प्रकाशित: 19.06.2021
Ein Zusammenschnitt von der Reise:
https://www.youtube.com/watch?v=_ldMiWla3a8
14.06.2021 - 11:30
Ich befinde mich momentan auf einer Fähre im Nordmeer oberhalb des arktischen Zirkels. Während ich auf meinem Smartphone diese Worte schreibe bin ich mir noch unsicher, ob dies aufgrund des stetigen Auf- und Abschwankens meinen Magen rebellieren lässt. Trotz dieser Möglichkeit scheint die 7-stündige Fährfahrt mit der MF Værøy, welche von Moskenes über Værøy und Røst Richtung Bodø fährt, eine geeignete Gelegenheit zu schreiben.
09 06.2021
Es war alles vorbereitet. Mit mehreren vorangegangenen Campingtrips wurde mein Equipment getestet und weiteres nach Notwendigkeit beschafft. Mit einer Excel-Tabelle habe ich akribisch meine Reise geplant. In dieser Hinsicht werde ich dem Stereotypen der Deutschen wohl sehr gerecht. Jeder Tag war versehen mit Ab- und Ankunftszeiten von Zug, Fähre und Bus, Schlafenszeiten waren markiert und Wanderstrecken festgehalten. In einer App wurden diese Wanderstrecken konkretisiert. Distanz, Terrain, Höhe alles kompakt festgehalten und offline abgespeichert. Auch Karten wurden für Notfälle ausgedruckt.
Am Tag der Abreise beschäftigte mich das effiziente Packen und das Beschaffen der vorgeplanten Lebensmittel. Zunächst für einen 4-tägigen Campingtrip auf Moskenesøya. Vor den 2 Nächten auf Værøy die meine Reise abschließen sollten, ist ein AirBNB-Aufenthalt in Bodø geplant. 4 Nächte Moskenesøya, 1 Nacht in einer Unterkunft in Bodø mit Aufstockung der Lebensmittel und 2 Nächte auf Værøy. Ein Campingurlaub auf den Lofoten-Inseln.
Die Lebensmittelwahl war recht unspektakulär, bestehend hauptsächlich aus Nudeln, Brot, Käse, trockenen Saucen und Suppen und für die ersten 2 Tage etwas Obst und Gemüse. Nachdem alle Klamotten, Lebensmittel, Zelt und Schlafsack verstaut oder angezippt waren, ging es um 22:30 mit dem Bus zur Zentralstation in Trondheim. Der Nachtzug von Trondheim nach Bodø ging 23:17 und ich traf mich kurz davor mit dem Franzosen Valentin, mit dem ich geplant hatte zusammen abzureisen. Auch er wollte campen, allerdings ohne Zelt. Sein kleiner 20 Liter Rucksack war zum Platzen gefüllt und Bänder fixierten weitere Teile außen. Trotzdem hatte er kein Zelt und plante bei schlechtem Wetter über seine Isomatte mit Schlafsack ein Tarp (wasserdichte Campingplane) zu spannen. Ich treffe ihn ein paar Tage nach unserer separaten Lofotenreise und ich bin gespannt, wie er sich geschlagen hat.
Die 10-stündige Zugfahrt brachte uns eine Landschaft, die ich auf unserer Osterreise bereits mit dem Auto begutachten konnte. Da die Zugstrecke meiste neben der E6 verläuft, konnte ich viele Orte und Landschaftsmerkmale bereits wiedererkennen. Lediglich das Schlafen war etwas fordernd. Die engen Sitze und die Sonne, die mir um 3:00 in voller Stärke ins Gesicht schien, brachten eine gewisse Herausforderung mit sich. Die Fahrt mit der Nordlandbahn ging dank eines Hörspiels, der Landschaft und der gelegentlichen Schlafphasen relativ schnell vorbei. Was mir witzigerweise am meisten im Gedächtnis geblieben ist, sind die abrupten Druckänderungen, wenn der Zug aus einem Tunnel herausfährt. Ähnlich was man in einem Flugzeug beim Steigen erlebt.
10.06 2021
In Bodø verabschiedete ich Valentin, der die Fähre 11:00 nach Moskenes nahm. Ich hatte noch ein Online-Meeting bezüglich meiner anstehenden Masterarbeit in Trondheim.
