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Tag 60 & 61 – Ommmm.

Publicat: 16.11.2018

Meteora. Kaum zu glauben,dass wir wirklich hier sind, wenn wir daran zurück denken wie wir –noch bevor wir überhaupt Gretchen gekauft hatten – Bilder vondiesem mystischem Ort betrachteten und wussten, hier würdeunsere Reise eines Tages hinführen.

Häufig läuft man bei solanger Vorfreude und nur durch Google Bilder genährtem HalbwissenGefahr, dass die Erwartungen in einen Ort enttäuscht werden. InMeteora geschah jedoch das Gegenteil, denn unsere Vorstellungen vondem, was wir sehen würden und auch von unserem Vorhaben hier wurdenweit übertroffen.


Anni vor der Felskulisse


Meteora bietet eineKulisse, die Ihresgleichen sucht. Felstürme über Felstürme inunterschiedlichsten Formen und Höhen richten sich unweit voneinanderhimmelwärts. Kein Wunder, dass es zu den meistbesuchtestenOrten in Griechenland zählt. Die massiven Säulen üben einesonderbare Faszination auf die Menschen aus und das seitJahrhunderten. Schon im 11. Jahrhundert zog die spirituelle AtmosphäreEinsiedler und Mönche an, die auf den Gipfeln Antworten auf diegroßen Fragen des Lebens suchten. Im 14. Jahrhundert errichteten sieunter großen Opfern 24 uneinnehmbare Klöster auf verschiedenenFelsspitzen. Bis 1925 Stufen in den Fels geschlagen wurden, konntendiese nur durch herabgelassene Strickleitern oder Seilzüge erreichtwerden. Heute können die sechs noch bewohnten Klöster ganz bequemzu Fuß erreicht werden.

Diesen Klöster, die aufden Gipfeln der Felssäulen beinahe in der Luft zu hängen scheinen,verdankt der Ort seinen Namen: das griechische Wort „meteoros“bedeutet so viel wie „in der Luft schwebend“.


Blick auf das Kloster Agia Triada


Von den sechs Klösternhaben wir nur zwei besichtigt und den Rest aus „sicherer“Entfernung begutachtet.

Das Kloster Agias Triadosist das abgelegenste und am unbequemsten zu erreichende. Einigesteile Stufen führen ins Innere, auch wenn der Aufstieg sich mitcirca 15 Minuten trotzdem in Grenzen hält. Filmfreunde kennen dasGemäuer vielleicht aus dem Bond-Film „For your eyes only“.

Da wir auch eines der zweiFrauenkloster besichtigen wollten, waren wir außerdem im KlosterAgias Varvaras Rousanou, wo heutzutage 16 Nonnen leben. Neben denhübschen Fresken hat sich der Besuch vor allem wegen demdenkwürdigen Bild einer Nonne mit Smartphone in der Hand gelohnt.Trotz einiger Neuerungen wie dieser, wir konnten einige Strom- undWasserkabel entdecken- gelten hier doch noch einige etwas veralteteRegeln. Als Angehörige des sündigen Geschlechts durfte ich dieKlöster nicht in Hosen betreten, ein knöchellanger Rock ist hierPflicht. Jan hatte es da einfacher, denn für Männer sind nur Shortsuntersagt.



Jan schaut in die Tiefe.


Beeindruckt von denFelsformationen blieben wir spontan einen Tag länger, weil wirunbedingt zumindest einen der Türme selbst besteigen wollten. DassMeteora eines der ältesten und wichtigsten Klettergebiete inGriechenland ist, kommt einem bei diesem Anblick selbstverständlichvor, denn die massiven Säulen wecken vermutlich in jedem denirrationalen Wunsch auf dem Gipfel zu stehen.

Schon bevor an einsportliches Klettern überhaupt nur zu denken war, begingenEinsiedler und Mönche, aber auch Jäger und Schäfer samt ihrerHerden, die mit Seilen nach oben gezogen wurden, die Säulen. Siebenutzen einfache Hilfsmittel wie Seile und Leitern, das Risiko wardamals aber natürlich trotzdem ungleich höher als für uns heute(und wir stellen uns wegen der Hakenabstände an). Umsobeeindruckender ist die Tatsache, dass vermutlich schon 1348 einKletterer den Turm „Holy Ghost“ bestieg, der immerhin 300 Meterhoch ist. Der serbische Kaiser wollte damals ein 1,80 Meter hohesMetall-Kreuz auf dem Gipfel haben und tatsächlich stand dieses bisins 20 Jahrhundert dort. Da sich am Fels keine Spuren mehr findenließen, ist anzunehmen, dass ein Mutiger ohne Hilfsmittel den Gipfelerklomm und das Kreuz an einem Seil nach oben zog. Bemerkenswert, vorallem, da die Wände eine kontinuierliche Schwierigkeit von etwa 5chaben!


