Publicat: 08.05.2018
Die meisten Touristen, die nach Honduras kommen, besuchen nur die Inseln Roatan oder Utila. Auch wir entschlossen uns, zur Abwechslung mal wieder ein bisschen dem Strandleben zu fröhnen. Dafür bot sich uns eine ungewöhnliche Gelegenheit, die wir uns natürlich nicht entgehen lassen konnten. In Honduras ist es nämlich möglich, sich eine eigene kleine Insel im Atlantik zu mieten! Und tatsächlich war die ausgesuchte Insel tatsächlich noch verfügbar, wir hatten also mal wieder Glück. Wer sich nun denkt, das muss sicher ein Vermögen kosten, ist falsch gewickelt: tatsächlich kostet eine Nacht im eigenen karibischen Paradies nicht mehr als eine Nacht in einem Schweizer Mittelklasse-Hotel. Klar, das ist immer noch relativ viel im Vergleich zu was wir sonst so für Übernachtungen hier budgetieren, aber wir buchten das unter unserem Sonderbudget für «unerwartete Mehrausgaben für absolute Must-See’s ab». Und das war es absolut wert, denn das war nicht nur ein Must-See, sondern eines der Top-Highlights unserer gesamten Reise. Insbesondere, da Jörg und ich eigentlich überhaupt keine Strandliebhaber sind. Normalerweise wird uns schnell langweilig und wir haben das Gefühl unsere Zeit zu verschwenden, wenn wir nur am Strand herumgammeln. Natürlich ist das totale Geschmackssache, viele Reisende, die wir unterwegs treffen, verbringen einen Grossteil ihrer Zeit damit, von Beach zu Beach zu reisen und das süsse Nichtstun zu geniessen. Das mögen wir natürlich jedem gönnen, hat es doch für uns auch noch den netten Nebeneffekt, dass es weniger Leute an jenen Orten hat, die wir bevorzugen.
Um zu unserem kleinen Eiland zu gelangen, mussten wir allerdings erstmal nach La Ceiba reisen. In La Ceiba deckten wir uns im grossen Supermarkt mit allem ein, was das Herzchen in den kommenden Tagen begehren könnte. Alleine auf einer Insel zu sein bedeutet nämlich auch, dass dort niemand ist, der für einen kocht. Das muss man schon selber machen. Also kauften wir allerlei Lebensmittel, frische Früchte, Süssigkeiten, Wasser, Getränke und natürlich auch ein paar Flaschen Rum ein, damit es uns an nichts fehlen würde. Wir hätten die meisten Sachen auch problemlos auf der Insel Utila kaufen können, aber dort wäre es einiges teurer gewesen, da natürlich alles erstmal per Schiff auf die Insel transportiert werden muss. So hatten wir halt einiges an Gepäck zu schleppen, als wir mit der Fähre nach Utila übersetzten.
In Utila verbrachten wir einen Tag und sahen uns noch ein wenig auf der Insel um. Utila ist bekannt dafür, dass sich viele Walhaie um die Insel tummeln und es werden auch Schnorcheltouren zu den Tieren angeboten. Natürlich haben wir uns auch noch danach erkundigt, die hätten wir natürlich gerne gesehen! Aber wir mussten leider erfahren, dass seit mehr als 2 Wochen keine Walhaie gesichtet worden waren, daher werden vorläufig keine Touren durchgeführt, bis sich die Tiere wieder einfinden. Schade. Ansonsten hat die Insel nicht sehr viel zu bieten, es ist halt sehr touristisch und vor allem auf Taucher und internationale Badetouristen ausgelegt. Entsprechend sind auch die Preise einiges höher als im restlichen Honduras. Wir wanderten ein wenig herum und verbrachten noch ein paar Stunden am Bando Beach. Dabei handelt es sich um einen «privaten» Strand, wo man auch ein paar Dollar Eintritt zahlen muss, war bei uns aber im Hotel inbegriffen. Dafür gibt es einen schönen, sauberen Strand und einiges an Infrastruktur, wie beispielsweise schattenspendende Strohschirme, Pick-nick-Tische, ein Restaurant und sanitäre Anlagen. Da momentan Nebensaison ist, hatte es auch wirklich wenig Leute und war daher ganz angenehm. Allerdings kein Vergleich zum ultimativen Strandfeeling, das noch kommen würde.