Die Lounge der Zugstation war menschenleer und dafür angemessen. Lediglich ein in Oslo lebender Engländer leistete mir für kurze Zeit Gesellschaft und klärte mich darüber auf, dass die norwegische Gesellschaft so viel für die Menschenrechte und die Gleichberechtigung tut, dass sie in manchen Gebieten über das Ziel hinausschießt und dadurch sogar negative Konsequenzen erzielt. Als Anthropologe scheint er sich dieser Tatsache ziemlich sicher zu sein. Außerdem hatte er einen überaus gut erzogenen Hund aber dies verwundert mich mittlerweile nicht mehr. Die Hunde hier in Norwegen besitzen durch sie Bank weg ein Ausmaß an Liebenswürdigkeit, wovon wir in Deutschland nur träumen können. Die Erziehung der Vierbeiner besitzt hier anscheinend (zu Recht) eine besondere Wichtigkeit.
Nach meinem Meeting begab ich mich auf den Weg zu einem lokalen Lager, um meinen Laptop für die Zeit auf den Lofoten nicht mit umherschleppen zu müssen. Zusätzlich konnte ich so noch ein paar Extravorräte mitnehmen. Zwischendurch fiel noch etwas Klärungsbedarf mit meinem Projektleiter an und mein hurtig eingerichtetes Büro am Straßenrand ließ mich mit Sicherheit als eine komische Mischung aus Penner und Businessman erscheinen.
Nach dem Ablegen meiner Sachen in dem Lager hieß es Zeit totzuschlagen bis meine Fähre um 18:00 nach Moskenes fuhr. Ein Glück gibt es in Bodø genügend Sitzbanken und Tankstellen, so dass die Zeit entspannt verging.
Auf der Fähre machte sich dann die Müdigkeit bemerkbar und ich sah im Meer rund um die Fähre viel zu viele Wale auf einmal, als dass es realistisch gewesen wäre (die See war rau und die Gischtkronen der Wellen ergaben wohl manchmal diese Erscheinung).
In Moskenes 22:00 angekommen begrüßte uns ein regnerisches Wetter. Also Regenklamotten übergezogen und ein Stück entlang der Straße Richtung Anfang der ersten Wanderstrecke gestapft. Nach 5 Minuten wollte mich bereits jemand aufgabeln aber der Trail war nicht mehr weit und ich blieb zu Fuß. Nach dem Erreichen der Wanderstrecke hielt ich nach einem geeigneten Platz Ausschau, um das Zelt für die Nacht aufzuschlagen. Zwischen ein paar Bäumen fand ich einen nahezu perfekten Platz und das Zelt war trotz des Regens fix aufgebaut und der Rucksack mit jeglichem Equipment innen verstaut. Die erste Nacht im Zelt verlief demnach erholsam. Ohne Abendessen oder Zähneputzen - aber erholsam.
11.06.2021
Beides wurde am nächsten Morgen nachgeholt und die Strecken für den Tag zurechtgelegt. Der Wetterbericht sagte weiterhin wechselhaftes Wetter voraus und so hieß es die Phasen ohne Regen zu nutzen. Schlafsack, Zelt und Equipment wurden verstaut und es wurde aufgebrochen.
Die 15 Kilometer an Strecke sollten in 6 bis 7 Stunden zu bewältigen sein. 13:00 brach ich auf. Die Wanderung selbst ist in Bildern und Videos besser zu beschreiben als mit Worten. Lediglich sei so viel gesagt- von den üblichen pompösen Bergen, über hochgelegene Seen, tiefe Wasserfälle, schneebedeckte Abschnitte, Auf- und Abkraxeleien, umhüllende Wolken und Fjorden war alles dabei. Ebenfalls der gelegentlichen Regen. Nicht, dass mich die schweißtreibende Strecke nicht schon genug nass gemacht hätte. Was mir auf der Strecke auch erschreckend klar wurde: offiziell markierte Wanderwege bedeuten nicht, dass diese auch von jedem bewandert werden sollten. Vielmehr sahen einige Streckenabschnitte so aus, wie als wäre lediglich indiziert, dass diese von einigen Leuten gegangen waren und diese den Abschnitt auch tatsächlich ÜBERLEBT haben. Mit anderen Worten - da wo man im Mindesten langgehen kann, dort sind meist Norweger vor einem schon entlanggegangen und ein Pfad ist zu finden. Im Gegensatz dazu - da wo keine Pfade eingezeichnet sind (sprich da, wo sich auch Norweger nicht entlangtrauen), da kann das Wandern gegebenenfalls an Lebensmüdigkeit grenzen.
