Wotae: 10.01.2019
Nach Campo Grande reisten wir, um von hier aus einen Ausflug ins Pantanal zu buchen. Wir hatten schon seit unserem Amazonas-Trip im Sinn irgendwo nochmals in den Dschungel zu gehen. Ursprünglich wäre der Manu-Nationalpark in Peru noch in Frage gekommen, aber nachdem uns verschiedene Reisende unterwegs vom Pantanal und von dessen Artenreichtum vorgeschwärmt hatten, entschieden wir uns dafür. Dann liebäugelten wir eine Weile mit der Idee, eine richtige Jaguar-Safari im nördlichen Teil des Pantanals zu machen, aber angesichts der astronomischen Preise und der Tatsache, dass gerade nicht wirklich Saison war, entschieden wir uns dann doch dagegen. Wenn man schon so viel in ein solches Unterfangen investiert, sollte es wohl schon die passende Saison sein.
Campogrande ist eine riesige Stadt im
südlichen Pantanal, und scheint hauptsächlich aus Einkaufszentren
zu bestehen. Zu sehen gibt es ansonsten nicht viel.
Aber bereits
als wir mit dem Bus in die Stadt hineinfuhren, und er an einer roten
Ampel hielt, entdeckten wir in einer Palme einige Meter weiter 3
grosse blau-gelbe Papageien. So cool! Leider würde dies das einzige
Mal bleiben, wo wir diese Papageienart sehen würden. Schade.
Sehr hübsch hier ist der grosse Stadtpark. Uns wurde empfohlen, gegen Sonnenuntergang dort zu sein, da dann die Chance am grössten ist, Vögel zu beobachten (und Sonnenaufgang natürlich...schwierig). Gesagt, getan und so fanden wir uns am späten Nachmittag ein, und wanderten ein wenig durch den Park. Und wirklich, so ein Parkbesuch in Campogrande ist tatsächlich eine Option „Pantanal-zum Nulltarif“ für Sparfüchse. Wir haben dort jedenfalls schon einiges des lokalen Wildlifes zu Gesicht bekommen. Beispielsweise Capybaras in rauen Mengen. Aber die sind ja auch wirklich schnüsig! Könnte ich jedenfalls stundenlang anschauen.
Ausserdem liefen uns ein Aguti und ein Coati über den Weg und dann....endlich....unsere Nacken waren schon total steif vom ewigen nach-oben-schauen....flog er an uns vorbei: der Riesentukan. Aufmerksame Leser werden sich nun fragen, weshalb wir darüber so aufgeregt waren, immerhin hatten wir auf unserer Reise ja bereits mehrere Tukane gesehen. In der Tat! Und erst als wir einmal die Fotos etwas verglichen hatten, war uns aufgefallen, dass wir bisher tatsächlich insgesamt 3 verschiedene Tukanarten gesehen hatten. Freilebend. Und wie ich auch schon mal monologisiert habe: auf einer solchen Reise entwickeln sich kleine Projekte. Und so war es zu einem solchen Projekt geworden, eine vierte Tukan-Art der Liste hinzuzufügen. Tatsächlich gibt es viele verschiedene Tukanarten , aber dies hier war die einzige, die noch in unserer Reichweite lag und mit einem vernünftigen Mass an Aufwand mit etwas Glück gesichtet werden konnte: nämlich der Riesentukan, die bekannteste Art, mit dem orangen Schnabel. Und da sass er nun, in perfekter Foto-Position, eine gefühlte Ewigkeit lang. Ein richtiger Instagram-Tukan war das! So konnten wir also unser Must-See bereits entspannt abhaken. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir aber unsere Tour schon gebucht, denn dafür waren wir ja schliesslich extra nach Campogrande gefahren, und wir freuten uns auch zur Abwechslung nach den Anden mal wieder auf Dschungel und Tiere. Tiere beobachten kann man schliesslich immer.
Am nächsten Tag wurden wir dann in einem Touristenbus zu unserer Lodge gefahren. Die ausgewählte Lodge lag idiotischerweise nur ungefähr 135 km von Corumba entfernt, was bedeutet, dass wir den ganzen Weg zur bolivianischen Grenze wieder zurück fuhren. Wir machten sogar nochmals im selben Restaurant Halt zum Mittagessen. Haha.
