Peter
Krass, hätte ich nicht gedacht.Oñemoherakuãva: 19.12.2017
Die letzten Tage in Toronto wohnte ich unmittelbar neben dem Moss Park. Die Gegend ist eine der ärmsten und gefährlichsten in der Stadt.
Wobei gefährlich hier eher relativ ist, für einen Touristen oder Passanten. Man sieht viele komische Leute unter Drogeneinfluss, die sich gegenseitig anpöbeln, aber ich selbst oder andere Passanten wurden nicht belästigt. Oder zumindest habe ich davon nichts mitbekommen. Und ich war hier zu fast jeder Tageszeit unterwegs.
Auf meinem Weg zum Supermarkt sah ich einen Mann auf einen anderen einprügeln. Selbst als der andere auf dem Boden lag, konnte er nicht aufhören. Drei andere fingen an, langsam einzuschreiten. An der Ecke werden Drogen vertickt und gegenüber im Park steht ein Präventionszelt für Menschen mit einer Überdosis. Für die Wintermonate haben sie einen Container bekommen, um Mitarbeiter und Bedürftige auch in der kalten Jahreszeit warmzuhalten.
Da war diese Frau, welche eine bunte Perücke trug, die nicht richtig auf dem Kopf saß. Mit verschmiertem Lippenstift und für die Temperaturen viel zu leicht bekleidet, versuchte sie ein Taxi anzuhalten, indem sie auf der Straße direkt darauf zulief.
Oder dieses ungleiche Pärchen, die sich high eine riesige Portion Pommes teilten. Die Frau hatte Majo über das halbe Gesicht verteilt, weil die Koordination anscheinend nicht mehr so ganz stimmte, und sie ziemlichen Heißhunger auf die Majo hatte und versuchte möglichst viel davon auf einmal in ihren Mund zu bekommen.
Und dann war da noch die Frau, die ich fast jeden Tag die Straße entlang gehen sah, in Flip Flops und mit Rock - im Winter. Sie lächelte, schien aber nichts anderes um sich herum wahrzunehmen.
Obdachlosigkeit und die offene Drogenszene ist etwas, dass man in Kanadas Metropolen bemerken muss. Ob nun im Financial District in Toronto oder in Downtown Vancouver. Selbst im Zug von Toronto nach Vancouver wurde eine Nadel in einem der Panoramawägen gefunden. Es ist allgegenwärtig.
Die staatliche Unterstützung reicht meist nicht, um die Miete zu bezahlen. Wer keinen Job hat, sei es aus gesundheitlichen Gründen oder aufgrund von fehlender Bildung, hat nicht viele Möglichkeiten.
Die Gründe für die Obdachlosigkeit sind wahrscheinlich genauso individuell, wie die Menschen selbst.
In Vancouver saß eine Frau in strömendem Regen zusammengekauert unter einem Regenschirm. Sie hatte ihren gewalttätigen Mann verlassen.
Leben in einer Gesellschaft bedeutet auch Verantwortung.
So gern wir in Deutschland auch jammern, wir haben im Vergleich zu anderen Ländern immer noch ein sehr gutes Sozialsystem.