Foilsithe: 18.12.2018
Am 28.11. startet unsere 3tägige Trekkingtour von Kalaw zum Inle Lake. Morgens holt man uns von unserem Guesthouse ab. Die großen Rucksäcke werden von der Agentur nach Nyaung Shwe am Inle Lake gebracht und wir machen uns mit unseren Daypacks, gefüllt mit warmer Kleidung und zwei Wechselschlüppern, auf den Weg. Da sich die meisten anderen Touristen aufgrund der schlechten Wettervorhersage kurzfristig für die kürzere 2-Tages-Tour entschieden haben, sind wir nur zu zweit. Plus Guide natürlich. Und das Wetter ist spitze! Sonnenschein und nicht ein Wölkchen am Himmel. Nice :)
Unser Guide heißt So So, den echten Namen können wir nicht aussprechen, und wohnt einen Tag Fußmarsch von Kalaw entfernt in einem Dorf. Das ist auch unser Tagesziel, denn wir übernachten in dem Haus seiner Mutter. Er ist 25 und lebt mit Frau in Kind in einer Bambushütte auf dem selben Grundstück. Früher war er Farmer, hatte sogar einen Wasserbüffel, aber als Guide verdient man besser. Zumindest etwas besser. Er lässt durchblicken, dass er nicht so Happy mit der Agentur ist. Pro Gast und Tag bekommt er 9000 Kyat, was ca. 5€ entspricht. Davon muss er allerdings unser Essen und unsere Unterkunft zahlen. Folglich zieht er natürlich größere Gruppen vor und ist nicht so glücklich damit, dass er nur zwei Wanderer durchs Land führt. Wir führen trotzdem sehr interessante Gespräche und können mehr über Land und Leute lernen.
Der erste Wandertag führt uns durch sehr abwechslungsreiche Landschaften. Wir laufen durch Felder und können die Bauern bei ihrer Feldarbeit beobachten. Aktuell wird der Reis geerntet, wodurch oft die ganze Familie auf dem Feld hilft.
Reisernte
Einige Zeit laufen wir durch einen dichten Regenwald, was uns in der Mittagshitze sehr gelegen kommt. Im Wald geht es stetig bergauf, aber immer nur leicht, und später werden wir mit einem bombastischen Ausblick belohnt! Sanfte Hügel, Teeplantagen, Bergdörfer und ein unendlich weiter und klarer Blick. Die Luft ist total sauber und nicht diesig, wodurch es fast wie am Computer bearbeitet aussieht. Ich könnte ewig die Aussicht genießen, aber So So treibt uns an. Immerhin wollen wir vor Sonnenuntergang in seinem Dorf sein und von Kalaw bis dahin sind es ca. 26km. Wir laufen aber noch einige Zeit auf dem Bergrücken und ich habe genug Gelegenheit zum staunen.
Bei einem kurzen Zwischenstopp in einem Bergdorf, in dem tibetanische Auswanderer leben, lernen wir etwas über Grünen Tee und die Verarbeitung. Überall liegen Planen mit Teeblättern in der Sonne und trocknen dort. In der Regenzeit, wenn es zu nass zum trocknen ist, werden die Blätter eingelegt und zu Salat verarbeitet. Diesen Salat haben wir vorher schon oft gegessen und sind riesen Fans! Da ich auch den grünen Tee total gerne trinke würde ich gerne etwas kaufen. So kommerziell ist das Dorf aber noch nicht. Man kann den Frauen nur bei der Arbeit zugucken. Verkaufen wollen sie einem nichts. Stattdessen kauft unser Guide ein Netz Mandarinen, die in Myanmar grün gegessen werden. Als wir ihm sagen, dass die Mandarinen in Deutschland orange sind schüttelt er den Kopf und sagt, dass die Früchte dann zu alt sind. Nachdem ich ein paar grüne Mandarinen gegessen habe muss ich gestehen: Die orangenen Mandarinen schmecken mir trotzdem besser und Max geht es genauso.
Um 1 Uhr machen wir in einem Dorf eine einstündige Mittagspause. Wir werden mit gebratenen Nudeln, Gemüse, Obst und grünem Tee versorgt und können uns ein bisschen ausruhen. Ich komme in den Genuss einer typisch myanmesischen Toilette (Französisches Hockkloh in Bambushütte am Hang am Waldrand). Als ich hinter der Hütte das Plätschern höre weiß ich auch, wie das mit dem Abwasser geregelt wird. Ein ca. 30cm. langes Rohr führt den Unrat aus der Klohütte heraus, um dann den Hang hinunter zu fließen. In dem Areal spielen die Kinder hoffentlich nicht. Im Nachhinein weiß ich nicht, warum mich das in dem Moment so überrascht hat. Was habe ich erwartet? In anderen Dörfern führt das 30cm lange Rohr in eine Grube. Meine Theorie: Ist die Grube voll, wird ein neues Loch gegraben und das Klohäuschen um ein paar Meter versetzt.
