damit herrscht nun eine allgemeine „Piracy Warning“ an Bord. Damit hatte ich auf meiner Route so gar nicht gerechnet, denn ich dachte, das beträfe nur die Fahrt um das Horn von Afrika auf dem Wege nördlich in den Suez-Kanal.

Aber hier doch relativ dicht vor der Küste Somalias und des Jemens ist die Lage ähnlich. Daher hat der Kapitän einige Maßnahmen mitgeteilt. Das Außendeck 3 mit dem hinten offenen Heck ist weiter geschützt worden. Gestern wurden Wasserkanonen aufgebaut, weitere Radargeräte installiert und das offene Heck mit Stacheldraht zusätzlich versehen. Für die nächsten 3 Tage wird das gesamte Deck drei für alle Passagiere und auch für die Mannschaft mit Einbruch der Dunkelheit verschlossen, die Beleuchtung des Schiffes wird auf ein Minimum heruntergefahren. Man muss die Fenster abdunkeln mit den dicken Vorhängen und soll möglichst nur wenig Licht in der Kabine anlassen. Für den Notfall, also Überfall, ist uns dann ein Code-Wort genannt worden, dass über alle Lautsprecher kommt, und dann muss jeder aus der Kabine in die Gänge und sich auf den Boden setzen, aber natürlich nicht vor die Türen, falls Geschosse durch das Fenster in die Kabine kommen.

Um den Kapitän zu unterstützen fährt jetzt auch ein Kommodore der Royal Navy mit. Grundsätzlich sind Leute, die ehemals in der Royal Navy waren, nun aber von einem privaten Unternehmen angestellt sind, schon länger an Bord und stehen unter dem Einsatzbefehl des Kapitäns. Dieser kann einen Schießbefehl geben, haftet dann aber für diese Entscheidung selber. Er hat uns erzählt, dass momentan ein britischer und ein italienscher Kapitän in Haft sind, weil sie angeklagt wurden, bei einem Piratenüberfall Fischer getötet zu haben. Also auch eine sehr schwierige Situation für einen Kapitän. Das „Traumschiff“-Image des Kapitäns aus dem Fernsehen ist doch recht realitätsfremd, wenn man die Arbeit des Kapitäns im Alltag betrachtet.

Die Piraterie ist professionell und bestens organisiert, was offizielle Berichte auf den Webseiten der britischen Ministerien veröffentlichen. Es geht wohl in erster Linie um den Treibstoff, der bei einem Überfall dann auf ein anderes Schiff gepumpt wird und für den es in der Regel schon einen Käufer gibt. Also wie auf Bestellung und gut organisiert. Treibstoff hat die QE ja nun reichlich. Dennoch bleibt zu hoffen, dass die Größe des Schiffes und die sicherlich auch bekannten Sicherheitsmaßnahmen ein Grund sind, nicht dieses Schiff für einen Überfall auszuwählen. Man sieht somit, wie das allgemeine Sicherheitsrisiko in der Welt überall enorm gestiegen ist.

Gestern hatten wir auch leider einen schweren Notfall an Bord, den der Kapitän ebenfalls über das allgemeine SOS-Lautsprechsystem in jeder Kabine absetzte. Kurz nach 7 Uhr morgens- also einer frühen Stunde- tönte es plötzlich neben mir aus dem Lautsprecher im Kopfteil des Bettes: „This is the bridge- this is the bridge“. Ich dachte schon, dass es brennt und wir jetzt erst einmal zu den Rettungsstationen müssten. Es war aber zunächst nur für das medizinische Team an Bord, die alle zum Einsatz zu einem Passagier auf Deck 5 mussten. Nach 2 Stunden kam dann ein erneuter Notruf des Kapitäns, in dem er von einem kritischen Zustand des Passagiers sprach und dringend Leute der Blutgruppe 0 aufrief, Blut zu spenden. Das haben dann wohl auch sofort ganz viele gemacht. Weitere Informationen haben wir dann nicht mehr bekommen. Das ist ja der absolute Albtraum, so schwer an Bord zu erkranken, vor allem, wenn kein Hafen in der Nähe angelaufen werden kann, der moderne Krankenhäuser hat.

Also momentan ist hier einiges an Bord los.

Ich halte euch auf dem Laufenden und hoffe erst einmal, dass wir übermorgen wohlbehalten in Port Victoria, Seychellen, anlegen können, obwohl es ja auch in dieser besonderen Zone liegt.

Liebe Grüße

Eva

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