Großartig für mich, habe ich doch mehrere Strecken in meiner Wanderapp geplant die eben keinen Pfaden folgen und ich nach dem Motto vorging "Wird sich schon irgendwo ein Weg an der Bergflanke runterfinden". Nach dem ersten Tag verwarf ich somit alle meine weiteren geplanten Strecken.
Nach 11 Stunden erreichte ich schließlich ein kleines Örtchen, kurz vor dem ersten geplanten Nachtplatz. Zum Glück war eine kleine öffentliche Toilette in einem geschlossenen Gästehaus in der Nähe, in der ich kurz die Gelegenheit fand zu rasten und - Nudeln zum Abendessen im Trockenen zu kochen. In dem Regen außerhalb wäre dies auch an diesem Abend nicht möglich gewesen.
Dann raus in den Regen und gegen 1:00 fand ich einen einigermaßen akzeptablen Schlafplatz außerhalb des Ortes Vinstad. Auch diese Nacht lag mein Zeltboden voll mit ausgebreiteter Kleidung, um wo viel wie möglich vom Status "nass" zu Status "feucht" am nächsten Morgen zu bringen. Im Angesicht des langen Tages kam der Schlaf auch in dieser Nacht erholsam (übrigens nur mit Schlafmaske - momentan ist es hier auch in der Nacht Taghell, da die Sonne nicht untergeht).
Interlude:
14.06.2021 - Zu meiner Ausgangssituation zurück: Den Rest der Fährfahrt nach Bodø habe ich mich dem Ausruhen hingegeben. Hier in Bodø habe ich diese Nacht in einem AirBNB Zimmer verbracht und sitze nun im Wartesaal zu meiner nächsten Fähre. Der MS Bodø für die Fahrt nach Værøy über Moskenes. Eine weitere Gelegenheit den Reisebericht fortzuführen.
12.06.2021
Der Tag brach an. Oder besser gesagt, er endete nie. Aber der Morgen wurde doch tatsächlich von ein paar Sonnenstrahlen angekündigt, die sich durch die Wolkendecke schoben. Grund genug für mich sofort aus dem Schlaf hochzufahren, den Zelteingang aufzureißen und all meine feuchten Sachen vor das Zelt zu schmeißen.
Nach einem Frühstück und dem möglichen Maß an Hygiene kam die Planung für den Tag. Als erstes auf der Tagesordnung: das sehen, weswegen ich den beschwerlichen Weg vom Vortag überhaupt erst auf mich genommen hatte - den Bunes Strand. An der Westküste gelegen, stellt er ein beliebtes Ausflugsziel für die Leute in Lofoten dar (wer es angenehmer möchte, kommt mit der kleinen Passagierfähre von der Stadt Reine an der Ostküste). In der Nacht zuvor hatte ich nicht riskiert, den Hügel zwischen mir und dem Strand zu erklimmen und den steilen Part zum Strand hinabzusteigen. Außerdem wäre das Zelt beim Campen am Strand auch den Winden vom Meer ausgesetzt. Und so erblickte ich den Strand erst jetzt. Seine Ausmaße sind riesig und vom ersten Kontakt mit dem Sand und den Erreichen des Wassers vergehen gut und gerne 15 Minuten. Ich betrachtete ihn jedoch zunächst nur von dem Hügel aus. Mit den hohen schwarzgrauen Bergen rechts und links neben dem weißen Strand gab es eine Menge Eindrücke. Lange konnte ich in diesem entspannten Zustand nicht bleiben. Nach einer halben Stunde musste geplant werden, wie es weitergeht. Da meine Strecke dieses Tages, Bunes Beach zum nächsten Strand Horseid Beach, ins Wasser gefallen ist, musste Ersatz her und ich schaute mir die Zeiten der Passagierfähre von Reine aus an. Mit ihr könnte ich zu einer nicht zu anspruchsvollen Wanderstrecke im nächsten Fjord schippern, um den Strand von Horseid doch noch zu sehen. Horseid liegt etwas abgelegenen und wird dadurch von weniger Leute besucht und soll ebenfalls seinen eigenen Charme haben. Das einzige Problem: die Fährfahrt in den Kjerkfjorden nebenan ging bereits und den Rest des Tages gab es keine weiteren. Das Zwang mich dazu den Tag auf dem Bunesstrand zu verbringen und die Gegend zu erkunden. Ein mehr als willkommenes Schicksal, steckte mir doch der Tag zuvor noch in den Knochen. Und so kam ich doch noch dazu zum Strand hinabzugehen und ihn mir aus der Nähe anzuschauen. Da sich jedoch wieder etwas Regen ankündigte, suchte