Publisert: 16.03.2023
Hola Chile, du heisst irgendwie fast so, wie du aussiehst :). Obschon ich mittlerweile schon ein paar Wochen auf (wandernd, fahrend), über (fliegend/ fallend) oder in/unter dir (schwimmend, Höhlen erkundend) unterwegs bin, habe ich dich noch gar nicht richtig vorgestellt:). Währenddem du in den oberen zwei Drittel noch einigermassen kompakt daherkommst, zersplitterst du dich in südlicheren Gefilden (Kap Horn, Tierre del Fuego bis Puerto Montt) mehr und mehr in Tausende kleine Inselchen, Fjorde, Seen und Flüsse und machst dich dadurch nahezu unbewohnbar. Aktuellen Zählungen zufolge, leben rund 20 Mio. Menschen auf dir (die meisten davon in Santiago:)). Aufgrund deiner langgezogenen Gestalt (ca. 4’200 km lang und durchschnittlich weniger als 200 km breit), verfügst du über unterschiedlichste Klima-/Vegetationszonen und Landschaftsformen (z.B. Vulkane, Urwälder, Fjorde, Flüsse, Gletscher etc…). Währenddem du im hohen Norden (Atacamawüste) nahezu zu vertrocknen drohst (in gewissen Regionen regnet es quasi nie!!), lässt du es in südlicheren Regionen gerne mal wie aus Kübeln schütten. Leider wurdest/wirst du immer wieder mal von mehr oder weniger heftigen Erdbeben gebeutelt: Heisst auf gut altklugscheisserisch: es bebt, weil sich die Nazca-Platte unter die südamerikanische Platte subduziert. Nun gut, das wäre dann also Chile in Ultrakurzform…¡Encantada de concerte!
Dem geneigten Leser wird möglicherweise aufgefallen sein, dass ich mich in den letzten Monaten in Argentinien mehr oder weniger zick-zackmässig Richtung Süden fortbewegt habe. Ab jetzt geht‘s wieder Richtung Norden. Die genaue Reiseroute wird (wie immer) vorzu bestimmt.
Punta Arenas (20.02-22.02)
Mal ganz ehrlich, ich denke, dass den meisten Touris die Stadt (obschon sie handelstechnisch natürlich wahnsinnig bedeutend ist, da die Magellanstrasse den Atlantik mit dem Pazifik verbindet) lediglich als Zwischenstopp auf ihrer Weiterreise Richtung Norden/Süden (Ushuaia/Fjorde/Antarktis etc.) dient. Ja, es gäbe eine mehr oder weniger spannende Einwanderungsstory…Ja, es gäbe auch eine Pinguininsel, die man besuchen könnte (die kumulierte Dosis von Puerto Madryn und der Antarktis sollte aber noch eine Weile anhalten...dass ich jemals so etwas Böses sagen würde:)) und ja, es gäbe auch noch einen Friedhof (angeblich der schönste von Südamerika), mit allerlei bedeutenden toten Menschen drin (…den Friedhof habe ich sogar besucht, war okaysh…). Nichtsdestotrotz habe ich mir natürlich wieder ein bisschen die Füsse vertreten (obschon das Wetter ziemlich scheisse war und ich nach wie vor noch etwas dusselig war vom Antarktistrip) und die Stadt erkundet. Tja, der Aufenthalt wird mir wahrscheinlich nicht grossartig in Erinnerung bleiben, ist ja aber auch nicht weiter schlimm. Danach ging die Flugreise weiter Richtung Norden (Puerto Montt).
