Sonntag, 20.05.2018

Heute Morgen habe ich mich nach dem Frühstück wie geplant mit dem Auto auf den Weg nach Mallaig gemacht. Ich kann nur sagen, die Strecke war berauschend. Ich habe an jedem 2. Parkplatz gestoppt und Unmengen Fotos gemacht. Ihr werdet es ja sehen, es ist einfach unbeschreiblich und ich bin von einem Rausch in den nächsten gefallen. Der Film Harry Potter zeigt diese Strecke ja schon recht beeindruckend, aber in der Realität wirkt es nochmal ganz anders. (Natürlich sind die Fotos auch nur ein Abklatsch von dem, was ich gesehen habe.) Zufällig bin ich auch genau den Parkplatz angesteuert, von wo aus man die Brücke sieht, über die der rote Zug von Harry Potter fährt. In Wirklichkeit ist der Zug übrigens grün und nicht rot, aber den Zauberzug kann man ja auch nicht wirklich sehen (lach). Aber ist schon wirklich eine tolle Brücke in diesen Bergen. 

Heute war der erste bedeckte Tag. Nur zwischendurch habe ich kurz die Sonne gesehen, aber der Blick ins Gebirge war auf der Hinfahrt noch recht klar. Je näher ich meinem Ziel kam, desto diesiger wurde es und es setzte ein leichter Nieselregen ein. Auch der Wind nahm immer mehr zu und das tat dem Meer keinen Abbruch. Die Gischt sprang hoch und der Schaum sackte in sich zusammen. Einfach toll. Als ich dann auf dem Parkplatz in Mallaig ausstieg, hatte der Wind noch mal erheblich zugelegt, aber weggeflogen bin ich natürlich nicht. Erst habe ich eine Runde durch den Hafen gedreht und dann in einem Hafenlokal gegessen. "Fisch and Chips" natürlich! Eine Runde durch die kleinen Geschäfte war nicht wirklich ergebnisfreudig. Doch als ich mich dann noch für einen Moment an den Hafen setzte, der Wind hatte inzwischen nachgelassen und der Nieselregen aufgehört, konnte ich herrlich die Möwen beobachten, die in unmittelbarer Nähe zu mir saßen. Und stellt Euch vor, ich habe eine sogar gestreichelt, obwohl ich nichts zu essen dabei hatte. Dann ging es zurück zum Auto und erst einmal gab ich meine Hoteladresse von gestern ein. Ich kam relativ zügig voran, denn inzwischen war der Himmel so diesig, dass ich nur selten einen  Stopp einlegte. Gebremst wurde die Fahrt nur von einigen der Oldtimer, die ich ja gestern schon gesehen habe, die eine ganze Schlange hinter sich herzogen bis sie irgendwann mal eine Parkbucht ansteuerten, denn bei 30 Meilen schien bei denen die Höchstgeschwindigkeit erreicht. 

Als ich mein "altes Hotel" nach insgesamt 80 Meilen erreichte, war es noch recht zeitig und so entschied ich weiterzufahren und gab als neues Ziel Tyndrum ein, Das sollten noch einmal 70 Meilen sein und mir war klar, dass ich früher nach einem Quartier Ausschau halten würde. Das Wetter blieb bedeckt, aber bei einem Stopp konnte ich noch einen recht beeindruckenden Wasserfall fotografieren und auch so manch anderen Schnappschuss machen. Die Atmosphäre der verhangenen Berge ist recht mystisch. Man könnte sich glatt vorstellen wie dort die Berggeister herumschweben und den Menschen den Blick auf die Berggipfel verwehren.

Nach circa 20 Meilen begann ich dann nach einer Schlafmöglichkeit Ausschau zu halten, aber - ich glaube alle Schotten machen gerade Urlaub - überall das Schild "no vacance"! Also fuhr ich wieder in Seitenstraßen, wenn mal wieder so etwas wie eine kleine Ortschaft in Sicht kam, aber auch hier war es nicht anders. In der Hoffnung, dass mir eventuell weitergeholfen wurde klingelte ich an einem Haus, aber die Dame kannte niemanden, der ein Zimmer frei hatte. Also ging es weiter und al ich wieder einmal von der Straße abbog und in eine winzige Straße fuhr, sah ich in der Nähe eines Hauses doch tatsächlich eine Hirschkuh, die friedlich grasend in der Nähe eines Hauses auf einem Bretterstapel stand. Sie war sogar so freundlich stehen zu bleiben, bis ich meine Kamera (liegt neben mir) gegriffen hatte und das Fenster herunter war. (Hab dummerweise wie üblich zuerst das linke Fenster heruntergemacht, war aber das verkehrte.) 

Dann ging es weiter und weiter. Inzwischen waren es nur noch 25 Meilen bis zu meinem angepeilten kleinen Ort und es war überwiegend wieder sehr einsam. (Also nix mehr mit Zivilisation) Dann kündigte ein Schild eine Skihütte an und mit Hoffnung fuhr ich hin. Die Bedienung am Tresen wiegte nachdenklich mit dem Kopf, als sie meine Frage hörte und ging weg, um zu schauen, ob sie etwas machen konnte. Inzwischen bin ich der Überzeugung, dass der Schutzengel, den Brigitte E. mir mitgegeben hat, eine Wirkung hat, denn sie kam zurück und ich bekam einen Schlüssel zu einer Macload Unterkunft. Sie ging dann mit mir vor die Türe und zeigte auf eine der Holzhütten, die dort standen. Frohen Mutes ging ich hin und stellte fest, nachdem ich aufgeschlossen hatte, dass es weder Bettzeug noch eine Waschgelegenheit gab. Dafür gab es in der Hütte fünf Schlafplätze. Was ein Luxus, fünf Betten, aber keine Decke, ging es mir durch den Kopf. Etwas irritiert trat ich wieder heraus und sah ein Wasch, - Dusch und Toilettenhaus. Das kenne ich ja vom Camp Urlaub. Ich ging also hin, inspizierte die saubere Anlage und machte mich auf den Weg ins Lokal zurück, wo ich hörte, dass ich für 5 Pfund ein Schlafplaid bekommen könnte, was ich natürlich machen werde. Internet war auch nur hier verfügbar, also sitze ich jetzt im Lokal und schreibe. (Hoffentlich dauert es nicht so lange, die Fotos hochzuladen. 

Die Gegend ist mal wieder malerisch, wenngleich sehr wolkenverhangen. Aber einen beeindruckenden Wasserfall konnte ich schon ausmachen. Vielleicht ist die Aussicht morgen besser, aber ich bin ja schließlich in Schottland und habe doch recht viel Glück mit dem Wetter. Beeindruckend sind auch die ganzen Wanderer, die mit ihren schweren Rucksäcken hier einlaufen. Die hatte ich vorher schon bedauert, als sie durch den Nieselregen stapften, aber hier scheinen sie sich zu sammeln, denn das Lokal füllt sich immer mehr. 

Ich werde also heute Nacht einen Schlafplatz haben und bin zufrieden.