ich bereits einen Platz, um mein Zelt aufzubauen und mein Equipment im Trockenen zu haben, während ich mich in Ruhe umsehen konnte. In einem kleinen Windschutz aus geschichteten Steinen fand das Zelt so Schutz vor den stärksten Böen. Kurz nach dem Aufbauen des Zeltes ging es leider auch schon los und ich verbrachte eine Zeit lang im Zelt. Gegen Abend ergab sich doch die Gelegenheit den Strand und die Umgebung zu begutachten. Steile Felshänge mit sich verzweigenden Wasserfällen wechseln sich mit flach ansteigenden, mit Feldhasen durchsetzten Grashängen ab. Der Wind treibt die Luft vom Meer an den Bergflanken hinauf, wo sich wie aus dem Nichts Wolken durch die Luftfeuchte bilden. Hier und da erschien die Sonne spontan und wenn sie kam, ergab es ein sehr gelungenes Lichtspiel mit der Wolkendecke. Tropfende Felsspalten brachten ebenfalls Abwechslung. Und ein weiteres Feature: ein öffentliches Plumpsklo mit der wohl bestmöglichen Aussicht. Zugegeben. Die Vorstellung, die Fliegen in der Toilette könnten während des Geschäftes von unten an dem Allerwertesten landen ist etwas ungemütlich. Alles in allem war aber auch das keine große Sache.
Kurz nach dem Zubereiten des Abendessens bestehend aus einer würzigen Tomatensuppe mit etwas selbst hinzugefügten Nudeln (was sonst) fing es wieder an zu regnen und ich musste im Zelt weiteressen. Die Nacht war etwas ungemütlich, da der Sand (verglichen mit dem Gras) ungewohnt hart war aber Alles in Allem trotzdem erholsam. Man gewöhnt sich erstaunlich schnell an das Schlafen auf einer schmalen Isomatte.
13.06.2021
Der Tag begann mit... Regen. Ein Regen der sich dieses Mal gewaschen hatte. Eben noch schickt die Mama den aktuellen angekündigten sonnigen Wetterbericht für mein Gebiet und im nächsten Moment zerrt der Wind am Zelt und der Regen prasselt von allen Seiten. Die Region ist durch die Nähe zum Meer und zusätzlich zum Golfstrom dadurch gekennzeichnet, dass sich das Wetter schnell wechseln kann. Aber dieser Schauer hielt zum Glück nur ein paar Minuten an, so dass ich mein Glück versuchte im Trockenen zu meiner nächsten Station zu kommen. Ich zielte zunächst auf die Fähre, die mich in den Kjerkfjorden bringen sollte, damit ich den Horseid Beach besichtigen könnte. Kurz nachdem ich von Bunes aufgebrochen war, fing es jedoch erneut an zu regnen und bis ich zu dem Gästehaus gekommen war, war ich erneut durchnässt.
Dieses Mal war trotz eines Mangels an Gästen eine Dame anwesend, die hörte, wie ich zur Tür hereinkam und mich empfing. Ich machte ihr klar, dass meine Fähre 11:20 (in 10 Minuten) ging und dass ich leider kein Bargeld dabeihatte, um eine warme Waffel zu kaufen. Ich durfte die Toilette nichtsdestotrotz umsonst nutzen und sie gab mir eine kleine Waffel kostenlos mit auf den Weg, bevor ich zu der gerade in Vinstad anlegenden Fähre sprintete. Natürlich hätte ich mir denken können, dass auch auf dem Boot kein EC Gerät vorhanden war und Cash bevorzugt wurde. Zu dumm. Aber der Bootsführer nahm mich nichtsdestotrotz mit an Bord. Ich könnte in Reine Geld abheben oder mit "Vipps" bezahlen (Vipps ist das skandinavische Äquivalent zu PayPal und nahezu jede Dienstleistung ist damit einfach zu bezahlen - blöd nur, dass man dafür ein norwegisches Bankkonto braucht - was ich nicht habe...). Ich fragte in meine WG Gruppe ob irgendjemand mir die 7,80 € für die Überfahrt auslegen könnte. Zum Glück war Jørgen (wie immer) auf Abruf, um mir aus der Patsche zu helfen. Die Überfahrt war somit beglichen. Die Frage war nur die Überfahrt wohin? Nach Kjerkfjorden, um mein Glück mit dem Wetter bei einem weiteren Campingtag erneut zu versuchen oder nach Reine, wo die Chance auf eine AirBNB Unterkunft bestünde. Seine Grenzen zu testen ist gut und schön aber ich beschloss, dass ein wenig Komfort nicht schaden könnte und fuhr wieder an die Ostküste.