Puerto Montt (22.02-25.02)
Dort angekommen, versuchte ich erstmals irgendwo in der Stadt etwas Anständiges zum Essen zu finden, nachdem ich mich den ganzen Tag mehr oder weniger nur von irgendwelchen Junkfood ernährt habe. Da die Unterkunft (übrigens in einem äusserst eigenwillig eingerichteten, kleinen Einfamilien- bzw. Lebkuchenhaus [siehe WC-Foto], wo mich eine ältere Besitzerin [aka Hexe] mit viel zu viel Essen [sie fragte mich jeweils ob sie Frühtstück machen dürfe] vollstopfte, und dabei wartend in der Küche herumgeisterte und wahrscheinlich darauf hoffte, dass ich auch sicher alles aufesse #hänselundgretelvibes) ein paar Kilometer vom Zentrum entfernt war und weder Uber funktionierte noch irgendwelche Taxis unterwegs waren, durfte ich den Weg zu Fuss in Angriff in nehmen. Grundsätzlich wäre dies ja kein Problem, aber es war dunkel und ich musste durch irgendwelche schummrige, wenig einladende Quartiere laufen. Seit längerem war mir dabei wieder einmal etwas mulmig zumute (die alten Bedenken waren wieder zurück…siehe erster Blogeintrag). Zu allem Übel hatte ich auch kein Bargeld mehr und nahezu sämtliche Geldautomaten (die überwiegende Mehrheit davon befand sich in geschlossenen Banken) waren nicht mehr verfügbar…Geil!! Aber irgendwie gelang es mir schlussendlich doch noch, den wahrscheinlich einzigen, einsatzbereiten Geldautomaten der Stadt ausfindig zu machen, Essen zu besorgen und wieder sicher (per Taxi) in die Unterkunft zurückzukehren. In der Stadt gibts im Übrigen nichts Sehenswertes (vielleicht mal abgesehen von der vor allem in den Nachmittags/Abendstunden sehr belebten Küstenpromenade), aber der eigentliche Grund warum ich hier einen Stopp eingelegt habe, war auch nicht Puerto Montt. Ich war v.a. hier um einen Abstecher zur sagenumwobenden Insel Chiloé (zweitgrösste Insel von Chile) zu machen. Anders als wahrscheinlich so ziemlich überall sonst in Südamerika, gelang es den spanischen Eroberer hier nur bedingt, die schrulligen Chiloten (die meisten davon sind natürlich indigener Abstammung) von ihrem Glauben abzubringen, wodurch alten Mythen und Sagen bis heute fortbestehen konnten (viele Einheimische glauben nach wie vor an Hexerei, Fabelwesen und irrwitzige Erzählungen). Siehe dazu: https://www.cascada.travel/blog/the-haunting-mythology-of-chile-s-southern-islands . Die ganze Insel ist durchzogen von Gotteshäusern, die von Jesuiten im 17. Jahrhundert erbaut worden sind. Einige davon sind vollständig aus Holz, ganz nett anzusehen und in einer speziellen Bauweise ohne Schrauben und Nägel errichtet worden (uuund natürlich mit dem allseits beliebten, um nicht zu sagen inflationär benutzten UNESCO-Weltkulturerbe Label versehen). Ich habe eine (leider viel zu kurz geratene, eher oberflächliche) Tagestour zur Chiloé Insel gebucht, habe dabei ein paar Kirchen zu Gesicht bekommen, eine Lachszucht (Chile ist der zweitgrösste Lachsproduzent der Welt) besucht und konnte ein bisschen in die Mythologie der Chiloten eintauchen. Irgendwie hätte ich aber gerne noch mehr erfahren. Ich glaube es lohnt sich ein paar Tage auf der Insel zu bleiben. Schon nur auch wegen der schönen Gegend, die es dort zu erkunden gäbe. Diesen Ausflug habe ich am dritten Tag gemacht. Am zweiten Tag habe ich das rund 20 km nördlich befindliche Städtchen Puerto Varas besucht. Im Stadtbild zeigen sich noch viele Spuren deutscher Einwanderer (z.B. eine deutsche Pfarrkirche, vielerorts finden man auch deutsche Beschriftungen). Ca. 500‘000 Chilenen stammen von Deutschen ab und für rund 40‘000 ist deutsch nach wovor die Muttersprache. Letztere befinden sich übrigens mehrheitlich im südlichen Teil von Chile….Aber zurück zu Puerto Varas. Die