Nach der Mittagspause laufen wir noch eine Weile durch die Berge, bis wir auf die Eisenbahnschienen treffen, die zu britischer Kolonialzeit hier verlegt wurden. Das steht übrigens auch noch auf unserer To Do-Liste. Aber jetzt laufen wir erstmal ein Stündchen über die Schienen, durch Tunnel aus Sonnenblumen und auch durch einen echten Tunnel, dessen dunkle Löcher im Boden das Passieren sehr spannend machen. Bloß nicht die Querbalken zwischen den Schienen verpassen, sonst ist einer weg.
Die drei Mann starke Tuff-Tuff-Bahn fährt nach einer Stunde in den Bahnhof Myindaik an. Von da an ist es nicht mehr weit bis zu dem Dorf, in dem wir übernachten. Die Bauern treiben bereits ihre Wasserbüffel zurück zum Dorf und die Frauen verlassen die Reisfelder und begeben sich auf den gleichen Weg. Um 5 Uhr haben wir unser Ziel auf 1500m erreicht, in 30 Minuten geht die Sonne unter. Also nutzen wir schnell das letzte Tageslicht und springen unter die Dusche. Höchst ironisch nennen die Dorfbewohner den Wassertrog tatsächlich Dusche...Gangster. Da es sich bereits deutlich abgekühlt hat, spare ich mir das Haare waschen. Mir den Inhalt der Schüssel über den Körper zu kippen bringt mich schon genug zum zappeln.
Danach werden alle Kleidungsschichten übereinander gezogen und wir bekommen unser Abendessen serviert. Jetzt sind wir auch an dem Punkt angekommen, von dem Max und ich ein wenig enttäuscht sind. Wir haben es uns so vorgestellt, dass wir Zeit mit den Menschen aus dem Dorf verbringen oder zumindest mit unserem Guide und seiner Familie. Die Realität ist aber, dass wir in dem Haus der Mutter die komplette obere Etage für uns haben. Essen tun wir zwar an der Bambushütte unseres Guides, aber wir bekommen unser Essen vor der Hütte serviert. Er ist mit seiner Frau, Sohn und weiteren Familienmitgliedern etwas später IN der Hütte, schön am Feuer. Das wäre uns auch deutlich lieber gewesen. Aber andererseits möchte die Familie wohl auch nicht alle paar Tage neue Touristen mit am Tisch sitzen haben. Für uns wäre es aber sehr schön und interessant gewesen. Nichtsdestotrotz schmeckt das Essen vorzüglich! Wir bekommen Reis und viele verschiedene Sorten Gemüse. Klingt langweilig, ist aber wirklich lecker. Besonders weil es nicht, wie sonst üblich in Myanmar, vor Öl trieft. Er sehr gesundes, vegetarisches und leckeres Abendessen und wir sind pappsatt. Da es dunkel ist, wir keinen Strom haben und es draußen inzwischen verdammt kalt ist, gehen wir sehr früh schlafen. Eine kleine Kerze am Altar in unserem Schlafraum spendet uns noch ein bisschen Licht, damit wir uns in die Decken muckeln können, die auf Bambusmatten ausgebreitet sind.
Abgesehen davon, dass mir teilweise nachts sehr kalt war, haben wir sehr gut geschlafen und starten ausgeruht in den nächsten Tag. Das Frühstück (Reis, Rührei und Obst) nehmen wir wieder getrennt von den Anderen ein.
So So sammelt uns irgendwann ein und wir machen uns auf den Weg. Heute führt uns der Weg durch Felder und Wiesen und wir können nicht viel Schatten erwarten. Noch stelle ich eine sehr vielschichtige Zwiebel dar und kann mir eh nicht vorstellen, jemals wieder zu schwitzen. Nach 30 Min berauf laufen sind Jacke und Pulli aber schon aus. So So hat ein ziemliches Tempo drauf, weil um 9 Uhr ein weiterer Wanderer zu uns stößt -> mehr Geld für ihn. Nachdem wir eine ganze Zeit am Treffpunkt gewartet haben und So So immer nervöser wurde, kommt auch endlich das Motorradtaxi mit Kerry angefahren. Eine Touristin aus Hong Kong, die die nächsten zwei Tage mit uns läuft. Sie ist so alt wie wir und wir verstehen uns sehr gut. So wird das Laufen auch wieder etwas interessanter.
Und So So hat nicht zu viel versprochen. Jeeede Menge Sonne. Die Landschaft ist ganz anders als gestern, aber auch heute gibt es viel zu gucken. Die Berge sehen wir nur noch im Hintergrund, dafür wird das flache Land landwirtschaftlich genutzt und wir laufen durch viele Dörfer. So So erklärt uns, was auf den Feldern angebaut wird. Aktuell blühen beispielsweise die Sesamfelder, was von weitem wie Raps aussieht. Knallgelbe Felder. Mandarinen, Ingwer, Chili, Reis, Mais ...Ich finde es auch wirklich interessant, den Menschen dort bei ihrer Arbeit zuzusehen.
