Eike
Weitermachen.発行済み: 02.10.2018
Ich lebe jetzt seit sieben Wochen im Share Haus, also einer Art WG in Carlton, einem Stadtteil von Melbourne. Nach einer Übergangszeit mit Airbnb und Couchsurfen bin ich endlich irgendwo angekommen.
Als ich am 16.6.18 eingezogen bin hab ich mir das Haus mit Menschen aus der ganzen Welt geteilt. Thomas aus Frankreich, Grim aus Holland, Moa aus Schweden, Zoe und Fabio aus Italien, Devon und George aus England und meine Freundin Nicole aus Deutschland. Mittlerweile lebt von ihnen nur noch Moa hier mit mir. Alle andern sind weiter gereist oder mussten zurück nach Hause gehen weil ihr Visum abgelaufen ist.
Es zieht aber immer sofort jemand Neues ein. Nina aus Holland, Melissa aus den USA, Cyril aus Frankreich, Amer aus Malaysia und meine neue Zimmergenossin Costanza aus Italien.
Am Anfang fiel es mir noch schwer mich an so viele Leute zu gewöhnen. Nie ist man wirklich alleine oder kann mal in Ruhe kochen oder essen. Aber die positiven Seiten einer WG überwiegen tatsächlich die negativen.
Zum Beispiel gab es ständig gratis Wohnzimmer-Konzerte, da meine Mitbewohner hier vor ihren Aufrtitten geübt haben. Es wurde viel gesungen, gelacht, geraucht, gekuschelt, gegessen, getrunken und gefeiert. Ich fühle mich ein bisschen als würde ich so eine Art Studentenleben nachholen und das geniesse ich überraschenderweise sehr.
Wenn man so eng mit so vielen Menschn zusammen lebt fühlt es sich fast ein bisschen wie Familie an. Immer fragt man einander wie der Tag war, wie es dem anderen geht oder man kocht zusammen und verbringt einfach eine Menge Zeit miteinander. Das macht das Ganze fast zu einem Zuhause. Gleichzeitig erschwert es aber auch den Abschied. Wenn gerade die Menschen die man am meisten mag weiter ziehen.Ich hab das Gefühl in den guten Zeiten denkt man immer dass es noch ewig so bleibt. Aber tatsächlich hab ich gelernt, dass niemals alles bleibt wie es ist. Kein Tag, kein Gespräch und kein Gedanke ist wie der andere. Alles wandelt sich immer. Das wieder und wieder zu erkennen hilft mir weiterhin das Loslassen zu lernen und mich auf das was ist zu konzentrieren, statt auf das was war. Trotzdem fallen mir Abschiede nicht leicht und es sind schon viele Tränen geflossen.
Menschen auf Reisen wachsen einem schneller ans Herz. Man lernt sich besser kennen, weil man sehr viel Zeit miteinander verbringt. Gleichzeitig sind diese Freundschaften aber überhaupt nicht vergleichbar mit denen die ich Zuhause habe. Wie oft schon hab ich mir gewünscht wenigstens mal kurz Zeit mit meinen Freunden und meiner Familie zu verbringen und dann wieder hier zu sein. Besonders jetzt, wo ein besonderes kleines Mädchen auf die Welt gekommen ist, das ich so gerne kennen lernen möchte. Menschen mit denen man aufgewachsen ist kennen und verstehen einen anders als Personen auf Reisen und umgekehrt. Mit den Menschen Zuhause teile ich fast mein ganzes bisheriges Leben, mit den Menschen auf Reisen sind es Tage und Momente, die aber auch etwas besonderes sind. Bloss auf eine andere Art und eigentlich kaum vergleichbar..