Am einfachsten dran ist man hier ohnehin mit dem eigenen Auto. Sämtliche Unterkünfte, man hat die Wahl unter Lodges und Fazendas (eine Art Farm), liegen nämlich an der Estrada Parque, also an einer direkten Strasse durch das Feuchtgebiet. Man ist hier also nicht gerade abseits jeglicher Zivilisation.
Nach einer weiteren langen Fahrt kamen wir dann also bei strömendem Regen in der Lodge an. Wir hatten uns für die Lodge entschieden, weil wir uns durch die Lage direkt am Fluss doch ein wenig mehr Abgeschiedenheit erhofften, und uns dachten, auf einer grossen Farm gäbe es wohl weniger wilde Tiere zu sichten, wo ja schon überall Nutziere sind. Tatsächlich war das wohl ein Fehler, im Nachhinein hätten wir wohl eher die Fazenda wählen sollen. Zum einen wäre es ein besserer Kontrast gewesen zu unserer Amazonas-Erfahrung. Zum anderen waren die Chancen auf Tiersichtungen, insbesondere Papageien, wohl nicht geringer. Im Gegenteil, durch die weiten freien Flächen auf den riesigen Fazendas stehen die Chancen sehr gut, viele Vögel zu sehen, wie wir anlässlich eines Besuchs im Rahmen einer Tour herausfinden würden.
Gleich nach Ankunft in der Lodge stand auch schon der erste Ausflug an. Man hatte kaum Zeit, sich in den Bikini zu schmeissen (wohlverstanden regnete es noch immer in strömen), die Schwimmweste überzuwerfen und schon wurde man zu zweit in ein Kanu gestopft. Gestopft ist dabei der exakt richtige Ausdruck, denn unser Kanu war nämlich verkehrt herum, so dass ich sozusagen vorwärts auf der Rückbank hockte und dadurch überhaupt kein Platz für meine Beine hatte. Dadurch schnitt sich auch die Kante des Kanus schmerzhaft in meine Beine. Aber bevor man überhaupt etwas sagen oder protestieren konnte, wurde einem bereits das Paddel in die Hand gedrückt und schwups, schon war man auf den Fluss rausgeschoben worden. Kurz gesagt: die Kanu-Fahrt war der blanke Albtraum. Ich hatte Schmerzen, ich konnte mich nicht bewegen, meine Beine schliefen ein und durch meine unglückliche Position im Boot wurde es auch wahnsinnig instabil, so dass es schwierig war, das Gleichgewicht zu behalten. Also gab ich das Paddeln auf, und Jörg musste die ganze Arbeit machen...aber ja, es ging ja immerhin flussabwärts. Nach gefühlten Ewigkeiten wurden wir dann endlich von einem Motorboot aufgegabelt und zurück zur Lodge gefahren. Dadurch, dass kein Guide dabei war, und wir Kanu-Fahrer auf uns gestellt waren, und obendrein mit dem instabilen Ding zu kämpfen hatten, konnten wir auf dieser Fahrt leider auch keine Tiere sichten.
