Foilsithe: 15.11.2017
Heute war ein abenteuerlicher Tag. Zwar ist das passiert, was ich so oft im Alltag vermeiden will: Der Plan hat wegen Pannen nicht so ganz geklappt...aber ich Nachhinein war auch das eine spannende Erfahrung und ich bin daran gewachsen!
Aber von vorne: Anthony und ich sind gerade in Page (einer kleinen Stadt ganz im Norden Arizonas) und wollten von hier aus die top Sehenswürdigkeiten erkunden.
Die erste hat auch super geklappt und war wie die ganze Ecke Utah-Arizona wunderschön: Wir haben uns Horseshoe Bend angesehen...ein wunderschöner Ort, an dem der Colorado River mitten in der Wüste in einer Art Schlaufe fließt. Also quasi die Saarschleife der USA :) Wie einmalig dieses Wasserspiel in der Wüste ist, könnt ihr hoffentlich den Bildern entnehmen.
Einziger Nachteil: Da dieser Ort so schön ist, so leicht zugänglich und so bekannt, wird er von zahlreichen Touristen frequentiert. Schlangen von asiatischen Touristen haben sich getummelt, im ihre Erinnerungsfotos zu schießen. Und sicherlich bin ich manchmal ein bisschen übersensibel...aber es fällt mir manchmal schwer, die Schönheit eines Ortes intensiv zu genießen, wenn sich drum herum tausende andere kreischende Menschen tummeln. Naja, schön war es auf jeden Fall trotzdem :)
Danach wollten wir den Lake Powell hier in Arizona auschecken. Am Ziel angekommen haben wir einen Parkplatz im Sand gefunden (hier in der Wüste bestehen fast alle Wegränder aus Sand). So weit, so gut. Leider haben wir nach dem Parken bemerkt, dass unser Auto ein wenig im Sand feststeckt. Alle Versuche, das Auto zu bewegen sind gescheitert. In unserer Verzweiflung haben wir versucht, den Sand unter den Reifen herauszubuddeln, Holz zu sammeln, damit die Reifen darauf aufsetzen können und aus aller Kraft zu schieben. Aaaaber vergeblich :( Also sind wir zurück zur Straße, um Autos anzuhalten, die uns irgendwie helfen könnten. Und diese Erfahrung war unglaublich: Ich kann euch gar nicht sagen, wie viele Amerikaner angehalten haben, uns versucht haben zu helfen und mental zur Seite standen. Hier in der Wüste ist es wohl recht normal mal im Sand mit dem Auto stecken zu bleiben und so hilft jeder jedem. Leider jedoch fehlte bei unserem Leihwagen ein Metallteil, um ein Abschleppseil zu befestigen, und einer unserer Reifen hatte überhaupt keinen Grip, egal, was wir probierten. Aber auch das war kein Problem bei den Amerikaner. Der 4. Fahrer, der anhielt, um uns zu helfen, kannte einen Nachbarn, der das gleiche Auto fuhr, wie unser Leihwagen. Wie selbstverständlich fuhr er 20 km zurück in sein Dorf, um das fehlende Metallteil im Auto seines Nachbarn zu besorgen. Und während er unterwegs war, warteten viele besorgte Amerikaner mit uns in der Wüste. Unglaublich, sie verschwendeten mindestens eine Stunde ihrer Lebenszeit, nur um uns in der prekären Lage nicht alleine zu lassen und um uns mental zu unterstützen. Welcher Deutsche würde sich für sowas Zeit nehmen? Fahrer 4 kam zurück mit passendem Metallteil, ein anderer Fahrer stellte seinen Truck als Abschleppwagen zur Verfügung (ein großer Vorteil amerikanischer Riesentrucks) und 5 Männer schoben unser Auto an, um aus dem Sand zu kommen. So waren wir gerettet aus der Wüste :)
Im Nachhinein betrachtet bin ich einfach unglaublich gerührt, wie nett und hilfsbereit die Amerikaner sind. Einfach mal seine Zeit opfern, um anderen zu helfen und eigenen Vorteil davon zu haben: Etwas, das ich mir unbedingt mit nach Hause nehmen werde.