Mehrere Klöster auf einen Blick


Dasmoderne Klettern hielt in Meteora 1975 mit deutschen KletterenEinzug, die in sehr minimalistischem Stil fleißig einbohrten.Innerhalb von 10 Jahren waren so immerhin über 200 Routenentstanden. Ab 1990 erschlossen auch die Griechen Routen – zumGlück mit mehr Haken- und das Gebiet gewann immer mehr an lokalerBedeutung. Griechische Kletterer kommen hier über das Wochenende herwie wir nach Franken fahren.

Heute finden sich inMeteora beinahe 800 Sportrouten und Mehrseillängen, wobei letzteredank der hohen Türme in der Überzahl sind.


Wir alseinge(-soja-)fleischte Sportkletterer suchten uns für unsere erstenVersuche den Fels Doupiani aus, einer der kleineren Felsen mitanfängertauglichen, für Mehrseillängen außergewöhnlich gutabgesicherten Routen. Wir schafften es immmerhin auf den höchstenPunkt der Säule über die Route „Daedalus“ (5c+) mit dreiSeillängen auf 95 Metern und kletterten dann noch „Ostria“ (5c).

Der Turm Doupiani


DasUnterfangen war für uns trotzdem sehr aufregend. Das waren unsereersten gemeinsamen Mehrseillängen, für mich sogar die erstenüberhaupt. Zum Glück hat aber alles gut geklappt und es hätte wohlkaum einen besseren Ort für diese tolle neue Erfahrung geben könnenals diese faszinierende Umgebung. Nicht nur die ungewohnte Länge unddie Besonderheiten beim Sichern waren etwas Neues, auchKonglomerat findet man anderswo in Griechenland wohl eher selten.Eine Mischung aus Kieseln und größeren Steinen ist in einebetonartige Oberfläche eingefasst, was zu einer sehr besonderern Artzu klettern führt.

Obwohl wir in Zukunfttrotzdem hauptsächlich beim Sportklettern bleiben werden, war dasGefühl einen „richtigen“ Gipfel zu erreichen, eine aufregendeAbwechslung. Außerdem ist es, da wir ja beim Sportklettern doch aufsehr unterschiedlichen Niveaus unterwegs sind, eine schöne Erfahrungeine Route wirklich gemeinsam zu schaffen und dabei noch mehr alssonst auf den anderen angewiesen zu sein.

Einen der Türme inMeteora zu besteigen und die Aussicht zu genießen ist also jedemKletterer, egal ob Mehrseillängen erprobt oder nicht, sehr zuempfehlen - allein die Aussicht und die Tatsache, dass jede Routeauf einem Gipfel endet, sorgen für ein beinahe meditativesKlettergefühl. Je näher man dabei dem Himmel kommt, desto mehr kannman den Mönchen nachfühlen, dass sie sich damals ausgerechnet hiereingerichtet haben.


Das Kloster Varlaam trohnt über den Klippen.


Unser Aufenthalt inMeteora war kostbar, weil er uns zum Staunen gebracht hat und dazu,etwas ganz Neues auszuprobieren – etwas das weiter außerhalbunseres Komfortbereichs lag als das kalte Duschen vor Gretchen. Wennman so lange unterwegs ist wie wir jetzt (immerhin zwei Monate), dannebbt die Begeisterung für das Reisen und Klettern gelegentlich ab.Und das ist okay, keiner kann 60 Tage lang gut gelaunt undwissbegierig sein. Der Alltag beginnt einen auch im Van langsameinzuholen.

Als wir aber ziellos durchdie Felsen gestolpert sind, die gen Himmel ragen, und schließlichsogar einen der Gipfel erklommen, war wieder genau zu spüren, warumwir diese Reise angetreten sind. Klar, es geht auch darum, frei zusein und zu haben, um Zeit für uns, ums Klettern und darum, schöneOrte zu sehen. Aber hauptsächlich möchten wir im Hier und Jetztankommen und so viel wie möglich dazulernen, über die Länder,durch die wir reisen, aber eben auch über uns selbst.

Es mag Orte geben, andenen das leichter ist als an anderen. Wenn dem so ist, dann gehörenMeteora und seine schwebenden Klöster dazu.


Wir suchen unsere innere Mitte.



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