Versunkene Stadt und Landwirtschaftskunde (Tag 3 der Weltreise)

ຈັດພີມມາ: 10.09.2019

07.09.2019


Zum Frühstück gab es das Gleiche wie gestern nur mit Gurken anstatt Tomaten und ich bekam schwarze anstatt grüne Oliven, da mir die grünen zu scharf waren. Zu schade, dass ich auch schwarze Oliven gar nicht mag… :D Aber zum Glück gibt es ja Jonas^^

Nach dem Frühstück fuhren wir dann mit Mehmets Auto zu fünft nach Halfeti. Da wir nachmittags im Garten etwas kochen wollten, hielten wir noch kurz in Nizip auf dem Zebrastreifen mit weniger als 5m Abstand zur Kreuzung ( :p ), damit Mehmet noch frisches Gemüse kaufen konnte. Gesagt getan.

Als er zurückkam, schlug aber das (Verkehrs-)Karma zu :D Der Wagen sprang nicht mehr an :O Mehmet hat früher bei VW gearbeitet und Jonas Papa kennt sich als ehemaliger Kurierfahrer ebenfalls gut mit Autos und ihren Wehwehchen aus. Also wurde die Motorhaube geöffnet und das Innenleben inspiziert, wobei zwei mögliche Schuldige gefunden wurden: A – die Batterie und B – der Anlasser. Ich als kompletter Auto-Laie hörte mir das ganze unbeteiligt an, aber als es hieß, wir müssen das Auto anschieben, war ich sofort bereit. Wir stiegen alle aus aber anstatt mich mitschieben zu lassen, wurde spontan ein junger Mann, der gerade vorbeikam, angesprochen. Er half, das Auto vom Zebrastreifen in eine normale Parklücke zu schieben, aber der Motor sprang noch immer nicht an :/ Kurzerhand zückte unser Unterstützer das Handy und rief einen Kumpel an, um ihm per Sprachnachricht das Geräusch vorzuspielen, das im Motorraum entstand, wenn Mehmet den Schlüssel im Schloss drehte. Der Verdacht, dass es der Anlasser ist, verhärtete sich! ;-) Der Plan war, das Auto nun noch schneller zu schieben als beim ersten Mal, damit man im zweiten Gang anfahren kann und voila! Es funktionierte :)

Fatma und ich stiegen also wieder ein und die Fahrt ging los. Beim Tanken vergaß Mehmet, dass der Motor weiter laufen musste und schaltete das Auto für den Tankvorgang aus. Glücklicher- (und komischer)weise sprang das Auto dieses Mal aber problemlos an… Naja. Umso besser :) Die Fahrt nach Halfeti dauerte ca. eine Stunde und war landschaftlich echt hübsch, immer wieder mit Plantagen rechts und links der Landstraße und Mehmets Fahrstil war türkisch (also mit Ignorieren der durchgezogenen Linie und Geschwindigkeitsbegrenzungen). Er wirkte sehr sicher, was super wichtig war, vor allem als wir auf eine Staubpiste fuhren. Die Straße soll dort demnächst asphaltiert werden aber bei der Trockenheit war der weiße, steinige Untergrund eben sehr staubig. Teilweise war es also einfach wie Nebel, man war komplett „blind“. Eine Situation, in der wir als Beifahrer kurz nervös wurden, gab es dann auch wirklich :O

Vor uns fuhr ein LKW mit geschätzten 5-10 km/h, um die Straße zu bewässern, damit es nicht so sehr staubt. Es handelt sich um eine zweispurige Straße und dieser LKW fuhr aber auf der linken Spur, also quasi in den Gegenverkehr. Ihm kam dann von oben ein anderer LKW entgegen, der von sich aus gesehen auf der richtigen, rechten Spur fuhr. Beim Überholen des Sprüh-LKW fuhr dieser zweite LKW also blind auf unsere Spur und Mehmet musste das Lenkrad schnell nach rechts reißen, um auszuweichen. Da wurde einem schon etwas mulmig :O

Letztendlich kamen wir alle fünf aber heile in Halfeti an :) Die Stadt befindet sich an einem Stausee, auf dem man auch Bootsfahrten nach Rumkale unternehmen kann. Sie liegt in einem Tal und oben auf dem Hügel befindet sich „Neu-Halfeti“, eine chice, moderne Kleinstadt. „Alt-Halfeti“ befindet sich wie gesagt in einem Tal und wird von (vornehmlich türkischen) Touristen gut besucht. Jonas Papa war bereits vor 20 Jahren einmal dort und damals gab es quasi gar keinen Tourismus dort. Mittlerweile gibt es aber einige kleine Hotels und eine voll ausgebaute Promenade mit Restaurants auf dem Wasser. Wir parkten das Auto sicherheitshalber an einer steilen Auffahrt, damit wir bei Abfahrt den Schwung ausnutzen könnten :D Und heute schmierten Jonas und ich uns sogar pflichtbewusst mit Sonnenmilch ein, denn es waren schon wieder 37°C …