Danach hatten wir endlich mal Zeit, uns ein wenig in der Lodge umzusehen. Es war ganz hübsch hier, als Schlafzimmer dienten kleine Bungalows auf Stelzen. Aber die Spuren des Massentourismus sind schon einiges deutlicher: die Anlage ist riesig, die Anzahl Bungalows gross und der Luxus-Standard ist höher als im Amazonas. Zum Beispiel gibt es warme Duschen, Internet und Klimaanlage im Zimmer, das hatten wir dort nicht. Aber das war es eben auch, was den Charme in der Amazonas-Lodge ausgemacht hat, es war einfach etwas rustikaler, immerhin ist man ja mitten im nirgendwo, oder nicht? Aber das war auch alles überhaupt nicht das Problem, es war hübsch dort, wir haben viele Tiere gesehen, die Lodge war gut, das Essen ok und ausreichend, aber das Personal.....das Personal war wirklich enttäuschend. Angefangen beim Besitzer bis hin zum letzten Kellner waren alle unfreundlich, überhaupt nicht zuvorkommend, unmotiviert und arbeitsscheuh. Man muss sich das mal vorstellen, ich wollte doch nur das verdammte WLAN-Passwort haben. Die erste Person, der ich auf dieser Mission begegnete, war der Bartender, der mit dem Handy in der Hand auf einem Barhocker sass und mich, ohne mich eines Blickes zu würdigen, an den Touristenguide verwies, der gerade am Billardspielen war. Der meinte wiederum, er habe das Passwort auch nicht, ich solle mal den Barkeeper fragen. Haha. Dann wurde ich zum Chef geschickt, der sei irgendwo draussen. Draussen fand ich dann den anderen Touristenführer und die Köchinnen/Putzfrauen, die am rauchen und Café trinken waren, und bei der Frage nach dem WLAN-Code müde mit der Schulter zuckten, und mich ebenfalls an den Chef verwiesen. Der allerdings nicht da war. Jaja, der würde dann schon irgendwann mal wieder kommen, ich müsse halt warten. Ich meine, es ist nicht so, als hätte ich unbedingt diesen Internetzugang gebraucht. Es war kein Problem zu warten. Aber ein Aufenthalt an einem solchen Ort ist nicht gerade ein kostengünstiges Unterfangen, und da würde man sich doch ein wenig besseren Service wünschen. Und diese generelle Motivationslosigkeit und Unlust zog sich durch alles, man hatte als Gast teilweise eher das Gefühl geduldet, als Willkommen zu sein. Und dies hat uns die ganze Sache wirklich etwas vermiest, und nicht nur uns, sondern auch andere Gäste waren unzufrieden. Während der Kanu-Tour war ja nicht mal jemand dabei gewesen, der fachkundig war und nach Tieren Ausschau hielt, denn dafür ist man ja schliesslich da, wegen der Tiere, nicht wahr? Kanu fahren kann ich auch zuhause. Und ohne einen erfahrenen Guide, der sich in der Region auskennt, ist es meist sehr schwierig, Tiere auszumachen, das hatten wir ja schon verschiedentlich erlebt.
Aber nun ja, trotz allem liessen wir uns nicht den ganzen Aufenthalt vermiesen und machten das Beste draus, immerhin waren wir ja jetzt hier, und wir wollten Tiere sehen. Auf dem Programm standen anschliessend verschiedene weitere Aktivitäten.
Am nächsten morgen unternahmen wir eine Flussrundfahrt mit dem Motorboot. Dabei sichteten wir vor allem viele Vögel. Unter anderem viele Eisvögel und den Jaburu-Storch, der als das „Wahrzeichen“ des Pantanals gilt. Auch ein grosses Capybara sass am Ufer im hohen Gras und beobachtete uns neugierig, wie wir vorbeitrieben.
Nachmittags stand Piranha-Fischen auf dem Programm. Als wir aber hörten, dass wir nicht mit dem Boot rausfahren würden, sondern vom Ufer aus Fischen sollten, entschieden Jörg und ich uns, diese Aktivität ausfallen zu lassen. Wir hatten ja schon im Amazonas Piranhas gefischt, und dieses coole Erlebnis hatten wir in guter Erinnerung. Stattdessen lümmelten wir den Nachmittag ein wenig in der Lodge herum und ruhten uns etwas aus.
Abends dann ging es zur nächtlichen Bootstour. Zunächst einmal sahen wir uns vom Boot aus den Sonnenuntergang an. Anschliessend ging es auf die Pirsch nach nachtaktiven Tieren. Neben Fledermäusen, die man kaum sieht, weil sie so schnell an einem vorbeizischen, waren dies vor allem Kaimane. Und tatsächlich scheinen diese hier deutlich zahlreicher vertreten zu sein als im Amazonas, jedenfalls wimmelte es hier davon, während wir im Amazonas lediglich einem Exemplar begegnet waren. Unser Guide erzählte uns, dass die Kaimane beinahe zu einer Plage geworden sind, nachdem sie zeitweise fast vom Aussterben bedroht waren. Den Einheimischen im Pantanal ist es gestattet, die Tiere zu jagen und zu verspeisen, allerdings müssen sie die Häute der Tiere verbrennen und dürfen das Leder nicht weiterverwenden. Das Fleisch der Tiere darf ausserdem nicht kommerziell verwendet werden, also beispielsweise auch nicht den Touristen serviert werden. Dies um zu Verhindern, dass die Verlockung wieder gross wird, massenweise Handtaschen und Stiefel aus den Tieren zu produzieren.