Stadt befindet sich (wie auch Puerto Montt und später Pucon) in der Region de los Lagos am Llanquihue-See. Vom Hafen aus hat man einen wunderbaren Ausblick auf mehrere Vulkane. Den Osorno-Vulkan (siehe Bilder) wollte ich besteigen, bin dann aber letztlich gescheitert, weil ich schlichtweg viel zu spät dran war (…die ganze Geschichte hätte wieder einmal mit Bussen zu tun, aber ich will die Totenruhe hier wirklich nicht stören…:)). Als Ersatzprogramm bin ich dafür wieder einmal in eine saftige Tourifalle geraten. Falls jemand tatsächlich gerade diesen Blog liest, in Puerto Varas ist und kurz vor der Entscheidung steht einen Ausflug zu den Saltos de Petrohué Wasserfällen zu machen. Tu’s nicht, bitte, das Leben ist zu kurz, spar dir diese Lebenszeit, vertrau mir!! (Siehe Beweisfotos)
Pucón (25.2-1.3)
Das supertouristische, kleine Städtchen liegt am Lago Villarico und ist umgeben von Vulkanen, Thermalquellen, Wälder, Hügel, Flüssen und Seen (hat mich irgendwie ein bisschen an San Martin de Los Andes erinnert). Schon kurz nach der Ankunft wurde mir klar, was sich Pucón auf die Fahne geschrieben hat: Outdoortourismus. Dutzende Anbieter buhlen mit mehr oder weniger gefährlichen Outdooraktivitäten (Vulkanwanderungen, Riverrafting, Skydiving etc..) um die Gunst der Besucher. In den wenigen Tagen als ich dort war, habe ich versucht mich vollkommen darauf einzulassen und bin dabei mehrfach über meinen eigenen Schatten gesprungen (im wahrsten Sinn des Wortes ;)). Am ersten Tag bin ich beispielsweise gleich mal den Vulkan Villarico (ist in den letzten 500 Jahren 50 Mal ausgebrochen und gilt als aktivster Vulkan Südamerikas…der letzte Ausbruch war 2015) hochgekraxelt. Um 6 Uhr morgens ging die Tour bereits los. Der Guide (alleine darf man nicht rauf) brachte uns vom Hostel zur Agentur, wo wir mit allerlei Equipment (Steigeisen, Eispickel etc.) eingedeckt wurden. Danach wurden wir zum Fuss des Vulkans gebracht, wo die eigentliche Wanderung startete. Hierzu sollte ich vielleicht noch erwähnen, dass ich mich am Vorabend ins (sehr überschaubare) Nachtleben von P. gestürzt habe und dann quasi schlaflos auf die rund 7-stündige Wanderung gegangen bin. Dass die ohnehin nicht ganz leichte Wanderung (in den ersten 4 h ging’s nämlich mehr oder weniger permanent steil bergauf, zum Schluss sogar durch Gletscherpassagen) dadurch noch um ein Vielfaches erschwert wurde, versteht sich, glaube ich, von selbst. Tja selbst Schuld, immerhin war der Kater dadurch aber innert kürzester Zeit wieder rausgeschwitzt :). Die Wanderung war saumässig anstrengend, dafür aber auch superspektakulär. Währenddem man sich durch mondähnliche Vulkanlandschaften bewegt, sah man immer wieder Rauchschwaden, die aus dem Krater stiegen. In meiner Vorstellung sah ich mich schon den Ring in den Schicksalsberg werfen :)… Letzteres wäre im Übrigen gar nicht möglich gewesen, denn aufgrund der ggw. Vulkanaktivität durfte man sich nur bis auf ca. 500 Meter dem Krater nähern. Der Guide (der das ganze Jahr über „mas o menos“ täglich raufgeht!!) erzählte uns, dass in den Wintermonaten rund 50 % der Tourteilnehmer die Wanderung vorzeitig (also ohne den Krater zu erreichen) abbrechen müssen. Dies v.a. weil es hier richtig ungemütlich werden kann, mit eisigen Temperaturen (bis zu Minus 15 Grad) und sehr starken Winden !! Mir grauste vor dem Abstieg, weil ich bereits ziemlich müde Beine hatte und das Runterlaufen normalerweise ja nicht gerade förderlich ist diesbezüglich. Glücklicherweise liefen wir aber meistens durch weiche, gelenkschonende Vulkanasche (bzw. Mikrovulkansteinchen), was sogar richtig Spass gemacht hat, denn dadurch konnte man quasi den Hang runterrutschen.
