ಪ್ರಕಟಿಸಲಾಗಿದೆ: 10.03.2018
…ok, es war eigentlich ein Kamel und es hatte sehr wohl einen Namen aber davon erzähle ich euch später.
Vorher waren wir ja noch an anderen Orten. Von Agra aus, wo wir uns nur den Tajmahal angesehen haben und sonst eher faul waren, sind wir mit dem Nachtzug den weiten Weg nach Amritsar im Punjab gefahren. Ich wollte dort unbedingt hin, weil ich vor Beginn der Reise viel über die angenehme Stimmung in der Stadt und vor allem im Bereich des Goldenen Tempels gelesen hatte. Amritsar ist die Stadt der Sikhs – hier und im gesamten Punjab, wo die Religionsgemeinschaft, die unter anderem das Kastensystem ablehnt, ihren Ursprung hat, lebt der Großteil ihrer Anhänger. Der Goldene Tempel ist ihr größtes Heiligtum. Und tatsächlich sehen wir schon am Bahnhof viele Männer mit dem typischen, bunt leuchtenden Sikh-Turban auf dem Kopf. Das ist irgendwie ganz hübsch anzusehen. Den ersten Tag in Amritsar haben wir erstmal zur Hälfte verschlafen (die Fahrten im Nachtzug sind meist nicht sehr erholsam) Dann hatten wir uns vorgenommen, uns indische SIM Karten zu besorgen. Das haben wir die ganze Zeit vor uns hergeschoben, da es für Ausländer total kompliziert sein soll und dann auch oft nicht funktioniert. Jetzt brauchten wir aber unbedingt welche. Und wir hatten Glück, nachdem wir endlich einen passenden Laden gefunden hatten. Wir brauchten weder unsere Passfotos, noch Ausweiskopien und wir mussten auch keine indische Kontaktperson angeben. Ein freundlicher Verkäufer hatte gerade zwei Karten herumliegen, die schon freigeschaltet waren und die wir für wenig Geld mitnehmen konnten. Auf unserem Weg durch die Stadt sind wir durch eine richtige, echte, breite Fußgängerzone gekommen. In Indien!
Es fahren dort nicht mal Zweiräder und man kann sich total entspannt bewegen. Worüber man sich so freut... Der erste Eindruck von Amritsar war also schon mal durchaus positiv. Außerdem gibt es an jeder Ecke leckere Lassis und viel gutes Essen.
In der Altstadt ist man die ganze Zeit von Musik umgeben. Meist sind es Gesänge, die wohl über Lautsprecher aus dem Goldenen Tempel übertragen werden. Ein solcher Lautsprecher war auch genau vor unserem Hotelzimmer, sodass wir, bis auf drei Stunden Pause, quasi die ganze Nacht in den Genuss gekommen sind. Am nächsten Tag hatten wir dann Zeit, den Goldenen Tempel zu besichtigen. Eigentlich waren wir nur in dem sehr großen Komplex, der um den Tempel herum gebaut ist. Und die Atmosphäre dort war schon so großartig, dass ich ewig dort hätte sitzen können.
Obwohl hier wirklich sehr viele Menschen unterwegs sind, fühlt es sich überhaupt nicht überfüllt an. Es ist auch niemand irgendwie aufdringlich oder will irgendwas verkaufen. Alles wirkt sehr friedlich und entspannt. Die Anlage steht jedem offen. Nur eine Kopfbedeckung ist Pflicht, Tabak und Alkohol sind verboten und auf den Rand des „Nektarbeckens“ mit heiligem Wasser darf man nur im Schneidersitz sitzen. Dass alle die Regeln einhalten, kontrollieren mit einer Art Speer bewaffnete aber sehr freundlich lächelnde Sikh Wachen.
In das Innere des Tempels sind wir nicht gegangen, da die Schlange wirklich extrem lang war und der Eindruck von außen war für mich ausreichend, sodass ich auf das Gedränge zwischen den wartenden Pilgern und anderen Touristen lieber verzichtet habe. Spannend ist noch, dass Pilger in dem Komplex kostenlos überachten können und auch kostenlos oder gegen eine Spende zu essen und zu trinken bekommen.