Tags darauf um 11 Uhr wurden wir von Barry, dem Insel-Betreiber, mit einem kleinen Motorböötchen abgeholt. Nach etwa 30 Minuten Fahrt waren wir schon da: auf unserem Eiland, auf unserem eigenen, abgeschiedenen Fleckchen Erde, mitten im Atlantik. Wir hatten uns fest vorgenommen, die Grösse (bzw. Kleine) der Insel noch zu vermessen, ausserdem wollten wir ein Video davon machen, wie lange es dauert, einmal um die ganze Insel zu laufen. Wir müssen ehrlich sein: vor lauter Heavy-Duty-Relaxing haben wir das alles komplett versifft. 1700 Fotos haben wir, das muss reichen. 😊
Nach Ankunft gab uns Barry einige Informationen zur Wasserpumpe, zur Küche und zum Telefon. Er ermahnte uns, ihm einmal täglich Bescheid zu geben ob alles in Ordnung sei. Dann verabschiedete er sich mit den Worten: Now it’s time for you to get into your Birthday Suit! Enjoy your own island!
Und weg war er. Und wir waren allein.
Es war traumhaft. Ich weiss gar nicht wie ich das beschreiben soll. Am ersten Nachmittag waren wir noch vollauf damit beschäftigt, anzukommen und das ganze auf uns wirken zu lassen.
Auf der Insel stehen 2 Bungalows. In einem Bungalow befinden sich 2 Schlafzimmer mit insgesamt 3 Doppelbetten, ausserdem ein WC. Es finden also mindestens 6 Personen locker Platz. Im zweiten Bungalow gibt es eine vollständig eingerichtete Küche mit Gasherd und zwei grossen Kühlschränken (sogar Eiswürfel waren schon im Gefrierfach vorbereitet), ein Wohnzimmer und ein Badezimmer mit Dusche. Rund um die Bungalows führt eine Holz-Terrasse, und es stehen ein Esstisch, diverse Stühle und Liegestühle zur Verfügung.
Ein typischer Tagesablauf sah folgendermassen aus:
Morgens erwachte man früh vom Geräusch der Wellen. Das Schlafzimmer hatte rundherum Fenster mit Moskitonetzen, so dass man alle Fenster geöffnet lassen konnte. Sobald man die Augen aufschlug, hatte man direkten Blick aufs Meer und zwar nach allen Seiten. Was für ein Erwachen!
Nachdem man sich mal aus dem Bett gerollt hatte, schwang man sich erstmal gemütlich in einen Liegestuhl und beobachte das Leben, das einen umgab und den neuen Tag willkommen hiess. Vögel zwitscherten (bzw. gaben irgendwelche seltsamen Laute von sich), Krabben kamen aus ihren Sandlöchern und wanderten kreuz und quer über die Insel, und Leguane sonnten sich auf Felsen, um warm für den Tag zu werden.
Nach dem Frühstück gings erstmal zum morgendlichen Bad im türkisblauen Meer, bevor der Platz im Liegestuhl wieder eingenommen wurde. Auf der Insel windete es sehr stark, was teilweise etwas unangenehm sein konnte, allerdings auch den Vorteil hatte, dass es nicht so wahnsinnig heiss war. Besonders nachts war dies ein Segen! Und da man schliesslich die ganze Insel für sich hatte, hatte man natürlich auch alle Freiheiten und konnte seinen Liegestuhl bequem einfach auf der windabgewandten Seite der Insel unter den Palmen postieren. Oder man hatte eher Bock auf Sonne? Kein Problem! Dann schnappte man sich eben den Liegestuhl und machte es sich an seinem privaten Sandstrand gemütlich. Mit der Zeit hatten wir für jede Tageszeit und Präferenz das perfekte Plätzchen auf unserem Inselchen auserkoren.