Am nächsten Tag stand die ganztägige „Jeep-Safari“ auf dem Programm. Beim „Jeep“ handelte es sich um eine Art Lastwagen, der hintendrauf 2 längs angeordnete Sitzbänke montiert hatte, so dass alle auf einer Seite rausschauen konnten. Mit uns auf der Tour waren ein holländisches Ehepaar, sowie eine grosse Gruppe Brasilianer, und es war eigentlich schon sehr vergnüglich, die zu beobachten. Den grössten Teil der Fahrt verbrachten sie nämlich damit, zu schlafen. Wenn der Wagen anhielt, weil der Guide ein Tier gesichtet hatte, wachten sie kurz auf, machten ein paar Fotos, setzten sich wieder hin und waren 3 Sekunden später wieder eingeschlafen. Das war wirklich ein Phänomen, besonders, weil das Auto absolut nicht bequem und die Fahrt ziemlich holprig war.
Während der Fahrt sahen wir viele Tiere, unter anderem Hirsche, Riesentukane, Kaimane, Coatis, Nandus und natürlich nicht zu vergessen die tausenden Moskitos. Eines der Highlights war die Sichtung eines der „Big-Five“ Südamerikas: einem Riesen-Seeotter. Leider versteckte sich das Kerlchen unter den Bäumen im Schatten, so dass es schwierig war, Fotos zu machen.
Teil
des Programms war auch eine Wanderung durch den Dschungel. Leider
hatten wir etwas „Pech“ mit dem Klima, obwohl es ein
wunderschöner, sonniger Tag war. Während der Tage zuvor hatte es
immer mal wieder etwas geregnet, so dass sich überall kleine
Wasserlöcher bildeten. Um Tiere zu sichten ist das ungünstig. In
der Trockenzeit ist es einfach, Tiere zu sichten, weil sich diese an
den wenigen Wasserlöchern versammeln. In der Regenzeit bilden sich
kleine Inseln, auf denen die Tiere dann sozusagen gefangen sind, und
ebenfalls gut ausgemacht werden können. Wenn es allerdings so war
wie jetzt, gab es genug Wasser, dass die Tiere nicht lange danach
suchen mussten, und daher weite Wege zurücklegen konnten, um Futter
zu suchen, und dadurch schwieriger zu finden waren. Das Highlight der
Wanderung war eine grosse Gruppe Pekaris, die wir aus ihrer
Mittagsruhe aufscheuchten. Man kann gar nicht sagen, wer sich dabei
mehr erschrocken hatte, die Pekaris, die allesamt laut aufquickten
und mit einem Satz auf den Beinen waren, oder wir, die wir die Tiere
gar nicht gesehen hatten, bis sie wie gesagt plötzlich alle
aufsprangen und davon rannten. Tatsächlich kreuzten sich unsere Wege
immer wieder mit denen der Pekari-Gruppe, worüber die Tiere nicht
besonders erfreut waren. Irgendwann waren sie es wohl leid,
davonzurennen und wurden wohl langsam sauer und stellten sich uns
etwas bedrohlich in den Weg. Aber wirklich gefährlich war die
Situation nicht, es gab ja genügend Platz für alle, so dass wir gut
ausweichen konnten.
Ausserdem sichteten wir auf der Wanderung
noch einige Brüllaffen und noch ein Päärchen roter Aras vor ihrem
Nest. Aras nisten in Astlöchern in hohlen Bäumen, und es ist
einfach zuuuuuu herzig, wenn einer zum Astloch herausschaut.
