Tsibilis und seine Walking-Tours

Ku kandziyisiwile: 07.08.2018

Schon am ersten Abend fiel mir direkt auf, wie viel netter Menschen in Tbilisi sind. Ich wurde ständig angelächelt, Hilfe wurde mir angeboten und die Menschen sahen viel schicker aus...und sprachen Englisch. Puh… Für den Anfang der Reise empfand ich dies als wahnsinnig hilfreich. Natürlich möchte ich in die Berge von Georgien, will einen Eindruck vom Land abseits ¨europäischen Lifestyles¨ bekommen. Aber jetzt gerade empfinde ich es als wahnsinnig angenehm mich erstmal zurecht finden zu können ohne minütlich an Sprachbarrieren zu stoßen und nicht zu wissen wer was wie warum meint.

Georgisch ist eine absolut unbekannte Sprache für mich. Ich verstehe wirklich kein einziges Wort. Während man im arabischen häufig Wörter hört, die ans englische angelehnt sind, die einfach auszusprechen sind, die man irgendwie aus dem Slang aus Berlin kennt oder oder, ist Georgisch die Sprache eines anderen Planeten. Ich spreche jeden Ort falsch aus, probiere 5 verschiedene Aussprachen aus, bevor man versteht zu welchem Ort ich will und verstehe quasi nie die Ortstipps der Locals. Warst du schon in ¨fgsdlfgkdsjlgbjh¨? Ich weiß nicht, ich war in Tsqaltubo? Ja sag ich doch…..aaaaha.

Tina traf ich auch wieder. Ihr Büro ist in der Nähe meines Hostes und so waren wir in ihrer Mittagspause zusammen lunchen. Abends machte ich mich dann auf zu einer Free Walking Tour, die unsere 15-Mensch-große Gruppe fast 4 Stunden durch Tbilisi führte. Es war wirklich toll. Die Gruppenleiterin Kate, die seit zwei Jahren in Georgiens Hauptstadt lebte, strotze nur vor Energie und kam aus dem Schwärmen für Land und Leute kaum noch heraus. Während die meisten Tourteilnehmenden Freundesgrüppchen oder Pärchen waren, die quasi alle aus Mitteleuropa kamen, fand sich mit mir direkt eine kleine Gruppe der Alleinreisenden zusammen. 1x England, 1x USA, 1x Niederlande und ich unterhielten uns gut und gaben uns gegenseitig Tipps und Tricks zum Essen. Mit Ben, einem in Indonesien aufgewachsenen und in Liberia, danach Kenia usw. arbeitenden Krisenhelfer aus den USA und Dan, einem BWLer aus den Niederlanden, der nach seinem Autotrip in die Monolei zuhause die Farm seines Vater übernehmen will, ging ich danach noch etwas essen und lernte, dass man die Enden von Khinkalis nicht mitisst. Warum? Keine Ahnung...macht man halt nicht. Mein foodwaste-Herz schmerzte.


Ich war euphorisch. Das war ein wirklich toller Tag! Deshalb entschied ich, eine weitere Nacht in der tollen Stadt zu verbringen. Strahlend lief ich in mein Hostel und verlängerte. Die Frage was für Pläne ich in den kommenden Tagen hätte, brachte mich dann aber direkt wieder in Bedrängnis. Keine Ahnung...ich dachte an den Nationalpark an der Grenze zu Azerbaidschan. Stille! Mildes Lächeln! Der Rezeptionist ist aus Azerbaidschan und hat...ich würde sagen...nicht sehr viel für sein Land übrig. Geschockt davon, dass ich wirklich Richtung Grenze wollte lies ihn nicht los, sodass er mir kurz darauf auf mein Zimmer folgte und anfing, mir meine Pläne madig zu machen. Generell verstand er nicht, warum ich alleine reiste. Tatsächlich traf mich das ziemlich und ich wurde etwas zickig, dass das ja wohl meine Entscheidung sei und alleine reisen einem ja ganz neue Möglichkeiten eröffnen würde. Aber wenn ich ehrlich bin, hatte mich seine Verwunderung nur getroffen, weil ich nicht aus Überzeugung alleine reise und mir wünschen würde mehr oder häufiger Menschen kennenzulernen, die mir manche Entscheidung abnehmen - die mich mitnehmen. 