Am nächsten Tag stürzte ich mich gleich ins nächste Outdoorabenteuer und buchte am Morgen eine „Hiperspeed Rafting“-Tour. Statt im Schlauchboot zu sitzen, kriegt man dabei so eine Art Minisurfbrett (wo man sich bäuchlings drauflegt) und Schwimmflossen. Potz Himuheilanddonner, das war wirklich verrückt!! Unter Daueradrenalinaustoss manövriert man sich durch verschiedenste (stellenweise wirklich heftige) Strommschnellen (2 Mal hat’s mich gedreht, was kurzweilig zu einer kleinen Panikattacke führte) und putscht dabei immer wieder auch an Steine (der Neoprenanzug ist glücklicherweise an den Beinen gepolstert). Mit ein bisschen Pech, könnte man sich dabei ernsthaft Verletzungen zuführen. Wie auch immer, ich hab’s überlebt, mir hat‘s Spass gemacht, aber jedermanns Sache ist dies sicherlich nicht. Da die Tour bereits am frühen Nachmittag zu Ende war, hatte ich noch etwas Zeit übrig, weiteren Blödsinn anzustellen… Es kam mir also gerade gelegen, dass in P. luftsportlerische Aktivitäten ;) (aka Skydiving) angeboten werden !! Da ich dies sowieso schon immer einmal machen wollte, habe ich spontan die Gelegenheit beim Schopf gepackt und habe mich noch gleichentags für einen Sprung angemeldet. Bevor wir uns wagemutig aus dem Flugi stürzten, flogen wir vorerst aber noch ca. eine halbe Stunde lang, um und über den Hausvulkan (ja genau der, der ich am Vortag erklommen habe), was absolut grandios war !! Eine traumhafte Aussicht, ein wunderbar stimmungsvoller Abendhimmel (würde man im Fotoslang wahrscheinlich als goldene Stunde bezeichnen), in einer äusserst imposanten Berg- und Seenwelt :) Was will man mehr !? Tja, vielleicht ein bisschen Action ?! Mein persönliches Highlight war es, als wir mit der Maschine (wenige hundert Meter entfernt) über den Vulkan flogen und dann just über dem Krater in Neigeposition gingen, damit wir über die offene Seitentür (also dort, wo wir dann später rausgesprungen sind) direkt in den Höllenschlund blicken konnten !! DAS WAR WAHNSINN!! Bei all den Eindrücken hätte ich fast vergessen, dass ich mich ja dann später auch noch aus dem Flugzeug schmeissen lassen musste. Wenn wir schon beim Fallen sind…Ich weiss auch nicht wieso, aber irgendwie war ich zu keiner Zeit wirklich aufgeregt. Allenfalls ganz kurz vor dem Absprung (nachdem der erste Tandemsprung erfolgte) und wenige Sekunden während des freien Falls. Möglicherweise habe ich meine Adrenalinreserven bereits am Vormittag komplett aufgebraucht :). Eigentlich war‘s genau richtig so, denn dadurch konnte ich die Erfahrung vollständig auf mich wirken lassen!! Ich kann‘s wirklich empfehlen und könnte mir sogar vorstellen es ein weiteres Mal zu machen.
In den restlichen Tagen in P. habe ich es etwas ruhiger angehen lassen. Am darauffolgenden Tag habe ich eine Wanderung in einem der umliegenden Nationalparks gemacht und dabei einige schöne Araukarien (aka Andentanne, Schlangenbaum, Monkey Puzzle Tree) zu Gesicht bekommen. Die immergrünen Bäume sind insofern aussergewöhnlich, weil es sich dabei um eine der ältesten Baumfamiliien der Welt handelt. Fossile Funde belegen, dass es bereits vor bis zu 200 Millionen Jahren verwandte Gattungen gegeben haben soll. „Der englischsprachige Trivialname „Monkey Puzzle Tree“ rührt von einem Kommentar eines Engländers um 1800, der meinte, diesen Baum mit seinen dolchartigen Blättern zu erklimmen, sei selbst für einen Affen eine kaum lösbare Aufgabe…“(Danke Wiki:)). Bevor die Reise weiter Richtung Norden (Santa Cruz) ging, gönnte ich mir am letzten Tag noch eine kurze Verschnaufpause in einem der umliegenden termas geométricas (natürliche heisse Quellen, war schön, etwas überlaufen, aber trotzdem erholsam).