Nach der Wanderung sprangen wir wieder ins Auto und weiter ging die Fahrt. Wir machten Halt bei einem schattigen Plätzchen, wo die Guides für uns das Mittagessen kochten, welches aber leider nicht wirklich geniessbar war. Es gab Reis gemischt mit Trockenfleisch und etwas Salat. Aber na ja, wenn man Hunger hat, ist man eben, was auf den Tisch kommt. In der Brasilianer-Gruppe war auch ein älteres Ehepaar dabei, welches Wurzeln in Deutschland hatte. Tatsächlich sprachen sie perfekt deutsch, obwohl sie in Brasilien geboren waren. Wir konnten uns also die Wartezeit auf das Mittagessen mit angeregten Gesprächen vertreiben. Besonders Jörg unterhielt sich lange mit dem Mann und bekam einige haarsträubende Räubergeschichten aus dem Leben einer brasilianischen Soya-Farmer Familie zu hören.
Nach dem Essen ging es auf ziemlich direktem Weg zurück zur Lodge. Obwohl es sich ja eigentlich um eine „Ganz-Tages-Safari“ handelte, setzte sich der Guide auf dem Rückweg in die Fahrerkabine, es gab also keine weiteren Erklärungen mehr und auch keine Stopps, um Tiere zu sichten. Das war wirklich sehr schade und auch ziemlich enttäuschend. Ich hatte so gehofft, einen Ameisenbär (gehört auch zu den Big 5, nebst Anakonda, Riesenotter, Jaguar und Andenbär) oder ein Gürteltier zu sichten, aber diese Wünsche blieben leider unerfüllt. So ist das eben mit der Tierbeobachtung, man kann es eben leider nicht bestellen, wie man es möchte, es gehört eine grosse Portion Glück dazu. Aber dadurch wird es halt erst recht viel aufregender, wenn man tatsächlich einige Wildtiere zu Gesicht bekommt.
Auf dem Geländer der Lodge lebt auch eine Capybara-Familie. Tagsüber sind die Tiere fort um Nahrung zu suchen, aber abends versammeln sie sich am Flussufer. Ich kann von den putzigen Tierchen wirklich nicht genug kriegen, besonders das Jungtier war zuckersüss, am liebsten hätte ich es einfach kurzerhand in den Koffer gepackt und mitgenommen. Meine Lieblingsaktivität am Abend nach dem Essen war es also, die Capybaras, die grössten Nagetiere der Welt, zu beobachten.
Am
nächsten Tag war unser letzter Tag in der Lodge und der letzte
Ausflug stand an. Dumm nur, dass es in strömen regnete, als wir
aufwachten. Denn beim letzten Ausflug handelte es sich um Reiten.
Juhu. Auch die Holländer, die mit uns reiten würden, sahen wenig
begeistert aus, als wir sie im Frühstücksraum trafen. Apropos
Frühstück, wo war das überhaupt?
Tatsächlich hatte uns unser
Guide am Abend zuvor informiert, dass in der Nacht die Zeit auf
Sommerzeit umgestellt würde, wir sollten daran denken! Und hier
erkennt man tatsächlich den nicht so kleinen und nicht so feinen
Unterschied zwischen Europäischer und Lateinamerikanischer
Zuverlässigkeit: tatsächlich standen die Holländer und wir
pünktlich auf der Matte. Allerdings als einzige. Das Personal, das
für das Frühstück zuständig war, kam mit einer halbstündigen
Verspätung , um im Eiltempo das Buffet aufzutischen. Die übrigen
(brasilianischen) Touristen schienen sich nicht von der
Zeitumstellung betroffen zu fühlen, denn sie kamen allesamt zur
ursprünglichen Zeit, also mit einer Stunde Verspätung. Und da sie
mit uns zur Ranch fahren mussten, hiess das, das wir auf sie warten
mussten, während sie in aller Ruhe noch frühstückten. Das sind so
diese Momente, wo man ab und an etwas Mühe hat mit dem
Mentalitätsunterschied. Ich kriegte schon leicht die Krätze,
während ich beobachtete, wie sie in einer unheimlichen Gemütsruhe
gemächlich durch das Buffet spazierten, um nicht zu sagen,
schnarchten, und sich in Zeitlupentempo die Teller vollluden. Ich an
ihrer Stelle hätte mich zumindest mit dem Frühstück beeilt, oder
nur wenig gegessen, vor lauter schlechtem Gewissen, eine Stunde zu
spät zu sein, und das andere Leute seit einer Stunde auf mich warten
müssen. Aber nein, hier fühlt sich wegen sowas niemand schlecht,
frei nach dem Motto „nach mir die Sintflut“. Wir sind ja
schliesslich selber Schuld, dass wir die Uhr bereits am Vorabend
umgestellt hatten. Und so tranken wir also noch ein paar Kaffees, wir
und die Holländer, schauten den anderen beim Essen zu und bereiteten
uns mental auf das Reiten im Regen vor.
