Foilsithe: 21.07.2018
In meinem ursprünglich angefangenen Beitrag, habe ich die etwas verspätete Frage gestellt, warum ich mich eigentlich entschieden habe, nach Kanada zu kommen. Warum ursprünglich?Weil ich nicht gespeichert habe und nochmal neu anfangen musste...
Ich wollte wissen, ob ich nochmal aller Bequemlichkeit zum Trotz einen Flug für ganz weit weg buchen kann, um dann dort länger als eine gewöhnliche Urlaubsspanne zu bleiben. Ja, es ist anstregend oft jeden Tag von Neuem zu überlegen, wo ich abends schlafen werde und nicht zu wissen, an welchem Ort ich in 2 Wochen bin. Das Schöne ist aber, ich kann es selbst entscheiden und ich kann eben auch entscheiden länger irgendwo zu bleiben oder weiterreisen, wenn es mir nicht gefällt. Es ist spannend nicht zu wissen, wo man demnächst ist und man ist auch viel kreativer, denn man muss, wenn man nicht das Budget hat, jede Nacht im Hotel zu übernachten oder überhaupt in einem Hotel zu übernachten.
Das letzte Mal habe ich geschrieben, dass mein nächstes Ziel Matane ist, am St. Lawrence River, der an dem Punkt eigentlich schon eher der Atlantik ist. Über Matane weiß ich nur 2 Dinge: hier ist einer der 2 Häfen in denen man mit einer Fähre nach Neufundland kommt und der Schlagzeuger von 'Simple Plan' kommt aus Matane. Wie oben auf dem Bild, soll es hier auch Shrimps geben. Ist aber gelogen! Die Shrimps werden auf der anderen Seite des Studiums Lawrence River gefangen, aber weil es Fischer aus Matane, sie die Shrimps fangen, kommt er aus Matane. Wenn man sich die Strecke auf Google Maps anschaut, dann braucht man mit dem Auto von Charlottetown, Prince Edward Island nach Matane, Québec ca. 6 1/2 Std. Wie einige vielleicht wissen, hab ich kein Auto. Ich verlasse mich hauptsächlich auf den öffentlichen Verkehr. Also habe ich den öffentlichen Verkehr gefragt und der hat mich ausgelacht. Es gibt keinen Bus von Charlottetown nach Matane. Auf jeden Fall keine direkte Verbindung. Niemand will von 'No Funswick' nach Québec. Warum auch? Die sprechen dort alle französisch, versteht ja in No Funswick keiner. Mir hat auch jemand erzählt, dass das auch keiner in Frankreich versteht, weil das Québec französisch mehr eine Art slang ist. Jedenfalls habe ich das Internet gequält und herausgefunden, dass man mit dem Bus von Charlottetown nach Campbellton kommt und dann muss man von Campbellton den Zug nach Matapedia nehmen, was 24 km weit weg ist und schon in Québec liegt und dann kann man von Matapedia mit dem Bus nach Matane fahren.
Das dauert dann auch nur 2 Tage und eine Übernachtung in einem Airbnb in Campbellton -_-. Da ich wirklich nach Matane wollte, habe ich das tatsächlich gemacht. Also alles außer das mit dem Zug. Der Bus von Charlottetown nach Campbellton hat 10 Std. gebraucht. Ich erinnere nochmal daran, dass die ganze Fahrt insgesamt 6 1/2 Std mit dem Auto sind. Naja, immerhin wurde ich dann abends um 6 von meinem Airbnb host abgeholt und zu seiner Farm ins Nirgendwo gefahren.
Ziege knabbert meine Hose an -.-
Kuckuck
Da ich solange im Bus gesessen hatte, wollte ich noch ein wenig laufen und da ich mich ja im Nirgendwo nicht auskannte, bin ich erstmal an der Straße entlang gelaufen bis zum nächsten Nachbar. Da der nur 15 min weit weg war, habe ich mich umso mehr gefreut, dass er vor der Tür stand und ich in fragen konnte, ob es irgendwo in der Nähe einen Trail gibt, möglichst ohne Asphalt. Er meinte, es gäbe eine alte Bahnstrecke 4 Meilen (Meilen? Och mensch, ich hab doch keine Ahnung von Meilen und das Internet funktioniert im Nirgendwo auch nicht) entfernt, die könnte ich entlang laufen. Gut, die Bahnstrecke habe ich nicht gefunden, aber dafür einen anderen Weg und der war auch schön.