Santa Cruz 2.3-5.3
Bevor ich mich auf die sagenumwobene Osterinsel begab, machte ich noch einen kurzen Abstecher ins Colchagua-Tal, dass v.a. aufgrund der zahlreichen Weinberge und Weingüter internationale Bekanntheit erlangt hat (jedenfalls unter Weinliebhaber ;)). Letzteres war auch der einzige Grund für meines Aufenthalts dort und wie es der Zufall wollte, war gerade auch noch ein 3-tägiges Weinfest (die Weinlese beginnt im März) in der Stadt. Ich habe zwei Weingüter besucht und durfte dabei allerlei leckeren Wein verkosten. War ne gute Zeit und ein gutes Kontrastprogramm zu den doch eher abenteuerlustigen Tagen zuvor.
Osterinsel (aka Rapa Nui, Isla de Pasqua oder die Insel mit den mysteriösen Steinköpfen) (6.3-10.3)
Tja, da stand ich nun, auf einer der wahrscheinlich geheimnisvollsten und abgelegensten, bewohnten Inseln der Welt, inmitten des Pazifiks, weit weg vom Festland (rund 3’500km von der chilenischen Küste und über 14’000km von Bern entfernt). Ich versuchte eine kurze Zeit innezuhalten, um mir klar zu werden, wo ich da gerade war. Irgendwie kam mir die ganze Aktion plötzlich sehr surreal vor. Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals hier landen würde. Rapa Nui (wie die Insel übrigens von den Einheimischen genannt wird) ist eine klassische Vulkaninsel, die etwa vor ca. 2-3 Millionen entstanden ist. Der vermutlich weit geläufigere Name Osterinsel verdankt sie übrigens dem Umstand, dass sie von dem Niederländer Jacob Roggeveens zufällig am Ostermontag des Jahres 1722 entdeckt wurde. Von oben betrachtet hat die Insel in etwa die Form eines rechtwinkligen, gleichschenkligen Dreiecks und ist mit einer Grösse von 163 km2 ca. so gross (bzw. klein) wie Liechtenstein :). Der Hauptort ist Hanga Roa, wo auch der Grossteil der rund 8000 Einwohner lebt. (ca. 2’500 davon sind indigener, sprich polynesischer Abstammung und beherrschen grösstenteils auch noch die Sprache […die übrigens auch Rapa Nui heisst]). Genug der Hintergrundinfos, wahrscheinlich wollt ihr ja sowieso nur etwas über die ominösen Steinskulpturen erfahren :):). Ich versuche gleich mal ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen, obschon Experten nach wie vor, vor vielen ungeklärten Fragen stehen.
Wenn man sich heutige Bilder der Moai‘s anschaut, könnte man schnell den Eindruck kriegen, dass diese relativ gut erhalten geblieben sind (v.a. auch die Art und Weise, wie sie nebeneinander angeordnet sind). Planet Wissen.de meint dazu:
„Historiker schätzen, dass die Kultur zu Beginn des 17.Jahrunderts ihre Hochphase erlebte. Bis zu 17.500 Menschen lebten zu der Zeit auf der Insel. Wissenschaftler vermuten, dass dieser Bevölkerungsüberschuss der Grund für den Untergang der Kultur war. Die Stämme fingen an, um die knappen Ressourcen der Insel zu kämpfen. Während dieser Kriege rissen sie die Statuen der jeweils rivalisierenden Gruppen nieder. Sie glaubten, dass sie so die spirituelle Energie und damit den Status der anderen Gruppe schwächen konnten.
Als ein spanisches Expeditionsschiff im Jahr 1770 (knapp 50 Jahre nach der Entdeckung durch die Holländer) auf die Insel kam, zählten die Seeleute nur 3.000 Einwohner. In den darauffolgenden Jahren besuchten europäische Wissenschaftler immer wieder die Insel und stellten fest, dass die Rapanui jedes Mal mehr Steinfiguren umgeworfen hatten. In der Mitte des 19. Jahrhunderts lagen alle 900 Moai auf dem Boden. Die Bevölkerung schrumpfte nicht nur, weil sich die gegnerischen Stämme bekämpften. Die Europäer brachten Sklaven mit, die wiederum Krankheiten wie die Pocken auf der Insel verbreiteten. Am Tiefpunkt der Rapanui, am Ende des 19. Jahrhunderts, waren nur noch 100 von ihnen übrig.