Da Mehmets Frau nicht soo gut in der Sonne laufen kann, ging es nur langsam voran bzw. wartete sie im Schatten, als wir noch weiter gehen wollten. Mehmet erklärte uns, dass die alte Stadt vor Bau des Staudamms noch deutlich tiefer lag aber mittlerweile überschwemmt ist. Die damaligen Bewohner wurden einfach umgesiedelt und interessanterweise schaut heute z.B. noch immer das Obergeschoss inklusive Turm der damaligen Moschee aus dem Wasser bzw. man sieht knapp unter der Wasseroberfläche noch die Dächer von ehemaligen Häusern!

An einer Brücke gönnten wir uns dann für 15 Lira (ca. 2,50 €) zwei Kugeln Eis – und zwar für alle fünf von uns. In anderen Touristenorten bekommt man für 2,50€ gerade einmal ein Eis für EINE Person :D Und lecker war es auch noch :p Am Steg saß dann übrigens ein Deutsch-Türke aus Hamburg. Classic :)

Nach dem Spaziergang in der Hitze ging es zum Abschluss dann noch auf ein kleines Boot. Wie erwartet, tat der Fahrtwind echt gut, auch wenn es eine recht langsame Kutterfahrt war^^ Kostenpunkt hier übrigens 15 Lira, dieses Mal aber pro Person. Trotzdem, ein Spottpreis :) Auf dem Boot wurde ich kurz nach dem Ablegen von einer Türkin in meinem Alter angesprochen (eine der wenigen oder die einzige ohne Kopftuch…), ob ich ein Foto von ihr machen kann. Das Komische daran war, dass sie mit ihrer Mutter unterwegs war, die ja genauso gut das Foto hätte machen können aber okay. Vielleicht hat sie ihr nicht vertraut :D Sie quasselte mich dann auch munter auf Türkisch zu, um mir zu erklären, wie genau sie fotografiert werden wollte (einmal nur bis zu den Schultern, dann bis zur Hüfte z.B.^^). Mit Gesten klappte es dann irgendwie, auch wenn wir für jede Pose mehrere Versuche benötigten, bis sie zufrieden war, vor allem als sie dann vorne an der Reling stand. Aber war wie gesagt ganz witzig. Die Bootsfahrt führte uns an Rumkale vorbei, einer alten Festung, die in den Fels gebaut war, dessen Mauern man heute vom Wasser aus noch sehen kann. Einige hundert Meter weiter flussaufwärts ist noch ein weiterer Teil der versunkenen Stadt, wo lediglich nur noch der Turm von der alten Moschee aus dem Wasser ragt. Den Hügel hinauf sind noch einige verlassene Häuser zu sehen. Heute wohnt dort eine einzige Familie und es gibt unten am Wasser ein Restaurant aber sonst anscheinend nicht viel.

Nach der Bootsfahrt wollten wir weiterfahren, aber Jonas Papa und ich holten uns erst noch ein. Wasser. Er kaufte seine Flasche für 1€ (umgerechnet 6 Lira) und als ich mit einem 5-Lira-Schein, die gleiche Flasche kaufen wollte, bekam ich 4 Lira zurück, der Preis war also knapp 16 Euro-Cent :D Süß war, dass der „Verkäufer“ ein vielleicht 8-jähriger Junge war, der mich in perfekt ausgesprochenem Englisch bediente. „Do you want water? How many? It costs one Turkish Lira“. Als ich ihm dann den Schein gab, flitzte er schnell in den Laden, um das Wechselgeld zu holen und als ich ihm dann einen Lira zusätzlich wieder zurückgab, hat er ganz erstaunt geguckt und dann „thank you“ gerufen :) Nicht, dass wir Kinderarbeit unterstützen wollen hier aber das war eine ganz normale Situation – wie ein Limonadenstand in den USA^^

Die Fahrt zu dem Garten kurz vor dem Dorf, aus dem Mehmet kommt – Fistiközü – war vom Straßenbild sehr abenteuerlich mit vielen Schlaglöchern und einer recht engen Straße, wenn man bedenkt, dass sich hier auch mal Traktoren oder Pick-Up Trucks entgegen kommen ;-) Der Garten an sich war echt hübsch. Er besteht aus einem eher kahl aussehenden Feld mit weichem Boden und am Rand gibt es Oliven-, Feigen-, Walnuss- und Granatapfelbäume. In einer vielleicht 15qm großen Laube gab es dann Tisch, Stühle und sogar eine Spüle sowie diverse Küchenutensilien. Vor der Laube ist eine Terrasse, die von Wein wortwörtlich „bedacht“ wird. Es hingen auch einige reife grüne und blaue Weintrauben dort, die Jonas später abschneiden durfte :)