Es kam was kommen musste, der halbnackte junge Azerbaidschaner bot mir an, sich frei zu nehmen, mit mir ein Auto zu mieten und in die Berge zu fahren. Puh....nachdem ich Hosteldude 1 schon etwas unangenehm fand, nun also erneut ein Hosteldude, der mich nicht kennt und mir mir Urlaub machen wollte. Nein!!! Ich druckste rum und sagte irgendwann mit etwas Nachdruck ¨Lets talk about it tomorrow¨. Nachdem mir ¨Max¨ dann noch sagte, dass er normalerweise im girls-dorm schlafen würde  und er vielleicht heute Nacht in eines der Betten schlüpfen würde, fand ich die SItuation doppelt und dreifach unangenehm. Eine unruhige Nacht folgte. Ich ärgerte mich über ihn, aber vor allem über mich: darüber dass ich nicht sofort sagte, dass ich weder möchte, dass er in meinem Zimmer schläft, noch dass ich mit ihm verreisen will; darüber, dass ich die Situation überhaupt so ernst nahm (war ja bestimmt nur nett gemeint); darüber, dass ich mir den Tag vermiesen ließ und darüber, dass ich wieder nicht wusste, was ich am nächsten Tag machen würde. 

Leider zog sich dieses Gefühl noch durch den nächsten Tag, an dem ich aber immerhin 1 Entscheidung traf: morgen geht es nach Udabno in die erste cave town und die georgische Wüste. Leider ist das Hostel, mit dem ich schon seit Monaten liebäugle ausgebucht, sodass ich in einem anderen Hostel unterkomme. Mal sehen...ich bin nervös, was die Reise bringen wird und ob ich meine gute Laune und mein Strahlen schon morgen zurück habe. Ein bisschen positiver als gestern Abend bin ich dennoch. Ich nahm die zweite Free Walking Tour durch den Rest der Stadt mit und hatte das Glück einer super netten Truppe mit einem unglaublich tollen lieben hübschen oh my gosh Pärchen aus Russland, einer Familie aus den USA, deren Mutter ihren Kindern in Georgien die ersten betreuten Vollrausche mit Wein und dem regionalen Schnaps Chacha verpassen will und einer irischen Frau. Es war total interessant zu erfahren wie oft und durch wen Georgien und vor allem Tbilisi beeinflusst wurde. Die Franzosen, Deutschen, Russen, Persier und auch die Mongolen, alle hatten ihre Finger im Spiel in der Erbauung der Stadt. Jeder Balkon ist anders. Wir haben Ecken gesehen, die man ohne Guide wohl kaum zu Gesicht bekommt. Habe ich schon erwähnt, wie schön Tbilisi ist?

Auch wenn ich generell versuche zu touristische Touren zu meiden werde ich heute Abend eventuell noch den dritten Part der ¨Free Walking Tours Tbilisi¨ mitmachen: den Pub Crawl. Betrunkene junge Menschen? Klingt für mich eigentlich ziemlich unsexy. Aber vielleicht brauche ich das gerade. Nach Fluchtgedanken aus dem Hostel gestern, habe ich jetzt immerhin den ¨Mut¨, noch die letzte Nacht zu bleiben, bevor es in die Wüste geht. (Wenn der Hosteldude Max wüsste, was er mir mit unserem 10 minütigen Gespräch angetan hat, der würde sich wundern)


Learning des Tages: 

1. Und akut das Wichtigste: Ich muss mich chillen! Sonst werde ich die Reise nicht richtig genießen können! Ommmmmmm....

2. Sage nie wieder zu Georgiern, sie seien ¨russisch¨, während ¨europäisch¨ ein Kompliment ist, ist russisch eine Beleidigung wenn man bedenkt, dass der Krieg mit Russland erst 10 Jahre her ist.

3. Generell sind die Kategorien ¨ europäisch¨ und ¨russisch¨ quatsch. Es sind Georgier. Punkt aus Feierabend. Und Georgier haben eine unglaublich reiche Kultur die sich aus verschiedenen Einflüssen der letzten 2000 Jahren zusammensetzt. 

Nhlamulo

Georgia
Swiviko swa maendzo Georgia
#tiflis#freewalkingtours