Den Rest des Tages konnte man seine Zeit damit verbringen, im kleinen Riff, das die Insel umgibt, zu schnorcheln. Oder man konnte einfach etwas schwimmen. Oder um die Insel spazieren. Oder hunderte Fotos schiessen. Oder tropische Früchte schlemmen und Rum trinken. Oder den ganzen Tag faul auf dem Liegestuhl liegen, auf das Meer starren und Wind und Wellen lauschen. Oder Lesen. Oder Musikhören. Oder etwas dösen. Oder tun, was Päärchen halt so tun auf einer einsamen Insel. Man hatte die freie Wahl. 😊
Und schwups, war es bereits wieder 18:00 Uhr! Zeit für den Sonnenuntergang! Also rafften wir uns auf und machten uns auf Richtung Anlegesteg, welchen wir schnell als besten Platz auserkoren hatten, um uns den Sonnenuntergang über dem endlosen Atlantik anzusehen.
Abends bereiteten wir uns ein feines Abendessen zu und spielten ein Kartenspiel. Oder wir lagen auf dem Bootssteg auf dem Rücken, schauten in die Sterne und genossen Breeze and Stars. Bemerkenswert ist, dass der Mond auf diesem Teil der Erde um 90° gedreht am Himmel steht, wusstet ihr das?
Bis wir müde wurden und uns nach einer kühlen Dusche ins Bett legten, um zum selben Wellenrauschen wieder einzuschlafen. Einmal geschah es sogar, dass es nachts wie aus Kübeln regnete, und man das Prasseln des Regens hörte, während man gemütlich im kuscheligen Bett lag. Und so ging das. Tag für Tag. Ohne dass es uns jemals langweilig geworden wäre.
Wenn du auf einer einsamen Insel ausgesetzt wirst, was nimmst du mit? Nun, einen geliebten Menschen dabei zu haben ist schön. Ausserdem ist ein E-Reader eine gute Sache. Sicher genügend zu essen und zu trinken. Und einen Bikini. Naja, vielleicht nicht mal den. Mehr benötigt man nicht. Wir hätten jedenfalls getrost all unser Gepäck auf dem Festland lassen können, wir haben nichts davon gebraucht.
Wir hatten ursprünglich geplant, 3 Tage auf der Insel zu bleiben. Da uns ja wie gesagt am Strand schnell langweilig wird. Schlussendlich wurden es 6 Tage. Und sie vergingen wie im Flug.
Viele
Reisende berichten, irgendwo seien sie mal hängen geblieben an einem besonders
schönen Ort. Dies war unser Ort zum Hängenbleiben und es war der schönste, den man
sich hätte vorstellen können.
Wegen der ungeplanten Verlängerung unseres Aufenthalts mussten wir uns einmal noch von Barry zurück nach Utila fahren lassen, um unsere Vorräte aufzustocken. Bei dieser Gelegenheit stellten wir auch fest, dass das Insel-Telefon gar nicht mehr funktionierte bzw. es hatte kein Guthaben mehr. Haha. Irgendwann wäre Barry wohl sicher mal auf die Idee gekommen, nach uns zu sehen, wenn wir uns gar nicht mehr gemeldet hätten, aber so lange wollten wir nicht warten. Glücklicherweise hatten wir noch Guthaben auf unserer lokalen SIM-Karte und fanden auf der Insel auch ein Fleckchen, wo man tatsächlich mit dem Handy ein wenig Empfang hatte, genug jedenfalls um eine Whatsapp-Nachricht zu versenden. Und so fuhren wir am dritten Tag für eine Stunde zurück nach Utila, um uns mit neuen Leckereien und Trinkwasser einzudecken. Schon während dieser kurzen Rückkehr in die «Zivilisation» waren wir völlig überfordert mit der plötzlichen Hektik im Dorf, und das obwohl die honduranische Hektik ja schon eher der eines Faultieres gleichzusetzen ist. Und so waren wir froh, schnell wieder dem Trubel entfliehen und auf unser Inselchen zurückkehren zu können.
Am meisten in Erinnerung bleiben werden mir die leuchtenden Farben. Ich habe wohl noch nie zuvor ein solch intensives Farbenspiel wahrgenommen. Das grelle Hellgrün der Palmen im Kontrast zum leuchtenden Türkis des Meeres. Absolut atemberaubend.