Was macht man, wenn man gestrandet ist? Hilfe holen. Also bin ich mit meinem fetten Rucksack zum Nachbarn von gestern gelaufen/geschlichen und habe ihn gefragt, ob er mir vielleicht ein Taxi rufen könnte. Der ältere Mann hat mich zum Frühstück mit seiner Familie eingeladen und darauf bestanden mich nach Matapedia zu fahren. Ja, OK :) Manchmal weiß ich nicht, ob ich einfach nur Glück habe oder die Leute Mitleid mit mir haben, weil mein Rucksack größer ist als ich. Jedenfalls konnte ich nur kurz mit frühstücken, da ich ja meinen Bus noch erwischen wollte.
Die Bushaltestelle sah im Übrigen so aus:
Es war einfach ein Parkplatz zwischen einer Schule und einem Altersheim. Durfte dann im Altersheim auf den Bus warten und habe sogar Internet bekommen. Yuhuu. Den Bus habe ich auch nicht verpasst, denn zwischen No Funswick und Québec liegt eine Zeitzone, somit hatte ich noch eine Stunde Zeit und konnte mit dem ergaunerten Internet den Nico anrufen :)
In Matane angekommen wurde ich auf der Farm, auf der ich in den letzten 2 Wochen gewooft habe, von dem schlechtesten Wachhund der Welt begrüßt:
Tao liebt jeden der auf die Farm kommt, denn er könnte ja potenziell geknuddelt werden.
Auf der Farm leben außerdem: Denis und Marie-Helen (Denis Englisch ist ganz gut, Marie versteht mich, kann mir aber nicht antworten) und Jeanne, Rachel und Eli (11,9 und 7 Jahre alt). Die beiden Jüngeren verstehen außer 'Hello' nichts von dem was ich sage und Jeannes Lieblingssatz ist 'I don't know'.
Jeanne, India, Tao, Rachel, Denis und Eli
Mit den Kindern spiele ich auch ab und an Fussball, auch wenn das mit der Koordination nicht immer ganz so gut klappt...
Zum Glück gibt es noch India-Jane. Nicht nur hat sie das Pech, dass ihr Name die weibliche Form von Indiana Jones ist, sie muss mir auch alle meine Aufgaben übersetzen. Immerhin hat sie jetzt jemanden zum Quatschen, der nicht jeden Abend fragt, ob sie mit Karten spielen kommt. Da mich keins von den Kindern versteht, bin ich zum Glück ziemlich uninteressant für sie und kann mich nach der Arbeit ausruhen. Das Farm-Leben ist relativ unspektakulär, aber anstrengend und lustig :) Der Höhepunkt von India und mir sind die Erdbeer-Pflück-Tage :)
India ist eine Studentin aus Québec, die den ganzen Sommer auf der Farm arbeitet, als eine Art Praktikantin für Mindestlohn. Immerhin kann sie davon ihr nächstes Semester bezahlen.
India hat außerdem ein Uniprojekt, dass sie im November abgeben muss:
Wir haben beide unseren eigenen Camper, in denen wir allerdings die Toiletten nicht benutzen dürfen und stattdessen einen Berg hochlaufen müssen bis zum Schuppen. Wenn du dringend musst, dann hast du schlecht geplant. Ich geh einfach immer, wenn ich am Schuppen vorbeilaufe und wenn es 10 Mal am Tag ist
Indias zu Hause
Mein zu Hause ❤️
Jeden Donnerstag fahren Denis und Marie nach Matane und dann kommen alle, die eine Saisongemüse-Box abonniert haben und holen sich ihr Gemüse ab. Für India und mich ist es ein Erlebnis, denn wir sehen andere Menschen! Und Autos! Und wir können einkaufen gehen! Wahnsinn :D Jeden Samstag ist Markttag in Matane und dafür muss viel geerntet werden.
