Und so war der Blick aus dem Fenster auf dem Weg nach Zapatoca. Immer am Abhang entlang.
Über Zapatoca stand eigentlich überhaupt nichts im Reiseführer. Umso schöner war es dann dort. In meinem urigen Hostel hat mich der alte Mann bestens über den Ort und die Region informiert. Und auch die Touriagentur von José Carlos hat mir viele Tipps gegeben. Sie befinden sich noch im Aufbau und so konnte ich gleich mit ihm auf eine kostenlose Mountainbiketour starten. Und die hatte es wirklich in sich. Bei extremer Hitze ging es steil bergauf und das nicht gerade mit einem Superfahrrad. Ab und zu müssten wir absteigen, weil die Steigung einfach zu groß war. Die Mühen haben sich aber gelohnt, die Aussicht von 'La Vieja' den Canyon entlang war wunderschön. Leider war es auch immer etwas diesig, sodass man auf den Fotos nicht allzu viel sieht. Hier nennt man das 'Calima', allerdings hatte ich auch in den folgenden Tagen fast nie klare Sicht.
Überall in Zapatoca sind die Stromableser sehr schön gestaltet. Und noch ein paar schöne Motive.
Am nächsten Tag hab ich dann allein eine Wanderung zu einem Naturpool gemacht. Der war eigentlich keinen Besuch wert, aber so konnte ich wenigstens etwas den Muskelkater vom Vortag rauslaufen. Abends wollte ich dann wieder mit dem Fahrrad zu einem Aussichtspunkt über das Tal fahren. Die Strecke war aber ähnlich steil wie am Tag zuvor. Ich hatte zum Glück genügend Zeit, um Pausen zu machen und das Fahrrad zu schieben. Die Aussicht war toll, aber leider wieder nicht klar.
Die erste Radtour führte hinauf zu 'La Vieja'. Überragende Aussicht auf Santander. Hier sieht man schon wo die Reise hingehen soll.War aber auch ganz schön anstrengend da hoch zu radeln. Eine besondere Pflanze, die hier wächst.Und auf dem Weg zurück konnte man den Anblick nochmal richtig genießen. Die Abfahrt war auch deutlich leichter.Und das war dann schon wieder auf dem Weg zum nächsten Aussichtspunkt - Los Guanes. Das Bierchen hatte ich mir aber wirklich verdient. Auch hier war die Sicht leider wieder nicht ganz klar. Aber schon beeindruckend wie die Straßen entlang der Berge verlaufen. Ich bin dann noch bis zum Sonnenuntergang geblieben.
Für die nächsten zwei Tage hatte ich dann mit der Agentur einen Ausflug auf eine Berghütte geplant. Und auf einmal war ich wieder mit 4 Leuten unterwegs - ein Fahrer, ein Koch und zwei Guides. Ich war also bestens versorgt. Fahrräder hatten wir auch dabei, sodass wir uns diesmal den anstrengenden Teil bergauf sparen konnten. Von der Hütte aus konnten wir dann eine Wanderung starten, eine Höhle besuchen und das nahegelegene Dorf Betulia und seine Umgebung kennenlernen. Das war sehr entspannt und ich bin an einige Orte gekommen, die ich ohne Tour wohl nicht kennengelernt hätte, abends konnte man Uhus und andere Vögel hören. Die Highlights waren aber die Abfahrt mit dem Mountainbike von der Hütte und der erfrischende Wasserfall 'La Lajita' kurz bevor es zurück nach Zapatoca ging.
Und dann waren wir auch schon auf der Hütte nahe Betulia. Mit traumhaftem Ausblick. Auf so einer bescheidenen Terrasse kann man das Frühstück schon mal genießen. Erstmal gab's Guarapo mit Nüsschen zur Stärkung Das ist auch so ein halbvergorenes Getränk aus Zuckerrohr. Kann man schon mal einen von trinken. Und auf der Gegenseite sieht man wunderbar die Route des ersten Tages, die uns hoch zu 'La Vieja' geführt hat. Und im Panorama die Spitze rechts neben dem Baum.
Die Wanderung Richtung Betulia. Und irgendwie waren da Löwen sehr gefragt. Und dazu gesellten sich auch immer ein paar Katzen. Auch der Friedhof von Betulia hatte wieder eine exponierte Lage. Von Betulia ging es weiter zu einem Wasserfall mit Blick über den Canyon. Ganz am Ende kann man Bucaramanga erkennen. Per Luftlinie ziemlich nah, per Bus aber etliche Stunden entfernt.