In Reine angekommen verbrachte ich etwas Zeit in einer Tankstelle um ein warmes Getränk zu trinken und meine Unterkunft zu buchen.
Vor dem Einchecken verblieben noch einige Stunden. Eine gute Gelegenheit, um die wohl berühmteste Aussicht in Lofoten zu erleben. Den Gipfel des "Reinebringen", der direkt neben der Stadt aufragt. Der Aufstieg dauert nicht lange ist aber anstrengend. Vor allem mit Gepäck. Über 1500 behauene Steinstufen führen zum Gipfel. Von nepalesischen Shepas (Bergingenieure) über mehrere Jahre errichtet, bieten die Stufen einen Schutz gegen die stetige Erosion unter den Stiefeln der aufsteigenden Menschen. Wie diese Erosion fortschreitet, kann man an dem noch nicht fertiggestellten Gipfelabschnitt erkennen. Während des Aufstiegs regnete es und nach dem enden der Stufen erwartet die Aufsteigenden eine Mischung aus Steinen, Wurzeln und Schlamm, die eine gewisse Trittsicherheit erfordern. Die Treppe sollte schon eher fertiggestellt sein, jedoch verhinderte Corona ein Einreisen der Bergingenieure. Sie wird erst 2022 vollendet. Witzigerweise traf ich mehrere Leute aus meinem Trondheimer Studentendorf, die einen gemeinsamen Campingtrip geplant hatten. "Geplant" ist wohl nicht ganz zutreffend. Überwiegend aus Italienern und Spaniern bestehend, ist die Reise ganz dem Motto der Spontanität unterstellt. Wie mir ein Italiener dazu erklärte: "Meist kommt dabei auch viel Mist raus aber darin liegt ja ein Teil des Abenteuers." (erklärt in Englisch, versteht sich). Und so betrachteten wir alle den Blick auf die ikonische Stadt Lofotens, mit ihren verteilten Inseln und den verbindenden Brücken. Auch der zur linken Seite zu sehende Kjerkfjorden war unter der Wolkendecke ein durchaus denkwürdigen Anblick.
Der Abstieg verlief weniger anstrengend. Und schneller. Knie gebeugt halten, Füße ausbreiten, um etwas Last auf die Hüftmuskeln zu verlagern und abwärts. Dieses Mal auch ohne Regen.
Zuvor noch auf jene Brücken blickend, trottete ich nun über diese auf die letzte Insel von Reine. 90 Minuten später (die Strecke sieht kürzer aus als sie tatsächlich ist) erwartete mich ein gemütliches Zimmer und ein Bad. Sachen konnten trocknen und die Dusche brachte ebenfalls Erleichterung.
14.06.2021
Um 9 hieß es auschecken. Für den Tag gingen verschiedene Fähren zu verschiedenen Zeitpunkten zwischen Moskenes und Bodø, wo meine Übernachtung für diesen Tag geplant war. Ich entschloss die Fähre MF Værøy um 9:45 zu nehmen. Sie fährt nicht direkt nach Bodø sondern stoppt zuvor auf der Insel Værøy und der Insel Røst.