Ich habe den beiden Mädels meine Handynummer gegeben, damit sie mir das Bild schicken. Seitdem schreibt mir eine der beiden täglich mindestens eine Nachricht, fragt wie es mir geht, wo ich bin und ob ich schon etwas gegessen habe - süß.
Wenn man in Amritsar ist und vorher ein bisschen recherchiert, was man dort noch so unternehmen kann, stößt man irgendwann auf ein ziemlich skurriles Ereignis, welches jeden Abend zum Sonnenuntergang in Wagah, an der indisch-pakistanischen Grenze stattfindet. Es ist eine Art Grenzschließungzeremonie, welche sowohl auf indischer als auch auf pakistanischer Seite von riesigen Tribünen täglich von tausenden Menschen angesehen wird. Wir haben überlegt, ob wir uns so einen, aus unserer Sicht, nationalistischen Blödsinn wirklich angucken wollen, waren dann aber doch neugierig und sind mit einem Sammeltaxi zur Grenze gefahren. Die Taxifahrt war schon ganz interessant, da wir einen indischen, jungen Mann dabei hatten, der uns ein bisschen was über sich und seine Kultur erzählt hat. Unter anderem auch, dass er seinen Vater darum gebeten hat, für ihn eine Frau zu suchen. Das findet er besser, als das selber zu machen. Sein Bruder lebt unverheiratet mit einer Frau zusammen, die er sich selber gesucht hat und darüber ist unser Mitfahrer ganz unglücklich. Manche Dinge sind für uns mit unserer westlich geprägten Kultur wirklich schwer nachvollziehbar. Ich habe ihn auch gefragt, warum durch indische Züge häufig Transgender-Frauen (auch „Hijras“ genannt) laufen und von allen indischen Männern Geld bekommen. Das hatte ich inzwischen auf einigen Zugfahrten, vor allem in den weniger teuren Klassen beobachtet. Unser Mitfahrer hat mir eklärt, dass die Hijras die Männer segnen, wenn diese ihnen Geld geben. Aber vor allem hätten die Männer Angst, dass die Hijra ihren Sari vor ihren Augen hochhebt. Da das letzte Buch, das ich hier gelesen habe, sich mit dem Thema beschäftigt, hatte ich mir so etwas schon gedacht. Aber es ist doch verrückt, das nochmal von jemandem persönlich zu hören, der selber auch Angst davor hat, von einer Transgender-Frau "verflucht" zu werden. Hinter all dem steckt natürlich viel mehr und vor allem die weit in die Vergangenheit zurückreichende Geschichte der Hijras in Indien.
Verrückt war dann auch das, was wir an der Grenze zwischen Amritsar und Lahore zu sehen bekamen. Auf dem Weg zum Parkplatz zur Tribüne muss man sich erstmal gegen die vielen Verkäufer wehren, die einem indische Flaggen und Mützen verkaufen oder einem die indische Flagge direkt ins Gesicht malen möchten. „You don’t want? You don’t like India! Are you Pakistani?“ Wir haben es erfolgreich geschafft, ohne eines dieser Utensilien einen Platz auf der beeindruckend großen Tribüne zu bekommen.
Aus riesigen Lautsprechern schallt bereits laute indische Pop- und Folkloremusik und es herrscht eine erwartungsvolle Stimmung. Man kann das schon irgendwie mit einem Fußballstadion vergleichen. Ab und zu gibt es irgendeine Durchsage, die wir nicht verstehen und unter den Einheimischen bricht Jubel aus. Dass sich dann aber alle brav wieder hinsetzen, wird von Soldaten mit Trillerpfeife kontroliert, die über die Tribünen laufen. Unten auf dem eigentlichen Schauplatz läuft in weißer Kleidung eine Art „Anheizer“ rum, der irgendwas in sein Mikro brüllt. Dann sammeln sind mindestens 100 Frauen auf dem Platz und ich frage mich schon, worauf die wohl warten. Dann bringt der Anheizer ein paar große indische Flaggen und die Frauen laufen der Reihe nach damit eine Runde.
Dann wird es noch verrückter, denn nach ihrer Flaggenrunde sind die Frauen so euphorisch, dass sie Bollywood Tänze aufführen. Auch ein paar westlich aussehende Touristinnen gesellen sich dazu und alle feiern ausgelassen.