Nun rückt aber auch mein Abschied vom Haus und von Melbourne näher. Ich bin nun drei Monate in der Stadt. Ich hab mir einen Freundeskreis aufgebaut, die Stadt kennen und lieben gelernt. Ich arbeite immernoch als Fundraiserin bis ich weiter reise, auch wenn ich den Job hasse. Ich hab als Lehrerin in einer Sprachschule und als Language Assistant an einem College gearbeitet. Hätte mir das alles vor einem Jahr jemand gesagt hätte ich ihm wahrscheinlich einen Vogel gezeigt. Und zwischen all dem Arbeiten, den Bekanntschaften und den Freundschaften lerne ich mich immernoch jeden Tag ein bisschen besser kennen. Lerne, welche Eigenschaften zu mir gehören und versuche sie zu ändern, wenn ich merke, dass sie mir das Leben schwerer machen als es ist. Ich lerne ganz viel von anderen Menschen. Ich bin im Job über mich hinaus gewachsen. Zum Beispiel quatsche ich den ganzen Tag Leute auf der Strasse an (vorzugsweise gutaussehende Männer) und versuche mich im Smalltalk zu üben bevor ich alles sage was es über die Charity für die ich arbeite zu sagen gibt. Statt mich zu ärgern wenn es Zuhause aussieht wie Sau räume ich auf. Mal mit mehr und mal mit weniger Ekel. Manche Dinge ändern sich eben doch nicht.
Ich bin unheimlich stolz auf mich. Auf das Leben dass ich mir hier in so kurzer Zeit aufgebaut habe. In Offenbach habe ich dafür damals fast zwei Jahre gebraucht. Und ich lerne, dass es okay und gut ist auf mich selbst stolz zu sein. Dass das viel wichtiger ist, als es von anderen gesagt zu bekommen, weil es hilft mich selbst wertzuschätzen.
Jetzt, so kurz bevor ich weiter reise kommt wieder ein bisschen die Angst vor dem was auf mich zukommen und wo ich landen werde, Meine Zeit hier hat mir aber gezeigt, dass es viel einfacher ist als erwartet. Deshalb ist die Vorfreude gerade grösser als die Angst, aber der Abschied fällt trotzdem schwer. Ich werde jemanden finden der in mein Zimmer einzieht und kann somit erstmal nicht hierher zurück kommen.
Der Plan ist aktuell mit Dani innerhalb drei Wochen von Sydney nach Brisbane zu reisen. Entweder mit einem Auto oder einem Campervan, das steht noch nicht ganz fest. Und wenn ich dann schonmal Richtung Norden reise, werde ich noch weiter bis Cairns reisen wenn Dani wieder zurück nach Deutschland fliegt. In Cairns treffe ich dann eine Freundin, Valentina aus Kolumbien. Ich hab sie hier in Melbourne kennen gelernt und sie wird dort hin ziehen um zu arbeiten. Was sich dann ergibt, mal sehen. Vielleicht gehe ich danach zurück nach Melbourne, vielleicht woanders hin. Ich freue mich jedenfalls sehr darauf mehr von Australien zu sehen und viele verrückte und liebenswerte Leute kennen zu lernen, mit denen ich ein Stück meines Weges teile.
Ich freue mich auf den Sommer und barfuss am Strand zu sein. Ich freu mic h darauf die Weite von Australien zu sehen, den Nachthimmel mit einer Million Sternen und auf das Gefühl von Freiheit, wenn ich nicht arbeiten muss.
Ich hab den Blutmond gesehen und bin dabei auf der Strasse eingeschlafen, ich hatte Dates mit Australiern, hab mitten im auf der Strasse getanzt. Hab mich vom eiskalten Wind im Regen durchpusten lassen und mich selten so lebendig und voller Freude gefühlt. Ich hab gelernt Deutsch zu unterrichten. Ich war auf einem Konzert einer Coverband der Strokes, Ich hab Freunden bei der Open Mic Night zugejubelt und P!nk getroffen während ich einfach so auf der Strasse rum stand und auf jemanden gewartet habe. Ich hatte tolle Gespräche, Nachmittage auf einer Wiese umgeben von Musikern und Menschen die einfach entspannt sind und sich eine gute Zeit machen statt sich ständig von etwas oder jemandem stressen zu lassen. Davon möchte ich mir noch ein paar Scheiben abschneiden.
Das Wichtigste ist jetzt jeden Moment zu geniessen, denn wer weiss wie lange er dauert. Nicht so sehr über alles nachzudenken, sondern zu tun, was sich in diesem Moment gut und richtig anfühlt. Denn man bereut ja meistens Gelegenheiten die man verpasst hat.