Als
wir dann endlich auf der Fazenda ankamen, wo das Reiten stattfinden
würde, hatte der Regen aber zum Glück schon stark nachgelassen. Vor
Ort wurden uns Regenpellerinen und Helme ausgeteilt, bevor dann jeder
sein Pferd zugeteilt bekam. Ich taufte meines „Salami“. Salami
war ein widerspenstiges Kerlchen, der so gar nicht das tun wollte,
was ich ihm mit meinen unbeholfenen Hand- und Fusszeichen zu
verstehen geben versuchte. Ausserdem schien er es überhaupt nicht
eilig zu haben, stoisch trottete er in einer Langsamkeit voran, die
die ganze Gruppe schlussendlich aufhielt. Der Guide wies mich immer
wieder an, mit den Fersen in seine Flanken zu treten, was ich denn
auch tat, nachdem ich die Angst abgelegt hatte, ich könnte Salami
damit wehtun, aber Salami liess sich davon ohnehin nicht
beeindrucken. Jörg ritt währenddessen mit seinem Pferd, welches
offenbar viel besser gehorchte, vor und zurück und lachte mich die
ganze Zeit blöd aus. Irgendwann gab ich dann sämtlichen Widerstand
auf und liess Salami gewähren. Sollte er doch fressen, wenn er
fressen wollte, und langsam vor sich hintrotten. Ich habe ohnehin
keine Ahnung vom Reiten, er hatte da einiges mehr Erfahrung,
schliesslich werden den Pferden jeden Tag neue Touristen allias
Kartoffelsäcke, die nicht reiten können, auf den Rücken gesetzt.
Und so entschied ich, mich darauf zu verlassen, dass Salami schon
wusste, was für uns beide das Beste war. Wenigstens setzte er sich
nicht in einen der riesigen und ziemlich tiefen Wassertümpel, die
wir während des Ausritts durchquerten, das war nämlich meine
grösste Angst, nachdem uns ein Schweizer Päärchen in der Lodge
erzählt hatte, dass das während ihres Ausritts geschehen war.
Unterwegs ritten wir durch weite Ebenen und wenn ich nicht gerade
mit dem Kampf mit Salami beschäftigt war, gab es unterwegs viele
Vögel und Papageien zu sehen. Einige Tukane flogen noch über uns
hinweg.
Das Reiten machte mir eigentlich ziemlich Spass, es ist schon eine schöne Sache, eine solche nahe Begegnung mit einem so majestätischen Tier wie einem Pferd. Trotzdem war ich froh, als wir langsam wieder zur Ranch zurück kamen, inzwischen tat mir nämlich ganz schön der Hintern weh.
Nach
dem Ausritt mussten wir mal wieder auf die Brasilianische Gruppe
warten. Sie waren bei einem anderen Ausflug mit dem Jeep, hatten uns
hier abgesetzt und mussten uns auch hier wieder aufsammeln.
Diesmal
waren wir allerdings ganz froh um die Wartezeit, denn dadurch hatten
wir die Gelegenheit auf der Farm herumzulaufen. Und dort gab es
überall Papageien. Unzählige Papageien verschiedenster Arten
hockten in den Bäumen, bauten an ihrem Nest oder krächzten einfach
ohrenbetäubend vor sich hin. Das allergrösste Highlight war der
Hyazinth-Ara, den wir hier endlich zu sehen bekamen. Gleich 3 Stück
der grossen, blauen Papageien flogen in der Gegend herum. Damit ging
ein weiterer Wunsch in Erfüllung.