Man könnte fast vergessen, dass es sich hier um die Grenze zwischen zwei Atommächten handelt, wenn nicht auf beiden Seiten der Grenze schwer bewaffnete Soldaten stehen würden.
Auf pakistanischer Seite läuft alles übrigens etwas gesitteter ab. Dort gibt es keine tanzenden Frauen, nur einen einbeinigen Mann, der sich mit der pakistanischen Flagge in der Hand immer wieder im Kreis dreht. Es gibt dort außerdem eine reine Männertribüne.
Irgendwann beginnt dann auch der offizielle Teil, bei dem die Soldaten auf beiden Seiten synchron symbolische Drohgebärden mit lauten Brüllern von sich geben, salutieren und die Beine wirklich sehr weit in den Himmel schleudern. Die beiden Grenztore werden geöffnet, die Fahnen eingeholt und dann werden die Tore mit Schwung wieder zugeschmettert.
Hinterher stehen Menschen Schlange, um noch ein Foto mit den Soldaten zu machen. Manch ein Soldat greift auch selber zur Kamera. Insgesamt ist das alles eine total schräge Veranstaltung, vor allem wenn man bedenkt, dass diese täglich stattfindet.
Unser nächstes und letztes, schon länger geplantes Ziel auf der Reise war Jaisalmer in Rajasthan. Um von Amritsar aus dorthin zu kommen mussten wir über Jaipur fahren und dort eine Nacht verbringen. Einen durchgehenden Zug gab es leider nicht. Wir erreichten Jaipur früh am Morgen des 2.März, dem diesjährigen Höhepunkt und Abschluss des Holi Festival. Nachdem wir im Hotel etwas gefrühstückt hatten und das bunte Holi Treiben vom Fenster aus beobachtet haben, wollten wir ein bisschen durch die Stadt laufen.
Eigentlich war schon nach relativ kurzer Zeit klar, dass es wohl nicht die beste Idee war, einfach so durch die Straße zu ziehen. Ich gehe in Deutschland auch nicht zu Oktoberfest, Schlagermove und Co. Damit kann man es wohl ganz gut vergleichen, wenn man hier nicht gerade zu einer offiziellen Party geht. Anfangs war es irgendwie noch ganz lustig, von allen mit „Happy Holi“ begrüßt und selber mit dem bunten Farbpulver geschmückt zu werden. Aber leider waren einfach viel zu viele besoffene Typen unterwegs, die meinten, sie könnten an diesem Tag ungestraft Frauen anfassen. Ich konnte überhaupt nicht so schnell reagieren und war plötzlich mitten in einer größeren Gruppe von Männern und musste ziemlich laut werden, um da wieder raus zu kommen. Das war echt unangenehm und hat mir eigentlich auch den Rest des Aufenthaltes in Jaipur verdorben, weil ich dann ziemlich misstrauisch gegenüber allen anderen Holi feiernden Männern war. Nach einem Chai zur Beruhigung haben wir uns eine Auto Riskshaw zurück zum Hotel genommen und den Rest des Tages mit einer Rundtour zu den Sehenswürdigkeiten rund um Jaipur verbracht.
Fort Amber:
Wasserpalast:
Am Affentempel Galta ji:
So richtig konnte mich das alles aber mit Jaipur nicht mehr versöhnen und dann war ich abends auch plötzlich krank, sodass ich am nächsten Tag total froh war, in den Zug nach Jaisalmer zu steigen, wo es mir schnell besser ging.
In Jaisalmer hat es mir dann schon viel besser gefallen. Aufgrund eines Missverständnis haben wir zwar erstmal etwas länger am Bahnhof auf den versprochenen Pick Up gewartet aber das war nicht so schlimm. Jaisalmer ist für indische Verhältnisse eine wirklich kleine Stadt und auch der Bahnhof ist dementsprechend entspannt. Irgendwie und irgendwann kamen wir dann auch im Guesthouse an, noch rechtzeitig um von der Dachterrasse aus den Sonnenaufgang anzuschauen.
Am Nachmittag gingen wir dann ins Fort, was nur ein ganz kurzer Fußweg war. Das ist schon ein interessanter Ort, bestehend vor allem aus kleinen Gassen, in denen man sich ziemlich schnell verlaufen kann. Aber es war ziemlich angenehm, dort einfach ein bisschen spazieren zu gehen.