Nach unserer Ankunft begann Fatma direkt mit dem Kochen und zwar ganz klassisch mit einem kleiner Konstruktion, in die man unten Brennholz (Äste, keine Holzscheite :p) packt und dann oben eine Art Pfanne oder Wok packt. Dort wurden Zwiebeln (…), Tomaten, Bulgur und Fleisch gebrutzelt. Für die Würze gab es noch grüne Paprika, die, wenn man sie später im Essen erwischte, ihre volle Schärfe auslebte^^ Zu dem Gericht gab es natürlich Ekmek und auch noch einen türkischen Salat aus Tomaten, Zwiebeln, Gurken, irgendeinem Grünzeug aus dem Garten (weder Mehmet noch seine Frau wussten das deutsche Wort und auch Jonas und sein Papa konnten es nicht benennen. Ich ja sowieso nicht als Nicht-Gourmet^^). Anstatt eines Dressings wurde Salz auf den Salat gestreut und er war, wie alles, das wir bisher hier gegessen haben, super lecker :) Nach dem Essen gab es dann die gerade benannten Weintrauben, obwohl wir alle schon komplett satt waren. Aber das nützt hier nichts :D Dazu gab es Cay (wie ich feststelle, ist das anscheinend die türkische Schreibweise für diesen Tee…) und anschließend gingen wir noch mit Mehmet zu den Obstbäumen, da er ein paar Feigen pflücken wollte. Dabei sahen wir auch riesige Granatäpfel, mit denen wir dann auf Mehmets Bitte für ein Foto posieren sollten. Außerdem zeigte er uns, wie er Bäume „veredelt“. Für alle, die, wie Jonas und ich, nicht wissen, was das ist: Man schneidet einen Ast eines Baumes ab und verbindet ihn mit dem Ableger eines anderen Baums. So wird z.B. aus einem ursprünglichen Walnussbaum ein Feigenbaum :O Echt clever ;-) Ich fand es ganz cool, wie stolz er offensichtlich auf seine Obstbäume ist und was soll ich sagen – das Obst schmeckte auch wirklich lecker :) Am ende zeigte er uns noch sein Bewässerungssystem, was simpel aber anscheinend effektiv ist. Da mittlerweile 17 Uhr war, machten wir uns dann auf den Rückweg.

Das Auto sprang wieder nicht von alleine an, aber wir hatten wieder an einem leichten Abhang geparkt, sodass es anROLLEN konnte :D Bei der Fahrt durch das Dorf passierten wir Pferde-Karren und die klassischen überfüllten Roller (ein Erwachsener + drei Kinder unter 6 Jahre) und sahen sogar eine kurze Tanzeinlage zu einer Hochzeitsfeier! Außerdem trafen wir am Wegrand spontan Bekannte von Mehmet, die ebenfalls Deutschtürken sind und hielten kurz an, um mit ihnen zu plaudern. Sie luden uns natürlich ein, raus zu kommen und länger zu reden aber Mehmet musste verneinen, weil er den Motor nicht wieder ausstellen wollte :D Die Rückfahrt an sich war dann eher unspektakulär, da wir die Staubpiste ja auf dem Hinweg schon bestaunt hatten. Ich versuchte noch ein paar Fotos von den Plantagen zu machen aber bei über 80 km/h (erlaubt waren 50), gestaltete sich das etwas schwierig ;-) Ich glaube aber, dass ich ein paar Schnappschüsse vom Sonnenuntergang erwischte. Das seht ihr wenn dann ja bei den Fotos.

Nachdem wir wieder in Nizip waren, ging ich erst einmal duschen und danach gab es auch fast schon direkt wieder Essen. Keiner von uns war besonders hungrig, aber wir aßen zumindest jeder einen Teller leer. Es war fast schade, weil die Suppe echt lecker war aber das ganze Essen kann so nicht weitergehen :D Fatma war dann glaube ich ein wenig enttäuscht/beleidigt, aber naja. Wir geben unser bestes, uns dieser Kultur „anzupassen“ aber man kann nur so viel essen, wie man eben kann ;-)

Jetzt gerade läuft noch „meine“ türkische Bollywood Serie aber wir sind in unserem Zimmer. Ein bisschen räumlicher Abstand ist bestimmt völlig in Ordnung. Die Tür ist natürlich die ganze Zeit offen und vielleicht gehen wir ja auch noch einmal rüber ;-)

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