Obwohl es immer ruhig war, obwohl niemand da war, der ein Geräusch machen konnte, war es niemals gänzlich still. Stetig hörte man das Rauschen des Windes und den Wellenschlag des Wassers.
Eine Ewigkeit lang hätte ich nichts anderes tun können, als da zu sitzen, die Farben anzusehen und dem Wind und den Wellen zu lauschen.
Diese 6 Tage mit Jörg auf dieser Insel gehören definitiv zu den glücklichsten Zeiten meines bisherigen Lebens. Wir haben unsere gemeinsame Zeit im Paradies wahnsinnig genossen, unsere Ferien von den Ferien. Viel zu schnell war es vorbei, und es ist uns wirklich verdammt schwergefallen, Abschied zu nehmen und diesen traumhaften Ort wieder zu verlassen.
Wer weiss, vielleicht schaffen wir es, am Ende unserer Reise nochmals hierher zurückzukommen, an einen der schönsten Orte, die diese Welt zu bieten hat. Noch einmal den Duft des Paradieses zu schnuppern, bevor es wieder zurück zum Ernst des Lebens geht. Das wäre schön.
Als uns Barry abholte, und es ans Bezahlen ging, gab es einige Verwirrung und schlussendlich ein Missverständnis hinsichtlich des Wechselkurses, da wir einen Teil des Betrages in Dollars zahlten und einen Teil in honduranischen Lempiras. Dieser Rechnungsfehler führte dazu, dass wir irrtümlicherweise etwa 1800 Lempiras zu viel bezahlten. Dummerweise ist uns dies aber erst auf der Insel Utila aufgefallen, als wir es nochmals überschlugen, und nachdem Barry natürlich schon wieder weggefahren war. Wie absolut dämlich von uns! Sofort schrieb ich ein E-Mail an ihn, und fragte, ob es möglich sei, dass er uns den zu viel bezahlten Betrag via Paypal zurückzahlen könnte, da wir noch am selben Nachmittag von Utila zurück nach La Ceiba aufs Festland fahren würden und am nächsten Morgen weiter nach Tegus. Er meinte, wir sollen ihm kurz Zeit geben, er werde schauen, ob er was mit einem Freund organisieren kann und fragte, welches Hotel wir in La Ceiba hätten. Und siehe da! Am nächsten Morgen um 5 Uhr früh stand ein Taxifahrer vor unserem Hotel in La Ceiba, um uns die 1800 Lempiras zu bringen. Damit hätten wir nun wirklich nicht gerechnet! Einmal mehr zeigte sich, wie sehr die Honduraner ihre Angelegenheiten über persönliche Beziehungen regeln.
Honduras. Was soll man zu diesem Land sagen? Ganz ehrlich gesagt wäre es wohl ziemlich langweilig gewesen, hätten wir nicht so viele aussergewöhnliche Erlebnisse gehabt dank Bekannten oder dank Ereignissen, die als solches nichts explizit mit dem Land zu tun haben. Die Insel natürlich, die war neben Copan das absolute Highlight.
Die Honduraner sind ein seltsames Völkchen. Edi meinte damals, sie seien sehr stolz, obwohl man eigentlich gar nicht genau weiss, worauf. Das hat wirklich was. Während in den Nachbarländern die Menschen mehr oder weniger erfolgreich zumindest versucht haben, ihr Schicksal selber in die Hand zu nehmen, und Honduras von Revolutionen und Konflikten umgeben war, blieben ähnliche Bewegungen im Land aus. Sowohl in El Salvador als auch in Nicaragua gab es Revolutionen und Bürgerkriege, da sich das Volk die korrupten Diktaturen, die Armut und die Ausbeutung von aussen nicht mehr gefallen lassen wollte. In Guatemala hatten sich die Indigenen Völker schon gegen die Spanier so stark und verbissen gewehrt, dass die indigene Kultur noch heute von grosser Bedeutung ist, im 20 Jh wütete ein mehr als 30 Jahre dauernder Bürgerkrieg. Honduras wurde über Jahrhunderte hinweg von verschiedenen Seiten ausgebeutet und missbraucht. Zuerst kamen die Spanier und trampelten im ganzen Land herum. Im 17 Jh. Kamen plündernde Piraten hinzu. Während des gesamten 20. Jh. wurde Honduras von ausländischen Mächten kontrolliert, wie den US-amerikanischen Obstkonzernen und später dem US-Militär, das sich im Land einnistete und von hier aus in den Nachbarstaaten intervenierte. Auch die innenpolitische Struktur blieb seit der Unabhängigkeit von Spanien stets instabil, die Verfassung des Landes wurde zwischen 1821 und 1982 ganze 17 Mal umgeschrieben. Die Honduraner liessen sich irgendwie alles ziemlich bereitwillig gefallen, gingen nicht auf die Barrikaden.