Und ja, möglicherweise habe ich die Gelegenheit auch genutzt, um das erste Mal in Indien shoppen zu gehen. Die Versuchung war groß und vielleicht war es auch ein kleiner Trost für den blöden Aufenthalt in Jaipur. Außerdem war es schwer, dem charmanten Verkäufer zu widerstehen, der dann auch noch jedes Teil schnell so zurecht schneidern konnte, dass es auch wirklich passt. Er hat uns zum Schluss auch noch sein Leid geklagt: von seiner Freundin, mit der er sich immer heimlich treffen muss, da seine Familie nicht mit ihr einverstanden wäre. Sein Vater wird irgendwann eine Frau suchen, die er dann heiraten muss und er hofft, dass er bis dahin noch ein oder zwei Jahre Zeit hat. Jetzt ist er 28 Jahre alt.
Der eigentliche Grund, den weiten Weg nach Jaisalmer zu fahren war, dass man von dort aus am besten zu einer Wüsten Safari mit Kamelen starten kann. Ich hatte vorher nach einem guten Anbieter gesucht und wir haben uns für eine dreitägige Tour mit "The real desert man" durch die Wüste Thar entschieden. Ganz genau wussten wir nicht, was uns erwartet also ließen wir uns überraschen und wurden mit einem Geländewagen morgens erstmal etwa 40km in die Wüste gefahren, wo unser Guide Honey mit den drei Kamelen Al Pacino, Romeo und Johnny auf uns wartete. Wir hatten total Glück, weil außer uns niemand die lange Tour gebucht hat und wir somit Honey quasi ganz für uns allein hatten. Ich hab vorher noch nie auf einem Kamel gesessen und hatte dann doch etwas Respekt, als die großen Tiere direkt vor mir standen.
wir reiten in Karawane angeführt von Honey auf Al Pacino
Nach zwei Stunden auf dem Kamel hab ich mich gefühlt wie nach einer einwöchigen Fahrradtour. Die Vorstellung, am nächsten Morgen wieder auf das Kamel zu steigen habe ich erstmal verdrängt. Es ging dann erstaunlicherweise aber viel besser als gedacht. Ich hab mich irgendwie relativ schnell daran gewöhnt und am dritten Tag wollte ich gar nicht mehr absteigen. Für mich genauso schön wie auf dem Kamel zu sitzen waren die Pausen in der Wüstenlandschaft mittags und nachts. Zum Lunch gab es immer einen schattigen Platz unter einem Baum, wo Honey dann für uns gekocht hat.
Die erste Nacht haben wir wirklich sehr einsam mitten in den Dünen verbracht, nur auf einer Decke im Sand. Vorher gab es noch einen schönen Sonnenuntergang zu sehen.
Hier in der relativ warmen Wüstennacht konnte ich auch endlich den unglaublichen Sternenhimmel länger genießen als vor ein paar Wochen im Himalajah. Obwohl ich total müde war, musste ich immer wieder die Augen öffnen, um sicher zu gehen, dass die Sterne noch da sind. Irgendwann bin ich dann wohl doch eingeschlafen und wurde vom grellen Licht des Vollmonds geweckt, das alles hell erleuchtet hat. Danach wurde ich wieder wach zum Sonnenaufgang, zu dem Honey uns einen Chai an die „Betten“ brachte.
Die zweite Nacht haben wir dann mit mehreren andern Touristen in einem kleineren Camp des Anbieters auf Feldbetten verbracht, was aber auch ganz schön war.
Auf unserem Weg sind wir durch zwei Dörfer gekommen, wo wir abstiegen, um die Kamele zu tränken. Immer kam eine Horde Kinder auf uns zugelaufen, die nach Schokolade, Rupies und Pens fragten. Darauf waren wir leider nicht vorbereitet. Aber als die Kinder meine Kamera entdeckten wollten sie "Pictures" - das war natürlich kein Problem.
Ich würde euch gerne mehr über unseren Guide "Honey" erzählen; ein junger Mensch, der mich wirklich sehr beeindruckt hat. Honey ist 22 Jahre alt, der jüngste Bruder von drei Schwestern und stammt aus einem sehr kleinen Dorf in der Wüste. Als er ein Jahr alt war, hat er zum ersten Mal auf einem Kamel gesessen.