Die Aussicht bei Nacht von unserer Hütte. Da kann man Bucaramanga schon besser erkennen.
Auch wenn es sehr heiß war, habe ich mich endlich mal wieder etwas bewegt, statt immer nur eine Runde um den Hauptplatz zu drehen und Kaffee zu trinken.
Bei unserer Abreise per Fahrrad konnte man nochmal einen Blick zurück werfen. Wer genau hinsieht erkennt links auch die Hütte. Und hier nochmal etwas näher dran. Nochmal kurz posen. Und dann ging es durchaus anspruchsvoll hinunter. Wie für uns in den Berg gefräst. Ursprünglich wurde die Route allerdings genutzt um die Kontrollen der Guerilla und Paramilitärs zu umgehen. Und dann ging es mit dem Auto zurück nach Zapatoca. Ein kleiner Abstecher noch zum Wasserfall 'La Lajita'. Da haben es selbst viele der Einheimischen noch nicht hingeschafft. Das hat sich aber echt gelohnt. Und die Erfrischung tat auch richtig gut.
Und so klein war der Wasserfall auch nicht wie an mir sieht.
Nach einem leckeren Abendessen bin ich dann früh ins Bett gegangen, der nächste 'Express-Bus' fährt schließlich um 4 Uhr morgens. Warum auch nicht, fährt ja schließlich auch nur einmal am Tag. Der Bus ist dafür wenigstens halbwegs leer, aber auch sehr eng. Diesmal hätte ich gern noch eine Runde geschlafen, aber auf der Strecke gab's keine Chance. Um 6 Uhr war es dann aber schon vorbei und ich bin in Galán angekommen. Von da ging es dann noch eine halbe Stunde mit dem Mototaxi weiter nach Guane. Erst runter ins Tal und dann wieder rauf. Der dicke Rucksack ist zwar mit der Zeit etwas schwer geworden, aber wir haben das Ziel erreicht. Das war die schnellste Fortbewegungsart durch den Canyon und tolle Blicke in die Berge gab's obendrein.
Kurzer Stopp morgens um 7 in Galán. Inklusive kurzem Rundgang. Die offen gestaltete Kirche war wirklich mal was anderes. Schade, dass das sonst nirgends so umgesetzt wurde.
Guane war aber auch nur ein kurzer Zwischenstopp. Ein nettes Dörfchen mit tollen Panoramablicken und einem leckeren Ziegenmenü zum Mittag. Das ist dort die Spezialität. Als die Mittagshitze dann halbwegs rum war, hab ich mich mit vollem Gepäck auf die Wanderung nach Barichara gemacht. Und zwar auf dem Weg von Lengerke - Geo von Lengerke um genau zu sein. Wie oft haben sie mir das hier erzählt! Das war ein deutscher und der hat hier Wege gemacht. Ja toll, und weiter? Ja nichts so richtig. Der ist halt im 19. Jahrhundert in Kolumbien hängen geblieben und hat für seine Geschäfte Transportwege gebraucht. Also hat er die mit Hilfe der einheimischen Arbeitskräfte hier quer durch die Berge für seine Zwecke angelegt. Von Barichara bis nach Barrancabermeja zum nächsten Hafen um den Tabak und andere Waren dann bis nach Europa verschiffen zu können. Nagut, die Wege waren schon echt schön angelegt und die Leute hier nutzen sie teilweise noch heute. Von daher war das schon nicht so verkehrt.
Das Mototaxi hat mich dann direkt zum Plaza in Guane gebracht. Wieder ein hübsche Kirche. Wieder etwas anderer Stil. Diesmal aber mit Goldener Hochzeit. Auch hier wieder eine tolle Aussicht. Die letzen Tage war ich auf der gegenüberliegenden Seite. Wer genau hinsieht erkennt meinen morgendlichen Zwischenstopp Galán in der Mitte. Die Straßen von Galán - sehr charmant. Der Weg zum Friedhof. Auch hier lässt es sich gut ruhen. Und wieder zurück zum Start. Eben läuft das Mittagessen noch fröhlich durch die Straßen. Und kurze Zeit später schon auf dem Teller. Das war echt lecker. Und so feines Ziegenfleisch hatte ich vorher auch noch nie. Frisch gestärkt und nach der größten Mittagshitze geht's dann auf den Weg nach Barichara. Diesmal mit vollem Gepäck, ich wollte ja weiter nach Barichara. Und der Weg von Lengerke war wirklich schön. Und die Aussicht ebenfalls. Auf dem Weg kamen mir auch schon einige Touristen entgegen. Das war mir die letzten Tage nicht passiert.