In dieser Phase ging viel Wissen über das Volk und ihre Kultur verloren. Denn es verstarben auch Ariki Henua, das letzte Stammesoberhaupt, die Moari, Hüter der religiösen Bräuche und die Tangata Rongo Rongo, die in der Lage waren, die Schriftzeichen zu lesen. Zudem kamen seit der Entdeckung immer wieder Missionare auf die Insel, die die katholische Religion verbreiteten und zum Verlust der religiösen Bräuche der Rapanui führten.“
Sssso da bin ich wieder, danke Planet Wissen, hast mir ein kleines bisschen Arbeit abgenommen:):). Ich denke, dass müsste mal reichen mit Infos und so. Ansonsten findet man zahlreiche Bücher darüber….Selbst Erich von Däniken durfte seinen quacksalberischen Ufo-Senf dazu abgegeben :).
Ich war insgesamt vier Tage auf der Insel. Die Ankunft am Mikro Flughafen von Rapa Nui stellte mich aber erstmals vor eine harte Geduldsprobe. Es herrschte eine riesige Hektik, denn die wartenden Leute (gefühlt 1000, das Flugzeug war riiiesig) stellten sich so dicht am (viel zu kleinen) Gepäckausgabeband hin, dass irgendwie niemand mehr sehen konnte, wann denn eigentlich das eigene Gepäck kommt. Ischnuufe…..Usschnuufe….Alles ist gut:)….oder doch nicht, denn nachdem mehr oder weniger alle (selbstredend kam mein Gepäck so ziemlich zum Schluss….) ihr Gepäck endlich abgeholt haben, verlagerte sich die ganze Hektik einfach nach draussen. Zu viele Leute, zu wenig Platz, zu wenig Taxis…Als ich mich nach längerer Wartezeit schon damit abgefunden hatte, die paar Kilometer zu meiner Unterkunft zu Fuss zu gehen, klopfte mir ein Mann mit meinem Namensschild auf die Schulter, überreichte mir einen Blumenkranz und die Welt war auf einmal wieder vollkommen in Ordnung :):). Während ich dort war habe ich zwei Touren (darunter auch eine Höhlentour) gebucht, wodurch ich mehr oder weniger alle bekannten Sehenswürdigkeiten der Insel (Roru Raraku, Tongariki, Anakena etc.) zu Gesicht bekam. Daneben bin ich noch einmal schnorcheln gegangen (was übrigens super war, da das Wasser unglaublich klar war und man dadurch sehr weit sehen konnte) und habe einer der Vulkane (Orongo) erklommen. Weiterhin habe ich mir einen Scooter besorgt und bin damit etwas auf der Insel rumgecruised, was einen Heidenspass gemacht hat:):). Ferner wollte ich es mir auch nicht entgehen lassen, eine traditionelle Tanzshow zu besuchen. Ja ich weiss, klingt nach ziemlichem Obertourikram, war’s natürlich auch ein bisschen, hat mich aber trotzdem irgendwie begeistert (v.a. die Musik). Das Erbe der Rapa Nui (nebst der Sprache) sieht und fühlt man an jeder Ecke der Insel und das ist auch gut so. Was die Landschaft anbelangt, hat mich Rapa Nui irgendwie ein wenig an Irland/Island erinnert. Währenddem man an den Küstenabschnitten vorwiegend dunkle Vulkansteine/Felsen/Kliffe (auf der ganzen Insel gibt es nur einen kleinen Sandabschnitt) vorfindet, ist‘s im Landesinneren überall schön grün. Hanga Roa selbst könnte man genauso gut als überdimensionierten botanischen Garten bezeichnen. Farbenprächtige Blumen und Pflanzen, so weit das Auge reicht!! Auch wenn ich mich drei Mal in Folge (die Sonne dort ist wirklich brutal) kläglich das Gesicht verbrannt habe, habe ich ein paar wunderbare Tage auf Rapa Nui erlebt. Zum krönenden Abschluss (und zu meiner Überraschung, ich gehe jetzt mal von einem kostenlosen Upgrade aus, ansonsten müsste ich wahrscheinlich nochmals einen Blick auf meine Kontoauszug werfen…) durfte ich dann noch in der 1.Klasse nach Santiago zurückfliegen (inkl. Massagesitzen, dem ersten richtigen Cama-Bett (!!!), Beinfreiheit und unlimitierten Zugang zu alkoholischen Getränken :):). Dies war mit Sicherheit, die mit Abstand komfortabelste Reise bisher :):).
