Жарыяланган: 01.02.2018
Ein Monat ist vorüber, das heißt, dass noch zwei Drittel der Reise vor uns liegen - Wow! Neulich, beim Warten auf den Bus von Mysore nach Ooty spürte ich plötzlich ein Kribbeln im Bauch und mir schoss der Gedanke durch den Kopf: "Die Reise hat eigentlich gerade erst begonnen, es liegt noch so vieles vor mir." Dabei habe ich allein in den letzen vier Wochen so viel gesehen, erlebt, erfahren, dass es mir vorkommt als sei ich schon viel viel länger weg.
Zuletzt habe ich mich aus Ooty gemeldet. Da hatten wir ein paar angnehme Tage und vor allem ganz gute Luft durch die hohe Lage in den Nilgiri Mountains (die blauen Berge), die zum Gebirgszug der Westghats gehören. Die Landschaft ist geprägt durch dichte Wälder und leuchtend grüne Teeplantagen. Das sieht alles wirklich sehr hübsch aus.
Der Rest der Tour war dann eher unaufgeregt auch wenn sie uns durch dichtes Gestrüpp und teilweise steil bergauf und bergab führte.
Wo ein Wille ist ist auch ein Weg
Viel mehr haben wir in Ooty nicht gemacht, war doch der Grund, hier her zu kommen vor allem die Fahrt mit dem Toytrain weiter in Richtung Kerala. Und das hat sich wirklich gelohnt. Für die Strecke von Ooty nach Mettupalayam (ca.45km) braucht diese kleine Schmalspurbahn dreieinhalb Stunden. Und das auch nur, weil es bergab geht. Für die entgegengesetzte Richtung muss man fünf Stunden einplanen. Aber für mich sind die Zug- und Busfahrten hier in Indien ohnehin nicht nur ein notwendiges Mittel sind, um von A nach B zu gelangen. Ich genieße diese Wege, kann einfach stundenlang die vorbeiziehende Landschaft oder das wuselige Treiben in den Orten beobachten und dabei meine Gedanken ordnen, mich an schöne Momente auf der Reise erinnern, mich auf das freuen was vor mir liegt. Und mir kommen auf den Fahrten die meisten Ideen für diesen kleinen Blog.
Die Strecke zwischen Ooty und Mettupalayam ist wohl jedenfalls eine der schönsten Zugstrecken Indiens und ich hab mich riesig gefreut als die Wartelistentickets, die wir anfangs hatten, ein paar Tage vor der geplanten Abfahrt bestätigt wurden und wir damit zwei Plätze sicher hatten.
Wann geht es endlich weiter?
Nach einer Zwischenübernachtung ging es dann am nächsten Morgen weiter nach Fort Kochi, userem ersten Ziel im Bundesstaat Kerala - das "Land der Kokospalmen". Aufgrund einer 1989 von der Regierung in Auftrag gegebenen Werbekampagne, die vor allem Touristen anziehen sollte, wurde Kerala außerdem der Slogan "God's Own Country" verpasst. Das ist eigentlich ganz witzig, weil Kerala von einer kommunistischen Partei regiert wird - auch schon zur Zeit der Werbekampagne. Aber so ist Indien - voller Gegensätze.
Eine von vielen christlichen Kirchen in Kerala
Das feucht-heiße Klima war nach den Tagen in den Bergen ziemlich gewöhnungsbedürftig und hat mich total erschlagen, sodass ich nicht so viel Energie für große Aktivitäten hatte. Aber ich hab es zumindest geschafft, an einem Morgen um 6:30 Uhr zu einem Yoga Kurs zu gehen - der erste in Indien und in meinem Leben. Ich habe das als tollen Start in den Tag empfunden und mir vorgenommen, das nun so oft wie möglich zu machen, was zumindest in Kerala ziemlich gut umsetzbar ist.
Inspiration auf dem Weg zum Yoga
Als ich in Goa das Buch "Der Gott der kleinen Dinge" gelesen hab, welches in Kerale spielt, habe ich das erste Mal von Kathakali gelesen. Das ist eine sehr alte und traditionelle Form des Tanztheaters, welche hier in Kerala sehr gepflegt wird. Ursprünglich dauern diese Aufführungen mitunter bis zu sieben Stunden. Um ein größeres Publikum anzuziehen und diese Kultur zu erhalten, werden sie hier in den Theatern stark gekürzt aufgeführt. Das wollte ich mir auf jeden Fall ansehen. Die Darsteller sind ausschließlich männlich und verwandeln sich durch aufwändiges Make-Up und Kostüme in Charaktere aus alten Hindu-Erzählungen. Begleitet wird das ganze Schauspiel von lauten Trommeln und meditativen Gesängen, sodass man für eine kurze Zeit in eine ganz andere Welt abtaucht.