In Barichara angekommen gab's dann nicht so viel zu tun. Es wird als das schönste Dorf Kolumbiens bezeichnet und zieht am Wochenende auch viele Leute aus Bogotá und Bucaramanga an. Dementsprechend schön und touristisch war es dann hier auch. Die Straßen wie geleckt und alle Gebäude bestens erhalten bzw. restauriert.
Die ersten Eindrücke von Barichara waren vielversprechend. Am nächsten Tag bin ich durch die hübschen Straßen flaniert. Wenn einem der Kaktus irgendwann nicht mehr gefällt, kann man ihn direkt im Fleischwolf entsorgen. Oder ist das ein stiller Veggieprotest? Und ja, das könnte tatsächlich das schönste Dorf Kolumbiens sein. Und vielleicht auch das mit den meisten Kirchen. 😉 Die Kirche bei Nacht. Und am nächsten Tag. Wie immer sehr gut gefüllt. Gefühlt gibt es jeden Tag zu irgendeiner Zeit einen Gottesdienst und die Leute strömen herbei. Und ja, das könnte tatsächlich das schönste Dorf Kolumbiens sein.
Der grüne Parque Central lud ebenfalls zum verweilen ein. Die Casa de la Cultura hatte auch einiges zu bieten. Vor allem Fotografien aus vergangenen Tagen und eine Sammlung von lokalen Künstler Eine original Tabakpresse. Auf dem Friedhof lässt sich ein weiteres Wahrzeichen der Stadt finden - die Bildhauerei. Viele Grabsteine und Gräber waren künstlerisch in Szene gesetzt.
Die kulinarische Spezialität der Region - Hormigas Culonas. Zu deutsch: Die Ameisen mit großen Hintern. Und so sah das Ganze in echt aus. Hat aber nicht wirklich geschmeckt. War einfach super salzig. Zum Abschied nochmal ein Blick aus der Ferne auf Barichara. Wunderbar auf dem Hügel gelegen. Und dann im Licht des Sonnenuntergangs.
San Gil
Ich bin seit gut einer Woche nicht mehr auf asphaltierten Straßen unterwegs gewesen. Nun ging es zurück in die Zivilisation. Nur eine halbe Stunde Busfahrt entfernt, liegt das Extremsport-Zentrum Kolumbiens. San Gil selbst hat nicht allzu viel zu bieten und ist auch nicht so schön wie die ganzen kleinen Dörfer, dafür findet man alles, was den Puls höher schlagen lässt. Rafting, Paragliding, Bungeejumping, Höhlenexkursionen, Ziplining, Canopy und noch so einiges mehr. Vieles davon hab ich auf meiner Reise ja schon gemacht - z.B. in Baños, dem ecuadorianischen Pendant zu San Gil.
Ich hab mich entschlossen Bungeejumping auszuprobieren. Fußläufig von der Stadt zu erreichen, das kann ich also direkt noch an dem Nachmittag machen. Auf dem Weg habe ich auch genug Zeit mir die Sache nochmal durch den Kopf gehen zu lassen. Aber da ich eh keine Ahnung habe, was da auf mich zukommt, legt sich die Aufregung schnell wieder. Nach der obligatorischen Unterschrift, dass man für sämtliche Risiken und Unfälle selbst verantwortlich ist, kann es dann losgehen. Das war dann aber auch genug Action für den Tag.
Die Aussicht über San Gil von der Absprungplattform war schon beeindruckend, genauso wie der Blick nach unten in den winzigen Fluss. Die Füße gut festgebunden, stand dem Absprung nicht mehr viel entgegen. Füße zusammen, Arme auseinander, leicht in die Knie und dann kräftig nach vorne abspringen – fast wie beim Volleyball. Soweit die Anweisungen. Und dann ging es los. Zwei Sekunden der Unwissenheit, ob dieses Seil wirklich fest angebunden ist und der freie Fall dem Boden entgegen, das war viel Adrenalin in kurzer Zeit. Aber alles ist gut gegangen, noch ein paar Schwünge auf und ab im Gummiseil hab ich dann auch wieder festen Boden unter den Füßen.Danach erstmal etwas Entspannung im Park. Mit hungrigen Schildkröten. Und flachen Piranhas. Ein kleines Flüsschen. Und ein aufgeweckter Papagei.