Santiago de Chile (10.3-14.3)
Mit rund 7 Mio. Einwohner (inkl. Ballungsraum) wohnen etwas mehr als 40% aller Chilenen in der Hauptstadt. Noch bevor ich mich irgendwie mit Chile auseinandergesetzt habe, wurde ich mehrfach gewarnt, dass ich mich in S. besonders in Acht nehmen müsse, da die Stadt angeblich ziemlich gefährlich sei und immer wieder Touristen ausgeraubt würden. Für gewisse Barrios (und v.a. zu gewissen Zeiten) mag dies sicher zutreffen, mir ist aber glücklicherweise nichts dergleichen passiert (Holz anlengen):). Die Stadt an sich ist nicht wirklich ein Bijou. Klar, es gibt sicher ein paar hippe/coole (Künstler-)quartiere, wo’s auch allerlei gute Bars und Restaurants gibt und auch das kulturelle Angebot (Clubs, Konzerte, Museen etc.) kann sich durchaus sehen lassen. Aber die Stadt selbst, nö!! Vielerlorts ist es sehr unaufgeräumt und dreckig (…was der verwöhnte Oberbünzlischwyztertouri natürlich sofort registriert hat :)) und auch die Luftverschmutzung ist beträchtlich (gemäss WHO ist die Luftqualität eine der schlechtesten Welt) !! Von den an die Stadt angrenzenden Andengebirge, konnte ich beispielsweise nur Umrisse ausmachen. Weiterhin wurde gefühlt jedes Gebäude (übrigens z.T. auch Kirchen, Denkmäler und alles, was irgendwie bekleckert werden kann) mit Tags oder halbherzigen Grafittis verunstaltet (singing:“ Sie haben uns ein Denkmal gebaut…“ ). Ich habe grundsätzlich überhaupt nichts gegen Grafittis (Tags hingegen sind meistens irgendwie scheisse), ganz im Gegenteil, es gibt nämlich auch eine ganze Menge herausragender Streetartkünstler, die sich in der Stadt verewigt haben und ganze Häuserzeilen angemalt haben. Nun gut, das war in etwa mein erster Eindruck der Stadt (kurz nach Ankunft…). Nachdem ich mich aber am darauffolgenden Tag auf Erkundungstour machte und mich etwas intensiver, mit der von mir beschimpften Stadtverunstaltung (Tags/Grafittis) auseinandersetzten konnte, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Die Leute sind unzufrieden und wütend, denn bei genauerer Betrachtung vieler (natürlich nicht allen…) Sprayereien sind immer wieder politische Parolen zu erkennen. Die dazu erforderlichen Hintergrundinformationen erhielt ich, als ich eine (unerwartet politische) Stadtführung gemacht habe. Um Santiago oder besser gesagt ganz Chile zu verstehen, kommt man fast nicht drum herum, sich etwas mit der jüngsten Geschichte des Landes zu befassen. (Wer sich dafür gar nicht interessiert, darf den nächsten Teil gerne überspringen :)…) Nach längerer politischer und wirtschaftlicher Instabilität, gelang es 1970 dem sozialistisch ausgerichteten Politiker Salvador Allende die Präsidentschaftswahlen zu gewinnen. Mit dem Ziel einer gerechteren Umverteilung des Reichtums, verstaatlichte dieser viele Unternehmen, was Rechtskonservativen natürlich nicht in den Kram passte. Auch die USA wurde dadurch auf den Plan gerufen, weil auch Sektoren verstaatlicht wurden, die von den USA kontrolliert wurden. Fortan mischte sich die CIA in die Politik der Chilenen ein, mit dem Ziel den sozialistischen Plänen Allendes entgegenzuwirken. Letzteres gipfelte am 11.09.1973 in einem gewaltsamen Militärputsch (inszeniert von damaligen Innenminister Augusto Pinochet), bei dem der Militärpalast „la Moneda“ bombardiert wurde. Der sich im Palast befindliche Allende beging während des Gefechts Selbstmord. Daraufhin folgte eine fast 20-jährige Militärdiktaur (bis 1990) unter der Führung von Augusto Pinochet. Fortan wurde sämtlicher politischer Widerstand gewaltsam unterdrückt und so kam es in dieser Zeit zu zahlreichen Folterungen, Entführungen und Ermordungen. Heute ist bekannt, dass rund 2.000 der Verschwundenen in den Folterzentren und Gefängnissen ermordet wurden, rund 1.000 Menschen bleiben weiterhin spurlos verschwunden (das Museo de la memoria y los derechos humanos beleuchtet diese schreckliche Zeit in sehr eindrücklicher Art und Weise). Da man natürlich auch in anderen Länder auf die Greueltaten aufmerksam wurde, wurde vielerorts eine Rückkehr zur Demokratie gefordert. 