Wir haben von Kochi aus auch eine Tagestour in die Backwaters gemacht. Das war leider eher eine Massenabfertigung von ziemlich vielen Touris aber ein bisschen genießen konnte ich die wunderschöne Natur trotzdem.
Für den Anteil der kleinen Hobby-Ornithologin in mir ist Indien echt ein Traum. Schon kurz nach der Ankunft in Mumbai waren mir die großen Greifvögel aufgefallen, die überall am Himmel kreisen. Im Gegensatz zu Laos, wo ich 2016 enttäuscht feststellen musste, dass es kaum noch Vögel gibt (es wird dort einfach alles gegessen, was sich bewegt). Hier gibt es jedenfalls sehr viele bunte Vögel und auf der Backwaters Tour wurde ich auch für die vielen Eisvögel entschädigt, die ich in den letzten 30 Jahren vergeblich gesucht habe.
Ok, also wer von euch bisher nichts über meine (heimliche) Leidenschaft für (bunte) Vögel wusste, der weiß es jetzt. :-)
Nach drei Tagen in Fort Cochi waren wir ganz froh, wieder in die Berge, diesmal nach Munnar in den Westghats zu fahren. Dahin ging es mit dem öffentlichen Bus und bereits die Aussichten auf der Strecke waren zum Teil atemberaubend. Bei Munnar liegt auch Südindiens höchster Gipfel mit 2695m Höhe. Da die Busse hier trotz enger Kurven und großer Steigungen eher rasant und schmerzfrei unterwegs sind, ist es kaum möglich, die wunderschönen Ausblicke mit der Kamera festzuhalten. Ich hab sie also in meinem Gedächtnis gespeichert und ihr könnt einfach die Augen schließen und es euch vorstellen. Das Fahren mit den öffentlichen Bussen hier macht mir ungefähr genauso viel Spaß wie das Zugfahren, vielleicht, vielleicht auch weil es immer bisschen abenteuerlich ist. Und weil man gar nicht glaubt, wieviele Menschen in so einen Bus passen. Ich habe manchmal fast ein schlechtes Gewissen, weil an Stelle unserers Gepäcks sicher noch mindestens vier bis fünf weitere Menschen mitfahren könnten.
Das passt niemals...
...doch, passt.
Und wir haben es auch geschafft
Im Homestay in Munnar wurden wir von Anthony und seiner Familie auch wieder gewohnt herzlich aufgenommen. Als erstes kam die Frage, ob wir schon zu Mittag gegessen haben. Hatten wir nicht. Also wurde schnell eine riesige Menge an Essen zubereitet, die für zwei Personen absolut nicht zu schaffen war. Es fällt mir schwer, mit dem Essen aufzuhören, wenn mich zwei (zwischenzeitlich sogar sechs) Augen erst erwartungsvoll ansehen, gespannt ob es mir schmeckt, sich dann über meine positive Reaktion freuen und mich dann wiederum ungläubig angucken wenn ich versuche zu erklären, dass ich jetzt wirklich mehr als satt bin. Gut, dass wir nur zwei Tage dort waren, sonst wäre ich wahrscheinlich irgendwann einfach geplatzt. In unserer Unterkunft haben wir Anja und Thomas aus Braunschweig kennengelernt, die ein halbes Jahr in der Welt unterwegs waren und nun die letzten Tage vor sich hatten, bevor sie nach Deutschland zurück mussten. Das war eine sehr nette Begegnung und gemeinsam mit den beiden haben wir, geführt von Anthony, eine Tageswanderung durch die Teeplantagen rund um den Ort gemacht. Schöne Grüße an euch beide, hoffentlich holt euch der Alltag nicht zu schnell ein!
An dieser Stelle noch ein Tipp von Anthony für Männer mit Haarausfall, den ich nicht vorenthalten möchte: Täglich eine Mischung aus ein paar Tropfen Sesamöl, zerstoßenen, schwarzen Pfefferkörnern und ein paar Spritzern frischem Limettensaft auf die Platte reiben und mit klarem Wasser abspülen. Als ich bei der Erklärung ziemlich schmunzeln musste, sagte Anthony dass er vor einer Kirche niemals scherzen würde (es stand tatsächlich eine Kirche auf einem Hügel hinter uns). Also, wer das Problem kennt, kann es ja probieren. Eine ordentliche Portion Optimismus und vielleicht ein ganz kleines bisschen Verzweiflung (nachdem man schon alles Mögliche probiert hat) sind sicher ganz hilfreich.
Der Plan war eigentlich, von Munnar aus wieder nach Alleppy und damit in die Backwaters zu fahren. Anja und Thomas erzählten uns allerdings total begeistert von ihrem letzten Stopp in Kumaiy/Thekkady beim Periyar Nationalpark. Das klang alles so toll und da da wir von Fort Cochi weniger begeistert waren als erwartet und wir die frische Luft in den Bergen beide ganz gut fanden, änderten wir spontan den Plan und entschieden, die Reiseroute zu ändern. So ging es also wieder mit dem Bus wieder durch die Berge, vorbei an Wäldern, Kaffee-, Kardamom- und Pfefferplantagen nach Kumily/Thekkady.
