Published: 18.10.2018
Tag 58: 18.10.2018 - Die drei Schwestern
Heute konnten wir unser Frühstück seit Langem einmal wieder an unserem Campingtisch in der Morgensonne statt im Camper genießen. Trotz der kühlen 14 Grad wärmte die Sonne uns während wir beim Essen überlegten, wie unser Tag heute aussehen sollte. Spontan entschlossen wir uns zu einer Planänderung und fuhren etwas verspätet vom Campingplatz zur wenige hundert Meter entfernten 'Scenic World' in Katoomba. In diesem zentralen Ort der Blue Mountains gibt es zahlreiche Aussichtspunkte, Wander- und Spazierwege, welche durch die Eukalyptuswälder, in die Täler oder am Rand der Klippen entlangführen. Die Blue Mountains verdanken ihren Namen einem von den Eukalyptusbäumen aufsteigenden Dunst, der die Schluchten, Berge und Felsen vor allem in den Abenstunden in ein bläuliches Licht taucht.
Die Scenic World besteht aus drei Fahrgeschäften, die verschiedene Punkte in den Bergen verbinden: Zwei Seilbahnen sowie eine Zahnradbahn führen zu unterschiedlichen Aussichtspunkten und Wanderwegen im Tal und am Rande der Schlucht. Das tiefe Tal ist anderweitig nicht erreichbar.
Der Himmel war wider Erwarten blau und so stiegen wir in die erste Seilbahn, die über die Schlucht hinweg zum gegenüberliegenden Aussichtspunkt fuhr. Aus der gläsernen Gondel bot sich ein traumhafter Rundumblick auf die blaugrünen Schluchten und felsigen Berge zu unserer Rechten, auf die Sandsteinklippen und einen knapp 300 Meter hohen Wasserfall zu unserer Linken sowie auf das grüne Meer von Baumkronen unter uns, über die große weiße Kakadus kreisten. Nach nur wenigen Minuten kamen wir auf der anderen Seite an. Wir begaben uns auf einen kurzen Wanderweg zu einem weiteren Aussichtspunkt und der populären Felsformation 'the three sisters', welche wir schon aus der Gondel gesehen hatten. Diese drei schlanken, rundlichen, unmittelbar nebeneinander stehenden Felsen sollen nach einer Sage der Aborigines drei von sieben Schwestern sein, die einst versteinert wurden, um sie vor drei Jünglingen zu schützen. Der Magier starb aber, bevor er die Schwestern wieder zurückverwandeln konnte, weshalb sie auf ewig versteinert bleiben sollten. Der Weg führte am Rand der Klippen entlang, sodass wir stets eine tolle Aussicht auf die vor uns liegenden Schluchten und die drei Schwestern hatten. Man konnte meilenweit in die Ferne blicken. Alles erinnerte ein wenig an eine bewaldete Form des Grand Canyon. Das Regenwetter der letzten Tage machte sich bemerkbar, große Pfützen auf den Pfaden erschwerten unser Vorankommen. Nach einem kurzen Stopp an der Aussichtsplattform gingen wir den Weg weiter bis zur Giant Stairway, die zu den Felsen der drei Schwestern führt. Diese ausgesprochen steilen Stufen führten uns mit vielen anderen Touristen direkt unter den ersten Felsen. Sehr viele Touristenbusse, unter anderem aus Sydney, erreichen täglich die Blue Mountains und deren leicht zugängliche Spazierwege, wo sich somit schnatternde Menschenmassen, vornehmlich asiatischer Herkunft tummeln. Also kämpften wir uns durch den Urwald von Selfiesticks und waren froh, schließlich wieder auf weniger besuchte Wege zu treffen.
Unsere nächste Fahrt sollte in die Tiefe des Tals führen, wir hatten die Wahl zwischen Gondel und Zahnradbahn. Wir entschieden uns für die rote Zahnradbahn, welche auf den Schienen einer ehemaligen Kohlemine fuhr. Die im Tal abgebaute Braunkohle wurde mit der Bahn nach oben befördert. Mit einer maximalen Steigung von 52 Grad ist sie die steilste Bahn Australiens. Auf dem Weg nach unten mussten wir uns stark mit den Füßen abstützen, denn wir standen gefühlt senkrecht in der Bahn, statt auf unseren Plätzen zu sitzen. Die Bahn führte mitten durch einen Felsen, bis wir schließlich unten im Regenwald ankamen. Auch hier hatten wir uns einen Rundweg ausgesucht, der auf erhöhten Holzstegen durch den Wald führte. Der zuvor blaue Himmel war wolkenverhangen und Juli prophezeite, dass es bald anfangen würde zu regnen. Keine fünf Minuten später saßen wir in einem hölzernen Unterstand und aßen unsere mitgebrachten Sandwiches, während wir warteten, dass der Schauer wieder aufhörte. Zum Glück blieb es bei einem kurzen Regenguss und wir beendeten unseren Rundweg und fuhren mit einer Seilbahn wieder zur Bergstation.
Da es bereits Nachmittag war, fuhren wir mit Liu zu einer freien Camp-Area, die 25 Minuten entfernt an der Schnellstraße lag. Man erkennt, dass der Frühling nun endlich hier ankommt, da die Bäume beginnen in Rosa- und Weißtönen zu blühen!
An der wirklich schönen, am Waldrand gelegenen Rastzone fielen uns zuallererst die 'Camping - Verboten' Schilder ins Auge. Durch viel Nachfragen und Internetrecherche fanden wir heraus, dass die Schilder erst kürzlich aufgestellt wurden, da das Campen an diesem Platz durch zu viele Camper aus dem Ruder gelaufen war. Scheinbar habe es in den letzten Nächten hier keine Kontrollen gegeben und ein netter Australier versicherte uns, dass wir schlimmstenfalls durch einen Ranger zum Gehen aufgefordert werden könnten. Wegen eines Mangels an Alternativen, blieben wir und setzten uns mit einer kalten Coke in die Nachmittagssonne. Bis es dunkel wurde spielten wir noch Skipbo und Rummikub (endlich blieb ich auch einmal ungeschlagen!) und nun liegen wir wie immer im Camper und hoffen, dass kein Ranger an unsere Scheiben klopfen wird.
J & J