1989 fanden dann erstmalig nach fast 20 Jahren wieder freie Wahlen statt. Pinochet wurde für seine Taten übrigens nie belangt. Obschon seit der Diktatur mittlerweile 30 Jahren vergangen sind, herrscht in Chile nach wie vor eine grosse Armut und Ungerechtigkeit. 2019 eskalierte die Situation in Santiago, weil man die Preise für öffentliche Verkehrsmittel erhöhen wollte. In mehreren Städten wurde der Ausnahmezustand ausgerufen. Der Betrieb der Metro in Santiago wurde eingestellt (die tgl. von Millionen von Leuten benutzt wird). Die Proteste wurden gewaltsam unterdrückt, wobei mehrere Menschen ums Leben kamen. Lang Rede kurzer Sinn: Viele der von mir anfänglich vielleicht etwas in Lächerliche gezogene Parolen, sind Überbleibsel der damaligen Proteste. Es brodelt im Übrigen heute noch, denn die Situation der meisten Chilenen (=tiefe Löhne, hohe Arbeitslosenquote, generell ungerechte Wohlstandsverteilung) hat sich bis anhin leider nicht wirklich geändert. Ganz im Gegenteil, die Pandemie hat die ganze Situation noch verschärft. Ich musste meine Einstellung zu (einigen) Grafittis und halbherzig aufgesprayten, politischen Parolen definitiv ändern. Viva la revoluçion!!! Ssssso, so viel zum „kleinen“ politischen Exkurs :). Wie üblich habe ich auch in S. meine Erkundungstouren gemacht und habe dabei den (wenig einladenden, da ziemlich zugemüllten) Hausberg erklommen, die Aussicht auf dem höchsten Gebäude Südamerikas genossen (300m) und verschiedenste Barrios besucht. Eigentlich wollte ich noch eine weitere Weindegu im Maipu Valley machen, habe es aber zeitlich irgendwie nicht hingekriegt.
Valparaíso (15.3-16.3)
Lonely Planet, sowie diverser Reiseberichte zufolge, gehört der Besuch von V. zum absoluten Pflichtprogramm, wenn man in Chile unterwegs ist. Die rund 120 km westlich von Santiago liegende Hafenstadt ist v.a. bekannt für ihr ungewöhnlich kunterbuntes Erscheinungsbild. Wenn man dort ist, versteht man schnell mal, was damit gemeint ist. In der ganzen Stadt wimmelt es von verwinkelten, engen und stellenweise sehr steilen Gässchen (in der Stadt gibts insgesamt 40 Hügel, die dank einer Handvoll uralter Standseilbahnen auch für Senioren und Coach-Potatoes zu erreichen sind!!), die sich um kunstvoll bemalte Hausfassaden schmiegen. Hier noch ein kleiner Funfact, warum die Häuser alle so bunt sind: viele der Häuserfassaden sind aus Wellblech. Damit diese nicht zu rosten anfangen, wurde vielerorts witterungsbeständige Schiffsfarbe verwendet (meistens jedoch lediglich die übriggebliebene Farbe, daher all die Farbvariationen:)). V. ist in seinem Erscheinungsbild wirklich einzigartig und sprüht nur so vor Charme !!Kunst- und Grafittiliebhaber werden diesen Ort lieben!!! Schaut dazu doch einfach die Fotos an!!
So, jetzt muss aber definitiv wieder mal Schluss sein mit diesem Blog…:) Mittlerweile bin übrigens wieder in Santiago gelandet und werde in den nächsten Tagen vielleicht noch eine Weintour machen und dann irgendeinmal Richtung Norden (vermutlich la Serena) weiterreisen…Stay tuned!!!