Der Betreiber von unserer Unterkunft, Abdul, hat uns gleich gleich nach der Ankunft eine Trekkingtour durch den Nationalpark gebucht und für mich einen Platz im Yogakurs klar gemacht. Alles fein und der kleine Ort an sich war auch total entspannt. Statt hupender Autos und Mopeds waren vor allem Geräusche von Vögeln, Grillen oder anderen Tieren zu hören die überall in den Bäumen unterwegs sind. Da die Anzahl an Touristen, die den Park täglich und zeitgleich besuchen dürfen, zum Glück sehr begrenzt ist, bekamen wir für unsere Wunschtour erst für drei Tage später das Ticket. Das war aber überhaupt nicht schlimm, da man die Zeit in Thekkady auch so ganz gut rum kriegen kann. Ich ging morgens zum Yogaunterricht bei Kerstin Einhorn und danach gab es in der Unterkunft indisches Frühstück. Dann war Faulenzen in der Hängematte auf der Dachterrasse angesagt oder ein Spaziergang durch den Ort. Man soll sich ja vor einer langen Wanderung auch nicht zu sehr anstrengen...
Man hört oder liest immer mal wieder von schlechten Erfahrungen bei Touren durch Nationalparks aber Anja und Thomas haben uns nicht zu viel versprochen. Bei dieser Tour (Border Hiking) dürfen maximal sechs Leute mit, die von mindestens zwei Guides und in unserem Fall einer bewaffneten Rangerin begleitet werden. In unserer Gruppe waren zufällig auch Viola und Steph, die wir schon bei der Backwaters Tour getroffen haben. Ich finde es immer wieder spannend und inspirierend, Menschen mit besonderen Lebens- und Reisekonzepten zu treffen und es ist nett, zwischendurch auch immer mal wieder etwas tiefergehende Gespräche als die typischen mit dem Inhalt "Woher kommst du? Wie lang bleibst du? Wohin gehst du als nächstes?" zu führen.
Unsere Gunwoman
Auf jeden Fall war diese Wanderung das absolute Highlight in Kerala. Nachdem wir ja in Ooty bereits eine kurze und unerwartete Begegnung mit einem wilden Bison hatten, war das erste große Tier, das wir im Park sahen auch ein Bison, alerdings aus einer angemesseneren Entfernung.
Der mehr oder weniger heimliche Wunsch aller Teilnehmer war es natürlich, wilde Elefanten zu sehen und so verfolgten wir auch die Spuren einer Herde anhand von Fußspuren und frischer Elefantenkacke.
Ich fand schon allein das Gefühl überwältigend, durch diesen Regenwald zu laufen, frische Spuren von vielen Tieren (übrigens auch von Tigern) zu sehen und zu wissen, dass die vor nicht allzu langer Zeit die gleichen oder ähnliche Wege genommen haben wir wir jetzt; und zu spüren, dass diese Tiere sich im tieferen Gebüsch zurückgezogen haben, um sich erst abends oder am frühen Morgen wieder auf die helleren Lichtungen zu begeben. Irgendwann war zu spüren, dass unsere Begleiter in der Nähe ein Tier vermuteten, Einer ging immer ein paar Meter vor, um zu sehen ob wir gefahrlos weitergehen können. Solange mussten wir warten. Dann sah ich plötzlich, etwa 50 Meter vor uns zwischen den Bäumen einen ziemlich großen braunen Fleck: Wieder ein Bison, wieder nicht weit weg, wieder beeindruckend groß. Und diesmal sahen wir uns gegenseitig direkt in die Augen - ich hatte Gänsehaut. Es wartete noch einen Augenblick und ließ mich in Ruhe ein Foto machen, bis es ganz gemütlich im Dickicht verschwand.
Als hätte jemand oder etwas gewusst, dass wir letzten Sommer im polnischen Nationalpark Bialowieza vergeblich nach diesen Urzeittieren Ausschau gehalten haben, begeneten sie uns in Südindien fast schon inflationär.
Kurz vor der Mittagspause deutete alles daraufhin, dass auch eine Gruppe von Elefanten in der Nähe sein musste und tatsächlich, auf der anderen Seite eines Sees konnten wir dann zwei dieser schönen Tiere eine ganze Weile beobachten.
Auch andere Tiere trafen wir auf der Wanderung:
Es gibt im Periyar Nationalpark auch noch 45 Tiger. Davon hat sich keiner persönlich gezeigt, sehr wohl haben wir aber nicht besonders alte Fußabdrücke und nicht mehr ganz so frische Nahrungsreste gefunden.