Einzig den Weg von Reine zu dem Fährhafen in Moskenes (etwa 12 km) galt es zu organisieren. Aber kein Problem - kurz nach 9 hält die Hauptbusverbindung von Lofoten direkt vor meiner Unterkunft. Also die örtliche Ticketapp installiert, Kreditkarte hinzufügen angeklickt, Daten eingetragen und... verweigert. Auch mehrmaliges Wiederholen half nichts. Ärgerlich, zumal die Ticketapp in Trondheim kein Problem damit hatte. Ich konnte für dieses Problem ausnahmsweise keine Lösung ersinnen. Also fing ich erneut an zu laufen. Nach einiger Überwindungszeit konnte ich mich dazu bringen, den berühmten Tramperdaumen rauszuhalten und den wenigen vorbeifahrenden Fahrzeugen zu signalisieren, dass ich eine Mitfahrgelegenheit bräuchte. Nur wenige Touristen waren unterwegs, von denen die meisten an mir vorbeigefahren waren, während ich noch mit mir haderte. Also fand ich mich damit ab zu laufen und die Fähre von 15 Uhr zu nehmen. Zu meiner Überraschung hielt doch noch ein Fahrzeug an und eine Norwegerin signalisierte mir einzusteigen. Es waren 2 Frauen aus Oslo, die für den Urlaub auf den Lofoteninseln waren. Die Fahrt verging schnell und ich schaffte es 9:43 noch in die Fähre zu springen. Mein Dank an die zwei war schwer auszudrücken. Nur dumm, dass ich meinen Müllbeutel bei ihnen im Auto in der Hektik vergessen hatte, wie ich erst auf der Fähre bemerkte. Sorry Ladies!
Das Wetter diesen Tages war endlich mal top (schade dass ich an diesem Tag nicht campen war). Viel Sonne zwischen Wolken und kein Regen. Also immerhin eine schöne Aussicht auf die Hauptinseln der Lofoten, Værøy und Røst. Værøy ist die Insel die ich die letzten 2 Nächte besuche und von dem was ich im Voraus gesehen hatte, bin ich sehr gespannt.
Røst war eine eigenartige Insel. Noch kleiner als Værøy liegt sie flach im Nordmeer, nur die neben der Hauptinsel aufregenden Berge im Meer geben eine Orientierung. Flache, von Gras überzogene Felsen geben den 600 Einwohnern der 10 km² großen Insel eine vergleichsweise karge Landschaft. Trotz dessen - sieht man diese Insel zum ersten Mal besticht sie durch diese Andersartigkeit.
Nach dem Ablegen von Røst ging es nach Bodø (auf dieser Fahrt begann ich diesen Beitrag zu schreiben). Auch wenn die Fährfahrten zum Teil sehr viel Zeit beanspruchen (für Moskenes-Værøy-Røst-Bodø) etwa 7 Stunden so wird es doch nicht langweilig und dass Passagiere ohne Fahrzeug zur Zeit für die Fähre nichts zahlen ist auch sehr willkommen. Besonders witzig ist bei Seegang in der Fähre umherzugehen und sich wie im Alkoholrausch zu fühlen, so wie die Fähre schwankt. In Bodø hieß es dann Vorräte aufzufrischen und die Unterkunft zu beziehen. Die zweite Nacht mit Dach über dem Kopf sollte noch einmal Energie aufladen, um die Zeit in Værøy optimal nutzen zu können.
15.06.2021
Der nächste Morgen kam und mit ihm der Aubruch zur Überfahrt nach Værøy. Die Fähre ging 15 Uhr, so dass noch etwas Zeit in besagtem Wartesaal verbleibt, um den Reisebericht fortzuführen.
Interlude:
14.06.2021 - Mittlerweile bin ich in Moskenes mit der Fähre angekommen. Es ist 19:45 und in einer Stunde legen wir in Værøy an. Das Wetter sagt ein wenig Regen voraus aber scheinbar nichts zu Drastisches. Morgen stehen die Chancen gut für einen sonnigen Tag. Die Sonne könnte ich gut gebrauchen. Ich habe eine lange Tour vor mir. Papageientaucher ahoi.
*Der nachfolgende Teil des Beitrages wurde nach meiner Reise vervollständigt.
Værøy kann man bei moderat klarem Wetter von Moskenes aus sehen. Die Insel kündigt sich am Horizont durch die markanten Berge an. Die Fahrt von Moskenes nach Værøy dauert demnach auch nur etwas mehr als eine Stunde. Während die Insel im Blickfeld wuchs, wurden auch die Wetterverhältnisse des Tages erkennbar. Wolken stauten sich und die Sicht auf die Berge wurde von einem Mattgrau verschleiert. Als Teil des dynamischen Wettersystems der Lofoten kann auch dort das Wetter schnell eine Überraschung mit sich bringen. Da ich jedoch mit leichtem Regen an dem Abend rechnete, war es nicht zu überraschend. Außerdem hatten die 2 Tage in Unterkünften Erholung gebracht und ich hatte neue Energie, so dass sich der Niesel nicht auf`s Gemüt legte.