Da beste war allerdings, als Denis meinte, ich soll mir Gummistiefel anziehen, damit wir in den Sumpf können, um Minze zu ernten. Sumpf?! Und dann sind wir tatsächlich in den Sumpf geklettert und haben Minze geerntet. Es hat auch nur geregnet und man ist aller 2 Schritte stecken geblieben und hat gehofft, dass einen der Sumpf wieder gehen lässt, aber sonst..super! Gab dann auch immer so ein schönes Schmatzgeräusch :D
Das zwischen den großen Pflanzen ist die Minze und ich :D
Orchideen :)
Habe dort außerdem wieder Orchideen gefunden und finde, ich müsste mittlerweile Tochter des Jahres sein :)
Letzten Samstag hatte ich dann meinen freien Tag und hatte India gefragt, ob es irgendwas in der Nähe gibt, was ich mir anschauen könnte. Gibt es. Aber es ist eine Stunde entfernt. Also habe ich mich an unsere Straße gestellt und mich wieder am trampen versucht. Es kam auch ein Auto und die Frau meinte, sie müsste nur noch einen Stop machen und würde dann nach Matane-City weiterfahren. Der Stop war die Farm :D Sie wollte, die von uns gepflückten Erdbeeren kaufen. In Matane angekommen habe ich mich dann an den Highway gestellt und gehofft, dass mich jemand mitnimmt. Bin ja nicht gerade die ideale Tramperin. Ich versteh kein Französisch und bin damit die langweiligste Mitfahrerin überhaupt. Aber der LKW-Fahrer Daniel hatte Mitleid mit mir und hat mich mitgenommen bis zu meinem Ziel. Verstanden habe ich folgendes: Er mag auch Erdbeeren, sein Sohn ist 24 und auch Truckfahrer, er liefert gefrorenes Fleisch. Wir sind 1 Std gefahren und haben uns irgendwann nur noch über das Gemüse, was ich ernte, unterhalten, da das im englischen und französischen relativ ähnlich klingt :D Naja, jedenfalls hat er mich dann hier rausgelassen:
Der Garten ist wirklich schön und ein Mischung aus einer ganze Mengen Blumen und dann auf der anderen Seite gibt es ein paar überambitionierte Kunstinstallationen. Mit den Leuten, die in dem Garten gearbeitet haben, habe ich mich dann noch ganz angeregt über Orchideen unterhalten und sie meinten, ich wäre Expertin :D Habe eine heimische Art abseits von Weg und Garten gefunden und war sehr stolz auf mich. Wer aufgeregte Eichhörnchen sehen möchte, dem schick ich gern wieder einen Link zu meiner Dropbox mit dem Video ;)
heimische Orchidee
Mit Blick auf den St. Lawrence River
Kommen wir zur Kunst :D
Eigentlich ziemlich Makaber, aber es hat so viel Spaß gemacht!
irgendwas, was in einem Steingebäude hängt ..
Eine Schaukel :) Gleich mal ausprobieren:
und das hier:
Nachdem ich im Garten war, einen kleinen Wanderweg in der Nähe gelaufen bin und mir ein Muschelmuseum angeschaut habe, habe ich mich wieder an die Straße gestellt. Diesmal hat es leider geregnet und ich sah vermutlich sehr traurig aus. Trotzdem hat mich ein Vater mit 2 Söhnen in seinem winzigen Auto mitgenommen. Er war ein alter Hippie der selbst 6 Jahre getrampt ist. Scheint eine Regel zu geben, dass man immer von den kleinsten und vollgestopftesten Autos mitgenommen werden muss :D (oder LKW- FahrerInnen)
An der Abzweigung nach Matane wurde ich rausgelassen und Google Maps meinte, es sind noch 2 Std zu laufen, bis zur Farm. Nagut. Also bin ich losgelaufen und habe probeweise zwischendurch versucht, ob mich jemand vielleicht mitnimmt. Die meisten sind aber nur 2m an mir vorbei in ihre Einfahrt gefahren und da hat mich dann jemand auf gebrochen Englisch gefragt, wo ich dwnn hin will. Ich hab ihm die Adresse gesagt und den Weg auf Google Maps gezeigt (war quasi einmal um die Ecke und dann nur geradeaus) und er hat 2 Freunde angerufen und seine Freundin gefragt und meinte dann, er fährt mich. Mit seiner Freundin.. und seinen Mutter, die alle kein Englisch gesprochen haben. Auf der Farm haben sich dann alle noch kurz mit Denis unterhalten und er meinte dann zu mir: Hattest du dich verlaufen? Die Leute dachten, du hättest dich verlaufen :D joar. So geht es halt auch ;)
Andere Freizeitbeschäftigungen sind schwitzen, im See baden und mit Jeanne den Wald erkunden, der hinter den Feldern liegt.
Ich bin das Weiße, was so schön reflektiert ;)
Die nächste Woche bin ich wieder in Montreal zum Comedy Festival "Just dir laughs". Freu mich schon sehr :)
Bis bald
Die Lea
*Bonusmaterial*
Das einzige was der Hippie Autofahrer auf Deutsch konnte war: "ich bin eine Spülmaschine". Also musste ich das auch allen anderen beibringen :D
Hihi