Yoga auf einem Kamel?
für Honey kein Problem
Seine Eltern sind gestorben als er noch sehr klein war. Danach hat sich sein Onkel um ihn gekümmert, der auch schon Kameltouren mit Touristen durch die Wüste gemacht hat. Seit 7 Jahren arbeitet Honey für unseren Touranbieter. Sein Lieblingskamel ist Johnny, das Kamel auf dem ich reiten darf. Er würde es gerne irgendwann kaufen und legt dafür sein Trinkgeld zurück.
Sein Gehalt schickt er zum größten Teil an seine Schwestern und deren Familien. Eine von ihnen ist noch nicht verheiratet und er sagt er muss für sie einen Mann suchen. Danach müsse er sich keine Sorgen mehr um sie machen. Honey fragt sich, wer eine Frau für ihn suchen wird. Sein Vater lebt nicht mehr und sein Onkel ist schon zu alt. Er sagt, dass sein Chef das vielleicht machen wird aber es muss eine Frau aus der selben Kaste sein. Alles andere wird in seinem Dorf nicht akzeptiert. Deswegen kann Honey auch niemals das Mädchen aus Südkorea heiraten, in das er sich verliebt hat. Sie war irgendwann Gast auf einer seiner Touren. Er ist sich aber auch nicht sicher ob sie überhaupt einmal wieder kommt. Jetzt, so sagt er selber, ist er aber auch noch zu jung zum heiraten. „Today is today. Tomorrow is tomorrow.“ Honey kann innerhalb von kurzer Zeit in der Wüste ein Feuer machen. Darauf kocht er als erstes eine riesige Menge Chai und dann leckerstes Essen; Reis oder Nudeln mit Gemüse. Zum Schluss macht er frisches Chapatti auf einer gusseisernen Pfanne. Bevor er das alles macht, kümmert er sich immer erst um die Kamele und den Hund, der uns auf unserer Tour unter der heißen Wüstensonne begleitet.
Und Honey singt, eigentlich die meiste Zeit. Er sagt, er müsse immer singen. Er wisse auch nicht warum aber er findet das macht glücklich und ist gesund. Was Honey auch kann ist, seine Kamele anhand der Fußspuren im Sand wieder zu finden, auch wenn diese mehrere Kilometer weit gewandert sind, was sie in unserer ersten Nacht getan haben. Nach gut einer Stunde kommt Honey nach der ersten Nacht fröhlich, auf Al Pacino, Johnny und Romeo im Schlepptau angeritten, während wir in unserem kleinen Lager mit dem Hund und neben einer Herde Schafe auf ihn gewartet haben. Ich fand das alles schon sehr außergewöhnlich und eindrucksvoll.
Honey hat auch nach meiner Familie gefragt und ob wir alle zusammenleben. Ich hab ihm dann ein Foto von der Bande gezeigt und er hat vorgeschlagen, dass wir alle zusammen wiederkommen und eine Wüsten Safari machen. Das wäre sicher ziemlich lustig.
Am dritten Tag hab ich Honey ein bisschen beim kochen geholfen, während er die Kamele gesucht hat. Als zurück war und festgestellt hat, dass das Essen nicht angebrannt ist, hab ich gesagt, dass ich jetzt ja vielleicht „Camel-Woman“ werden könnte. Kochen auf Holzfeuer kann ich ja schon mal.
Da lacht Honey und sagt „Camel Woman not possible!“ Er erklärt uns, dass eine Frau zu Hause bleibt und den ganzen Tag mit ihren Nachbarinnen quasselt, sich um die Kinder kümmert und kocht. Und der Mann geht arbeiten und muss der Frau schöne Sachen mitbringen. Die Art wie Honey uns das erzählt ist ziemlich witzig. Aber es steckt so viel Wahrheit dahinter und sehr traditionelle, klar aufgeteilte Rollenverteilungen, die besonders in Rajasthan noch viel Platz im Alltag einnehmen. Er sagt, dass nur die Frauen aus den unteren Kasten arbeiten gehen. In einigen Teilen Indiens, vor allem in den ländlichen Regionen ist das wohl so. Er erklärt uns auch, dass die Männer, die sich am Abend alle gemeinsam um uns und die anderen Gste gekümmert haben in einem Dorf nie zusammen essen würden, da die meisten von ihnen aus unterschiedlichen Kasten kommen. "In the desert everbody is the same. Same same-but different" sagt Honey. Aber in den Dörfern gelten wohl zum Teil noch strenge Regeln.