Von der Fähre aus lief ich durch Sørland, den kleinen Hauptort der Insel, Richtung des Gebirgszuges 5 km nordwestlich. Auch wenn das Wetter in Ordnung für das Laufen und ebenfalls für das Aufbauen des Zeltes wäre, so hatte ich doch Zweifel, ob ich an diesem Abend mir eine warme Mahlzeit kochen könnte.
Mit diesem Hintergedanken suchte ich das Örtchen nach einer trockenen windgeschützten Stelle ab, an der ich doch noch meine geschätzte Portion Nudeln zubereiten könnte. Ich fand diese schließlich in einem verfallenen Haus, in dem sich sogar ein Tisch und ein Klappstuhl befanden. Demnach konnte ich in Ruhe das Essen zubereiten und diesmal sogar im Trockenen die Zähne putzen.
Eine halbe Stunde später zog ich weiter Richtung Berge. Unterwegs fielen mir 2 neu angelegte Waldstreifen auf und ich beschloss mein Glück in diesen zu versuchen. Ich fand eine kleine windgeschützte Lichtung, gerade groß und eben genug, um mein Zelt aufbauen zu können. Da die Sachen größtenteils trocken waren, konnte ich viel Raum zum Schlafen einnehmen. Überraschenderweise waren weder die Helligkeit noch der leichte Regen auf der Zeltplane ein Problem für das Einschlafen. Jedoch die Vögel. Auf Værøy gibt es eine große Anzahl an verschiedenen Seevögeln und diese scheinen auch nachts keine Kommunikationspausen einzulegen. Nichtsdestotrotz kam der nächste Tag und ich war ausgeruht. Der Plan war die Insel nach Westen Richtung des verlassenen Dorfes Måstad zu durchwandern und einen nahegelegenen Berg zu besteigen, der wohl als Nistplatz für eine große Anzahl an Seevögeln, darunter auch Papageientaucher, dient. Der Tag begann sonnig und ich brach auf, um zunächst den Bergkamm zu überwinden und den Wanderstrecke an der nördlichen Küste zu erreichen. Die Berge der Insel sind etwas leichter zugänglich als die auf den Hauptinseln der Lofoten und so war der Aufstieg angenehm. Der Blick ins Tal und auf Sørland, welches auf der einen Seite von den aufsteigenden Bergflanken eingegrenzt wurde, gab sich wie immer spektakulär.
Auf der anderen Seite ging es in einem Geröllfeld abwärts. Die Strecke war jedoch als Weg markiert so dass mir die Machbarkeit der Strecke keine Sorgen bereitete.
Wieder Meeresniveau erreicht begann ich den Marsch an der Küste entlang. Auf grasbewachsene Hügel folgten Geröllfelder und steinige Strandabschnitte, so dass das Laufen nicht langweilig wurde. Auch wegen dem Hörspiel, welches mir die ein oder andere Stunde versüßte.
Die Berge und das türkisblaue Wasser gaben einen schönen Kontrast und auch verschiedene Seevögel konnte man beobachten. Auch wenn Måstad als verlassen gilt, so finden sich dort immernoch einige gut Instand gehaltene Häuser, welche wohl als Wochenendhäuser benutzt werden könnten. Zwischen Küste und Bergen ein wirklich idyllisches Plätzchen.
Nach einer Stärkungspause ging es auf den Berg Måstadheia. Der Pfad schlängelte sich in schmalen Serpentinen den Berg hinauf und existiert wohl schon sehr lange. Früher erklommen die Bewohner den Berg, um mit speziellen Hunden, dem Lundehund (Lunde = Papageientaucher), Jagd auf die Vögel zu machen. Neben der Fischerei und Agrarwirtschaft stellte dies einen Grundpfeiler des Lebensunterhaltes dar. Die Sicht von der Måstadheia in alle Richtungen war wie zu erwarten sehr reich an Eindrücken. Von scharfen Klippen im Meer, über den weiten grasbewachsenen flachen Gipfel, den Blick auf Måstad, Værøy selbst und ebenfalls das weite Nordmeer gab es viel aufzunehmen. Trotz dessen, dass ich achtsam auf die Vogelrufe hörte und auf dem Gipfel die Bergflanken mit Blicken absuchte, zeigte sich jedoch leider kein einziger Papageientaucher. Die Landschaft war glücklicherweise interessant genug, dass dies nicht ins Gewicht fiel.