Wenn man als Europäer schon Schwierigkeiten hat, sich an die generelle Langsamkeit und Ineffizienz und die «Wenn-nicht-heute-dann-morgen-vielleicht-und-sonst-reichts-übermorgen-auch-noch-»-Mentalität in Zentralamerika zu gewöhnen, wird man in Honduras noch einiges mehr Mühe haben. Hier geht alles sogar noch einen Tick langsamer von statten als sonst überall wo wir bisher waren. Und das ist wirklich kaum zu glauben, bzw. fast nicht möglich. Im Reiseführer steht im Info-Kapitel über die Mentalität der Honduraner, dass sie «die Dinge stets gemächlich und gelassen angehen». Dies ist teilweise noch stark untertrieben. «Sie schnarchen den ganzen Tag vor sich hin» würde es einiges besser treffen.
Was den Tourismus angeht, so haben die Honduraner natürlich längst begriffen, welch wichtige Einnahmequelle Touristen darstellen. Sie sind auch überhaupt nicht scheu, horrende Mehrpreise von Ausländern zu verlangen. Nicht die Ruinen Ruine von Copan, sondern auch jedwede Museen und Nationalparks und überhaupt jede Einrichtung, die mit Eintrittsgeldern arbeitet, verlangen von Ausländern ein Vielfaches (mind. 5-10x mehr) des Preises als von lokalen Besuchern. Und dafür kriegt man absolut überhaupt nichts geboten. Es gibt keine Infrastruktur, keine touristischen Einrichtungen, keine Angebote oder Aktivitäten, nicht mal Souvenirs. Ein gutes Beispiel ist der Parque Nacional La Tigra. Als Ausländer zahlt man 10 Dollar Eintritt, während Einheimische gerade mal 1 Dollar zahlen. Es gibt im «Besucherzentrum» aber weder Toiletten, noch Guides, noch vernünftige Wanderkarten. Es ist kaum möglich effizient in den Park zu gelangen, es gibt keine Transportangebote, nicht einmal ein vernünftiges Angebot an organisierten Ausflügen aus der nächsten grösseren Stadt (Tegucigalpa). Nein, es gibt nicht einmal einen Getränkestand vor Ort, wo man Wasser kaufen könnte, geschweige denn sonstige Verpflegung oder ein Andenkenstand mit ein paar Postkarten. Sogar in El Salvador, wo es noch weniger ausländische Touristen gibt, gibt es bedeutend mehr touristische Angebote und Aktivitäten. Die Honduraner wollen zwar wie alle anderen ein Stück vom Tourismus-Kuchen abhaben, haben dafür aber überhaupt keinen Geschäftssinn, sind kein bisschen organisiert und legen keinerlei Kreativität oder Initiative an den Tag. Auch auf der Touristen-Insel Utila werden die meisten Hotels, Shops und Tourbüros von Ausländern betrieben.
Und trotzdem wird man als Ausländer in Honduras beinahe wie ein König behandelt. Wie gesagt sind die Honduraner sehr stolze Leute und sie wollen sich immer von ihrer besten Seite zeigen. Sie mögen es nicht, wenn man sagt, es sei gefährlich in ihrem Land und versuchen einen sofort vom Gegenteil zu überzeugen.