Nach dieser Actionnummer, entspannten wir uns kurz am Lake Powell (natürlich erst, nachdem wir umgeparkt hatten ;) ). Und Lake Powell ist ein wunderschöner See. Mitten in der Wüste umgeben von braunem Stein und Sand scheint das Wasser nochmal viel blauer und klarer. Leider war es ein bisschen kalt (ca. 15 Grad), um zu schwimmen. Aber schon das Wasser zu beobachten, einfach im Sand zu relaxen und nicht von kreischenden Touristen gestört zu werden, war sehr beeindruckend.
Nach der Entspannung von der Panne ging es dann für uns weiter in den Antelope Canyon.
Der Antelope Canyon ist der wohl bekannteste Slotcanyon in den USA (Slotcanyon = schmale Schluchten, die recht schwer zugänglich sind). Die Felsen im Antelope Canyon sind also alle recht dicht beieinander, es befinden sich nur schmale Gänge und Schluchten zwischen den Gängen.
Im Antelope Canyon gibt es damit keine Vegetation, die Felsen sind sehr besonders und einzigartig und leuchten durch Licht in den verschiedensten Farben. Die Felsen sind so bezaubernd geformt, dass man in ihnen verschiedenste Dinge erkennen kann wie Tiere, Gesichter, oder Pflanzen. Es ist für mich unfassbar, wie die Natur solch tolle Felsen formen konnte.
Für Fotografen ist der Antelope Canyon das reinste Paradies, da der Lichteinfall aus verschiedenen Perspektiven auf die Felsen verschiedenste atemberaubende Bilder entstehen lässt. Antelope Canyon ist einer der wenigen Orte meiner bisherigen Reise, der auf den Fotos bezaubernder aussieht, als in live.
Der Antelope Canyon besteht aus 2 Teilen, dem "upper" und "lower" Antelope Canyon. Man kann den Canyon nicht auf eigene Faust begehen, man muss teure, geführte Touren buchen, um Zugang zu erhalten. Das liegt zum einen daran, dass dieses Gebiet den First Nations gehört und sie Gebühren für ihr Reservat erhalten möchten. Zum anderen daran, dass es leider ohne Führer zu viel Vandalismus im Canyon geben würde und er wohl in wenigen Jahren nicht mehr in einem so guten Zustand erhalten wäre.
Da unser Budget für einen der Canyons so gerade gereicht hat, haben wir uns nicht beide angesehen. Anthony hat sich für den oberen entschieden (ideal für Fotografen), ich mich für den unteren (ideal für Abenteurer).
Nach unseren Führungen wollte Anthony mich mit dem Auto wieder einsammeln. Einziges Problem: Die First Nations People haben nach meiner Führung die Straße geschlossen, die Zugang zum Canyon erlaubt. Und da Anthony und ich leider nur über eine deutsche bzw. französische Simkarte verfügen und wir im Canyon kein Wifi hatten, war es schwierig einen neuen Treffpunkt zu verabreden.
Ich bin also zu einer anderen Straße gewandert in der Hoffnung, Anthony dort irgendwie abzupassen...Und was ich während meiner ca. 30 minütigen Wartezeit am Straßenrand an Gastfreundschaft erfahren habe, ist für mich unfassbar: Ungelogen 20 Autos haben angehalten und wollten mich mitnehmen/ irgendwo hinbringen/ mich von der Straße einsammeln. Ein junger Mann war so in Sorge um mich, dass ich nicht mehr abgeholt werde, dass er sich neben mich auf die Straße stellte und brav mit mir wartete, bis Anthony mich einsammelte. Unglaublich diese Fürsorge und Mühe um andere Menschen...ich frage mich, ob in Deutschland überhaupt ein einziger angehalten hätte. Ich bin so dankbar, diese Gastfreundschaft hier zu erfahren, das macht alles so viel leichter und angenehmer. Ich bin mir sicher, selbst bei meinem schlechten Orientierungssinn würde ich hier nie verloren gehen, es gibt immer Menschen, die einem weiterhelfen. Diese Nächstenliebe rührt mich total und macht mir klar: Es gibt einiges, das ich von den Amerikanern lernen kann.