Der Weg zurück war aufgrund der bereits gelaufenen Strecke etwas anstrengender und insbesondere den Weg über die Geröllstrecke zurück auf die Bergkette gestaltete sich als kräftezehrend.
Meine Wasservorräte aus meiner Flasche und den 4 l Wasserbeutel waren aufgebraucht. Ich hatte am selben Tag etwas Wasser aus einem nahgelegenen Bach mit Chlortabletten behandelt und später noch etwas aus einem Bergbach nachgefüllt. In Gegenden mit vielen Bergbächen gestaltet sich die Wasserversorgung relativ einfach, da man zumeist direkt aus den Bächen trinken kann und der Geschmack zudem äußerst angenehm ist. Frisches Bergwasser ist die beste Erfrischung, die es nach einer langen Strecke gibt. Da Værøy jedoch eine relativ kleine Insel ist, gibt es die Bergbäche an nur wenigen Stellen und ich hatte vergessen für diesen Tag genügend Wasser aufzufüllen. So musste ich den Aufstieg etwas durstig bewältigen. Auf der anderen Seite erwartete mich jedoch der Bergbach, weswegen Wasser kein langfristiges Problem darstellte. Mein Zelt, welches ich den gesamten Tag in dem kleinen Wäldchen aufgestellt ließ um Gewicht zu sparen, erwartete mich und zum Abend gab es Ramennudeln. Eine würzige Stärkung. Der Tag neigte sich dem Ende zu und ein letzter Punkt stand auf der Liste – das Sehen der Mitternachtssonne. Das Wetter war immernoch klar, nur durchsetzt von einzelnen Streifen von Wolken. Und so begab ich mich erneut auf den Bergkamm, einer stillgelegten Straße folgend.
Neben der Straße gab es kleine künstlich angelegte Steinlöcher. Historisch wurden diese genutzt, um einen eigenartigen Sport auszuüben. Das Fangen von Seeadlern mit bloßen Händen. Die Adler wurden mit einem Köder an einer Schnur in die Nähe der Löcher gelockt, wo sie dann von den Jägern an den Beinen gepackt wurden. Diese Jagd hatte ihren Grund wohl auch in der Gefahr für die Schafe der Inselbewohner, welche den Adlern gelegentlich zum Opfer fielen.
Das Ende der Straße wurde durch eine Radarstation des Militärs markiert und kurz hinter ihr lag der Håtua Gipfel, der wohl den berühmtesten Ausblick auf die Insel bietet. Trotz der zunehmenden Kälte lohnte sich das Warten und nach 23:30 färbte sich das Licht, welches die Felsen bestrahlte, zunehmend golden. Die Mitternachtssonne zeichnete sich an diesem Abend majestetisch über dem Ozean und den Inseln in der Ferne ab.
Gegen 1 Uhr legte ich mich zur letzten Nacht unter freiem Himmel, bevor am nächsten Tag die Heimreise anzutreten war. Die Fähre kam 11:15. Über Røst ging es wieder nach Bodø, wo ich meine Sachen aus dem Lager holte und wo mich der Nachtzug nach Trondheim erwartete. Eine Fahrt durch die norwegische Sommernacht ist gekennzeichnet durch eine Vielzahl an unterschiedlicher Nebelformen, welche in Schichten über den Flüssen, Seen und bewaldeten Hängen schweben. Zusammen mit dem Merkmalen der Landschaft ist auch eine simple Fahrt wie diese ein einzigartiges Erlebnis und die 36 € pro Fahrt definitiv wert.
In Trondheim jedoch erwartete mich eine gute Portion Schlaf und die Möglichkeit meine Kleidung zu waschen, was nach der Zeit unterwegs mehr als willkommen war. Auch wenn Camping eine eigene Faszination mit sich bringt und sich einem dadurch Orte erschließen, die man sonst nicht besuchen könnte, so lernt man dadurch doch wieder die Annehmlichkeiten des täglichen Lebens neu zu schätzen.
Dieser Trip stellt eine weitere Erfahrung dar, die ich nicht missen möchte.