Die Honduraner sind wahnsinnig hilfsbereit. Wenn man jemanden beispielsweise nach dem Weg fragt, schickt er sich sofort an, einem den Weg wenn nötig sogar zu zeigen und wenn er es selber nicht weiss, fragt er jemand anderen, ob der uns vielleicht weiterhelfen kann. Taxifahrer fragen einen auf dem Weg zum Busterminal, wohin die Reise mit dem Bus gehen soll und fahren einen dann sozusagen direkt vor die Tür des richtigen Busses. Sogar eine Putzfrau in einem Busterminal sprach uns an und fragte, ob wir etwas suchen, und ob sie uns weiterhelfen könne.
Die Einheimischen sind neugierig, wollen wissen, wie lange man in Honduras sei, wo man schon gewesen sei und wohin man noch gehe, was man gesehen habe und ob es einem hier gefalle. Jeder, mit dem man in Kontakt kommt, schreibt einem freizügig seine Telefonnummer auf und meint, man könne sich jederzeit melden, bei egalwelchem Problem.
Und sie gewähren einem als Ausländer eher einen Sonderzug. Einmal geschah es beispielsweise, dass wir einen Metalldetektor passieren mussten, um einen Bus zu besteigen. Sofort fand der Sicherheitsbeamte unser CH-Taschenmesser bei uns und meinte, das dürfen wir nicht im Bus mitnehmen. Wir versuchten natürlich zu protestieren, und man merkte deutlich, wie sehr er mit sich rang, uns einfach das Messer wiederzugeben und uns durchzulassen. Stattdessen checkte er das Messerchen als eigenes Gepäckstück ein, es wurde mit einer eigenen Gepäck-Etikette versehen, landete beim Busfahrer im Cockpit und wurde uns nach Ankunft am Zielort wieder ausgehändigt.
Ein anderes Mal entfernte ein übermotivierter Sicherheitsbeamter alle leeren Petflaschen aus unserem Rucksack, den er gerade durchsuchte, und wollte sie freundlicherweise für uns entsorgen, bevor wir ihm erklärten, dass wir diese behalten und nachfüllen wollen.
Als wir einmal mit dem Mietauto in eine Polizeikontrolle kamen, und ich die verdunkelte Scheibe herunterliess, schaute mir der Beamte nur kurz ins Gesicht, dann zu Jörg und schon konnten wir weiterfahren. Er wollte nicht mal meinen Führerschein sehen, gar nichts. Ich hätte eine halbe Tonne Koks im Auto gen Norden transportieren können, er hätte das nicht gemerkt. Auch wird mir immer in Erinnerung bleiben, wie die Polizisten in Tela uns kreuz und quer in der Stadt herumgefahren haben.
Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass sich die Honduraner untereinander dieselbe gute Behandlung zu Teil werden lassen. Aber Ausländern gegenüber sind sie wahnsinnig aufmerksam.
Wenn man durch Honduras reist, darf man sich zwar der ausserordentlich zuvorkommenden und freundlichen Behandlung sicher sein, ansonsten darf man allerdings nicht viel erwarten. Wir waren 3 Wochen in Honduras, hatten eine tolle Zeit und dürfen einige coole Erinnerungen und Erlebnisse mitnehmen, dies aber vor allem dank Vitamin B, also ganz im Stil der Hondureños. 😊 Man kann nicht sagen, dass es ansonsten im Land nicht viel zu sehen gibt. Es ist eher so, dass Honduras sehr viel (touristisches) Potential besitzt, dieses liegt aber leider brach und sollte besser ausgeschöpft und erschlossen werden, damit ein funktionierender Touri-Trail entstehen kann. Von daher kann ich Honduras nur als Reiseland empfehlen, wenn man viel Zeit und Geduld mitbringt und bereit ist, die Mühen auf sich zu nehmen, sich eigenständig und umständlich zu den Sehenswürdigkeiten durchzuschlagen (und dafür vorteilhafterweise etwas Spanisch spricht). Aber auch hier gilt: Wenn man sich mal «Off the beaten Track» bewegen möchte, ist man hier genau richtig.