Auf der Farm lagen auch überall riesige Kaimane herum. Obwohl uns mehrfach gesagt wurde, dass die Tiere für uns nicht gefährlich seien, fühlt man sich in ihrer Nähe trotzdem nicht besonders wohl, während sie einen aus ihren seitlichen Augen anstarren. Man hat jederzeit Angst, dass sie sofort aufspringen und zuschnappen. Diese zutiefst missverstandenen Tiere sind halt auch Opfer ihres etwas grausligen Aussehens und von actionreichen Hollywood-Spielfilmen, ähnlich wie der weisse Hai. Trotzdem, es war ein mehr als amüsanter Anblick, dieser riesige Kaiman, und gleich daneben in aller Ruhe ein fressendes Pferd und eine Hühnerschar. Ein tolles Foto.
Nachdem der Jeep dann endlich gekommen war, um uns aufzuladen, ging es zurück zur Lodge. Wir waren etwas in Eile, schliesslich mussten wir am Nachmittag den Shuttle-Bus nach Bonito erwischen. Trotzdem blieb uns noch etwas Zeit um kurz zu Mittag zu essen und unsere letzten Sachen zu packen, bevor es hiess Abschied nehmen und uns mal wieder auf den Weg zu machen.
Tja, was soll ich sagen. Grundsätzlich ist so ein Aufenthalt in einer Lodge immer eine gute Sache, etwas das ich immer wieder machen könnte. Es ist gemütlich, entspannend, man muss sich um nichts kümmern, das Essen wird aufgetischt und morgens das Tagesprogramm verkündet. Tiere zu beobachten ist immer unterhaltsam und eine spassige Sache, man hat immer wieder Freude an jedem neuen Tier, welches man zu seiner Liste hinzufügen kann, aber auch an Tieren, die man zuvor schon freilebend gesehen hat, kann man sich irgendwie nie so richtig satt sehen.
Aber die Pantanal-Jungle-Lodge, wo wir waren, kann ich nicht wirklich empfehlen, obwohl sie im Internet die besten Bewertungen erhält. Wie bereits zuvor erläutert war der Service derart unfreundlich und lieblos, dass es einem den Aufenthalt etwas ruiniert hat. Was uns auch etwas gestört hat war, dass keinerlei Wasser im „all-inclusive“-Preis inbegriffen war, nicht mal zum Essen. Und hier ist es wirklich heiss, es ist also notwendig genügend Wasser zu trinken. Aber die hatten nicht mit Jörg und mir gerechnet, den Teufel würden wir tun, und hier ein Heidengeld zusätzlich für Wasser ausgeben. Wir wussten das ja schon vorher und so reisten wir schon mit Wasserkanistern mit etwa 15l Trinkwasser an und dann haben wir auch noch einen Wasserfilter, wenn alle Stricke reissen. Aber auch das Gesamterlebnis erschien mir einiges weniger authentisch, als in der Amazonas-Lodge. Und das obwohl auch hier die allermeisten Angestellten Einheimische der Region sind. Es gab auch keinen Exkurs über kulturelle Aspekte und Lebensart der lokalen Einheimischen, was ich im Amazonas als einen sehr interessanten Teil des Aufenthalts empfunden hatte. Und schlussendlich ist es einfach viel touristischer, wie gesagt befinden sich alle Lodges gleich entlang der Strasse, so dass wenig „Wildnis-Feeling“ aufkommt.
Nun ja, wir haben einige neue Tiere gesehen und auch einige alte Bekannte und wir haben das beste aus unserer Zeit hier gemacht und es entsprechend auch genossen. Ich glaube aber, dass ich in bei einem nächsten Mal dann doch eher das extra Geld ausgeben, und gleich eine richtige Jaguar-Safari buchen würde. Aber es ist halt auch schwierig, wenn man so wie wir gleich mehrere ähnliche Erlebnisse in einem relativ kurzen Zeitraum hintereinander durchlebt, man vergleicht dann halt auch mehr. Ich denke für einen typischen Urlaubs-Gast aus Europa ist das hier wirklich schon eine ganz schöne und unvergessliche Sache.
Anhang: Liste der gesichteten Tiere
Eisvogel
Jaburu-Storch
Capybara
Blau-gelber Papagei
Riesentukan
Coati
Aguti
Pantanal-Hirsche
Pekari
roter Ara
Riesen-Seeotter
Brüllaffen
Hyazinth-Ara
Schlangenhalsvogel
Nandu
Iguana