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XVIII. Gringa

Ippubblikat: 19.10.2016

Liebe Menschen, ich melde mich mal wieder - diesmal mit einem etwas nachdenklicheren Eintrag.

Ich habe in meiner Zeit hier in Nicaragua natürlich viel mit den Vorurteilen zu tun gehabt, die viele Nicas gegenüber den Gringas, also den Weißen haben (wobei sich das Wort ursprünglich ziemlich negativ behaftet auf US-Amerikaner bezieht).

Dazu gehört zum Beispiel, wie weiße Frauen behandelt werden. Hinterherpfeifen ist da noch das harmloseste und man gewöhnt sich recht schnell daran. Mittlerweile habe ich auch ein Repertoire an Antworten parat, die ich abspulen kann, wenn mir mal wieder "Hello beautiful, linda Gringa!" hinterhergerufen wird...

Andererseits haben viele das Gefühl, ich müsste eine Extrabehandlung bekommen, das ist mir heute Morgen aufgefallen und ich war ziemlich irritiert ;) Ich habe eine Mittelohrentzündung und bin deshalb heute von Mario mit dem Motorrad zum Arzt gefahren worden (ein Abenteuer für sich). Bei der Klinik habe ich dann gefragt, wie viel eine Beratung kostet und daraufhin gab es erstmal eine ziemlich hektische Diskussion. Im Endeffekt sollte ich umgerechnet ca. sieben Dollar bezahlen - mir wurde aber vorher gesagt, es wäre ein Dollar für die Beratung. Ich habe daraufhin gefragt, wie lange die Wartezeit wäre, was zu sehr verwirrten Blicken führte. Ich würde sofort drankommen. Daher also die sieben Dollar. Als ich dann mit Händen und Füßen erklärte, dass ich kein Problem damit hätte, wie alle anderen zu warten, wurde mir vorwurfsvoll erklärt, dass dies eine Klinik für Leute des Viertels wäre und ich deshalb entweder sieben Dollar (plus etwaige Medikamente) bezahlen müsse oder bis zum Ende der Sprechstunde im Wartezimmer sitzen müsse um darauf zu hoffen, dass am Ende noch Zeit für mich ist - aha.

Schließlich wurde mir erklärt, dass es in der Nähe einen Arzt gäbe, bei dem ich mich behandeln lassen könne - für zwanzig Dollar. Nö. Mario und ich sind dann zu einem Kumpel von ihm gefahren, der uns den Tipp gegeben hat, dass es eine Apotheke mit angeschlossener medizinischer Beratung gibt - mehr brauchte ich ja nicht.

Also sind wir zur Apotheke, ich musste eine Viertelstunde warten, damit eine freundliche Ärztin mir drei Sekunden mit einer Taschenlampe ins Ohr leuchten kann, um mir dann irgendein krasses Antibiotikum zu verschreiben (das es interessanterweise NUR in Nicaragua und Costa Rica gibt...).

Die Beratung war kostenlos, das Rezept konnte man dafür nur in der angeschlossenen Apotheke benutzen - ziemlich fair finde ich. Antibiotikum geholt, zurück zur Ärztin, 3 ml verabreicht bekommen, ab nach Hause. Eineinhalb Stunden für eine Injektion, na ja.

Manchmal ist es ein wenig verwirrend für mich, einfach weil ich hier in der Zirkusschule (fast) völlig ohne Vorurteile behandelt werde und sobald ich mein Zuhause verlasse, geht's sofort los - und das obwohl (oder gerade weil?) Granada Touristenstadt No. 1 ist.

Andererseits habe ich auch schon das genaue Gegenteil mitbekommen und ich bin immer froh, wenn ich einfach als Mensch behandelt werde, keine abwertenden Blicke, keine Extrawurst. Andererseits kommen die Vorurteile natürlich nicht von irgendwo - wichtig ist es glaube ich, dass ich durch mein Verhalten genau das abbaue, eine ganz schöne Sisyphos-Aufgabe.

Hasta luego!

Tweġiba