Nächster Morgen, nächstes Abenteuer. Diesmal geht es zum Wasserfall Juan Curi und zwar nicht um den von unten oder oben einfach nur anzugucken, sondern um da runterzuklettern bzw. sich abzuseilen. Auch das war ein tolles Erlebnis. Ein bisschen weniger Adrenalin, dafür aber etwas längere Anspannung. Unten angekommen gibt's erstmal ein erfrischendes Bad und dann schaue ich zu wie die anderen sich so anstellen. Am Kiosk gibt's zur Belohnung einen frischen Erdbeershake und dann geht's zurück nach San Gil.
Wie immer steht die Busflotte bereit um in alle Himmelsrichtungen auszuströmem. Hier werden selbst alte Schlüpper noch sinnvoll weiter verwendet.Um dann am nächsten Tag wieder etwas Action zu genießen. Erstmal steht eine kleine Wanderung an um nach oben zu kommen. Um dann wieder gut und doppelt gesichert, herabzusteigen. Eigentlich muss man immer nur etwas Seil nachgeben und sich so nach und nach unten abseilen. Vor dem Abstieg noch etwas skeptisch. Das Schwierige dabei ist die Überwindung sich wirklich voll in das Seil und den Gurt zu hängen und dann langsam loszulaufen - 65m tief soll es gehen. Dabei immer im Wasser und auf halber Strecke sieht man weder den Start, noch das Ende.Und der Pool, der danach zur Erfrischung einlädt.
Am letzten Tag mache ich noch einen Ausflug nach Curití zu den Naturpools Pescaderito. Entlang des Flusses gibt es zahlreiche Pools, die zum Baden einladen. Das Flussbett besteht aus riesigen abgeschliffenen Steinen und man sieht förmlich wie das Wasser dort über Jahrhunderte gearbeitet hat. Das war also nochmal ein bisschen Entspannung zum Abschluss. Danach geht's direkt weiter nach Socorro. Für gut 25 Jahre war das die Hauptstadt vom Bundesstaat Santander, bevor 1886 der Sitz nach Bucaramanga verlegt wurde.
Pescaderito. Entlang des Flusses gab es tolle Pools. Und schöne Landschaften. Unübersehbar die Aufforderung keinen Müll zu hinterlassen. Das war hier auch bitter nötig und scheint geholfen zu haben. Und das war der Place To Be. Von dem Felsen links konnte man auch ganz wunderbar ins Wasser springen.
Socorro war einer der Ausgangspunkte der Unabhängigkeitsbewegung. Hier hat sich die Bevölkerung 1781 als erstes geweigert noch höhere Steuern auf ihre Produkte, wie Tabak und Schnaps, zu zahlen als die Spanier den Krieg gegen England finanzieren mussten. Manuela Beltrán initiierte diese Bewegung des Ungehorsams, indem sie die entsprechende Dekrete öffentlich zerriss. Daraus entstand der kommunale Aufruhr 'Insurrección Comunera' und die Gründung eines Bürgerheeres. Damit war der Grundstein gelegt und Socorro erklärte 1810 als erste Provinz offiziell seine Unabhängigkeit von Spanien. Deswegen war Socorro auch einen Besuch wert, vor allem die Casa de la Cultura, in der vieles davon erklärt wird. Und die Stadt war auch sonst ganz nett. Nach einem Tag ging es dann trotzdem weiter.
Das historisch bedeutende Socorro. Mit den Unabhängigkeitshelden. In der Casa de la Cultura gab es wieder Geschichte live zu erleben. Alles noch sehr stilvoll eingerichtet. Ohne Schaukelstuhl geht natürlich nichts!Auch ein paar Nachbildungen der berühmten Steinfiguren aus San Augustin waren ausgestellt.
Selbst Lagerfeld wurde verewigt. Ob der bei der Revolution auch schon dabei war? Die Kirche prägt auch hier das Stadtbild. Auch von innen durchaus protzig. Wie es sich für eine ehemalige Hauptstadt halt gehört. Und auf der Straße bekommt man an jeder Ecke frische leckere Ananas.