Also gut, als Camel Woman in Rajasthan hab ich wohl in den nächsten Jahren keine Chance.
Am dritten Tag hatte ich Honey und auch die drei Kamele ziemlich ins Herz geschlossen und fand es richtig blöd, dass die Zeit schon wieder vorbei war. Ich glaube ich habe es jetzt schon öfter erwähnt aber ich mag wirklich keine Abschiede. Es fällt mir schwer, Orte zu verlassen, an denen ich mich sehr wohl gefühlt habe; oder Menschen lebewohl zu sagen, die ich wahrscheinlich nie wiedersehen werde. Die Tage in der Wüste gehören auf jeden Fall zu den schönsten und unvergesslichsten auf der Indienreise und ich bin froh, dass wir den weiten Weg dorthin gereist sind.
Ich habe schon in Darjeeling gemerkt, dass ich eine Pause von den häufigen Ortswechseln brauche, unter anderem aus dem Grund, den ich gerade beschrieben habe. Eric ging es ähnlich; wir waren beide etwas reisemüde und haben überlegt wie wir die restliche Zeit verbringen wollen. Die Tour nach Jaisalmer wollte ich nicht canceln und die andern Stopps lagen von Darjeeling aus quasi auf dem Weg dorthin. Also haben wir entschieden, den Plan so beizubehalten, dann nach der Wüstentour aber nicht mehr an neue Orte zu fahren. Eric hatte Lust, die letzten Wochen vor der Abreise, am Strand in Goa zu chillen. Das konnte ich mir für meine letzten Wochen in Indien allerdings nicht vorstellen. Ich wollte noch etwas mehr vom Land mitkriegen, nur ohne dauernd den Ort zu wechseln. Ich hatte auf der Internetseite der "Backpackers Tour de Sundarbans" gelesen, dass man in dem kleinen Eco Village, wo wir Anfang Februar waren, auch Volunteer Arbeit machen kann. Also hab ich schon von Darjeeling aus die Leute nochmal angeschrieben und auch ganz schnell die Rückmeldung bekommen, dass das alles kein Problem sei und ich jederzeit gerne kommen könnte. So haben Eric und ich uns in der Nacht vom 7.zum 8.März am Bahnhof von Jaisalmer verabschiedet für die nächsten zweieinhalb Wochen. Das war schon ziemlich komisch, als jeder in einen anderen Zug gestiegen ist. Eric ist in Goa angekommen während ich noch in meinem Zug saß. Geplant war eine 40 stündige Fahrt für die 2350km. Leider hatte der Zug letzten Endes neun Stunden Verspätung und ich bin letzte Nacht um 1:30 Uhr in Kalkutta angekommen. Da ein Polizist mir am Bahnhof erklärte, dass ich um die Zeit lieber nicht mit dem Taxi fahren soll, hab ich noch zwei Stunden am Bahnhof gesessen bis ich dann endlich in meine Unterkunft gefahren bin. Das war wiklich eine lange Reise. Für die Fahrt zurück nach Mumbai, die ähnlich weit ist, habe ich jetzt einen Flug gebucht. Die kurze Zeit hier ist mir dann doch zu kostbar auch wenn ich ganz gerne Zug fahre. Morgen werde ich dann, wenn alles klappt, in die Sundarbans starten und voraussichtlich bis 24.März dort bleiben. Ich habe zwar eine funktionierende indische Sim Karte mit Internet, weiß aber nicht, dass es dort wirklich ein funktionierendes Netz gibt. Ich hoffe, dass es die ein oder andere Nachricht nach draußen schafft.
Ich denke ich melde mich dann hier nochmal bevor ich nach Deutschland zurück komme. Bis dahin, lasst es euch gut gehen. Ich hoffe es ist wieder etwas wärmer in Deutschland.