Blickt man über die Felder stehen dort überall angepflockte Wasserbüffel und grasen oder sulen sich in Wasserlöchern. So So hat erzählt, dass er früher auch einen Büffel hatte und ich frage mich, warum die Tiere nicht arbeiten müssen. Da wir aktuell Winter haben gibt es für die Tiere nichts zu tun und sie haben Schonfrist. Zu Beginn der Regenzeit werden die muskulösen Tiere wieder vor den Pflug gespannt oder helfen beim Transport der Ernte.
Mittags kehren wieder in einem Dorf ein und werden mit gebratenem Reis, Gemüse und Obst verköstigt. Kerry, unser Gruppenzuwachs, reist nur eine Woche durch Myanmar und hat die Reise ziemlich straff durchgetaktet. Wir können uns kaum vorstellen, wie man hier nur eine Woche bleiben kann. Nachmittags, kurz vor Sonnenuntergang kommen wir in dem Dorf an, in dem wir übernachten.
Ein paar andere Trekkinggruppen kommen zeitgleich mit uns an, schlafen aber in anderen Häusern. Der Ablauf ist leider wie beim letzten Mal. Wir schlafen und essen separiert von den Locals. Schade. Daher machen wir uns nach dem Abendessen auf dem Weg zu einer anderen Trekkinggruppe und lassen mit ihnen den Abend ausklingen. Zwei davon sind Engländer, die seit einigen Jahren in Myanmar arbeiten und Piloten für Heißluftballone in Bagan bzw. am Inle Lake sind. Es ist immer interessant sich die Meinung von Europäern anzuhören, die in Myanmar leben, da sie das Land natürlich deutlich besser kennen, aber auch die europäischen Standards gewöhnt sind. Nach ein paar Stunden Geschichtenaustausch müssen wir aber zurück. Schließlich kräht um 6 der Hahn. Auf dem Rückweg verlaufen wir uns etwas im Dorf, da es natürlich keine Laternen, Schilder o.Ä. gibt. Mit vereinten Kräften finden wir aber doch noch zurück und müssen nicht bei den Rindern schlafen :-D Der heutige Weg betrug übrigens ca. 24 km.
Am dritten und letzten Wandertag laufen wir nur bis mittags, machen Pause und werden dann mit einem Boot über den See zum Dorf geschippert. Heute heißt es: Bergab laufen. Wir verlassen die Bergdörfer und begeben uns immer mehr auf See-Level. Da ich mir am ersten Tag fünf Blasen gelaufen habe, laufe ich seit gestern Mittag mit FlipFlops. Gestern war das auch kein Problem, heute sind die Wege allerdings deutlich schlammiger, steiler und steiniger. Aber ich bin ja geübt und alles geht glatt :) Da alle Wanderer das gleiche Ziel haben, laufen wir teilweise in einer großen Gruppe. Von den gut ausgestatteten Wandersmännern in teuren Wanderstiefeln legt sich der ein oder andere beim klettern über feuchte Steine aufs Mäppchen. Ich bin ja so stolz auf meine FlipFlops (Keine Werbung). Ich finde die Strecke heute auch sehr schön, weil wir morgens, als der Nebel noch über den Feldern liegt, durch eine riesige Heidelandschaft laufen. Und das Gebiet haben die Spinnen voll im Griff. So große und komplexe Spinnennetze habe ich wirklich noch nicht gesehen. Ich lasse Max immer vor mir laufen und folge genau seiner Spur, um keine Netze mit meinem Kopf einzufangen. Nach der Heidelandschaft folgt wieder Landwirtschaft, allerdings ist die Erde intensiv rot. Sieht sehr cool aus, wie in Afrika. Richtig rostrote Erde. Und als wir diese Landschaft hinter uns haben sind wir im Wald und dort geht es stetig bergab, bis wir den Fluss erreichen, der in den Inle See fließt. Dort essen wir auf einer Stelzenterrasse zu Mittag und werden dann mit einem schmalen Longtailboat zum anderen Ende des Sees gebracht. Die Fahrt ist wirklich genial! Wir sind nur zu dritt im Boot, ich sitze vorne, die Sonne scheint mir ins Gesicht und der Fahrtwind kühlt den roten Kopf (kein Sonnenbrand, nur Hitze und Anstrengung). Nach ca. einer Stunde erreichen wir das Dorf Nyaung Shwe und gehen zu unserem Hotel. Da ich mir in der ersten Nacht eine Blasenentzündung eingefangen habe und die drei Tage nur mit Schmerztabletten durchziehen konnte, bin ich jetzt ziemlich im Eimer, pfeife mir meine Dosis Antibiotikum rein und muss schlafen.